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RREO TO
Harvard University Library
Bought firom the
ARTHUR TRACY CABOT
BEQUEST
For the Purchase of
Books on Fine Arts
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UNSTDENKMÄLER
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DER PROVINZ
HANNOVER.
HERAUSGEGEBEN
IM AUFTRAGE DER PROVINZIAL- KOMMISSION ZUR ERFORSCHUNG UND
ERHALTUNG DER DENKMÄLER IN DER PROVINZ HANNOVER
VOH
Dr. PHIL. CARL WOLFF,
STADTBAÜBATH.
III. REGIERUNGSBEZIRK LÜNEBURG.
1. KREISE BÜRGDORF UND FALLINGBOSTEL.
MIT 2 TAFELN UND 62 TEXTABBILDUNGEN.
IIAN.NOVKII.
SELBSTVERLAG DER PROVINZIALVERWALTUNG.
THEODOR SCHÜLZES BUCHHAKDLUNG.
1902.
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UNIVCRSITY
UBRARY
Hof buchdruckerei Gebrüder Jänecke, Hannover.
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Burg-dorf und Falling'bostel
Unter der Leitung des Herausgebers bearbeitet von
Heinrich Fischer und Dr. Fritz Traugott Schulz.
Vorwort.
^ie Bearbeitung der vorliegenden Lieferung erfolgte unter der Leitung des
^^^^^ Unterzeichneten durch den Architekten Heinrich Fischer, welcher mit
der Anfertigung der Denkmälerbeschreibungen beschäftigt wurde und nach
dessen Abgang durch Dr. Fritz Traugott Schulz, z. Z. Assistent am Germa-
nischen Museum in Nürnberg, welcher den geschichtlichen Theil, die beiden
Einleitungen und die Zusammenstellung der Litteratur und Quellen übernahm
und die Beschreibungen ergänzte. Die Benutzung der Archive wurde durch
das freundliche Entgegenkommen des Vorstandes des Königlichen Staatsarchivs,
Geheimen Archivraths Dr. Doebner und des Archiv- Assistenten Dr. Fink,
sowie des Vorstandes des Stadtarchivs in Hannover, Stadtarchivars Dr. Jürgens,
welcher ausserdem auf manche bemerkenswerthe Nachricht aufmerksam machte,
wesentlich erleichtert. Auch konnten einige Mittheilungen des Architekten
R. Philipp Bromme über die Kapelle in Immensen und die Kirche in
Stellichte, des, Grafen von der Schulenburg-Wolfsburg auf Haus Rethmar
über Rethmar und des Geheimen Bauraths Schuster über Ahlden verwerthet
werden. Femer hatten der Amtsrichter E. v. Bennigsen in Syke seine
geschichtlichen Notizen und der Geheime Rath Doebner das Register zum
achten Bande seines Urkundenbuches, soweit es fertig gedruckt war, bereit-
willigst zur Verfügung gestellt.
Die Aufnahmen sind in der Hauptsache durch den Architekten Fischer,
einige derselben durch Dr. Schulz angefertigt. Der Architekt Bromme lieferte
in dankenswerther Weise die Aufnahmen Fig. 51 und 53 — 59, die Architekten
Echtermeyer und Franz A. Krüger Fig. 42—44, Pastor Junker in
^Schwarmstedt Fig. 45—48, Pastor ü hl hörn in Ricklingen Fig. 14, 15, 17 und 19,
-tHg IV 8^
Architekt Wendebourg Fig. 12 und 20 und die Firma Henning & Andres
Fig. 66. Zu Fig. 16 konnte eine Aufnahme des Ereisbauinspektors Schlöbcke
benutzt werden.
Die Verzeichnisse wurden von dem Regierungsbaumeister Siebern
aufgestellt, welcher sich in Gemeinschaft mit dem Bibliothekar Dr. Thimme
auch an der Korrektur des Werkes betheiligte.
Den Druck besorgte die Hofbuchdruckerei von Gebrüder Jänccke,
die Herstellung der Lichtdrucktafeln die Eunstanstalt von G. Alpers jr., die
Druckstöcke der Textabbildungen die Eunstanstalt von L. Hemmer, sämmtlich
in Hannover.
Allen, welche zum Gelingen des Werkes beigetragen haben, sei auch
an dieser Stelle der herzlichste Dank ausgesprochen.
Hannover, 20. September 1902.
Carl Wolff.
Ortsverzeichniss.
(Auf den stärker gedmckten Seiten ist der Ort im Zusammenhang behandelt.)
Seite
Abbensen 5
Ahlden . . 105, 114, 117, 120, 122, 128, 133,
134, 138, 142, 148, 181
AWten 6, 46
Aligse 21, 52
Alt-Schwarmstedt 148
Bässen 106
Bennemühlen 11, 13, 73
Bergen 106
Bierde 111
Bilm 12, 46
Bissendorf 11, 13, 16, 27, 32, 73
Böhme 111
Bokholt 148
Bothmer 113, 164
Braunschweig 71, 81
Bremen 165
Breiingen 16, 27, 32, 75
Buchholz 13, 148
Burgdorf (Kreis) 1
Burgdorf 7, 18, 33, 52, 59, 76, 78, 79, 90, 99
Burgwedel 23, 27, 90
Celle 1, 114, 121, 144
Dolgen 31, 34, 88
Dollbergen 148, 32
Dorfmark 106, 114, 122, 142, 181
Dfishom ... .106, 111, 117, 122, 142
Eddesse 90
£demi8sen 90
Eiekeloh 106, 118
Eickenrode 90
Eilte 120
Elze 32, 90
Engensen 21, 33, 99
Eseringen 19
Essel
Evern
Seite
148
• • • • V*; ö«/
Fallingbostel (Kreis) 101
Fallingbostel 106, 121, 171
Fuhrberg 27, 36
Gailhof 13
Garvesen 19
Gilgen 34
Gilten 106, 123, 141, 164, 166, 167
Glashof 166
Göttingen 81
Gretenberg 31, 88
Gross-Burgwedel 25, 36
Gross-Grindau 148
Gross-Horst 59
Hademsdorf 119
Haimar 30, 31, 34, 39, 71, 88
Hainhaus 13
Hameln 134, 135
Hänigsen 37
Hannover 1, 20, 81, 148
Harber 42
Heessel 18
Helen 106
Hellendorf 11, 13, 73
Heisdorf 5, 13
Hermborg lOG
Heselingen 19
Hildesheim . . 1, 46, 54, 70, 78, 79, 87, 88,
94, 97, 164
Hodenhagen 127, 128
Hohenhameln 39, 43, 90
Horst 7, 59
Höver 45, 46
Hoya 144, 155, 164
-tHg VI 8^
Seite
Hudemühlen 127
Hussen 106
Ickhorst 13
Jeversen 148
Usede 90
Uten 6, 9, 12, 23, 45, 46
ImmenBen 21, 52, 95
Isernhagen 27, 53
Kirchboitzen 119, 132
Kirchhorst 7, 21, 27, 59, 90
Kirchrode 9
Kirchwahlingen 111, 133, 168
Klein-Burgwedel 26, 27
Lehrte • . . . 31, 70, 88
Lindage 90
Loccnm 5
Lohne 59
Lübbecke 107
Lühnde 6, 39, 45, 70, 80, 87
Lüneburg 71, 144, 145
Mandelsloh . 5, 16, 17, 73, 75, 123, 141, 164
Mariensee 13, 123, 141, 164
Markeldorp 148
Maspe 13
Mehmm 90
Meinerdingen 137, 166, 122, 106
Meinersen 23, 37, 99
Meilendorf 13, 27, 72
Minden . . . 54^ 79, 105, 106, 122, 128, 128,
138, 144, 146, 155, 166
Mohlmühlen 13
Negenbom 75
Neuen -Warmbüchen 27
Neustadt 13, 106, 141
Neustadt a. R. 164
Niederstöcken 141
Norddrebber 141
Northeim 81
Obershagen 76
Oedingen 19
Oelerse 77
Oldhorst 27
Ostenholz 141
Otze 78
Peine 90
Seite
Quedlinburg 166
Ramlingen 79
Rethem 144
Rethmar
Scherenbostel 13
Schlage 13
Schmedenstedt 27
Schomsteinhagen 76
Schwarmessen 106
Schwarmstedt 27, 148, 113, 164
Schwüblingsen 85, 90
Sehnde 31, 87
Sievershausen . . 13, 21, 22, 24, 27, 32, 33,
52, 59, 77, 85, 89, 94, 97, 99
Soltau 106, 114, 122, 154
Sommerbostel 13
Steimke 166
Steinwedel 21, 52, 71, 90, 94
Stelle 7, 21, 59
Stellichte 154, 170
Steterburg 87
Stöcken 147
Suderbruch 163
Südwinsen 148
Thönse 33, 21, 99
Twenge 13
Uetze 37, 90, 97
Verden 138, 144, 154, 171
Vöhrum 90
Wahlingen 146
Wahlnigsen 106
Walsrode . 106, 119, 122, 123, 138, 155, 164
Wellingsen 19
Wennebostel 13
Wense 180
Wettmar 21, 27, 33, 90, 99
Wichendorf 13
Wienhausen 32, 33, 43, 77, 85, 90
Winsen 106, 148
Wipshausen 90
Wistendorp 106
Wolterdingen 138
Woltingerode 87
Wunstorf 5, 105, 106
Zeven 133
^*ö
Verzeichniss der Abbildungen.
Pignr
1
2
3
4
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29-30
31
32
33
34
a5
36
37
38
39
40
41
Der Kreis Burgdorf
Kapelle in Änderten; Grundriss
Kirche in Bissendorf
Tj 71 n Grabmal
Kirche in Gross-Burgwedel; Grabstein
Kirche in Harber; Schallöflfnungen
„ „ „ Altarlenchter
Kirche in Uten; Altar . .
^ y, ^ Gedenktafel
Kirche in Isernhagen; Fenster
„ „ ^ Taufstein
Kirche in Kirchhorst; oberer Grundriss vor der Wieder-
herstellung
J^ -n V Vorhalle
n .^ „ Wand- und Deckenmalereien. .
„ „ „ Chor vor der Wiederherstellung
n v n Grabstein
n 7) n Grabmal
„ „ alte ThUr
Herrenhaus in Rethmar; Thür
Kapelle in Schwüblingsen; Crucifixus
Kirche in Sievershausen; Thür
Der Kreis Fallingbostel
Kirche in Ahlden; Altarleuchter
Schloss in Ahlden; Hofseite
Kapelle in Böhme; Grundriss
Kirche in Dorfmark; TaufgefUss
Kirche in DU shorn; Figurengruppen
Kirche in Gilten; Fenster
n T) n Altarleuchter
Kirche in Hudemlihlen
Kirche in Kirchwahlingen; Thür
n n n Altarleuchter
Kirche in Meinerdingen; Grundriss
V 77 71
n V n Zinnvase
Kirche in Ostenholz; Grundriss
„ „ „ Südseite
Schloss in Kethem; Konsole ^ . . .
Seite
2
9
14
15
29
43
44
48
51
56
58
60
61
62
63
64
65
66
68
69
84
86
93
102
108
110
112
116
118
124
125
129
135
136
138
189
140
142
143
147
Tafel
-^ VIII 8^
Figur Seite
42—44 Kirche in Schwarmstedt; Längenschnitt, Querschnitt,
Grundriss 149
4o „ „ „ Altar '.
46 — 48 „ ^ Yi Grabmale und Crucifixus. . . 151
49 Kirche in Stelliehte; Grundriss vor der Wiederherstellung 156
50 n n ri Nordseite 157
51 „ „ „ Thürlaibung der Südseite 158
52 „ „ „ Fenster 158
53 — 57 „ ^ „ HolzfUUungen der Chorschrankc . . 159
58—59 1, n n Grabmäler 162
(50 — 62 7) rt T) Orgel, Taufbecken und Kanzel . .
63 Kirche in Walsrode; Westseite 172
64 n n n Glockeninschrift 173
65 Kloster in Walsrode 175
66 „ „ „ Glasmalereien 177
Tafel
I
II
Sachverzeichniss.
(Die stärker gedmckten Seiten
Altäre 5, 7, 14, 28, 87, 88, 41, 45, 41, 58,
57, 63, 74, 77, 78, 83, 86, 88, 98, 96,
112, 115, 117, 125, 180, 136, 141, 142,
150, 160, 174, 181.
Alt*rkanzeln 14, 41, 45, 49, 74, 83, 96,
112, 130, 141, 142.
Altarleuchter 11, 14, 38, 42, 44, 49, 53,
63, 71, 74, 77, 78, 80, 93, 96, IM, 112,
115, 117, 122, 125, 130, 136, 140, 141,
143, 150, 160, 174.
Altarwand 173.
Amtshänser Bissendorf 13, Burgdorf 18,
Gross-Burgwedel 25, Rethem 147.
Armenhaus Burgdorf 18f
Becher 49.
Bildwerke 80, 117, 175.
Chorschranken 159.
Chronostichon 94.
Ciborien 49, 63, 109, 117, 125, 130, 143, 160.
Crücifixe 63, 71, 77, 86, 109, 130, 151, 176.
Dachreiter 7, 12, 32, 34, 37, 38, 45, 75,
77, 79, 86, 113, 130, 176.
Denkmal 120.
Elle 70.
Emporen 7, 10, 12, 14, ,24, 27, 38, 41, 45,
50, 82, 88, 96, 122, 125, 130, 140, 142,
150, 181.
Emporenbrtistung 65.
ErbbegräbnisB 53, 82, 134. •
Gedenktafeln 15, 126, 130, 160, 173.
Gemälde 7, 28, 46, 50, 80, 94, 109, 115,
118, 151, 161, 176.
Gerichtsgebäude Rethem 144.
GJasgemälde 78, 80, 131, 140, 164, 176.
Glocken 7, 11, 12, 15, 17, 28, 31, 37, 38,
42, 44, 46, 50, 57, 65, 71, 74, 78, 83, 88,
96, 115, 120, 122, 126, 151, 161, 174.
Glockenstnhl 57.
beziehen sich auf Abbildungen.)
Glockenthürme 115, 122.
Goldschmiedzeichen 30, 49, 50, 51, 63,
69, 70, 109, 140, 143, 150, 153.
Gräben 12, 25, 111, 121.
Grabgewölbe 120, 159.
Grabkapelle Eickeloh 119.
Grabmäler und Grabsteine 15, 16, 17,
18, 24, 25, 28, 29, 38, 42, 44, 50, 57, 65,
66, 67, 68, 71, 72, 83, 89, 96, 99, 109
118, 126, 131, 132, 136, 152, 153, 160,
162, 164, 174, 176, 181.
Gruft 112, 113, 117, ISa
Herrenhäuser BennemUhlenll,Rethmar 80,
Uetze 97, Böhme 111, Eilte 120, Stel-
lichte 154.
Kannen 29, 38, 44, 50, 109, 132.
Kanzeln 7, 11, 39, 53, 57, 80, 88, 118, 126,
137, 153, 162, 182.
Kapellen Abbensen 5, Ahlten 6, Alten-
WarmbUchen 7, Änderten 8, Arpke 11,
Bilm 12, Dolgen 80, Dollbergen 32,
Elze 32, Engensen 33, Evem 34, Fuhr-
berg 36, Höver 45, Immensen 52, Negen-
bom 75, Oelerse 77, Otze 78, Ram-
lingen 79, Schwüblingsen 85^ Böhme 111,
Bothmer 113, Norddrebber 141 , Wense 180.
Kelche 16, 29, 45, 51, 57, 69, 72, 74, 84,
109, 115, 118, 120, 123, 126, 132, 133,
137, 140, 143, 153, 163, 164.
Kirchen Bissendorf 13, Breiingen 16,
Burgdorf 18, Gross-Burgwedel 25,
Hänigsen 37, Haimar 39, Harber 42,
Uten 46, Isemhagen 53, Kirchhorst 59,
Lehrte 70, Meilendorf 72, Obershagen 76,
Rethmar 80, Sehnde 87, Sievershausen 89,
Steinwedel 94> Uetze 97, Wettmar 99,
Ahlden 105, Dorfmark 114, Düshom 117,
Eickelohll8, Fallingbostell21, Gilten 123,
HudemUhlen 127, Kirchboitzen 132, Kirch-
-^ X H-
wahlingen 138, Meinerdingen 137, Osten-
holz 141, Schwarmstedt 148, Stellichte 154,
Suderbruch 163, Walsrode 164.
Kirchenstühle 159.
Kirchthürme 14, 24, 27, 33, 41, 43, 49, 56,
63, 71, 82, 88, 93, 96, 108, 125, 136, 140,
142, 150, 159, 173.
Klöster Mariensee 9, 123, 141, 164, Steter-
burg 87, Woltingerode 87, zur Sülte 88,
Bartholomäuskloster in Hildesheim 88,
Michaeliskloster in Hildesheim 88, 94, 97,
Zeven 133, St. Martini in Minden 141,
Moritzkloster auf dem Werder bei
Minden 148, Walsrode 164, Wienhausen
32, 33, 48, 77, 85, 90.
Kl oster chor Walsrode 164.
Kronleuchter 140.
Maasswerk 43, 55, 62, 130, 174.
Orgeln 24, 51, 109, 125, 154, 163.
Paramente 108, 150.
Patronatsstuhl 70.
Rathhaus Walsrode 164.
Beliqnienschrein 176.
Bittergut Ahlten 6.
Sakristeien 125, 135, 150.
Sarg 85.
Schloss Ahlden 105.
Schränke 137, 177.
Siegel 57, 140, 177, 180.
Sonnenuhren 30, 55, 142, 150.
Taufbecken aus Holz 42, 143, 163, aus
MetaU 30, 51, 74» 116, 120, 132.
Taufengel 70, 140.
Tauf steine 5, 7, 39, 57, 89, 96, 123, 137,
140, 154.
Thür 70.
Thurm 127.
Triumphkreuz 30.
Uhr 178.
Vasen 140.
Wand- und Deckenmalereien 30, 64.
Wappen 15, 17, 28, 42, 44, 47, 49, 50, 51,
57, 58, 63, 65, 69, 71, 78, 80, 82, 83, 85,
96, 99, 109, 110, 118, 114, 120, 125, 126,
181, 132, 136, 137, 140, 147, 151, 152,
153, 154, 158, 160, 161, 162, 163, 164,
174, 175, 176, 177, 178, 180, 181, 182.
Wetterfahne 53.
Wohnhaus 53.12 _.
Zifferblätter 154.
Zinngiesserzeichen 49, 57, 71.
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Künstlerverzeichniss.
Adam, Dietrich (Goldschmied), 148.
Anthoni, Assmns (französischer Gärtner-
meister), 108.
B, N (N. B.) (Bildhauer), 58.
Bamewitz (Bildhauer), 66.
Bartels, Daniel (Bildhauer), 60.
Bartels, Heinrich Conrad (Bildschnitzer), 169.
Becker, C. A. (Glockengiesser), 65, %.
Becker, Peter August (Glockengiesser), 55.
Behrens, Hans (Maler), 54.
Behrens, M., Johann (Maler), 40.
Bock (Glockengiesser), 11.
Brfiggemann (Maler), 80.
BrUggemann (Bildschnitzer), 168.
Campenius, Adolphus (Orgelbauer), 169.
Gasten, Hans (Orgelbauer), 22.
Christ, Hans (Architekt), 22.
Cordes (Tischlermeister), 53.
Damm, H. L. (Glockengiesser), 28, 65, 71, 151.
Diisterdich (Glasermeister), 53.
Dreier, Cord (Bildschnitzer), 169.
Flegel, Just, Ludwig (Zinngiesser), 49.
Gerd (Architekt), 148.
Getelde, Hans (Maler), 91.
Havtsch, Johann Christoph (Glocken-
giesser) 115.
Hawer, Henning (Maler), 81.
Heyde, Kord van der (Glockengiesser), 138.
Höyer, Anton (Bildhauer), %.
Hoyer, J. B. (Bildhauer), 89.
Hüsemann (Orgelbauer), 41.
Jäger, Henning (Maler), 95.
Kahlen, H. (Stückgiesser), 22.
Keusser, Justus (Orgelbauer), 149.
Keyser, Justus (Orgelbauer), 169.
Knust, Berend (Bathsmaurermeister), 169.
Körber, Jakob (Glockengiesser), 95.
Lampen, M. Henni (Glockengiesser), 89, 95.
Lippold (Kgl. Festungsmaurermeister), 95.
Mare, M. Märten de (Orgelbauer) 163.
Mathias (Goldschmied), 77.
Meier, Johann (Glockengiesser), 38, 55, 57,
79, 120.
Meuten, Diderich (Glockengiesser), 42.
Meyfeld, Just Andreas (Glockengiesser), 38.
N., H. (H. N.) (Bildhauer), 15.
Ochsenkopf, Heinrich (Bildschnitzer), 81.
Olpke, M. Johann (Maler), 52.
Ossenkopf, M. Cnrt (Bildschnitzer), 40, 54.
Pelckinck, Hans (Glockengiesser), 53.
Rade, Hermann und Caspar y. (Maler), 168.
Riedeweg, M. Thomas (Glockengiesser), 23,
44, 50, 54, 122, 123, 149, 174.
Ritterhof, Conrad (Bildhauer und Maler), 170.
S. J. G. (J. G. S.) (Bildhauer), 115.
Schultz (Maler), 47.
Siegfried, Ludolf (Glockengiesser), 40, 47,
50, 151.
Strauss (Ingenieur), 108.
Symon, Thomas (Glockengiesser), 168.
Thies, Franz Jürgen (Klempnermeister), 23.
Uhle, Hans Jakob (Bildhauer), 66.
Yick (Landbaumeister), 166.
Vos, M., Pawel (Glockengiesser), 71.
W., H. (H. W.) (Bildhauer), 83.
Weidemann, Joh. Heinr. Christ. (Glocken-
giesser), 17, 38, 44, 54, 74, 176.
Wiegel, Jonas (Orgelbauer), 47.
Wilhelm, Hans (Maler), 81.
WUbbers, J. (Zinngiesser), 23.
Wulff (Goldschmied), 54.
Ziegner, M. Johann Georg (Glocken-
giesser), 37.
Zuberbier, Johann Andreas (Orgelbauer), 95.
Der Kreis Burgfdorf.
Einleitung.
^er Ejreis Burgdorf wird im Westen vom Regierungsbezirk Hannover, im
Süden und Südosten vom Regierangsbezirk Hildesheim, im Nordosten
vom Kreis Gelle und im Norden vom Kreis Fallingbostel begrenzt.
Er ist 837,82 qkm gross und setzt sich aus zwei Stadtgemeinden, 81 Land-
gemeinden und zwei selbständigen Gutsbezirken zusammen. Der Boden, welcher
die Merkmale der Lüneburger Heide trägt, ist, abgesehen von kleineren Er-
hebungen im Süden, Osten und namentlich im Nordwesten, flach. Bei Bissen-
dorf, Burgdorf und Uten trifft man auf Ejreideschichten. Reichere Waldungen
finden sich bei Ahlten, zwischen Burgdorf und Uetze, sowie im Nordwesten.
Moore giebt es bei Alten -Warmbüchen, Oldhorst, nördlich von Wettmar und
in der Gegend von Meilendorf. Bewässert wird der Kreis von der Fuhse, Aue
und Wietze mit ihren Zuflüssen. Die Zahl der dem niedersächsischen Stamme
angehörenden Bewohner beläuft sich auf rund 36000. Sie treiben in erster
Linie Viehzucht und Ackerbau und handeln mit den Erzeugnissen ihrer Thätig-
keit. Ziegeleien finden sich an vielen Orten; auch sind einzelne Zuckerfabriken
imd Cementfabriken vorhanden. Windmühlen sind über das ganze Land hin
zerstreut. Als Hauptverkehrswege dienen die Chausseen Hannover-Walsrode
und Hannover-Celle, sowie die in Fig. 1 angegebenen Landstrassen. Folgende
Eisenbahnlinien durchschneiden den Kreis: Hannover - Lehrte - Hildesheim,
Hannover -Lehrte -Braunschweig, Hanno ver - Oebisfelde, Hannover - Uelzen und
Hannover -Soltau. Eine Aussenstrecke der elektrischen Bahn verbindet die an
der Landstrasse Hannover-Haimar belegenen Orte mit einander.
Der Kreis ist im ehemaligen Fürstenthum Lüneburg und nur zum kleinen
Theil im Fürstenthum Galenberg belegen. Zu letzterem gehört nur der den
Gemeinden Uten und Bilm bei der Theilung zugefallene Antheil am sogenannten
Eisenwinkel vom Bezirke des alten Amtes Hannover. Der Kreis theilt die
wechselreichen Geschicke des Fürstenthums, die nur in schwachen Umrissen
angedeutet sein mögen : Im Jahre 1235 erhielt Otto das Kind das neu begründete
Herzogthum Braunschweig - Lüneburg als erbliches Reichslehen und wurde
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Reichsfurst. Seine Söhne Albrecht und Johann theilten 1267 die Lande: Johann
erhielt das Herzogthum Lüneburg und die Stadt Hannover^ Albrecht das Herzog-
thum Braunschweig sowie Galenberg und Göttingen. Diese Theilung begründete
die Trennung der Lande Braunschweig und Lüneburg. Als Johanns Enkel,
Wilhelm von Lüneburg, ohne Söhne starb, entbrannte über die Nachfolge der
grosse Lüneburgische Erbfolgekrieg zwischen Magnus Torquatus und Albrecht
von Sachsen. Die mannigfachen Zwistigkeiten fanden ihren Abschluss durch
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KREIS
CELLE
NEUSTADT
HANNOVER
KREIS
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Flg. 1. Der Kreis Bargdorf.
die Theilung vom Jahre 1409: Bernhard erhielt das Braunschweigische, Heinrich
das Lüneburgische Land. Bei einer weiteren Theilung im Jahre 1428 wählte
dann Bernhard den Lüneburgischen Theil. Unter seinen Nachkommen ist Ernst
der Bekenner als eifriger Vorkämpfer der Reformation bekannt. Seine Enkel,
die Söhne Wilhelms, beschlossen 1610 zu Gelle die Untheilbarkeit des Fürsten-
thums Lüneburg. Herzog Georg, 1641 gestorben, bestimmte in seinem Testament
die Theilung von Lüneburg und Calenberg. Georg Ludwig, 1714 auf den eng-
lischen Thron berufen, vereinigte durch seine Heirath mit Dorothea von Gelle
die sämmtlichen weifischen Lande.
Eine Sonderstellung innerhalb des Kreises nimmt das sogenannte «grosse
Freie" ein, welches die Ortschaften Ahlten, Änderten, Höver, Bilm, Uten, Lehrte,
Sehnde, Gretenberg, Rethmar, Evem, Dolgen, Haimar, Harber und Klein-
Lopke umfasst. Die Freien sind ein Rest der gemeinen Freien, deren Rechte
die Freiheit der Person und des Eigenthums zum Kern hatten. 1248 übergab
Graf Heinrich von Lauenrode die „comitia major" gegen eine jährliche Rente
von 20 Mark an Otto das Kind. Die weifische Herrschaft befestigte sich hier
seit der Mitte des XIV. Jahrhunderts. Im Vertrage zu Minden, 1512, erhielt
Heinrich der Mittlere von Lüneburg die Freien vor dem Walde, und seitdem
gehören sie endgültig zu Lüneburg.
Die Ortschaften gehören in ihrem grösseren Theil der Hildesheimschen
Diöcese an. Was jedoch westlich der Wietze, welche im Allgemeinen als die
Grenze angesehen werden darf, belegen ist, gehörte ehedem zum Mindener
Archidiakonat Mandelsloh im Loingau. Von den übrigen zu Hildesheim
gerechneten Orten gehören die nördlichen dem Pagus Flutwide, die südlichen
dem Pagus Hastfala an. Beide Gaue stossen zwischen Aligse und Lehrte
zusammen.
Hervorragende Kunstwerke hat der Kreis nicht aufzuweisen, doch bietet
er eine Fülle von interessanten Gegenständen der kirchlichen Kleinkunst. Dass
auch hier die Kunst ehedem gepflegt wurde, das geht aus den geschichtlichen
Nachrichten zur Genüge hervor. Doch haben die Fehden zu Beginn des
XV. und XVI. Jahrhunderts, besonders aber der dreissigjährige Krieg das ihrige
gethan, um sie in ihrem Aufblühen niederzutreten. Die romanische Zeit wird
durch einen Crucifixus zu Kirchhorst sowie einen Thurm in Ilten vertreten.
Spätgothische Kirchen sind in Gross-Burgwedel, Isemhagen, Kirchhorst und Meilen-
dorf, letztere mit der Zahl 1497, erhalten. Kapellen aus dieser Zeit finden sich
an vielen Orten; die zu Höver trägt die Jahreszahl 1494. Bemerkenswerth ist
der mit Scharten versehene Kirchthurm zu Gross-Burgwedel. Einfache Herrenhäuser
werden an einigen Orten angetroffen. Von den Altären steht neben einigen
aus der spätgothischen Zeit der zu Ilten vom Jahre 1724 obenan. Ein Altar-
leuchter mit der Jahreszahl 1556 ist in Harber vorhanden, andere zeigen viel-
fach gothische AufiTassung. Spätgothische Crucifixe haben Oelerse und Schwüb-
lingen aufzuweisen. An Glocken ist ein grosser Reichthum vorhanden; eine zu
Gross-Burgwedel zeigt Formen des XIV. Jahrhunderts, eine andere zu Otze
die Zahl 1461; weitere gehören dem XVI. und namentlich dem XVIII. Jahr-
hundert an. Schöne Grabsteine sind in Gross-Burgwedel, Kirchhorst und Lehrte
vorhanden. Die Meister Barnewitz und Hoyer haben besonders gute Stücke
geliefert. Spätgothische Wandmalereien sind in Gross-Burgwedel gefunden
worden und ähnliche in Kirchhorst erneuert in ihrer vollen Pracht zu sehen.
1*
Abbensen.
Kapelle.
Litte rat nr: Doebner III, Nachträge; Janicke; von Hodenberg, Calenberger
ürknndenbnch III; Sudendorf; Wippennann, Bnkkigan; Manecke II; Mithoff, Kunst-
denkmale lY; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Holscher, Beschreibung des Bisthums
Minden; Grütter, Amtsvogteien im Fürstenthum Lüneburg, Hannov. GeschichtsbL, 3. Jahrg.;
Schulz, Bissendorf, ebendort, 4. Jahrg.
Abbensen, seit Alters Filial zu Heistorf, gehörte ehedem mit diesem Geschichte,
zum Mindener Archidiakonat Mandelsloh im Loingau. Es war der Amtsvogtei
Bissendorf zugetheilt. Im Jahre 1287 resignieren der Ritter Hildemar von
Oberg und der Edelherr Eonrad von Amheim dem Mindener Bischof Volquin
zu Gunsten des Klosters Loccum den Zehnten in «Abbenhusen*. In seiner
heutigen Namensform taucht der Ort 1353 und in einem Einnahmeverzeichniss
des Schlosses Celle aus den Jahren 1381/82 auf. 1353 erklärt Ritter Johann
Pickard, dass nach seinem Tode seine Güter, darunter ,en hof to Abbensen',
dem Herzog Wilhelm von Braunschweig und Lüneburg, seinen Erben oder
Nachfolgern anheimfallen solle.
Nach des Canonicus Jordan Güterverzeichniss der Abtei Wunstorf,
welches zwischen 1376 und 1379 abgefasst sein wird, gehörte zur Abtei ,De
hof to Abbensen Is En echte hof jn den Bordung wolt". 1472 thun die Testa-
mentarien des Magnus Lauenrode, Propstes zu Mariensee, kund, dass das Kloster
von des Testators Nachlasse disponiertermassen den Zehnten zu Abbensen,
worauf 100 Gulden stehen, wieder lösen solle.
Die einfache, mit abgeschrägten Ecken im Osten versehene, mit Sattel- Beschreibung.
dach überdeckte FachwerkkapeUe hat eine gerade geputzte Decke mit vor-
stehenden Balken und Holzkonsolen an den Seitenwänden. Auf der Südseite
liegt die halbkreisförmig geschlossene Eingangsthür mit der Jahreszahl 1665
im Sturz. Die kleinen Fenster haben rechteckige Form.
Auf dem mit einer Steinplatte abgedeckten, gemauerten Altar steht Altar.
ein spätgothisches, farbig behandeltes, stark verwahrlostes Schnitzwerk mit dem
Gekreuzigten im Mittelsdirein.
Ein einfacher gothischer Taufstein ist aus Sandstein gearbeitet. Tanfstein.
-e-S 6 IK-
Geschichte.
A h 1 1 e n.
Kapelle.
Litteratur: Sudendorf; Doebner VI; Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim ;
Manecke II; von Hodenberg, LUneburger Lehnregister; Regenten-Sahl 16d8; Böttger,
Diöcesan- und Gau-Grenzen; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Heise, die Freien; Weber,
die Freien bei Hannover 1898; ttithoff, Kunstdenkmale lY; Kniep, die Freien vor dem
Walde, Hanno V. GeschichtsbL, 3. Jahrg.
Quellen: Urkunden desKgl. Staatsarchivs zu Hannover; Stadtarchiv zu Hannover,
Redecker, historische CoUectanea; Yerzeichniss der kirchlichen Kunstdenkmäler von 1896.
Beschreibung.
Das im grossen Freien belegene Dorf, ehemals mit Uten, wohin es
noch heute eingepfarrt ist, zum Archidiakonat Lühnde und zum Gau Hastfala
gehörig, begegnet in der älteren Zeit meist in der Form «Alten* ; so zwischen
1220 und 1240 in dem ältesten Exemplar des Lehnsregisters des Luthard von
Meinersen (ein anderes Exemplar aus der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts
schreibt dafür „Altem"), im Jahre 1359; in der Descriptio bonorum prae-
positurae Hildensemensis ecclesiae tempore Nicolai (de Huet) praeposili vom
Jahre 1382 und im Jahre 1428. 1491 lautet es .Altenn*. Bei der 1360 vom
Herzog Wilhelm vorgenommenen Neubelehnung erhielt Wulver von Reden
,de vogedie to Alten". Die Gebrüder Martin und Dietrich von Alten bekamen
,To Alten . IX . morgere vnde . I . wort . de vorlenet se*. 1458 wird es
durch Herzog Bernhard in Asche gelegt. Die Kapelle war zu Beginn des
XVI. Jahrhunderts bereits vorhanden. 1500 verkauft Wulbrand von Reden dem
Herzog Heinrich von Braunschweig und Lüneburg Obrigkeit und Gericht ,in
vnde buten dem dorpe Alten • • • • in dem karspel tho Dten belegen*. 1530 und
1541 wird der Hildesheimsche Domherr Arnold Freitag als «Obedienciarius der
Obediencien Alten* (Althen, Altenn) bezeichnet. Nach dem Visitationsprotokoll
vom Jahre 1543 gehörten zur »Vpkumpst des pastors tho Uten* 30 Morgen
Landes „vor Althen*; und in der zubehörigen Klage heisst es: »VI gülden X sz
in veer Jaren nhagebleuen veertide gelt jn Uten, Billem, Höuerde vnd Althen,
dat mi vorentholden wert mit jtliken Schincken*. Als Patrone werden die 1647
ausgestorbenen Herren von Rutenberg genannt. Die Folgen des dreissigjährigen
Kri^es machten sich auch bezüglich der Kapelle fühlbar. Der Dtener Pastor
von Broitzem schreibt nämlich Folgendes: , Gleich wie bei Antretung meiner
unwürdigen Bedienung [14. Mai 1648] alle B^pellen in einem elenden Zustande
gefunden, also absonderlich diese Ahltische; sie ist mehr einem Viehestall, als
Gotteshause ähnlich gewesen*.
Das Rittergut zu Ahlten wurde von Stats Schlüter in den Jahren 1580
und 1582 gegründet. Herzog Ernst 11. von Lüneburg hat 1593 dem Gute alle
adeligen Freiheiten, Gerechtigkeiten und Immunitäten ertheilt.
Die massive, durch das halbe Achteck im Osten geschlossene, geputzte
gothische Kapelle mit gerader Bretterdecke trägt im Westen einen viereckigen
->^ 7 8^
Dachreiter. Die drei Chorfenster und die Fenster der Nordseite zeigen innen
spitzbogig geschlossene Nischen und aussen geraden Sturz. Die in einer Spitz-
bogennische liegende Eingangsthür und zwei flachbogige Fenster sind an der
Südseite angebracht. Zu beiden Seiten der Thüre sind inwendig im Mauerwerk
die Oeffnungen für das Querholz noch vorhanden. Oben am westlichen Giebel
sind zwei Steine mit Kreuzen eingemauert. Hölzerne Emporen befinden sich
an der West- und theilweise an der Süd- und Nordseite. Bemerkenswerth sind
die tauförmigen Verzierungen an den Tragbalken der südlichen Empore. Auf
den beiden Ständern an den Längsseiten ist die Zahl 21 zu lesen.
Der gemauerte Altartisch ist mit Platte und Schräge in Sandstein Altar,
abgedeckt.
Die Kanzel enthält auf den Füllungen die auf Holz gemalten Brustbilder Gemälde,
des ,S. Philippvs, S. Petrvs, S. Bartholomaevs, S. Andreas, S. Simon" und
,S. Johannes*. Darunter befindet sich an der Altarwand eine Darstellung des
Abendmahls und oben Gott Vater in den Wolken. Die Gemälde dürften noch
dem XV. Jahrhundert angehören.
Eine im Jahre 1563 gegossene, 52 cm im Durchmesser grosse Glocke Glocke,
trägt am Halse eine Inschrift, darunter einen gothischen Omamentstreifen und
am Rande fönf herumlaufende scharfkantige Erhöhungen.
Ein schöner, farbig behandelter, 1,14 m hoher und 0,78 m im Durch- Taufstein.
messer grosser Taufstein aus Sandstein trägt auf dem runden profilierten Fusse
die Jahreszahl 1613. Auf dem sechseckigen, mit Akanthusblättem und Figuren
verzierten Schaft liegt ein ebensolches Becken, welches mit Sprüchen aus
Markus 10, Johannes 3 und Matthaeus 28 und den Darstellungen der Anbetung,
Jesu als Einderfreundes und der Taufe im Jordan geschmückt ist.
Alten-Warmbüchen.
KapeUe.
Litteratnr: LUntzel, die ältere Diöcesc Hildesheim ; Sudendorf; Origines
Guelficae; Gmpen, Origines et Antiquitates Hanoverenses; Urkundenbuch der Stadt
Hannover; Manecke II; von Hodenberg, LUneburger Lehnregister; Regenten-Sahl 1698;
Böttger, Diöcesan- und Gau -Grenzen; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Uhlhom, die
Kirche in Kirchhorst und ihre Kunstdenkmälcr, Zeitschr. d. bist. Ver. f. Nieders. 1899;
Neues Vaterl. Archiv 1823.
Quellen: Akte des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover.
Im Jahre 1329 lösten sich Horst, Stelle und Alten- Warmbüchen um
zwei Mark reinen Silbers von der Kirche zu Burgdorf los, bauten die Kapelle in
Horst zur Kirche um und weihten sie dem heiligen Nikolaus. Seitdem ist das
Dorf nach Kirchhorst eingepfarrt. Es war ehedem einer der Grenzorte des
Pagus Flutwide gegen den Pagus Hastfala. Sämmtliche Höfe zu Alten- Warm-
buchen waren zuvor Lehnshöfe derer von Alten. Aus einem Schreiben vom
Jahre 1664 ersehen wir, dass die Alten- Warmbüchener darum bitten, mit einer
Reparation der vor dem Dorf stehenden Kapelle verschont zu werden. Dieselbe
sei, so heisst es darin, «vor Zeiten** ,ad cultum sacnun". erbaut, aber mit
Einführung der Reformation verlassen und «wüste* geworden, «indem aus dem
Dorfif bald einer dies der ander das hingenommen*. Es wird daher von Celle
aus angeordnet^ dass der Schullehrer des Sonntags Nachmittags mit den
Kindern in der KapeUe ein «examen catecheticum* anstellen und mit ihnen
singen und beten solle, wozu auch die Alten kommen möchten. Jeden vierten
Sonntag sollten sie jedoch zur Horster Mutterkirche gehen. Die Kapelle wird
zu diesem Zweck auf das Nothdürftigste ausgebessert, 1803 jedoch mit Ausnahme
der Glocke dem Halbhöfner Hans Henning Wöhler als Meistbietendem für
96 rthlr. verkauft. Seitdem als Wohnhaus benutzt, hat sie mannigfache
Aenderungen erfahren.
Die durch das halbe Achteck im Osten geschlossene, aus Ort- und
Backsteinen errichtete Kapelle hat 12,8 m äussere Länge und 6^8 m Breite.
Der profilierte Ghorbogen und das mit vortretenden Bimstabrippen versehene
Chorgewölbe sind noch erhalten. Auf der Nordseite liegt eine flachbogige
Eingangsthür in einer einen halben Stein tiefen, den einfachen Viertelstab
zeigenden Spitzbogennische. Sämmtliche Fenster sind flachbogig geschlossen.
Änderten.
KapeUe.
Litteratnr: LUntzel, die ältere Diöcese Hildesheim ; Janicke; Leibniz, Scriptores
reram BrnnsTicensium ; Sudendorf; von Hodenberg, Marienroder Urkundenbnch ; derselbe,
Lttneburger Lehnregister; Urknndenbuch der Stadt Hannover; Doebner I und VI;
Manecke II; Mithoif, Kunstdenkmale I und IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Weber,
die Freien bei Hannover 1898; Kniep, die Freien vor dem Walde, Hannov. Geschichtsbl.,
8. Jahrg.; Kayser, Kirchenvisitationen 1897 ; Regenten-Sahl 1698; Holscher, Beschreibung
des Bisthums Minden; Förstemann, Ortsnamen; Böttcher, Geschichte des Kirchspiels Kirch-
rode. — Ueber die Familie siehe von Meding, Nachrichten von adelichen Wapen 11, und
die einschlägigen Register.
Quellen: Urkunde des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover.
Geschichte. Das zum grossen Freien gehörige Dorf blickt auf ein hohes Alter
zurück. Wie Lüntzel und nach ihm Weber anm'mmt, ist es identisch mit dem
»Ondertunum*, welches in der um 990 aufgesetzten, aber nur in einem Schrift-
stück des XI. Jahrhunderts vorliegenden Aufzeichnung über die auf Befehl
Ottos n. festgestellten Grenzen zwischen Ostfalen und Engem und die Grenzen
zwischen den Bisthümern Hildesheim und Minden vorkommt. In dem genannten
Grenzprotokoll erscheint unter den Zeugen «Bernhard Bidonis filius de Onder-
tunum". Nach dem «Ghronicon episcoporum Hildeshemensium' verpfändet
der Bischof Eonrad II., 1221—1246, dem Lippold von Escherde ein Vorwerk
in , Änderten". Diese Namensform wird von nun an die übliche. 1291 ver-
kaufen die Gebrüder Ludolf und Burchard von Gramme dem Erlöster Marien-
rode ,tres mansos sitos in Änderten et medietatem decime totius ville Änderten
et vnum molendinum jbidem cum omnj jure jn villa et extra villam**, welche
Güter sie vom Hildesheimschen Bischof Siegfried zu Lehen trugen. 1298 ver-
kauft der Ritter Dietrich von Alten demselben Kloster «quatuor mansos cum
decimis eorum in Änderten sitos cum duabus areis et edifitijs in eisdem con-
structis", welche er vom Mindener Bischof Ludolf zu Lehen getragen hatte,
und genehmigt 1301 den Tausch von zwei Hausstellen zu ,Anderthen" zwischen
dem Kloster und dem Heinrich Siegering, Bürger zu «Änderten". Im Lehns-
register des Bisthums Minden zwischen 1304 und 1320 begegnet die Form
»Thandertam*. 1348 verkauft das Kloster Marienrode dem -ÄJtare St. Johannis
in der Kreuzkirche zu Hannover zwei Höfe in »Änderten*. Bei der im
Jahre 1360 vom Herzog Wilhelm vorgenommenen Neubelehnung erhielten die
Gebrüder Martin und Dietrich von Alten ,to Änderten. IL houe de vorlenet se*.
1661 wüthete ein grosser Brand, welcher mitten durch das Dorf ging und alle
dortigen Höfe in Asche legte.
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Flg. 2 Kapelle in Änderten; Gmndriss.
Die Kapelle war dem Pfründenverzeichniss zu Folge bereits 1534 vor-
handen. Der Ort war ursprünglich nach Uten eingepfarrt; laut Visitations-
protokoll von 1543 hatten die Bewohner von Änderten das Vierzeitengeld an
den Geistlichen von Uten zu zahlen, wie es denn auch Thatsache ist, dass die
Elapellenrechnungen seit 1554 vom Iltener Pfarrer geführt worden sind.
1597 jedoch war die Kapelle bereits Filial zu Kirchrode. Noch 1662 wurde
vom Amtsvogt OsthoflF die ursprüngliche Zugehörigkeit zum Iltener Erchspiel
wieder herzustellen versucht; und der Iltener Pastor Joachim von Broitzem,
1648—1683, schreibt, dass er auf Befehl des Hochfürstlichen Gonsistorii daselbst
in der Kapelle gottesdienstliche Handlungen vorgenommen habe. Bei der
grossen Feuersbrunst im Jahre 1661 brannte das Innere der Kapelle aus. Sie
2
-^ 10 8^
Beschreibung^.
wurde 1663 wieder ausgebaut und von Neuem eingeweiht. 1670 wird Änderten
in den Freien mit einer Kapelle als Filial von Earchrode angegeben, wohin es
noch heute gehört. Nach Manecke (1858) ist das Dorf zwar nach Eirchrode ein-
gepfarrt, doch ist der Prediger zu Uten perpetuus Oeconomus des Eapellen-Aerarii.
Nach dem Dorfe ist ein Hannoversches Patriziergeschlecht, welches
1596 die Bestätigung seines alten Adels erwirkt hat, benannt.
Die in gothischen Formen errichtete, einfache Backsteinkapelle mit
flacher Decke (Fig. 2) hat im Jahre 1884 einen neuen Westthurm erhalten.
An den äusseren Flächen des alten Mauerwerkes befinden sich glasierte Ziegel.
Die Langseiten werden durch je drei Strebepfeiler mit Pultdächern gestützt. Die
spitzbogig überwölbte Eingangsthüre im Westgiebel — jetzt Durcligang vom Thurm
zur Kapelle — zeigt den viermal zurückgesetzten Viertelstab. Drei sehr
beschädigte Ghorfenster und eine Nische im Inneren des Chores sind mit dem Spitz-
bogen geschlossen und haben, wie die flachbogige Nische an der Aussenseite der
Ostwand, als Einfassung einen doppelten Viertelstab. Letzterer ist auch an
der Nord- und Ostseite als Theil des Hauptgesimses erhalten. Zwei rechteckige
Fenster befinden sich an der Südseite. Auf einem Holzständer an der Südwand
im Inneren ist die Jahreszahl 1661 und aussen auf einem Eckquader die Inschrift:
1663
M. H. F. AD.
angebracht.
Emporen sind an der West- und Nordseite vorhanden.
A p p k e.
Kapelle.
Litteratnr: Doebner VI und VIT; Sudendorf; Ltintzel, die ältere Diöcese
Hildesheim; Manecke II; Mithoff, Knnstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen;
Fromme, kleine Chronik der Primariatpfarre zu Sievershausen 1889; Weber, die Freien
bei Hannover 1898; Regenten - Sahl 1698; Böttger, Diöcesan- und Gau-Grenzen; Eayeer,
Kirchenvisitationen 1897.
Quellen: Urkunden und Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover.
Geschichte.
Das nach Sievershausen eingepfarrte Dorf, welches ehedem zu den
Grenzorten des Pagus Flutwide gegen den Pagus Hastfala gehörte, begegnet
in der älteren Zeit meist als »Arbeke*, so in den Jahren 1382, 1406, 1448,
1462 und 1466. Daneben findet sich 1459 die Form ,Erbeke«. 1487 erklärt
der Herzog Wilhelm von Braunschweig und Lüneburg, dass Otraven von Bervelde
-^ 11 8^
«dem hilgen cruce to Arebke* ein «kotbleck* daselbst und ein Pfund Wachs
von einer Wiese «to ewigen tyden by dem godesz huse to bliuen'' gegeben
habe. 1555 wurde das erste «Arbsche Capellen-Register'^ angelegt. In der
.Dtgaue'' der Sievershäuser Kirche vom Jahre 1574 sind verzeichnet: «Utgegeuen
VI. fl vnd in mattier, to Notwendiger buwung der Cappellen*, in der «Uthgaue**
för die Jahre 1582 bis 1590: »Vor de Bonen to leggende In de Cappellenn.
II fl. 15 grossen*, «Item I fl. vor venster to flickende In der Cappellen*.
1595 besassen die Herren von Rutenberg den Zehnten in unserem Dorfe.
1622 wurde das Eapellenärar beraubt. 1666 übertrug der Superintendent
gelegentlich der Revision das Auf- und Zuschliessen der Kapelle, welches bis
dahin vom Kuhhirten besorgt wurde, dem Schullehrer.
Die alte Kapelle wurde in den Jahren 1857—1859 durch ein neues
Bauwerk aus Backsteinen nach dem Entwürfe Hases ersetzt.
Zwei Altarleuchter zeigen die gothische Auffassung. Der Körper ruht Altarleuchter.
auf drei Füssen. Der walzenförmige Schaft wird in der Mitte durch einen
Knauf getheilt.
Die 50 cm im Durchmesser grosse Glocke trägt in der Inschrift den Glocke.
Namen Maria sowie den Namen des Glockengiessers Bock und zeigt das Hochbild
der Maria mit dem Kinde in flammenstrahlender Mandorla.
Die schlichte Altarkanzel ist in den Formen des Zopfstils gehalten. Kanzel.
Bennemühlen.
Herrenhaus.
Litte ratur: Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim; Manecke II; von Hoden-
berg, Lüneburger Urkundenbucb XV; Zeitschr. d. bist. Ver. f. Niedere. 1885; GrUtter,
Amtsvoigteien im Filrstentbum Lüneburg, Hannov. Geschicbtsbl., 3. Jabrg.; Schulz, Bissen-
dorf, ebendort, 4. Jahrg.; Böttger, DiOcesan- und Gau -Grenzen.
Das nach Bissendorf eingepfarrte, im Mindener Loingau belegene Dorf
enthält einen (adelig freien landtagsfähigen) Hof der Familie von Bothmer.
Diesen besass zuvor ein im XV. Jahrhundert im Füirstenthum Lüneburg blähendes
adeliges Geschlecht von Bendemühlen, welches sich , zweifelsohne' (Manecke)
nach dem Ort benannte. 1513 genehmigt der Herzog Heinrich zu Braunschweig
und Lünebui-g^ dass die Vettern Ludolf und Melchior von Campen auf ihre
Lehnguter zu Mellendorf, Hellendorf und Bennemühlen 1500 Rh. Gulden auf-
nehmen. Der Zehnte von diesem Dorfe gehörte denen von Bobers. Der Ort
war der Amtsvogtei Bissendorf zugetheilt.
Das einfache, aus Fachwerk errichtete Rittergut trägt auf der Setz-
schwelle des zum Theil erneuerten Nordflügels die Inschrift: ,Zur Erhaltung
2*
-*^ 12 8^
der Güter und beim ewigen Andencken erbauet ANNO 1733 von den Hoch-
wollgebohrnen Herrn Obristen* sowie weiter darunter die Worte «Augast
Christian Friderich von Bothmer' und ist von einem zum grössten Theil noch
erhaltenen Graben umgeben. Der südwestliche Theil, das eigentliche Herren-
haus, ist später angebaut und trägt einen hölzernen Dachreiter mit Uhr.
Geschichte.
Beschreibung.
Glocke.
Bilm.
KapeUe.
Litteratur: Doebner I und II; Sudendorf; LUntzel, die ältere Diöcese Hildes-
heim; Manecke II; Mithoff, Kunstdenkmale IV; Weber, die Freien bei Hannover 1898;
Kniep, die Freien vor dem Walde, Hannov. Geschichtsbl., 3. Jahrg.; Regenten-Sahl 1698;
Kayser, Kirchenvisitationen 1897.
Quellen: Yerzeichniss der kirchlichen Kunstdenkmäler von 18%; Schulchronik
in Bilm; Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover.
Das im grossen Freien und im Gau Hastfala belegene, seit Alters
nach nten eingepfarrte Dorf begegnet 1333 als «Billem", in welcher Form
es 1382, 1406 («Byllem") und 1438 wiederkehrt. Daneben findet sich die
Schreibweise „Billum". 1359 überweist der Bischof Heinrich von Hildeshehn
dem Kapitel St. Grucis eine Hufe «in campis ville Billum'* („Byllum") und
verleiht ihm das Obereigenthum über vier weitere Hufen daselbst. Auch ein
Schreiben des Dompropstes Nikolaus Hud vom Jahre 1382 redet von dem
campus , ville Billum". In der Klage des Iltener Pfarrers vom Jahre 1543
lesen wir: .VI gülden X sz in veer Jaren nhagebleuen veertide gelt jn Jlten,
Billem, Höuerde vnd Althen, dat mi vorentholden wert mit jtliken Schincken*.
Nach dem Ort ist eine im XIV. und XV. Jahrhundert vorkommende
Bürgerfamilie in Hildesheim benannt, von der ein Herbort als in Hannover
ans&ssig erwähnt wird.
Die rechteckige, aussen 12,50 m lange und 7,35 m breite, aus Bruch-
steinen erbaute, geputzte, gothische Kapelle mit geputzter Balkendecke hat auf
dem Satteldach einen viereckigen Dachreiter und zum Theil flachbogige, zum
Theil schlitzförmige Fenster. Der Sockel zeigt an allen Seiten des Gebäudes eine
grosse Schräge. Die spitzbogige, an der Südseite liegende Eingangsthür hat in den
beiden Bogenstücken den alten Fasen noch erhalten. Die Kanzelthür stammt
aus dem XVII. Jahrhundert, eine Empore befindet sich an der Westseite. Im
Wetterhahn steht die Jahreszahl 1681.
Die Glocke trägt die Lapidarinschrift:
Christofer Hortenbarch
me fecit
Anno.Dmi 1578.
Kichert Olers
Engelke Engelken.
-►4 13 8-»-
Bissendorf.
Kirche. Amtshaas.
Litte ratur: Sadendorf; Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim; Wippennann,
Bükkigau; Spilcker, Geschichte der Grafen von Wölpe; Holscher, Beschreibung des Bis-
thnms Minden; von Hodenberg, Lüneburger Urkundenbuch XY; derselbe, Pagus Flutwide,
Lenthe^s Archiv VI; derselbe, Lüneburger Lehnregister; Manecke II; Kayser, Kirchen-
visitationen 1897; Mithoff, Kunstdenkmale lY; derselbe, Kirchenbeschreibungen; BOttger,
Diöcesan- und Gau-Grenzen ; von Bennigsen, Beitrag zur Feststellung der Diöcesangrenzen,
Zeitschr. d. bist Yer. f. Nieders. 186B; GrÜtter, Amtsvogteien im Fürstenthum Lüneburg
und der Loingau, Hanno v. GeschichtsbL, 3. Jahrg; Graeven, Messkelch und Patene aus
Bissendorf, ebendort, 4. Jahrg.; Schulz, Bissendorf, ebendaselbst.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Mittheilungen des
Pastors Nutzhom zu Bissendorf; Yerzeichniss der kirchlichen Kunstdenkmäler von 18%;
Grtttterseber Nachlass im Stadtarchiv zu Hannover.
Nach Grupen gehörte Bissendorf mit Bennemühlen, Gailhof> Hellendorf, Geschichte.
Sommerbostel, Ickhorst, Scherenbostel, Buchholz, Wennebostel, Wichendorf,
zwei Höfen von Mellendorf, Mohlmühle, Schlage, Hainhaus, Maspe und Twenge
zum Hildesheimschen Banne Sievershausen. Während Böttger und Bennigsen
ebenfalls die Zugehörigkeit zu Hildesheim vertreten, fand Lüntzel jene Vertheilung
der Parochieen zweifelhaft. Bestimmter wie Lüntzel drückt sich bereits
Wippermann aus. Und dann heisst es in einem Yerzeichniss der zur Corveischen
Präpositur gehörigen Güter: «in dioecesi Mindensi in parochia Mandelsloh". Es
folgen sodann mehrere als Mindensch nachgewiesene Parochieen: Mariensee,
Neustadt, Heistorf, und dann lesen wir: «in parochia Bissendorpe in villa
Scheremborstelle*. Bissendorf kann demnach nur als zum Mindener Archidiakonat
Mandelsloh zubehörig und im Loingau belegen aufgefasst werden, welche
Ansicht auch Holscher und von Hodenberg theilen. Das im Jahre 1295 erwähnte,
in der Diöcese Hildesheim belegene «Biscopiustorpe* darf mit unserem Ort
nicht in Zusammenhang gebracht werden. Bei der im Jahre 1360 durch den
Herzog Wilhelm vorgenommenen Neubelehnung erhielt Johann von Mandelsloh,
Hermann Sohn: «den tegheden to Biscopinghedorpe vnde dat andere dat dar
to hört, darsulues twene houe. vnde en kot*. Am 21. Juli 1393 schreiben
die «Zateslude to Honouere'* den «Zatesluden to Luneborgh*^, dass sie mit den
Satesleuten der Umgegend von Hannover («in vsen Jeghenen**) sowie mit den
Rittern und Knappen aus Veranlassung dessen, was ihnen von den Herzögen
geschieht, am 25. Juli Morgens «to Bispingdorpe" eine Zusammenkunft veran-
stalten wollen, welche auch thatsächlich stattfand. Im XV. Jahrhundert kommt
der Ort theils als «Bissendorpe* theils als «Bispendorppe" vor. In den Fehden,
welche in den Jahren 1457—1459 zwischen dem Herzog Bernhard in Gemeinschaft
mit dem Verdener Bischof Johann gegen den Herzog Wilhelm von Braun-
schweig-Wolfenbüttel stattfanden, wurde er mit Feuer und Schwert verwüstet
(GrÜtter). Im Jahre 1487 wird Henning Dedeken als «plebanus* genannt.
1523 war Diderich von Bothmer Pfarrer, 1534 Brun van Wulle, 1543 Albertus.
H^ 14 g-*-
Die jetzige Kirche wurde mit AusDahme ihres Westthurmes im Jahre 1768
massiv erbaut
Das Amtshaus diente ehedem als Jagdablagerhaus der Cellescheo Herzöge.
BeschreibQDg. Die Kirche besteht aus Westthurm und Schiff (Fig. 3)-
Schiff. Das rechteckige mit Sandsteinsockel, Eckquadem, hßlzemem Haupt-
gesims und Flachbogenfenstem in Sandsteineinfassungen versehene, massive
Schiff von 26,3 m äusserer Länge und 12,3 m Breite hat ein im Osten
abgewalmtes Pfannendach. Der innere, im östlichen Theile um eine Stufe
erhöhte und auf mehreren Seiten mit Emporen versehene Raum wird durch
eine gerade geputzte Decke, welche mit der Hohlkehle zur Wand übergeht,
abgeschlossen.
Der fast quadratische, zum grössten Tfaeil aus Ortsteinen errichtete
Thurm hat flachbogige Oeffnungen und eine ebensolche, mit glatten Sand-
steingewänden eingefasste Westthür. Ein halbkreisförmig QberwAlbter Durch-
gang verbindet Thurm und Schiff.
Die hölzerne, aus dem XVin. Jahrhundert stammende Altarwand mit
eingebauter Kanzel erhebt sich hinter einem gemauerten Tisch. Zwei seithche
glatte Säulen tragen ein verkröpftes Gebälk.
Zwei aus dem XVII. Jahrhundert herräfarende schöne Altarleuchter aus
Bronze haben die Inschriflen:
Georgivs ■ Marreck Ambts Voget H ■ Leopoldvs ■ Collen ■ Pastor: zv
Bissendorf.
und
Hans • Volcker • Wolder • Oldenbostel ■ K. G. zv Bissendorf.
-w§ 15 S*
Leop. Cöllenius war 1617—1652 Pastor.
Am Scbulfaause ist eine Gedenktafel aus Stein aufgerichtet, welche Gedenktafel,
in der Mitte ein Haus und daneben das Brustbild einer männlichen und einer
weiblichen Figur mit je einem Wappen enthält; darunter ist zu lesen:
Cvrdt von Bestenborstel ■ Tnd Calharina von Weihe • haben diese
Schvle, Got ZV den Ehren ■ avf ihre eigen Vnkosten • gestiftet vnd
erbavwen lassen, Anno dm 1603.
In diesen Stein ist das Meisterzeichen H. N. eingemeisselt.
Die 55 cm im Durchmesser grosse Glocke — jetzt ausser Gebrauch — Glocke,
bat zwischen Riemchen über einem Omamentstreifen die Inschrift in gothischen
Kleinbuchstaben :
Anno ■ ^ ■ m ■ d ■ xl
Fig. *. Klrclia in Blwendoif ; Grabmal
Auf dem in die äussere Südwand eingelassenen, aus Sandstein gearbeiteten Gr&bmäler.
Grabmale (Fig. 4) ist in der Mitte der Gekreuzigte, und es sind darunter eine
knieende mfinnliche und eine knieende weibliche Figur, sowie auf jeder Seite
vier Wappen zu sehen. Die Umschrift in Lapidaren lautet:
Anno • 1 ■ 6 • 2 ■ 1 ■ den ■ 23 ■ Aprilis ■ ist ■ der • edler vnd ehmvester •
Cordt ■ V. Bestcnbostel ■ in ■ Got ■ selig ■ entslapen.
Ao ■ 1610 ■ den • 21 ■ Febrv ■ ist ■ de • edle ■ vnd • vieldvget-
same • Catarina ■ v • Weihe ■ Cort ■ v ■ Bestenbostels • eli w ■
in ■ Got ■ selig ■ entslapen.
Im untern Theile stehen zwei Bibelsprüche.
Grabstein.
Kelch.
Amtshftus.
-^ 16 8^
Der schöne, farbig behandelte, fast ganz durch eine Holzwand verdeckte
Grabstein des 1652 gestorbenen Pastors Cölle (Cöllenius) ist innen in die
Nordwand des Schiffs eingemauert. Derselbe zeigt in einer Bogenniscbe eine
stehende männliche Figur im Priestergewande.
Ein kleiner, silbervergoldeter, die spätgothiscbe Form zeigender Kelch
wird als Eigenthum der Gemeinde im Eestner-Museum zu Hannover aufbewahrt.
Der Sechsblattfuss trägt einen aufgehefteten Grucifixus und ein aufgeheftetes
silbernes Schild mit eingraviertem Lamm und Baum. Auf der unteren
Seite ist in gothischen Kleinbuchstaben die Inschrift «Hans Bick dedit'' sowie
als Beschauzeichen ein Löwe und als Meisterzeichen ein G angebracht. Auf
den Zapfen des mit gothischem Maasswerk verzierten Knaufes sowie auf der
Handhabe ist in Grossbuchstaben je der Name Jhesus zu sehen. Der Becher,
imten kugelförmig, geht in die Trichterform über. Die silbervergoldete Patene
zeigt ein eingraviertes Kreuz.
Das aus Fachwerk errichtete Amtshaus lässt unter der Tünche ver-
schiedene Schnitzarbeiten erkennen.
Breiingen.
Kirche.
Litteratur: Sudendorf; Janicke; Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim ^ Wipper-
mann, Bukkigau; von Hodenberg, LUnebnrger Urkundenbnch XY; derselbe, Ltinebnrger
Lehnregister; derselbe, Pagus Flutwide, Lenthe^s Archiv VI; Maneeke II; von Bennigsen,
Beitrag zur Feststellung der Diöcesangrenzen, Zeitsehr. d. hist. Yer. f. Nieders. 1863;
Fiedeler, geschichtliche Notizen über Mandelslohs Vorzeit, ebendort 1857 ; Böttger, Diöcesan-
und Gau-Grenzen; Bertram, Geschichte des Bisthums Hildesheim; Holscher, Beschreibung
des Bisthums Minden; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Mithoff, Kunstdenkmale lY; der-
selbe, Kirchenbeschreibungen; FOrstemann, Ortsnamen; Grütter, der Loingau und Amts-
vogteien im Fttrstenthum Lüneburg, Hannov. Geschichtsbl., 3. Jahrg.
Quellen: Urkunde und Akte des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Yerzeichniss
der kirchlichen Kunstdenkmäler von 1896; Kirchenbuch zu Breiingen; dasselbe, mit
Zusätzen von Müller; beides in der Pfarrregistratur.
Geschichte.
Breiingen blickt auf ein hohes Alter zurück. Es ist nämlich nicht
unwahrscheinlich, dass es mit dem „Bredanlagu" in einem Schriftstück des
XI. Jahrhunderts identisch ist, welches die Grenzen zwischen Ostfalen und
Engem sowie die Grenzen zwischen den Bisthümem Hildesheim und Minden
angiebt, wie sie auf Geheiss König Ottos II. um 990 festgestellt wurden. Es gehörte
ehedem zum Mindener Archidiakonat Mandelsloh und war im Loingau belegen.
In weltlicher Beziehung war es der Amtsvogtei Bissendorf zugetheilt. Bei der
im Jahre 1360 vom Herzog Wilhelm vorgenommenen Neubelehnung eiiiielt
Johann von Reize „to Bredelege . I , kot".' In dem Verzeichniss der Geller Schloss-
einnahmen vom 12. November 1381 bis 31. Mai 1382 kommt der Ort als
-^ 17 H-
„Bredelge* vor. 1385 empfängt Gerhard von Bothmer vom Mindener Bischof
Otto »theyen Houe to Bredelaghe* zu Lehen mid 1391 „den Tegheden to
Bredeleghe vp dem wede*. 1385 bekommt femer »Dyderich Runteshorn den
thegheden to Bredeleghe*. 1407 war „Hinryk kercher to Bredelaghe*. Eine
Urkmide vom 9. September 1438, betreffend eine Memorienstiflmig des Dechanten
Heinrich Notberg zu Mandelsloh, bringt unseren Ort in kirchlicher Hinsicht zu
Mandelsloh in Beziehung. Der Genannte stiftet in seinem Testament eine ewige
Messe sowie drei Gedächtnisse und Memorien. Bezüglich derselben heisst es:
«De ersten schal me don in der kerken tho Mandeslo des achten dages Godes
lichammen, des avendes mit vigilie und des vrigdage morgens mit zelemissen.
Dartho scholen sin twe heren, de dar resideren, und der kerken Helstorpe,
Bredelinge und Buren kerkheren.* Auch sollten deren Küster zugegen sein.
In einer Celler Urkunde vom Jahre 1473 ist von dem Kirchspiel zu »Bredelage*
die Rede. 1479 war Johann Gharbordes »karckher to Bredelingh*, und noch
1487 befand er sich (»Johann Gherbordus*") zu »Bredelage'' als Kirchherr im
Amte. Nach einer Urkunde des Jahres 1482 sollte der Kirchherr zu »Bredelage*
den dritten Schlüssel zu der »olderkisten* bei sich haben, und keiner von den
Aelterleuten sie zuschliessen in dessen Abwesenheit, und so auch auf der
anderen Seite. 1483 besass die Kirche nocli keinen Chor. 1487 hören wir
von einem Briefe, welcher mit «der kerken Bredelage ingesegle*^ besiegelt war.
Johann van Teckelnborch, 1534 Pastor, 1580 gestorben, war der erste
lutherische Prediger im Orte. Zur Zeit des Pastors Hinrich Nieman (1649 — 1670)
ist die .schlechte'' Kanzel durch eine neue ersetzt worden und eine neue Uhr
sowie ein neuer silbervergoldeter Kelch, welcher über 40 rthlr. gekostet,
angeschafft worden. Während des Krieges hatte sich die Gemeinde mit einem
»schlechten* Kelch behelfen müssen, da ihr die beiden silbervergoldeten Kelche
1620 gestohlen waren. Zu des Nachfolgers Michael Müllers Zeiten, 1711 gestorben,
kam 1695 aus freiwilligen Beiträgen eine neue Orgel in die Kirche.
Da sich die alte Kirche als zu klein erwies, entschloss sich die Gemeinde
1847 zum Bau eines neuen Gotteshauses, welcher in den Jahren 1848/49 aus.
geführt wurde. Der 1827 erbaute Westthurm wurde beibehalten.
Die 1,03 m im Durchmesser grosse Glocke hat zwischen Ornament- Beschreibung,
streifen am Halse die zweizeilige Lapidarinschrift: Glocke.
Ich • ruffe • die • Läbendigen • zur • Busse :
Und • die • Todten • zur • Ruhe :
Am Glockenrande ist zwischen einem Omamentstreifen in Lapidaren
zu lesen:
Johann • Heinrich • Christoffer • Weidemann • goss • mich • Hannover •
Anno • 1772 •
Das bemerkenswerthe, aus Sandstein gearbeitete^ farbig behandelte, mit Grabmal,
figürlichem Beiwerk und Fruchtgehängen reich ausgestattete Grabmal des im
Jahre 1711 zu Breiingen verstorbenen Pastors Michael Müller ist innen in die
Westwand des Schiffes eingelassen. In der Bekrönung sieht man St. Georg
mit dem Drachen, darunter zwei Wappen, Zahnrad und ein von drei Messern
3
-^ 18 H-
Grabstein.
durchbohrtes Herz, im oberen Theile unter dem Gekreuzigten die Familie des
Verstorbenen. Der untere Theil enthält in einer von drei Engelsköpfen
begleiteten Umrahmung die Grabinschrift.
Auf dem alten Kirchhof steht ein einfacher Grabstein aus dem Anfang
des XIX. Jahrhunderts.
Geschichte.
Burgdorf.
Kirche. Amtshans. Armenhaus.
Litteratur: Origines Gnelficae; Leibniz, Scriptores rerum Brunsvicensinm
Merian^ Pfeffinger, Historie 11-, (Koch) Versuch einer pragmatischen Geschichte 1764
Bünting) Chronik 1584; Rehtmeier, Chronik; Grupen, Origines et Antiquitates Hanoverenses
Braunschweigische Anzeigen 1751; Hannoversches Magazin 1825; Regenten - Sahi 1698
Neues vateri. Archiv 1823; Vaterl. Archiv 1844; Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim
derselbe, Geschichte der Diöcese und Stadt Hildesheim II; Sudendorf; Doebner I — ^VII
Meinardus, Urkundenbuch des Stiftes und der Stadt Hameln 1887 ; Urkundenbuch der Stadt
Hannover; von Hodenberg, Pagus Flutwide, Lenthe's Archiv VI; Bertram, Geschichte des
Bisthums Hildesheim; Manecke II; Havemann; Meyer, die Provinz Hannover 1888; Mithoff,
Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Kayser, Kirchenvisitationen 1897;
Meyer, Rede unter freiem Himmel zu Burgdorf nebst Beschreibung des Brandes 1809;
Böttger, Diöcesan- und Gau-Grenzen; Braunschweigisches Magazin 1900; Uhlhom, die Kirche
in Kirchhorst und ihre Kunstdenkmäler, Zeitschr. d. hist. Ver. f. Nieders. 1899; Fromme,
kleine Chronik der Primariatpfarre zu Sie vershausen ; Weber, die Freien bei Hannover 1898;
Schulz, Bissendorf, Hann. Geschichtsbl. 4. Jahrg.; Meyer, die Kirche zu Burgdorf und die
Gründung der Sekundariatpfarrc daselbst, ebendort; zwei Pläne des Ortes bewahrt die
Bibliothek des hist. Ver. f. Nieders. auf, siehe Katalog; eine Ansicht giebt Merlan.
Quellen: Urkunden und Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; GrUtterscher
Nachlass im Stadtarchiv ebendort
Die Kreisstadt Burgdorf an der Aue, welche die Alt- und Neustadt
sondert, blickt auf ein hohes Alter und eine wechselreiche Geschichte zurück,
hat aber theils durch Kriege, theils durch Brände derart zu leiden gehabt; dass
von den früheren Kunstschätzen und Denkmälern so gut wie nichts auf unsere
Zeit gekommen ist. Der Ort hat früher eine grosse Bedeutung gehabt; denn
nicht nur haben hier des öfteren die Geschlechts- oder Familientage des Gesammt-
hauses Braunschweig-Lüneburg stattgefunden, sondern es war auch ehedem eine
überaus grosse Anzahl von Dörfern dorthin eingepfarrt. Wie der Name besagt,
hat sich der Ort im Anschluss an eine Burg gebildet. Welches diese Bui^ war,
ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen, da drei Burgen in der Nähe gelegen haben
sollen, die eine an der Aue unweit der Depenauer Mühle, die andere beim Dorfe
Heessel und eine dritte an einer nicht näher anzugebenden Stelle des linken
Aueufers. Im Jahre 1226 waren die Brüder Lippold und Dietrich von Escherde
Vögte zu Elze imd Burgdorf und theilweise Besitzer des Schlosses Depenau.
Otto I., Bischof von Hildesheim, 1260—1279, kaufte von Lippold von Escherde
für 40 Pfund die Vogtei in Burgdorf „nach der Haide* (advocatiam in Borg-
dorpe versus Miricam, castrum Borchdorp). 1299 bekundet Konrad von Salder,
-*^ 19 8^
dass er vom Uildesheimer Bischof Siei^ried die Mühle zu Burgdorf (Molendinum
in Borchdorpe) gekauft und zu Lehen erhalten hat. 1341 in den Fasten kommt
ein Gogreve von »Borchtorp* (Borchtorpe) vor. Die Namensform lautet im
XIV. Jahrhundert im Allgemeinen »Borchtorpe*. 1403 scheint Burgdorf bereits eine
städtische oder stadtähnliche Verfassung besessen zu haben ; denn ein Schreiben der
Consules Hildensemenses von diesem Jahre ist «An den rad to Borchtorpe unde
dem meygere* gerichtet. 1412 waren die Hildesheimschen Bürgermeister Ludeke
Broyger und Ludeleff van Harlsem „mit unsem heren van Hildensem to daghe ....
to Borchtorpe*. 1414 finden wir Albert von Mollem und Ludelfif von Herlsem „to
Borchtorpe • • • mit unsem hern • • tighen de herteghen umme dat Humborgessche
land*. In der zwischen dem Herzog Bernhard und dem Bischof Johann von Hildes-
heim 1420 ausgebrochenen Fehde spielt der Ort eine grosse Rolle. Der Streit
wurde nach der 1421 erfolgten Einnahme der Veste Grohnde durch Vermittelung
des Erzbischofs Dietrich von Köln dahin beigelegt, dass die weifischen Fürsten das
während der Fehde gegen das Stift von ihnen erbaute Schloss Burgdorf nebst
dem Dorfe mit allen dazu gehörigen Gütern gegen eine Entschädigung behielten.
An dem Schloss wurde bereits 1421 gebaut; in der Hildesheimschen Stadt-
rechnung findet sich unter den Aufzeichnungen dieses Jahres die Notiz: „Cord
Gottingh unde de hovetman mit den deneren to Goslar vordan, do men Borgh-
awe (nach Doebner unser Ort) buwede, 80 p. 6^ s.* Ausserdem erfahren
wir aus derselben, dass Burgdorf in Brand gesteckt (do men Borchtorpe
ghebrant hadde) und geplündert wurde; denn es heisst: „Van der name, de
to Borchtorpe ghehalt wart. 37 p. 6^ s.* und „Erovert van der buete van
Borchtorpe 12^^ s." Wenn wir den Akten Glauben schenken dürfen, wurde
das Schloss an der Stelle, an welcher früher die Pfarre gestanden, erbaut. Herzog
Otto von der Heide erweiterte den Ort, besonders als sich die Einwohner der
im Kriege zerstörten benachbarten Dörfer Eseringen, Garvesen, Wellingsen,
Hetelingen und Oedingsen auf seine Veranlassung zum Theil daselbst nieder-
liessen. 1433 führte er das Schloss von Neuem auf und umgab es mit Wall
und Graben. Die Ausfahrt erfolgte über zwei Brücken, von welchen die eine
über den Arm der Aue, die andere über den Graben führte. Der Ort wurde
über die Hälfte vergrössert sowie mit Wall und Graben versehen. Er erhielt
drei Thore: das Celler, Hannoversche und Braunschweigsche. Auch bestimmte
Otto die Richtung der Strassen. 1423 hören wir von dem Vogt zu „Borchtorppe",
ebenso 1449; 1426 war es Hans Eock. 1425 verspricht der Hildesheimsche
Bischof Magnus, die Zerstörung des von den Herzögen von Braunschweig
und Lüneburg „in praeterita gwerra* errichteten, befestigten Ortes (for-
talicium) „Borchtorpe in merica* erstreben zu wollen. Das Gleiche stellt 1472
der Bischof Henning und 1562 der Bischof Burchard in Aussicht. 1427 ver-
pflichten sich die Herzöge Wilhelm und Heinrich von Braunschweig und Lüne-
burg, sich innerhalb der nächsten sechs Jahre mit dem Bischof Magnus und
dem Hildesheimschen Stift über »Borchtorpe uppe der Auwe" zu vergleichen,
anderenfalls aber demselben nach Ablauf derselben 2000 Gulden zu zahlen.
La der Hildesheimschen „Utghave" vom Jahre 1429 findet sich die Notiz: »Gegeven
unsem heren to hulpe darto, dat me dat slot to Borchtorpe bybrak, hundert g.
3*
-^ 20 8^
negen g. veyr s. gerekent vor 114^^ p. 3 s/ In diesem Jahre gestatten die
Herzöge Bernhard, Otto, Friedrich, Wilhehn und Heinrich den Städten Braun-
schweig, Lüneburg und Hannover, das Schloss «Borchow*" auf den Grund nieder-
zureissen, Thürme, Bollwerke, Planken, Zäune und Gräben wegzuräumen und
die Gräben zuwerfen zu lassen. Als im Jahre 1441 die Herzöge Otto und
Heinrich Land und Leute ihrem Vetter Heinrich für 200 Mark Silber verschreiben,
wird vBorchtorppe" mit aufgeführt. 1466 gelangten die von Marenholz auf dem
Wege der Pfandschaft in den Besitz des Schlosses. Die Namensform lautet im
XV. Jahrhundert meist »Borchtorpe".
In der Hildesheimschen Stiftsfehde wurde der Ort 1519 von den Herzögen
Erich dem Aelteren von Calenberg und Heinrich dem Jüngeren von Braun-
schwdg belagert, geplündert und sammt dem Schloss in Asche gelegt Die
Stadt erholte sich bald wieder. Jenseits der Aue entstand die Neustadt, und
diesseits wurde der Wächterstieg bebaut. 1547 musste die Stadt an Erich von
Galenberg 1000 Gulden Brandschatzung zahlen. 1553 zog der Markgraf Albrecht
von Brandenburg am Tage vor der Schlacht bei Sievershausen durch Burgdorf.
1591 hielt sich Dorothea, Elerzogin zu Braunschweig und Lüneburg, in Burgdorf
auf, woselbst sie von der Markgräfin von Brandenburg besucht wurde.
Besonders arg hatte die Stadt im XVII. Jahrhundert zu leiden. Zu
Anfang desselben wurde sie von einer verheerenden Pest heimgesucht. 1626 hatte
sie den ersten Sturm der Pappenheimschen Truppen auszuhalten. 1632 erschien
Pappenheim zum zweiten Mal. Obwohl sie eine Eriegskontribution von
12438 Thaler an denselben zahlte, wurde sie von der Brandfackel nicht
verschont. Der Lüneburgische Oberst von Wurmb wurde vor den Thoren
geschlagen und selbst gefangen. Das Schlossgebäude wurde eingeäschert, die
Stadt ausgeplündert. 1641 wurde Burgdorf während der Belagerung von Wolfen-
büttel vom kaiserlichen Oberst Heister eingenommen. 1642 liess der Herzog
Friedrich durch den Hauptmann von Wurmb statt des niedergebrannten
Schlosses ein neues Ablagergebäude aufführen und 1648 seinen Namen und
sein Wappen ^vom Hause" anbringen. 1650 liess der Herzog Christian Ludwig
an der Ostseite von Norden nach Süden ein Küchen- und Brauhaus als Flügel
daran setzen. Letzteres wurde in neuerer Zeit ausgebaut. 1658 wurden durch
eine Feuersbrunst gegen 140 Häuser in Asche gelegt. 1685 wurde das Amtshaus
neu gebaut und 1714 erweitert.
1710 befand sich das Schloss in keinem guten Zustande; die Brücke
vor demselben war «fast impassable' geworden, die Mauer unter der Brücke,
welche das Gewölbe zur Einfahrt des Schlosses mit unterstützte, eingestürzt
Die Fensterrahmen waren zum grössten Theil verfault und vom Winde heraus-
geworfen. Das Gebäude «überhalb Thors*, durch welches die Einfahrt zum
Amt stattfand, drohte Niedersturz. 1750 erfahren wir Näheres über die Ablager-
gebäude, welche dem Landdrosten als Wohnung dienen und auf Pfeilern im
Wasser stehen, über das Amtshaus, worin der Amtmann wohnt, und über die
zum Vorwerk gehörigen Gebäude. Sämmtliche Gebäude sind Fach werkbauten.
Was an Denkmälern etwa noch vorhanden war, fand seinen Untergang
in den Flammen des grossen Brandes vom 25. Juni 1809, welcher einen scharfen
-i^ 21 8^
Emschnitt in die Entwickelung des Ortes machte. Nur 82 Häuser blieben von
283 übrig. Das «einzige* Schlossgebäude blieb verschont, obwohl das Feuer
dasselbe viermal ergriffen hatte. Sämmtliche Nebengebäude des Amtes, das
erst vor Kurzem neugebaute Rathhaus, die Kirche, zum Theil der Kirchthurm,
die Superintendenten-, Organisten- und Küsterwohnung, die Schule imd des
zweiten Predigers Wohnung sanken in Trümmer. Und dabei hatte die Stadt
noch vor dem Brand sechs Jahre lang unter französischer Einquartierung zu
leiden gehabt, 1823 wurde abermals ein ansehnlicher Theil der eben ent-
standenen Stadt eingeäschert.
Als Pfandinhaber begegnen ausser den bereits genannten von Marenholz
von 1473 — 1536 die von Dagevörde, von denen als letzter Heinrich das Amt
inne hatte. Das Geschlecht ist vor 1616 im Mannesstamm erloschen. Von da
ab ist die Reihe der Pfandinhaber, welche zugleich als Hauptmänner bestellt
waren, bekannt. Der letzte war Friedrich Schenk von Winterstedt, 1659 gestorben.
Von dessen Wittwe Agnese von der Schulenburg löste 1666 der Herzog Georg
Wilhelm zu Celle das Amt um 16 000 rthb:. ein. 1667 wurde es Heinrich
Redecker, 1673 dem Amtmann Henning Kaufmann verpachtet.
Das Geschlecht derer von Burgdorf, von denen sich aus früher Zeit
Adelhardus de Burchtorpe 1154, Amoldus de Burchtorp 1187, Alardus de
Borchtorp 1218, Alardus de Borchtorpe 1292 urkundlich nachweisen lassen,
ist aller Wahrscheinlichkeit gemäss nach dem Burgdorf bei Schiaden benannt.
In Burgdorf, welches im Hildesheimschen Pagus Flutwide belegen war
und zum Archidiakonat Sievershausen gehörte, hat schon im XIII. Jahrhimdert
ein Gotteshaus bestanden. Am 8. Juli 1295 giebt der Officialis curiae Hilden-
semensis neben anderen auch dem Pfarrer zu .Borchdorpe'' den Befehl, die
geschärfte Exkommunikation des Hildesheimschen Rathes durch die ihm unter-
gebenen Pfarrer verkündigen zu lassen. Die Pfarre hatte ehedem eine überaus
grosse Ausdehnung; denn es waren früher 21, vielleicht sogar 26 Ortschaften dahin
eingepfarrt. Kein Wunder, wenn daher Lüntzel die Vermuthung nicht unbegründet
findet, dass ehemals ein Archidiakonat auf Burgdorf geruht und seine Umgebung
mit jenen 21 Dörfern ein Land gebildet hat. 1306 begegnet unter den Zeugen
einer Urkunde des Bartholomaeistiftes zu Hildesheim ein Johannes plebanus in
Burchtorpe neben einem Thidericus plebanus in Rethmere und einem Thidericus
plebanus in Stenwede. 1307 lösen sich Wetmar, Thönse imd Engensen,
1329 Kirchhorst, Stelle und Alten-Warmbüchen, 1355, vielleicht schon vor 1302,
Inunensen, Steinwedel und Aligse von der Burgdorfer Pfarre los. 1329 war
Henricus plebanus in Borchdorpe. 1330 verkaufen Hugo, Johann, Ludolf,
Dietrich und Rembert von Escherde der Kirche zu Burgdorf für neun Mark reinen
Silbers einen Meierhof zu Sorgensen. Die Kapelle der Maria Magdalena, von
denen von Escherde zu Depenau erbaut, war 1454 noch vorhanden. 1464 wird
Helmold Molen als Pfarrer genannt. 1465 war Helmold Kolshorn Kirchherr
zu Borchtorpe uppe der heyde. Aus Urkunden der Jahre 1488, 1499 und 1500
ersehen wir, dass die Parochialkirche den heiligen Pancratius zum Schutzpatron
hatte, und dass ein Altar in derselben dem Leichnam Christi geweiht war.
HH« 22 8-5-
1512 wurde neben der Pfarre eine Kaplanei begründet, deren Patronat
in den Händen der Bürger geblieben ist. Sie wurde 1538 neu begründet. Schon
1526 war ein evangelischer Prediger, Ludolf Müller mit Namen, in Burgdorf an-
gestellt. Er starb 1564. Das Visitationsprotokoll vom Jahre 1543 giebt genaue
Auskunft über die „vpkumpst des pastors tho Borchtorpp*", die »vpkumpst des
Capellans tho Borchtorpe " , die „vpkumpst des kosters tho Borchtorp'' und die
„vpkuropst der kercken tho Borchtorp'*. Damals waren folgende Kapellen im
Kirchspiel belegen »vnd an dat husz Borchtorp gelecht*: ,1 Capelle tho Otze.
1 Capelle tho Ramlingesze (Ramlingen). 1 Capelle tho Dachmisse, is afgebroken.
1 Capelle Marie Magdalene, ock afgebroken (schon 1534) vnd doch de guder
dusser Gapellen bi dat hus Borchtorp gelecht •*. Hier in Burgdorf verlebte die
Prinzessin Magdalene, eine Tochter Herzog Emst's des Bekenners, die letzten
Tage ihres Lebens. Sie kehrte nach dem vor dem 1. Oktober 1566 erfolgten
Tode ihres Gemahls, des Grafen Arnold IlL von Bentheim - Steinfurt, in die
Heimath zurück imd liess sich 1583 in Burgdorf nieder, woselbst sie am
3. Juni 1586 starb. Sie wurde vor dem Altar der Stadtkirche beigesetzt. Sie
liess auf dem neu angelegten Kirchhof vor dem Hannoverschen Thore eine
Kapelle bauen, welche den Namen Magdalenenkapelle erhielt und 1815 ab-
gebrochen wurde. Aus derselben stammt angeblich der obere Theil eines der
ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts angehörenden, mit meist alttestamentlichen
Darstellungen verzierten Taufsteins, welcher sich jetzt im Provinzialmuseum
befindet. Das ansehnliche Epitaph, welches ihr Neffe und ihr Bruder, die
Herzöge Ernst und Heinrich, ihr 1595 in der Kirche aufrichten Hessen (siehe
Braunschweigisches Magazin 1900), ist bei dem grossen Brande vom Jahre 1809
den Flammen zum Opfer gefallen. 1592 schliessen der Pfarrer Johann Möller
(Müller), der Kaplan Ludolf Bolte, der Amtmann Niclas Wenigel, sowie
Bürgermeister und Rath zu „Burgtorff* mit dem „kunstreichen* Meister Hans
Christ aus Braunschweig bezüglich des Wiederaufbaues des eingestürzten
Glockenthurmes einen Kontrakt ab. Darnach soll derselbe das Fundament auf
der Stelle des alten anlegen, aber dasselbe drei Fuss breiter machen. Ferner
soll er über der Thüre oben an das Wappen Herzog Wilhelms zu Braunschweig
und Lüneburg (unsers Gnädigen Fürsten undt Herrn), unten an eines ehrbaren
Raths Wappen und zwischen beiden die Jahreszahl, Tageszeit und Anfang des
Gebäudes setzen. 1601 war das Mauerwerk bis auf die Spitze fertig, und erhält
der « kunstreiche '^ Meister Claus Möller in Dorne den Auftrag, eine solche
100 Schuh hoch, inwendig mit einer Stube und Kammer, zu bauen. Die Kirche
zu Sievershausen gab nach der Ausgabe derselben 1597 „denen von Borch-
törpffe 20 fl. zubehueff ihres gebet erten Thurmbs*.
1612 wird eine vom Orgelbauer Hans Casten aus Braunschweig für
300 Thaler gebaute Orgel aufgestellt. Vom Pastor Gustav Molanus, 1686-1694,
heisst es, dass er nicht allein die Burgdorfer Kirche „Bey nahe gantzNeu gebauet,
und in einen so Lüstren Stand, als sie jetzo ist, gesetzet'', sondern dass er
auch viele Kirchen in der damals sehr ausgedehnten Inspektion ganz neu erbaut
habe. 1702 erhält der fürstlich Cellische Stückgiesser H. Kahlen den Auftrag,
aus der alten zerborstenen Uhrglocke eine neue zu giessen, was in demselben
-^ 23 8^
Jahre auch geschieht. 1735 wird dem Thomas Riedeweg zu Hamiover auf-
getragen, die alte zerborstene Glocke umzugiessen und kleiner zu machen, damit sie
der anderen gleich sei und mit ihr harmoniere. Sie solle ein Chronostichon, welches
die Jahreszahl 1735 in sich fasst, erhalten. 1747 wird eine neue Prieche «unter
der Orgel" angelegt, 1754 eine solche durch Ludolph Mohwinckel «südwärts
von Ost in West*. 1757 fertigt der Elempnermeister Franz Jürgen Thies zwei
messingene Kelche und zwei Oblatenteller für 4 Thaler 6 Mariengroschen.
1760 werden die den Einsturz drohenden Pilare und die Mauer an der grossen
Kirchthür repariert sowie ein neues «Angebäude so zur Befestigung und Ver-
Schliessung der Kirche von aussen gereichet, wo durch die Treppe zum Herr-
schaffllichen Kirchen Stuhl gehet", angelegt. 1775 liefert der Zinngiesser
J. Wübbers zu Hannover eine zinnerne Flasche zur Taufe. Das Inventar vom
Jahre 1791 nennt an silbernen Geräthen: einen grossen vergoldeten Kelch,
eine inwendig vergoldete Kanne, zwei Oblatenschachteln, zwei kleine Kelche,
eine Weinflasche, drei Teller; an messingenen: zwei grosse und zwei «mittel-
massige" Altarleuchter, einen Dreifuss mit zwei Leuchterarmen, «so auf der
Kanzel [in der Frühpredigt] gebraucht wird", ein Taufbecken, drei grosse Kron-
leuchter, einen alten Kelch mit Patene, letztere ausser Gebrauch. 1795 werden
die umgefallenen und beschädigten Engelsfiguren vor dem Chor wiederher-
gestellt. 1799 verfertigt der Uhrmacher C. H. Bussmann aus Wettmar eine
neue Thurmuhr.
Wie für den Ort, so sollte auch für die Kirche der Brand vom
Jahre 1809 verhängnissvoll werden. Sie brannte sammt dem «schönen" Thurm
nieder. Orgel, Thurmuhr sowie das aus zwei grossen und zwei kleinen Glocken
bestehende Geläute gingen mit zu Grunde. Die Kirche wurde zunächst ohne
Thurm aufgebaut und 1815 vollendet. Der Bau eines neuen Thurmes wurde
erst 1850 beschlossen. Das alte Mauerwerk vnirde, soweit es nicht der Brand
vernichtet hatte, benutzt. 1816 wurden, da die Kirche zu wenig Licht und
Luftzug hatte, sechs neue Dachfenster angelegt. Die Rechnung vom Jahre 1814
nennt ein Taufbecken von Blech sowie zwei grosse Altarleuchter von Zinn.
1815 wird ein neues Taufbecken für 9 rthlr. 22 Groschen 5 Pfennig aus
Braunscliweig gekauft, eine neue Orgel gebaut und vom Glockengiesser Damm
zu Hildesheim eine neue Glocke gegossen, 1816 eine neue Thurmuhr vom
Uhrmacher Bussmann zu Wettmar geliefert. 1810 wurde ein Kirchensiegel für
die Superintendentur, 1819 ein solches für den Diakonen angeschafft. Neuer-
dings ist die Kirche durch den Architekten Wiener auf der Ostseite mit einem
grossen Dacherker und mit je einem Treppenvorbau in der Mitte der Langseiten
versehen worden. Femer sind auf der Ostseite zwei rechteckige gekuppelte
Fenster angeordnet worden. Mithoff erwähnt noch eine Viertelstundenglocke
mit der Jahreszahl 1500.
Es erübrigt, noch einige Worte über die Prediger zu sagen. Der Nach-
folger des oben genannten Ludolf Müller war Johann Müller, 1564^1595.
Diesem war schon im Jahre 1565 Caspar Fricke als erster Prediger vorgesetzt,
welcher 1575 zum Superintendenten über alle Pfarren in den Aemtern Burgdorf,
Burgwedel, Uten und Meinersen erhoben wurde. Sein Grabmal war noch 1740
-^ 24 8^
Beschreibnng.
Kirche.
Schiff.
Thurin.
Orgel.
Grabsteine.
in der Kirche am Chor zu sehen. Als Johann C!hristoph Cläre 1724 Super-
intendent wurde, wurden zwölf Pfarren abgezweigt und die Inspektion Sievers-
hausen daraus gebildet. Die Reihenfolge der Prediger ist bekannt. Noch jetzt
besitzt die Burgdorfer Pfarre eine verhältnissmässig grosse Ausdehnung.
Die Kirche besteht aus Schiff und Westthunn.
Das als Saalkirche ausgebildete, rechteckige, massive, geputzte Schiff
zeigt einen schlichten Sandsteinsockel, Eckquadereinfassung sowie ein hölzernes
Hauptgesims und trägt ein im Osten abgewalmtes, auf den Langseiten mit je
drei im Flachbogen geschlossenen Dachgauben belebtes Dach. Die geputzte,
von den durchgehenden Emporenständem getragene Holzdecke ist über den
Seitenemporen flach gehalten, über dem Hauptraum aber im Korbbogen
geschlossen. Je sechs hohe, halbkreisförmig geschlossene Fenster mit Sand-
steingewänden befinden sich auf den Langseiten. Auf der Ostseite ist zu
beiden Seiten der im geschichtlichen Theil erwähnten neueren Fenster je ein
rundbogig geschlossenes Fenster mit darunter liegender rechteckiger Thür vor-
handen, lieber den Thüren befinden sich Inschriften, aus welchen das Jahr des
Brandes 1809 und des Baues 1813 hervorgehen. Emporen sind an der Nord-,
Süd- und Westseite zu sehen. Der östliche Theil des Schiffes ist um zwei
Stufen erhöht.
Der massive, geputzte, fast quadratische, nach oben zweimal abgesetzte
Thurm mit profiliertem Sandsteinquadersockel bewahrt die alten, zwischen
1592 und 1601 aufgeführten Umfassungsmauern und ist 1851 restauriert. Auf
der Westseite ist eine mit glatten Sandsteingewänden und geradem Sturz
versehene Thür vorhanden; auf allen Seiten sind schmale, halbkreisförmig
geschlossene, zum Theil gekuppelte Oefihungen zu sehen. Das Hauptgesims
wird von Konsolen getragen. Das beschieferte, geschweifte Dach trägt eine
achteckige offene Laterne mit schlanker beschieferter Spitze.
Die reich behandelte Orgel zeigt die Formen des Empirestiles.
Auf dem Kirchhofe sind acht bemerkenswerthe Grabsteine aufgerichtet.
Der Grabstein des 1618 geborenen und 1683 gestorbenen Hans Hinrich
zeigt in seinem oberen Theile unter einer Barockbekrönung mit einem Engels-
kopf Christus am Kreuz und darunter links den Gatten mit den drei Söhnen
und rechts die Gattin Anna Hilfers mit der Tochter.
Der Grabstein des 1656 geborenen und 1703 gestorbenen M. Hans
Hinrich Fasser, Bürgers und Töpfers zu Burgdorf, zeigt im oberen Theile
unter einer schlichten Spätbarockbekrönung mit Muschel und Engelskopf den
Gekreuzigten, darunter links den Gatten mit den beiden Söhnen und redits die
Gattin Ilse Haferkost mit zwei Töchtern; eine dritte liegt im Leichengewande
im Sarge.
Auf dem Grabstein des 1649 geborenen und 1713 gestorbenen Hans
Fricke aus Beinhom sind unter dem Gekreuzigten links der Gatte mit drei
Söhnen, rechts die beiden Frauen und drei Töchter zu sehen.
lieber der von gutem Rokokoomament umrahmten Inschrift auf dem
Grabstein des 1727 geborenen und 1752 gestorbenen Hans Colshom halten zwei
Engel ein Schild mit den Worten: »Die Grone der Ehren*.
HH« 25 8^
Gates Rokokoornament weist ebenfalls der mit einem Engelskopf in
der Bekrönmig versehene Grabstein des 1665 geborenen mid 1753 gestorbenen
Eirchenvorstehers Henning Kracken auf. Einfach behandelt ist der Grabstein
des 1785 gestorbenen Johann Friederich Krull und der dem XVIII. Jahrhundert
angehörende Grabstein der Familie Plass. Ein anderer Grabstein des XVIII. Jahr-
hunderts trägt jetzt eine neuere Inschrift.
Das Grabmal des 1751 geborenen und 1810 gestorbenen Johann Friedrich Grabmal,
von Ompteda, Drosten und Beamten zu Burgdorf, auf dem Kirchhof trägt auf
massivem Postament eine Vase.
Das aus dem XVII. Jahrhundert stammende Amtshaus, auch Schloss Amtshans.
genannt, trägt ein steiles Dach mit vielen Gauben. Es ist ein grosses, recht-
eckiges Gebäude aus Fachwerk mit einem Flügelanbau auf der Ostseite. Auf
dem massiven Untergeschoss erhebt sich mit vorragenden Balkenköpfen das
Erdgeschoss und über diesem ebenfalls mit vorragenden Balkenköpfen das
Obergeschoss. Der Schlossgraben ist noch zum Theil vorhanden.
Das im Jahre 1660 durch den Superintendenten Käseberg neu begründete, Annenhaiis.
vor dem Hannoverschen Thore aus Fachwerk errichtete, schlichte Armenhaus
enthält in dem oberen Eckgefach des Ostgiebels an der Strassenseite ein
farbig behandeltes Sandsteinrelief, welches die Geschichte vom reichen Mann
und armen Lazarus darstellt. Ersterer sitzt mit vier Freunden und einer
weiblichen Person, welche einer der Männer umfasst hält, an einer reich-
besetzten Tafel, der letztere dagegen, über und über mit Geschwüren bedeckt,
mit zum Gebet erhobenen Händen rechts seitwärts davon am Boden. Zwei
Hunde belecken seine Geschwüre. Rechts oben erscheinen Abraham und
Lazarus vom Strahlenglanze umgeben über den. Wolken, daneben in gleicher
Höhe In einem Flammenbündel der Reiche jammernd. Die dreizeilige, von
beschwingten Engelsköpfen gehaltene Unterschrift lautet:
Lazarus Werd ich genannt. Wie ich Muste hunger leiden Bey des
reichen mannes freuden. So leb hie mit leerer band Brich . du
Ghriste, mir dein brodt, Gott hilft wieder in der noth.
Auf der Setzschwelle des ersten Stockwerkes darüber steht zu lesen :
Wohl Dem, Der Barmherzig Ist, Erstreuet Aus ündt Gibt den
Armen, seine Gerechtigkeit bleibet Ewiglich, Sein Hörn Wird Erhöhet
Mit Ehren Psalm ....
Gross-BurgAvedel.
Kirche. Amtshans.
Litteratur: Sudendorf; Grnpen, Origines et Antiquitates Hanoverenses ; Lüntzel,
die ältere Diöcese Hildesheim; Urkundenbuch der Stadt Hannover; Manecke II; Regenten-
Sahl 1698; Doebner VI und VII; von Hodenberg, Pagus Flutwide, Lenthe's Archiv VI;
Havemann; Bertram, .Geschichte des Bisthums Hildesheim; Kayser, Kirchenvisitationen
1897; Holscher, Beschreibung des Bisthums Minden; Mithofif, Kunstdcnkmale IV; derselbe,
4
-^ 26 8^
Kirchenbeschreibungen ; Warnecke, Nachrichten zur Vorgeschichte des Kirchspiels Isem-
hagen 1890; Keimers, alte Wand- und Deckenmalereien in der Provinz Hannover, Denkmal-
pflege 1900 und Hannoversche Geschichtsbl., 3. Jahrg.; Uhlhom, die Kirche in Kirchhorst
und ihre Kunstdenkmäler, Zeitschr. d. bist. Ver. f. Nieders. 1899; Weber, die Freien bei
Hannover 1898.
Quellen: Urkunden und Akten des Staatsarchivs zu Hannover; Urkunde vom
Jahre 1489 und Grütterscher Nachlass im Stadtarchiv zu Hannover; Yerzeichniss der kirch-
lichen Kunstdenkmäler von 18%.
Geschichte. l^^r Name des in älterer Zeit als «Borchwede^ erscheinenden Ortes
deutet auf den Zusammenhang mit einer Burg hin. Nachrichten über dieselbe
liegen nicht vor. Nur berichtet Manecke: «Von einem festen Schlosse, das
hier gestanden haben soll, heisst es in den Jahrbüchern der Stadt Hannover
beim Jahr 1426, dass die Feste Burgwedel auf Befehl der Herzöge von Braun-
schweig-Lüneburg von den Bürgern zu Braunschweig, Lüneburg und Hannover
heruntergerissen sei^. Dagegen wird über den Ort Bestimmtes berichtet.
1324 bekundet Bodo von Homburg, Domscholaster zu Hildesheim^ dass dem
Herzoge Otto von Braunschweig und Lüneburg sowie dessen Söhnen der Wieder-
kauf des dem Bischöfe Otto und dem Stifte verkauften Dorfes «to groten
Borchwede" gestattet sei. In dem gleichen Jahre wird die «Grafschaft des
Moors von Gr. Borchwede* erwähnt. Von Klein-Burgwedel hören wir zwischen
1330 und 1352; darnach hatte «Her Dideric van Alten Lutteken-Borchwede ane
twene hove unde den tegeden darsulves* von den Herzögen Otto und Wilhelm
zu Lehen. 1353 erklärt Ritter Johann Pickard, dass nach seinem Tode der ihm
gehörige Zehnte zu «Borchwede" dem Herzog Wilhelm, dessen Erben oder Nach-
folgern anheimfallen solle. 1371 verpfändet der Herzog Magnus mehreren seiner
Räthe die Grafschaft zu «Borchwede*.
In der Klageschrift des Bischofs Johann von Hildesheim wider die
Herzöge Bernhard imd Heinrich vom 23. Juni 1406 ist von den herzoglichen
Vögten und Männern «vte der graueschop to Borchwedele^ die Rede. In den
Hildesheimschen Stadtrechnungen heisst es 1422: «Erovert van der Name to
Borchwedele 5 p. 8 s." und weiter: «De hovetman mit den deneren unde endeil
unser borghere vordan to Peyne, do men Borchwedele brande, 10^ p.* Aus
einer Hildesheimschen Stadturkunde vom Jahre 1460 erfahren wir, dass sich
die «undersaten in deme karspel to Borch wedelte*^ im Bann befinden. 1489 schlägt
der Herzog Heinrich der Mittlere als Patronatsherr dem Theoderich von Schulen-
burg, Archidiakon in der Hildesheimschen Kirche «banni Smedenstede eins in
hac parte officiali", für die Pfarrkirche des Ortes (ville) „Borchwede* nach dem
Tode des früheren Lehnsbesitzers Johannes Houemester den Gerhard von Zerssen,
Propst in Walsrode, als Lehnsträger vor.
1509 wird des Vogtes von «Borchwedell« gedacht und 1512 (Lüntzel 1572)
von den armen «Undersaten ute der Graveschaflfl Borchwedel* gesprochen.
In der Hildesheimschen Stiftsfehde wurde Burgwedel am Pfingsttage 1519 von
den Herzögen Heinrich dem Jüngeren von Braunschweig und Erich dem Aelteren
von Calenberg eingeäschert. Im Jahre 1543 gehörten zur »Vogedie Borchwedel* :
i
•-t-8 27 8^
Borchwedel [Burgwedel], Isemhagen, Wethmer [Weltmar], Bissendorpe [Bissen-
dorf], Mellingendorpe [Mellendorf], Breiinge [Breiingen], Thor hörst [Eirchhorst]
und Swarmstede [Schwarmstedt]. Ursprünglich umfasste dieselbe nur die
Kirchspiele Isemhagen, Burgwedel und Wettmar. Ein Schreiben vom Jahre 1568
redet von einem Gericht in der Vogtei »Burgwedell*. Im Frühling 1671 traf
Rudolph August auf Betrieb seines Bruders Anton Ulrich mit den Fürsten des
Gellischen Hauses in Bui^wedel zusammen, um die Mittel zur Unterwerfung
Braunschweigs zu berathen und mit den Vettern im Voraus die ihm verbleibende
Hoheit an der Stadt und die dagegen zu leistenden Entschädigungen zu verein-
baren. 1676 wird eine neue Kanzel angefertigt und 1733 das Dach des Eirch-
thurms einer grösseren Ausbesserung unterzogen.
Nach Grupen gehörte der Ort mit Klein-Burgwedel, Fuhrberg (nach
Holscher nebst der Mohrmühle), Neuenwarmbüchen (nach Holscher nebst der
Hesterholzmühle), Oldhorst sowie dem Landgute und Vorwerk Lohne zum
Bann Sievershausen im Pagus Flutwide, mithin zur Diöcese Hildesheim. Noch
jetzt sind diese dahin eingepfarrt. Auffallend aber ist es, dass es in der oben
angezogenen Urkunde vom Jahre 1489 zum Bann Schmedenstedt gezählt wird.
Ehedem befanden sich hier nach Manecke zwei «adelich freie*^ Höfef
Den einen besassen die Tietz, genannt Schlüter, aus der Grafschaft Nassau
gebürtig, der andere gehörte den Herren von Eltz im Hildesheimschen. 1718 wurde
letzterer nach Absterben des Obristlieutenants und Amtsvogts Ludolf Henning
von Eltz (siehe unten Grabmal) auf die von Reinbold vererbt, welche ihn bis
1807 besessen haben.
Die Kirche besteht aus dem Schiff mit zwei rechteckigen Anbauten am Beschreibung.
Mitteljoch, einer Sakristei auf der Südseite und einem Westthurme.
Das im Chor durch das halbe Achteck geschlossene, geputzte, massive Chor.
Schiff ist mit Ausnahme des westlichen Joches, dessen Wölbung fehlt, von 8chiff.
Kreuzgewölben mit Bimstabrippen überspannt. Der Triumphbogen zeigt auf
der Chorseite den doppelt zurückgesetzten spätgothischen Viertelstab, während
die andere Ecke scharfkantig ausgeführt ist. Die drei Joche werden durch
spitzbogige Gurtbögen von rechteckigem Querschnitte getrennt. Zwei rechteckige,
mit geputzten Decken versehene Anbauten liegen auf der Süd- und Nordseite.
Der Ausbau an der Nordseite hat eine spitzbogige Thür, über derselben die
Jahreszahl 1880, der an der Südseite eine halbkreisförmig geschlossene mit
Kämpfer, deren Sandsteingewände die Renaissanceprofile zeigen. Eine spitz-
bogige, gefaste Thür liegt auf der Nordseite des Schiffes. Mit Ausnahme des
mit Sandsteingewänden in Renaissanceformen eingefassten Sakristeifensters sind
die Fenster spitzbogig geschlossen; zwei Chorfenster lassen das alte Profil —
den doppelt zurückgesetzten Viertelstab — unter dem Putze noch erkennen.
Vier an den Chorecken und je zwei an den Langseiten angeordnete Strebe-
pfeiler sind theil weise nach oben abgesetzt und mit Pfannen gedeckt. Alle
Seiten sind durch Emporen verbaut. Auf dem Putze des Kreuzgewölbes im
Mitteljoch ist die Jahreszahl 1639 sichtbar.
Der viereckige, aus Eisensteinen und Findlingen erbaute Thurm hat Thuma.
dieselbe Breite wie das Schiff und ist mit einem sehr schlanken achteckigen,
4*
->^ 28 8^
Altar.
Gemälde.
Glocke.
Grabmal.
Grabsteine.
bescbieferten Helm bedeckt. Die Schallöfihungen sind mit geknickten Flach-
bögen überwölbt und mit Backsteinen eingefasst; sie haben aussen spät-
gothische Profile und innen den doppelt zurückgesetzten Viertelstab. Der Sockel
bildet eine einfache Schräge. Interessant sind die auf allen Seiten des Thurmes
in mehreren Geschossen unregelmässig übereinander angebrachten, zum Theil
In schräger Richtung angelegten, schmalen, rechteckigen, nach hinten erweiterten
Schartenöfihungen mit einem Querholz ungefähr in der Mauermitte. Eine flach-
bogige Eingangsthür, welche im Inneren die Oeffnungen zur Aufnahme des schweren
Balkenverschlusses zeigt, liegt auf der Südseite. Unten im Inneren lassen sich
die Widerlager zum Kreuzgewölbe noch erkennen. An der äusseren Westseite
des Thurmes ist unter einer Verdachung ein stark beschädigtes, aus dem XVI. Jahr-
hundert herrührendes Sandsteinrelief mit dem Gekreuzigten zwischen Maria und
Johannes zu sehen.
Die mit zwei glatten Säulen und verkröpftem Gebälk ausgestattete
Altarwand zeigt die Formen des späten Barock ; auf der Rückseite befindet sich
die Jahreszahl 1690.
In der Sakristei hängt das Oelbild eines Pfarrers; in der linken oberen
Ecke ist zu lesen:
Natus Aö 1634 d. 16 Januar.
Eine 1,25 m im Durchmesser grosse schöne Glocke, ohne Inschrift, hat
am Halse vier über Kreuz geknotete Schnüre. Auf dem Mantel sind der
Gekreuzigte mit hochgezogenen Beinen in der Form des XIV. Jahrhunderts,
Petrus, Paulus und ein Bischof erhaben dargestellt ; zwischen diesen Hochbildem
ist je ein Brakteat angebracht. Der Glockenstuhl trägt die Inschrift:
an • • dny • m ccccc l x i •
Im südlichen Anbau hängt ein hölzernes Grabmal mit dem Wappen
der Familie v. Eltz in den Formen des mit Regence gemischten späten Barock;
die Unterschrift lautet:
Herr Obrist Lieutenant und Amtsvoigt
zu . Burgwedel :
Ludolfh Henning von Eltz, auss altem Stam ensprossen Hat stets
mit Recht, den Ruhm des Redlichen, genossen Als Ghriste, Krieges-
mann, und Ambts- Voigt, bis ans Ende Die Erd bewahrt den Leib
Die Seele Gottes Hände.
„. ,, . r gebohren im Jahre, 1649 . den 15. Junii .
' gestorben im Jahre 1718, den . 10 Maii .
Ebendort ist ein sehr schön gearbeiteter, farbig behandelter Grabstein
(Fig. 5) aufgestellt; in einer halbkreisförmig überdeckten Nische steht der Ver-
storbene im Harnisch, umgeben von Helm, Handschuhen, Waffenstücken und
Siegeszeichen mannigfacher Art. Oben befinden sich zwei Wappen, bezeichnet:
»Lvdolf V. Eltz" und „Anna Zigemeier*. Auf einem Felde oberhalb der
Nische steht:
In dieser weldt ist nichts den Mvhe Angst vnd unruhe Aber ich
weis das mein Erlöser . Jesus Christus lebet und in ihme wirdt meine
Sehle Ruhe habenn.
i
Die unterste Zeile der Lapidarumschrift wird vom Fussboden verdeckt;
die freie Inschrift lautet:
Der emrester fThmetuuer vnd manhafter Lvdolf von Eltz Frrstl :
Bravnschw : LmebTTgischer bestalter Harptman vnd Ambtsvoig . .
ti^ zwischen 2. vnd 3. Vhren in Got sehlig
endschlaffen seines Alters 67. Jahr.
KIrebe In Grau-Bargvsdel ; OrabsUln.
Auf dem Kirchhofe stehen fOnf Grabsteine der Familie t. Alten aus
der Zeit um die Wende des XVIII. Jahrhunderts. la die äussere Ostwand der
Kirche ist der beschädigte Theil eines Grabsteins eingelassen, auf welchem der
Gekreuzigte und darunter eine knieende weibliche Figur zu sehen sind.
Eine silberrergoldete Eanne ist in den Formen der Mitte des XVm. Jahr- Kanne,
bonderts ausgeführt.
Ein silberrergoldeter Eelcb mit rundem Fusse und Patene hat auf dem Kelch.
Becher ein Wappen mit der Umschrift: .Heinrich von Dassell Ritmeister . 1722".
Sonnenuhr.
Taufbecken.
->^ 30 8^
Unter dem Fusse sind zwei Zeichen^ das springende Pferd und die Buchstaben
JPM, angebracht.
Eine Sonnenuhr auf einer Sandsteinplatte ist auf der Südseite des
Schiffes angebracht.
Das einfache, silberne Taufbecken trägt unter dem Boden als Zeichen
das springende Pferd und ein Zeichen, m welchem die Buchstaben S E L
erkennbar sind, sowie die Inschrift:
H . K . C . A . 1734 .
Triumphkreuz. Im südlichen Anbau ist jetzt das farbig behandelte, aus Holz geschnitzte
Renaissance-Triumphkreuz, noch auf dem alten Balken stehend, untergebracht.
Der 1,25 m hohe Gekreuzigte ist von Maria und Johannes umgeben.
Wand- Von den alten Malereien auf dem Chorgewölbe sind augenblicklich
maiereien, einzelne Theile freigelegt (Krönung der Maria, Paulus und Ornamente), welche,
soweit sich erkennen lässt, den Malereien in Kirchhorst ähnlich sind und dem
XV. Jahrhundert angehören.
Das Amtshaus ist ein einfaches, zweigeschossiges Fachwerkgebäude
ohne Inschriften auf massivem Sockel mit einem an den Schmalseiten
abgewalmten Dach.
Amtshaus.
D o 1 g e n.
Kapelle.
Litteratur: Origines Guelficae; Sudendorf; Volger, Urkunden der Bischöfe von
Hildesheim ; Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim; Doebner II, IV und VII; von Hodenberg,
Marienroder Urkundenbuch; Urkundenbuch der Stadt Braunschweig; Hassel und Bege,
Beschreibung der FürstenthUmer WolfenbUttel und Blankenburg II; Kayser, Kirchen-
visitationen 1897 ; Maneckell; Mithoff, Kunstdenkmale IV; Weber, die Freien bei Hannover
1898; Heise, die Freien; Kniep, die Freien vor dem Walde, Hann. Geschichtsbl., 3. Jahrg.
Quellen: Kirchenbuch zu Haimar; Designatio corporis bonorum von der Kirche
zu Haimar und denen dazu gehörigen beyden Capellen Dollgen und Evem, 17S4 aufgesetzt
Geschichte.
Das zum grossen Freien gehörige und nach Haimar eingepfarrte Dorf
lässt sich mit Sicherheit erst für das Jahr 1400 nachweisen. Zwar kommt ein
Ort von gleicher Namensform bereits früher urkundlich vor. Doch ist dies
nicht der unsrige. Aus einem Schreiben des Hildesheimschen Raths vom
Jahre 1400 an die Herzöge Bernhard und Heinrich erfahren wir, dass deren
Vögte und Diener Burchard van Gramme und Ringelwole mit ihren Helfern
mehreren seiner Mitbürger »toDolghen, toEveren unde to Retmer* Vieh geraubt
haben. Später wechselt die Namensform. 1430 finden wir die Hildesheimschen
-^ 31 8^
Bürger Heinrich und Hans Galle mit 14^ Hufen Landes und | des Zehnten zu
^Dollingen" von Äschwin von Salder^ weiland Burchards Sohn, belehnt.
1441 kommt die Namensform «Doligen'^ und um 1460 «Dalgen' vor. 1534 wird
als j,verus Pastor von Heymer* angegeben »Hinricus Eynem, itzunth prawsth tho
Demeborch, als Caplan her Johan Kün alleyne*^, der auch die .Capelle tho
Doluen" versah. 1543 begegnet der Ort als »Dollinge*. 1578 beschweren sich
die Dörfer Lehrte, Sehnde, Dolgen, Haimar und Gretenberg gegen Uebergriffe des
Bodo und Hans von Rutenberg. Das Gericht zu Dolgen war zwischen den Lüne-
burgischen Fürsten und den Herren von Rutenberg getheilt, wie ein Gerichts-
protokoll vom 14. Oktober 1631 beweist. Später wurde der Antheil derer von
Rutenberg an den Geheimen Eammerrath von Bülow in Hannover verliehen,
welcher denselben 1650 für ein Fuder Korn an Celle wieder abtrat. Konrad
Steuerwald, 1630 — 1679 Pastor zu Haimar, schreibt in der Pfarrchronik: »Die
Gapelle zu Dolgen hat eine feine hellklingende glocken, vnd einen seiger, • • • •
item einen Altar aber ohne zierath*. Femer sagt er, sie sei alt, habe aber
Besserung nöthig und sei «sub Papatu dedicirt in memorlam sanctae Margarethae*.
Aus des Pfarrers Nebershausen's Notizen ist ersichtlich, dass die Kapellen zu
Dolgen und Evern bis 1699 weder Stühle noch Beichtstuhl hatten. Er führte
darin die Quartalsgottesdienste ein. Am 10. Juli 1696 hielt er die erste Kapellen-
predigt zu Dolgen. Die Designatio corporis bonorum vom Jahre 1734 sagt über
die Kapelle folgendes: .Das Gebäude der Capelle ist lang im lichten 38 Fuss,
breit im lichten 19 Fuss, es ist aber sehr baufällig, und hat eine starke reparation
nöthig. Die Capelle hat eine Kleine Haube, in welcher die Glocke hänget.
Es findet sich auch eine Schlag-ühr in selbiger*. Sie wurde 1884 mit Gement
verputzt und inwendig ausgebessert.
Der einfache, aussen und innen verputzte, im Grundriss rechteckige Beschreibung.
Fachwerkbau von 11,5 m äusserer Länge und 6,4 m Breite ist mit einer
muldenförmig gewölbten, geputzten Bretterdecke überspannt und enthält eine
rechteckige Thür mit Holzgewänden und einfache rechteckige Fenster. Das
flachbogige Fenster der massiven Westseite stammt sammt dieser aus dem
Jahre 1899. Die das Dach tragenden Balken stehen an den Langseiten über.
Das mit Pfannen behängte, an der Ostscite mit Mönchen und Nonnen eingedeckte
Walmdach trägt auf der westlichen Hälfte einen quadratischen, mit kleinen
Schallöffnungen versehenen Dachreiter. Im Glockenbalken ist die Jahreszahl
1660, in der Wetterfahne die Jahreszahl 1792, an der Südseite in einer Gaube
die Uhr angebracht.
Die 58 cm im Durchmesser grosse Glocke war der Lischrift gemäss der Glocke.
Ursula geweiht und 1534 gefertigt.
-^ 32 8^
Geschichte.
Beschreibung.
Dollbepgen.
Kapelle.
Litteratur: Sndendorf; von Hodenberg, Calenberger Urkundenbuch V ; derselbe,
Ltinebnrger Urkundenbuch XV; derselbe, Lüneburger Lebnregister; derselbe, Pagus
Flutwide, Lenthe^s Archiv VI; Regenten -Sahl 1698; Doebner I; Janicke; Lttntzel, die
ältere Diöcese Hildesheim; Manecke II; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Mithoff, Kunst-
denkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Fromme, kleine Chronik der Primariat-
pfarre zu Sievershausen 1889.
Quellen: Urkunde des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover.
lieber das nach Sievershausen eingepfarrte Dorf liegen nur spärliche
Nachrichten vor. Ob das Geschlecht derer von Dolberge (Dolberke, Dolbere)
mit unserem Orte im Zusammenhang steht, lässt sich nicht mit Bestimmtheit
sagen. In dem älteren Zehnt-, Geld- und Fruchtregister des Klosters Wienhausen
aus dem Ende des XIII. Jahrhunderts wird unser Ort als ^Dolberghe' auf-
geführt und vom Glossist des XIV. Jahrhunderts zu »Mey* gerechnet. 1360 erhielt
Johann von Garsenbüttel bei der vom Herzog Wilhelm vorgenommenen Neu-
belehnung das Burglehen zu Meinersen mit neun Hufen und drei Hütten zu
vDolberge'' zu Lehen. In einer Urkunde des Stiftes Wienhausen vom Jahre 1505
ist von einer Wiese, ,vffe dem Schermbeke twischen Olerse vnnd Dolberge"
gelegen, die Rede. 1632 musste der Unsicherheit wegen der Gottesdienst statt
in Sievershausen in Dollbergen abgehalten werden. 1746 am 4. August wurden
bei einem plötzlich sich entladenden Gewitter in der Kapelle filnf Menschen
vom Blitz erschlagen.
Die schlichte, mit dreiseitigem Chorschluss im Osten versehene und
durch eine muldenförmige Decke im Iimeren abgeschlossene Fachwerkkapelle
von 14,1 m äusserer Länge und 8,2 m Breite hat rechteckige Fenster. Die
Thüren an der West- und an der Südseite haben flachbogig ausgeschnittenen
Sturz. Der viereckige Dachreiter hat ein Satteldach und die Wetterfahne die
Jahreszahl 1783.
Elze.
Kapelle.
Litteratur: Sndendorf; Lttntzel, die ältere DiOcese Hildesheim; Manecke II;
Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Holscher, Beschreibung des Bisthums Minden; Zeitschr.
d. hist Ver. f Nieders. 1864 und 1867; Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchen-
beschreibungen; von Hodenberg, LUneburger Lehnregister; GrUtter, Loingau, Hannov.
Geschichtsbl., 2. Jahrgang.
Das nach Breiingen eingepfarrte Dorf gehörte ehedem mit diesen^,
zur Diöcese Minden und zum Loingau. £s war der Amtsvogtei Bissendorf zu-
geordnet. Zwischen 1330 und 1352 bekam Gerbert van Elsensenne von den
Herzögen Otto und Wilhelm einen Hof »to Elsensen*" zu Lehen. 1360 erhielten
-^ 33 8^
Kurt von Mandelsloh eine Hufe ^to Elsensen'', Johann von Mandelsloh «to Elzensen
enen hof, nach Manecke « Moorhof * genannt, Johann von Reize einen Hof und
zwei Kothen und Gebhard von Bothmer einen halben Hof daselbst. 1385 erhält
Gerhard von Bothmer vom Mindener Bischof Otto einen Hof «to Elsenhtisen'^
zu Lehen.
Da die Kapelle, wie auch die Brelinger Kirche, im Mindener Archi-
diakonats- und Pfarrregister nicht genannt wird, so wird zu Elze vor dem
späten Mittelalter kein Gotteshaus bestanden haben. Jedenfalls war zu Anfang
des XVIL Jahrhunderts daselbst eine Kapelle vorhanden, deren viereckiger,
hölzerner Glockenthurm, von einem Zeltdach bedeckt, noch heute steht. 1849 wurde
ein neues Schiff in Fachwerk angebaut.
Den dortigen adelig freien, landtagsfähigen Hof erhielten nach denen
von Bünau die Gapellini, genannt von Stechinelli, 1705 zu Reichsfreiherren
von Wickenburg, 1790 zu Reichsgrafen erhoben, zu Besitz.
Engensen.
Kapelle.
Litteratur: Janicke; Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim; Sndendorf;
Gmpen, Origines et Antiqnitates Hanoverenses; Regenten-Sahl 1698; Manecke II; von
Hodenberg, Pagos Flutwide, Lenthe's Archiv VI; Böttger, Diöcesan- und Gau-Grenzen;
Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Holscher, Beschreibung des Bisthums Minden; Mithoff,
Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Neues Vaterl. Archiv 1823.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover.
Ob das heute nach Wettmar eingepfarrte Dorf mit dem «Eddinkhusen*' Geschichte.
in der Bestfttigungsurkunde des St. Michaelisklosters vom Jahre 1022 identisch ist,
darüber gehen die Ansichten auseinander. Es heisst in der betreffenden Urkunde:
9 in pago Fiutwidde in prefectura Thammonis : Alenhusen, Eddinkhusen, Scel-
hiisen, Wendelingeroth, Hardeshem, Utisson, Siradisson, Scheplice, Waditlagun*".
Der Umstand, dass es als im Gau Flutwide belegen aufgeführt wird, spricht für
unseren Ort. Im Jahre 1278 überträgt der Bischof Otto von Hildesheim dem
Kloster Wienhausen den Zehnten in «Engese', welchen dieses von Johann von
Qffenhusen und Walther von Osbemshusen gekauft hatte. Der Ort gehörte mit
Wettmar und Thönse zum Bann Sievershausen. Sie waren anfangs nach Burgdorf
eingepfarrt, kauften sich aber von dort 1307 um 50 Pfund Hildesheimscher
Münze los und bauten eine dem heiligen Magnus geweihte Kirche zu Wettmar.
1361 lautet die Namensförm „Enghese", 1382 .Enghese* und „Enghesen''.
Izn Landsteuerverzeichniss wird 1534 als Pastor zu Wettmar Gert Polde genannt,
welcher ausser der Pfarrkirche die Kapellen zu »Furberge* (Fuhrberg) und
5
Beschreibung.
HHg 34 8^
Engensen zu bedienen hatte. Der Freihof daselbst gehörte ehedem denen von
Dankwerth, später den Hetzer.
In der aus Ortsteinen und Findlingen erbauten Kapelle von 9,5 m
äusserer Länge und 6,5 m Breite befindet sich jetzt die Schule. Das Bauweit
wird auf der Ostseite durch drei Seiten des Achtecks geschlossen und enthält
hier einen viereckigen Dachreiter mit beschiefertem Helm. Die auf der Südseite
liegende spitzbogige Eingangsthür zeigt den neunmal zurückgesetzten Viertelstab
aus Backsteinen; je ein halber Stein ist dreimal gegliedert. Sämmtliche Fenster
sind spitzbogig und mit Backsteinen eingefasst. An den Ghorfenstem ist ein
dreimal zurückgesetzter Viertelstab erhalten.
Geschichte.
Evern.
KapeUe.
Litteratur: Doebner I, II und V; Janicke; Sudendorf; LUntzel, die ältere
Diöcese Hildesheim; derselbe, Geschichte der Diöcese und Stadt Hildesheim I; Urkunden-
bnch der Stadt Lüneburg I; Lauenstein, diplomatische Historie des Bisthnms Hildesheim 1740;
Manecke II; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Mithoff, Kunstdenkmale IV; Weber, die
Freien bei Hannover 1898; Feise, Capellen -Weihe au Evem 1852; Bertram, Geschichte
des Bisthnms Hildesheim I; Heise, die Freien; Kniep, die Freien vor dem Walde, Hann.
Geschichtsbl., 3. Jahrg.
Quellen: Urkunden und Akte des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Kirchenbuch
im Pfarrarchiv zu Haimar; Register von 1652—1730, ebendort; Designatio corporis
Bonorum von der Kirche zu Haimar und denen dazu gehörigen beiden Kapellen Dolgen
und Evem, 1734 aufgesetzt, ebendort; Kapellenrechnungen in Evem.
Das nach Haimar eingepfarrte und zum grossen Freien gehörige Dorf,
welches ehedem dem Bann J^ühnde im Pagus Hastfala zugezahlt war, nimmt
durch seine Geschichte eine bemerkenswerthe Stellung ein. Schon im Jahre 1117
hat daselbst eine Kirche bestanden. Am 11. Mai dieses Jahres giebt der Graf
Adalbert zu Haimar mit Zustimmung seines Sohnes Bertold dem Pfarrer
Adalbert in Lühnde 24 Morgen mit einer Hausstelle in „Schutellobeke* (wüst
bei Gross- und Elein-Lopke), wozu er ausserdem „in usum sacerdotis predicti
Adelberti* eine Mark Silber fügt, dazu, dass ein Dörfchen, ^Eberen* mit
Namen, von der Mutterkirche in Lühnde abgetrennt werde und dieser nur
noch das Synodalrecht zustehe, während es sich aber nicht weigern dürfe, so
oft die Nothwendigkeit es erheische, der Mutterkirche zur Herstellung der
Gebäude und zur Anschaffung des Kirchenschmuckes sowie anderen nothwendigen
Ausgaben eine Beihülfe zu geben. Die Kirche zu Evern (redemptam ecclesiam)
verwaltete der Priester Eberhard. Dieses Gotteshaus zu Evem war ursprünglich
die Parochialkirche des Kirchspiels Haimar, welches ausser Haimar und Evern
noch Dolgen und das wüste Gilgen umfasste. Doch muss die Verlegung der
Parochialkirche nach Haimar sehr früh erfolgt sein, da fortan nur noch Geist-
liche von Haimar genannt werden. Zwischen 1220 und 1240 begegnet der
Ort als jiEuerringe'^. Das Dorf bildete ursprünglich einen Theil des grossen
Allodialbesitzes der Grafen von Wernigerode in und um Haimar. Diese hatten
es denen von Salder zu Lehen gegeben.
Am 20. Juni 1386 wird bekundet, dass der Ritter Gebhard von Salder
die Erklärung abgegeben habe, er habe das Dorf ^to Eueren'^ und den Zehnten
daselbst mit allem Zubehör und der Gerichtsbarkeit an den Dompropst und
das Domkapitel zu Hildesheim verkauft. Die Einwilligung der Oberlehnsherren,
der Grafen von Wernigerode, erfolgte im gleichen Jahre. Von nun an waren
die Dompröpste wie die Landesherren in Evem. Sie besassen dort selbst einen
freien Hof, auf welchen sie als Golonus ihren Vogt setzten.
Streitigkeiten zwischen dem Dompropst und dem eigentlichen Landes-
herm wurden durch den Vergleich vom 16. Dezember 1621 beigelegt. Dem-
zufolge sollte der Herzog die landesfdürstliche Obrigkeit über das Dorf behalten,
dagegen der Dompropst auch in Zukunft als «unmittelbarer Gerichtsherr und
Obrigkeit '^ anerkannt werden.
1664 wird berichtet, dass vor der Kapelle zu Evem das Wappen des
Landesherm angebracht sei. Pastor Steuerwald in Haimar (1630—1679) schreibt:
«Die Capelle zu Evem hat nunmehr auch eine bessere Glocken, vnd einen seiger
gezeuget, • • • auch einen Altar aber ohne zierath*. Sie sei alt, habe aber
Besserung nöthig und sei «sub Papatu dedicirt in memoriam Sancti Georgü'^.
Aus den Notizen des Pastors Nebershausen ersehen wir, dass die Kapellen zu
Dolgen imd Evem bis 1699 weder Stühle noch Beichtstuhl hatten. Er führte
die Quartalsgottesdienste darin ein. Am 19. Juni 1696 hat er die erste Kapellen-
predigt zu Evem gehalten. 1715 hatte die Kapelle unter einem heftigen Sturm
zu leiden. 1717 schenkte Philipp Adam zu Eltz einen Taufstein, welcher
vormals in der Kirche zu Rethmar gestanden, in die Kapelle zu Evem.
1723 wurde sie neu gebaut. Die Designatio corporis Bonomm vom Jahre 1734
besagt: .Das Gebäude der Capelle ist lang im lichten 38 Fuss, breit im lichten
20 Fuss, es ist gegenwärtig in einem recht guten Stande, denn es ISö : 1723
von Grund auf erst neu gebauet. • • • • Auf der Capelle befindet sich eine Kleine
Spitze, in welcher die Glocke hänget, eine Schlag-Uhr ist auch vorhanden'^.
Femer besitze sie zwei zinneme Leuchter. 1825 wurde das Dorf von einem
schweren Brande heimgesucht. 42 Wohnhäuser und 40 Nebengebäude sanken
in Trümmer; die Schule und auch die Kapelle wurden ein Raub der Flammen,
nur die äusseren Mauem blieben von letzterer stehen. Die neue Kapelle wurde
am 21. September 1852 geweiht.
In welcher Beziehung das Geschlecht derer von Evem zu unserem Orte
steht, lässt sich nicht mit Bestimmtheit entscheiden.
Von der einfachen, aus Bmchsteinen erbauten Kapelle sind nur die Beschreibung.
Umfassungsmauem älteren Urspmngs. Im Jahre 1851 erhielt das Bauwerk ein
im Osten abgewalmtes und mit Pfannen gedecktes Satteldach sowie einen
beschieferten viereckigen Dachreiter im Westen. Die Kapelle bildet im Grundriss
ein Rechteck von 12,4 m Länge und 7,7 m Breite. In der Süd- und
5*
Nordwand sind je zwei mit glatten Sandsteingewänden und geradem Sturz
eingefasste Fenster angeordnet. Eine mit dem Eorbbogen geschlossene Eingangs-
thür im Westgiebel hat Sandsteineinfassung sowie vortretenden Kämpfer und
Schlussstein; die Inschrift auf dem letzteren lautet:
Reno
vatvm
Anno
1723
Sämmtliche Ecken sind in Quadermauerwerk aufgeführt.
Fuhrberg.
KapeUe.
Litteratur: Sudendorf; von Hodenberg, Lünebnrger Urkundenbnch XV; derselbe,
Pagas Flutwide, Lenthe^s Archiv VI; Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim; Mithoff,
Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Manecke II-; Kayser, Kirchen-
visitationen 1897; Holscher, Beschreibung des Bisthums Minden; Regenten-Sahl 1698; von
Bennigsen, Beitrag zur Feststellung der Diöcesangrenzen, Zeitschr. d. bist. Ver. f. Nieders. 1863 ;
Böttger, Diöcesan- und Gau-Grenzen; Grütter, Loingau, Hannov. Geschichtsbl., 3. Jahrg.
Quellen: Akte des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Verzeichniss der kirchlichen
Kunstdenkmäler von 1896.
Geschichte. Das zum Kirchspiel Gross-Burgwedel gehörige Dorf war ehedem einer
der Grenzorte des Hildesheimschen Pagus Flutwide gegen den Mindenschen
Loingau. Im Jahre 1323 verkaufen Hugo und Johannes von Escherde mit
Einwilligung ihrer Erben dem Walsroder Propst Heinrich für 20 Mark Bremischen
Silbers und Gewichtes ihr Landgut (villa) in „Wurberghen* (Wrberghen), „que
et duuelshus dicitur*'. Zwei 1377 aufgestellte Verzeichnisse über den Schaden,
welchen der Herzog Otto von Braunschweig und dessen Leute dem Herzog
Albrecht von Sachsen und Lüneburg sowie dessen Unterthanen während der
Sühne und des Friedens zugefügt, berichten auch von Räubereien .Tho deme
Vurberge" (Vurberge). Im Landsteuerverzeichniss von 1534 wird Gert Polde,
Pastor zu Wettmar, genannt, welcher ausser der Pfarrkirche die Kapellen zu
^Furberge^ und Engensen zu bedienen hatte. Am 7. Februar 1768 beschloss die
Gemeinde «bevorstehenden Sommer vor die hiesige alte, Baufällige Cappelle eine
neue zu bauen". Die alte Kapelle stand an der Seite des Dorfes nahe an des
Einwohners Brehling Hofe, von einem kleinen Kirchhof umgeben. 1769 am
1. Adventssonntag wurde zum ersten Mal in der neuen, mitten im Dorfe
errichteten Kapelle Gottesdienst gehalten.
HHg 37 8^
Die einfache, mit Backsteinen ausgemauerte Fachwerkkapelle hat ein Beschreibung.
Satteldach mit halben Walmen und einen viereckigen Dachreiter in der Mitte.
Eine geputzte, bogenförmig gekrümmte Holzdecke schliesst den Innenraum ab.
Die Fenster sind rechteckig.
Der mit einer Sandsteinplatte abgedeckte, gemauerte Altar hat eine -A.ltar.
hölzerne Altarwand mit gewundenen Säulen. Zwei übereinander befindliche,
auf Holz gemalte Bilder stellen das Abendmahl und die Kreuzigung dar. Auf
der Wand steht die Inschrift:
Otto Johann Frese F • B • L • Wolbestalter Oberförster zvm Fvhrberge
dieses Altahr verehret
und seitlich davon: „Anno • 1687 '^.
Die 61 cm im Durchmesser grosse Glocke ist von M. Johann Georg Ziegner Glocke,
im Jahre 1761 in Hannover gegossen.
Hänigsen.
Kirche.
Litteratnr: Sudendorf; Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchen-
beschreibungen; Manecke II; von Hodenberg, Pagus Flutwide, Lenthe's Archiv VI;
derselbe, Lüneburger Lehnregister; Regenten-Sahl 1698; Kayser, Kirchenvisitationen 1897;
Weber, die Freien bei Hannover 1898; Meyer, die älteste Kirchenrechnung von Hänigsen,
Hann. Geschicbtsbl., 3. Jahrg., 209 ff.
Quellen: Urkunden und Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Verzeichniss
der kirchlichen Kunstdenkmäler von 1896.
Das ehedem zum Amt Meinersen und zur Vogtei Uetze gehörige Dorf Geschichte.
begegnet bereits in der ersten Hälfte des Xill. Jahrhunderts. Nach dem zwischen
1220 und 1240 niedergeschriebenen Theil des Lehnsregisters des edelen Herrn
Luthard von Meinersen trugen Lippold von Escherde und sein Bruder 20 Hufen
und zwei Mühlen in »Henighusen*. zu Lehen. Auch von der Kirche ist früh die
Rede. Nach dem ums Jahr 1274 aufgestellten Lehnsregister der edelen Herren
Luthard und Burchard von Meinersen hatte »Dominus . Jo . de Escerte .
ecclesiam. Heninghusen et . IUI . curias ibidem . et duas dimidias decimas"
zu Lehen. In dem älteren Zehnt-, Geld- und Fruchtregister des Klosters Wien-
hausen aus dem Ende des XIII. Jahrhunderts wird der Ort als »Henigghesen*
aufgeführt und vom Glossist des XIV. Jahrhunderts zu ,Mey* gerechnet.
1453 war Heinrich Heymberch Kirchherr zu »Hennigessen*. 1555 erhält die
Kirche einen Predigtstuhl. Nach der »ütgaue** der Sievershäuser Kirche
vom Jahre 1561 bekommt ein Hans von Henningensen 10 Gulden 3 Groschen
dafür, dass er das Gestühl daselbst gefertigt. 1564 wird dem Pastor ein
Gulden ,vor den seiger tho stellende" gegeben und 1565 dem Pastor „vp
-<^ 38 H-
Beschreibung.
Altar.
Altarleuchter.
Glocken.
Grabstein.
Kanne.
dem Obergeshagenn'^ ein Thaler «vor sine wege ynd arbeyth dat he tho
vns kam do wy nenen pastor haddenn'^. 1578 wird eine dicke Mauer aus der
Kirche .wechgehowen'^ ; es werden neue Stühle gemacht und zwei neue
Priechen angelegt. 1591 bekam die Kirche eine neue Taufe. 1605 heisst es in
der Kirchenrechnung: «3 g. vor S. Peter, zu flicken; 6 g. einem gegeben so
denselbigen vom Thurm geholet rndt wider auffgebracht''. 1648 wurde das
Dorf eingeäschert, wobei auch das Gotteshaus «ruiniret vndt verdorbenn*
wurde. Der entstandene Schaden wurde 1659 wieder ausgebessert. Pfingsten
1693 wurde das Dorf abermals von einer Feuersbrunst heimgesucht. 1742
wurde mit des Glockengiessers Just Andreas Meyfeld nachgelassener ^ttwe
Dse Dorothea wegen Umgiessung der geborstenen Glocke ein Kontrakt geschlossen.
1756 wurde der Thurm, namentlich an der Westseite, ausgebessert. 1817
wütete abermals ein Brand. 1854 wurde eine Orgel angeschafft, deren die
Kirche bislang entbehrte. In der Notitia ecclesiast. duc. Lyneburg. p . 217
heisst es nach Kayser: «Patroni sunt Bortfeldii sive Hanensei [Nachtrag: hodie
von Gram] Habet Heiningsen et curias Geeze (Krätze) et Altmerdingen'^. Noch
heute sind die von Gramm Patronatsherren. Im Uebrigen verweisen wir auf
die nach Abschluss der vorliegenden Arbeit erschienene Geschichte des Kirch-
spiels Hftnigsen von Pastor Meyer. Siehe Hann. Geschichtsbl., 4. Jahrg.; 430.
Erwähnt seien noch die von Henyngessen, welche von denen von
Meinersen den halben Zehnten zu Dachtmissen zu Lehen hatten.
Das aus Ortsteinen eii)aute Schiff hat flachbogige Fenster und in den
Langseiten zwei gegenOberliegende Thüren mit gefasten Sandsteingewänden und
geradem Sturz. Drei gekuppelte, spitzbogige Fenster mit Hohlkehlprofil befinden
sich in der Ostwand. Eine gewölbte Bretterdecke überspannt das im östlichen
Theil um eine Stufe erhöhte Schiff. Hölzerne Emporen sind auf der West-
und Nordseite angebracht.
Der viereckige, westliche Dachreiter mit achteckigem, beschiefertem Helm
hat flachbogige Schallöffhungen.
Auf dem mit einer Sandsteinplatte abgedeckten, massiven Tisch steht
das Mittelstück eines Schnitzaltares, welches die Kreuzigung Christi darstellt.
Zwei Altarleuchter aus Bronze haben nach gothischer Art einen
walzenförmigen Schaft mit drei Füssen und drei Knäufen.
Die 1,06 m im Durchmesser grosse Glocke trägt unter einem Ornament-
streifen am Halse eine sechszeilige und auf der gegenüberliegenden Seite eine
fiin&eflige Lapidar-Inschrift. Am Glockenrande sind der Meister Johann Heinrich
Ghristoffer Weidemann aus Hannover und die Jahreszahl 1743 angegeben.
Die kleinere 1,00 m im Durchmesser grosse Glocke ist 1787 von
J. Meier in Gelle gegossen.
Die Schlagglocke trägt nach Angabe in der Inschrift die Jahreszahl 1649.
Auf dem Kirchhofe steht ein schlichter Grabstein aus dem Ende des
XVm. Jahrhunderts.
Eine Kanne aus Zinn hat auf dem Deckel die Bezeichnung:
AE VE
1759
-^ 39 8^
Unter dem Anstrich der einfachen hölzernen Kanzel ist die Jahreszahl Kanzel.
1723 zu lesen.
Im P&rrgarten liegt em stark beschädigter Taufstein mit dec Umschrift : Tanfstem.
Godt maket yns salich dorch dat Badt der Wedergebordt . ad Tit. 3.
H a i m a r.
Kirche.
Litteratur: Janicke; Doebner II, V und VI; Lttntzel, die ältere Diöcese
Hildesheim; Urknndenbnch der Stadt Hannover; Manecke ü; von Hodenberg, Pagus Flut-
wide, Lenthe'B Archiv VI; Regenten-Sahll6d8; Böttger, Diöcesan- und Gau-Grenzen; Kayser,
Kirchenvisitationen 1897; Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen;
Weber, die Freien bei Hannover 1898; Zeitschr. d. Harzver., Jahrg. 4; Bertram, Geschichte
des Bisthums Hildesheim I ; Kniep, die Freien vor dem Walde, Hann. Geschichtsbl., 8. Jahrg.
Quellen: Buch der Kirche zu Haimar in den Freien, 1669 angelegt und bis
1894 fortgeführt; Verzeichniss der Prediger, Patrone u. s. w., 1782 angelegt; Register von
1652 — 1780; Designatio corporis Bonorum von der Kirche zu Haimar und denen dazu
gehörigen beiden Kapellen Dolgen und Evem, 1784 aufgesetzt; Beilagen zu dem Corpus
bonorum der Parochie Haimar von 1833; sänmiliich im Pfarrarchiv zu Haimar; Verzeichniss
der kirchlichen Kunstdenkmäler von 1896; Beschreibung der Kirchen und Kapellen im
Kgr. Hannover, Band 8, 1861 angefertigt, in der BibL d. bist. Ver. f. Nieders.
Das im grossen Freien belegene Dorf gehörte ehedem zum Pagus Geschichte
Hastfala und zum Archidiakonat Hohenhameln. Hier sassen, dem Kirchenbuch
zu Folge, vor Alters die Herren von Barmeke. Die erste Nachricht Qber den
Ort bringt eine Urkunde vom Jahre 1117. Am 11. Mai dieses Jahres gab der
yComes Adelbertus de villa Heymbere'^ mit Zustimmung seines Sohnes Bertold
dem Pfarrer Adalbert zu Lühnde 24 Morgen mit einer Hausstelle in «Schutellobeke*
sowie eine Mark Silber zur Loslösung des Dörfchens «Eberen'^ (Evem, siehe
dieses) von der Mutterkirche in Lühnde. Dieser Graf «Adelbertus'^ ist, wie Bode
nachgewiesen hat, der älteste, bekannte Stammvater der Grafen von Wernigerode
und der Erbauer der Burg Wernigerode. Die reichen Besitzungen der Wemigeröder
Grafen im grossen Freien und dessen Nachbarschaft rOhren von ihm her.
Das Gotteshaus zu Evem war ursprünglich die Parochialkirche des Kirchspiels
Haimar. Die Verlegung derselben nach Haimar ist bald darnach erfolgt, da
fortan nur noch Geistliche von Haimar genannt werden. Am 7. Mfirz 1160
bestätigt der Bischof Bruno dem Godehardikloster unter anderem eine demselben
geschenkte Hufe in «Heimbere*. 1204 bezeugt der Bischof Hartbert, dass der
«Willehelmus presbyter de Heinbere'^ dem Andreasstifte »pro remedio anime sue'^
42 Mark zum Erwerb von Gütern übereignet hat. Ein Priester Hermann zu
Haimar kommt 1256 (Hermannus de Heimbere sacerdos), 1257 (dominus
Hennannus de Hembere sacerdos) sowie 1259 (Hermannus sacerdos in Hembere)
und ein .Conradus plebanus in Heymbere*" in einer Urkunde vom 14. Mai 1325 vor.
-5^ 40 §•*-
Das 1669 angelegte Kirchenbuch sieht in der auf der Marienglocke an-
gebrachten Bischofsfigur einen Herrn von Rutenberg, «sintemahl einer von
Rautenberg soll sub Papatu Bischoff des Stiffls Hildesheirab gewesen sein, auch
die von Rautenbeige droben in ihrem wapen eine rote mitram Episcopalem
fuhren, wie in den fenstem in der Kirchen, vnd auf der pfarr zu sehen".
Unter dem Bild ist das Rutenbergsche Wappen angebracht. Zu Beginn des
XVL Jahrhunderts nahm der Ort wesentlich an Grösse zu, da sich die Ein-
wohner des in der Hildesheimschen Stiftsfehde (1519) verwüsteten und nieder-
gebrannten Dorfes Gilgen oder Ilgen daselbst ansiedelten. 1598 und 1599
wurden zwei neue Glocken für 262 Thaler 18 Groschen gefertigt.
1625 zerschmetterte der Blitz den Thurm vollständig, üeber die Kirche
und deren Geräthe berichtet das Inventarium Ecclesiasticum des Ejrchenbuchs.
Pastor Steuerwald II, 1630—1679, schreibt darin, er habe bei seiner Ankunft
an Kirchengeräthen drei Messgewänder, darunter ein mit Bildern gesticktes, drei
Kelche, zwei Alben und den Zierrath des Aliars vorgefunden. Als nun 1631/3
und in den folgenden Jahren der Krieg in diesen Landen überhand genommen
habe, da sei die Kirche wiederholt gestürmt und geplündert und die Mess-
gewänder, die Alben, der Zierrath des Altars und die beiden kleineren Kelche
geraubt worden. Der dritte grosse, silbervergoldete Kelch mit silberner Patene,
woran ein vergoldetes Zeichen, wäre in Braunschweig verwahrt gewesen und
noch vorhanden. Als damals vorhanden zählt er femer noch auf eine
zinnernen Krankenkelch mit Patene, eine zinnerne Kanne, zwei Leuchter aus
Messing, einGefäss .von grapen guthe, gleich einem runden eimer, in welchem
der Küster das wasser in die tauffe treget'', drei feine, gut klingende Glocken,
ein grosses und starkes Uhrwerk, einen Altarkasten und Gotteskasten »mit
eisern vnd schlossern wol verwahret*. Der weithin sichtbare, weisse Thurm
habe ein sehr dickes und starkes Gemäuer und drei Böden. Die Kirche sei
„sub Papatu dedicirt in memoriam Sancti Udalrici*^, dessen Bildniss mit einem
grossen Christel auf der Brust in den Kriegsjahren weggekommen sei. Sie sei
für das Volk aus den drei eingepfarrten Dörfern geräumig genug, der Chor
gewölbt, mit genügend Fenstern versehen, aussen an den Ecken mit starken
Pfeilern von Stein gegen Wind und Wetter geschützt, habe starke Balken mit
doppeltem Boden, dazwischen die Balken liegen, sowie starkes Sparrwerk mit
einem guten Dache. 1653 erhielt die Kirche neue Fenster mit Wappenscheiben,
worin die Wappen des Superintendenten zu Burgdorf, des Amtsvogts zu Uten,
der Patrone, des Rittmeisters Hans Störr und seines Sohnes Doktor Störr; es
wurden die beiden alten Glocken und die zinnerne Taufe durch Ludolf Siegfried,
Bürger und Rothgiesser zu Hannover, umgegossen. 1658 wurde die grosse
Glocke gebessert, 1660 ein neuer Leuteboden angelegt und der Chor durch
M. Johann Behrens aus Peine bemahlt; und zwar erhielt der Meister «für die
zwölflf Apostell vnd Salvatoren, für das mahlwerck oben am gewölbe, vmb die
Fenster, vnd unten die gardienen, Pastors beide gestühlte, Juraten, Schulmeisters
vnd der Pastörschen gestühlte, item für das vergülden an der tauffe unten an
dem Zinnen '^ 53 Thaler. M. Curt Ossenkopf, Bildschnitzer in Hildesheim, lieferte
einen neuen Altar und Predigtstuhl. 1661 wurden das Dach und die Pfeiler
um die Kirche gebessert sowie letztere auswendig geweisst, 1662 der Thurm
geweisst sowie Kessel, Kreuz und Hahn vergoldet und .vermahlt*. 1671 sudite
dne Feuersbninst den Ort heim. 1699 wurde das vom Sturm verbogene
Wetterkreuz wieder aufgerichtet. 1702 wütete abermals ein Brand. 1722 wurde
eine kleine Orgel geschenkt. 1730 beklagte sich die Gemeinde, dass die Kirche
zu eng wäre und ein Neubau erforderlich sei. Die Designatio corporis Bonorum
vom Jahre 1734 giebt die Maasse des Gotteshauses an. Es hatte in der Länge
im Lichten 88 Fuss, in der Breite auf dem Chor im Lichten 20 und in dem
andern Theile 25 Fuss. Es wird als in gutem Stande befindlich bezeichnet. Die
Kirche besass damals drei gute Glocken, zwei silbervergoldete Kelche, einen
silbervergoldeten Oblatenteller, eine von »Grap* gemachte und mit Leder über-
zogene Oblatenschachtel, eine zinnerne Weinkanne und zwei Leuchter aus
Messing. 1748 wurde das alte Wetterkreuz durch ein neues ersetzt. 1753 schenkte
der Patron Philipp Adam von Hardenberg einen grossen silbernen, inwendig
vergoldeten Kelch mit vergoldeter Patene. Im Jahre 1784 wurde die alte
Kirche, da sie sich für die Gemeinde als zu klein erwies, abgerissen. Die beiden
kleinen Glocken wurden, da die grössere geborsten war, nach Hannover gebracht,
um aus beiden eine giessen zu lassen. Das neue Gotteshaus wurde 1788 geweiht.
1805 fertigte der Orgelbauer Hüsemann in Braunschweig eine neue Orgel.
1821 hatte der Ort durch Brand zu leiden. 1833 besass die 1785 neu gebaute
Kirche zwei fast gleich grosse Glocken, drei silberne, ganz vergoldete Kelche,
einen vergoldeten Oblatenteller aus Messing, zwei grosse Altarleuchter aus
Messing, zwei zinnerne Teller für dieselben und einen kleinen Kasten mit
zinnernem Kelch, Oblatenkapsel, Oblatenteller und Weinflasche.
Das Patronatsrecht, welches an dem adeligen Hof zu Rethmar haftet,
übten anfangs die Grafen von Wernigerode aus. Von diesen erhielten es die
Herren von Rutenberg zu Lehen, welche 1647 ausstarben. Es folgten bis
1727 die von Eltz, dann die von Hardenberg, und seit 1771 die von dem
Busche. Jetzt ist der Graf v. d. Schulenburg- Wolfsburg Patron.
Die auf Sandsteinsockel errichtete Kirche besteht aus Schiff und Westthurm. Beschreibung.
Das einfache, rechteckige, massive, weissgeputzte Schiff von 28,2 m Schiff,
äusserer Länge und 13,8 ra äusserer Breite hat Eckquadern, hölzernes Haupt-
gesims und auf den Langseiten je sechs flachbogig geschlossene Fenster mit
Sandsteingewänden und in der Mitte je eine flachbogig geschlossene Thür mit
der Jahreszahl 1785. Das Schiff wird von einer geputzten Schaldecke, welche
mit grosser Hohlkehle zur Wand überleitet, überspannt und zeigt hölzerne
Emporen auf allen Seiten. Das Satteldach ist im Osten abgewalmt.
Der drei Stockwerke hohe, quadratische, geputzte Thurm zeigt Sand- Thurm.
Steinsockel, Eckquadern und hölzernes Hauptgesims. Er enthält flachbogige
Oeffoungen und Kreisfenster und ausserdem auf der Westseite eine flachbogig
geschlossene Thür. Die Oefltaungen haben sämmtlich Sandsteingewände und
Schlusssteine. Der viereckige Helm ist mit Biberschwänzen eingedeckt.
Die hölzerne, aus einem höheren Mittelbau und zwei rundbogigen, mit Altar.
Thüren versehenen Seitentheilen bestehende Altarwand mit eingebauter Kanzel Kanzel.
6
-t-8 42 8^
Altarleuchter.
Glocken.
stammt aus der Zeit der Erbaumig der Kirche. Im Aufbau ist die aufgeschlagme
Biblia sacra zu sehen.
Die beiden Altarleuchter aus Bronze in spätgothischer AufiEassung mit
drei Füssen und einem walzenförmigen, durch einen Knauf getheilten Schaft
waren nach dem Kirchenbuch 1632 vorhanden.
Eine schöne gothische Glocke von 1,23 m Durchmesser und tadellosem
Guss trägt am Halse zwischen zwei Omamentstreifen in gothischen Kleinbuch-
staben die Inschrift:
© Anno dm m • cccccvui dar bi ghoedt Härmen Koster my vocor maria.
Auf der einen Seite des Mantels ist das Hochbild der Maria mit dem
Jesuskinde in der flammenden Mandorla, auf der anderen das Hochbild eines
Bischöfe mit dem Stabe und darunter das Rutenbergsche Wappen zu sehen.
Die zweite Glocke, ebenfalls von 1,23 m Durchmesser, zeigt zwischen
zwei schönen Omamentstreifen am Halse die Lapidarinschrift:
• Anno 1621 • Arendt von Wobersnaw • F • B • Obristr vnd Raht
mich in die Ehre Gottes gegeben hadt.
Auf der Mitte der einen Seite des Mantels befinden sich zwei erhabene
Wappen mit der Umschrift:
Arendt • von • Wobersnaw • Obrister.
und
Lvcia von • Bordtfeldt • S • F • H.
Auf der anderen Seite sehen wir das Hochbild des Paulus mit dem
Schwert und der Bezeichnung:
Pavlvs.
Ausserdem sind die vier Evangelisten mit ihren Sinnbildern dargestellL
Unter dem Omamentstreifen am Rande der 1623 gegossenen Glocke
ist der Meister Diderich Menten vermerkt.
Auf dem alten Kirchhofe befinden sich mehrere Grabdenkmäler aus der
denkmaer. Zeit um 1800.
Taufbecken. Ein schön geschnitztes, auf drei Füssen ruhendes, hölzernes Taufbecken
rührt aus dem Ende des XVIII. Jahrhunderts her.
Grab-
H a r b e r.
Kirche.
Litteratur: Leibniz, Scriptores remm Bmnsvicensinm ; Janicke; Sndendorf;
Doebner I, II, III, V, VI und YII; Urkundenbuch der Stadt Hannover; Lüntzel, die
ältere Diöcese Hildesheim; Regenten-Sahl 1698; Manecke II; von Hodenberg, Pagns Flut-
Wide, Lenthe^s Archiv VI; derselbe, Lttneburger Lehnregister; Mithoff, Kunstdenkmale IV;
derselbe, Kirchenbeschreibungen; Kay ser, Kirchen Visitationen 1897 Weber, die Freien bei
-HS 43 H-
Hannover 1888; Heise, die Freien; Kniep, die Freien vor dem Walde, Hann. Oeschichtsbl.,
3. Jahrg.; Schutze, GeacfaichtlicheB aas dem LUnebnrgiaoheo, 1877-
Qaellen: Urknnden des Kgl. StAstsarchivB za HannoTer; VeraeichnisB der Urch-
licben RnnstdenkmUer von 18d6.
Das im groseen Freien bel^^ene und ehedem wahrscheinlicb zur Geschichte.
Vogtei Hohenbameln gehörige Dorf hat bereits im Hittelalter ein Gotteshaus
gehabt. Es war der heiligen Katharina geweiht. Der Ort selbst war wohl
schon im XII. Jafarhondert vorhanden.
Nach dem Liber donationum ecclesiae c~'- -; . i^^- -^ ~L^2ZSlr^''~ "^ 'IZi^
Hilde^emensi factarum schenkte ~ ' ""
(Reinaldus Coloniensis Archiepiscopus
frater noster ■ • • ■ cum Praepositurae
nostrae fungeretur ofBcio', 1140—1161,
dem von ihm erbauten Hospital unter
anderem vier Hufen in «Herlbere*. Es
ist nicht ausgeschlossen, dass dieses
mit dem heutigen Harber identisch ist.
Das Dorf stand in einem besonderen
Abhfingigkeitsverhfiltniss zum Kloster
Wienhausen, welches bereits am 1255
daselbst begötert war. 1379 war Hilde- .
brand Pfarrer zu, Hertbere". DieOrts-
Daehrichten nennen als ersten Pastoren,
den man nach der Reformation zu nennen
weiss, Chr. Ludolphus Eöbler 1567.
Der dreissigjfihrige Krieg verschonte
auch Harber nicht. 1631 waren die
Kaiserlichen daselbst, töteten dreissig
der Einwohner, zündeten den Ort an ^^^ Kirch. i= H«b.r; flch^6ffnnng.n.
drei Stellen an und belf^erten das
Gotteshaus, in welches ein Tbeil der Einwohner geflüchtet war. Noch 1861
zeigte die sehr starke, eichene, mit dickem Eisen beschlagene ThOr die Spuren
der an ihr verübten GewalUhfitig^eÜ
Zu der Familie derer tod Harber ist zu bemerken, dass ein Luhtbertus
(Lrtbertus) de Hertbere als Zenge in einer Urkunde des Bisdiob Si^rfried vom
Jahre 1230 sowie als Zeuge in der die beiden Freien betreffenden Urkunde
des Bischofs Konrad vom 17. Februar 1236 vorkommt.
Das Schiff der Kirche, welches bei Mithoff beechrieben ist, wurde in
neuerer Zeit abgebrochen und durch einen Backsteinbau ersetzt. Der Thurm
blieb bestehen.
Der durch eine flachbogige Thüröffnung mit dem Schiff verbundene Beschreibung,
rechteckige, massive lliunn hat scharfkantig behauene Ecksteine und einen Thnrm.
achteck^en Helm. Der Sandsteinsockel zeigt eine grosse Schräge und das
Hauptgesims eine von der Mauer übei^ende Hohlk^e mit Platte, hi jeder
6»
H>^ 44 8^
^
Altarleuchter.
Glocken.
Grabsteine.
Kanne.
Altarievte
Seite sind zwei spitzbogige, gekuppelte Schallöffnungen mit einfacher Fase und
stark vorspringenden Nasen sichtbar (Fig. 6) ; bei den westlichen ist der Tfaeilungs-
pfosten nicht mehr vorhanden. Ein einfaches Fenster an der Südseite hat
dieselbe Ausführung.
Zwei gleichgeartete, 23 cm hohe Altarleuchter sind in der Fig. 7 wieder-
gegeben. Auf einem derselben ist die Jahreszahl 1556 angebracht.
Die 1,29 m Im Durchmesser grosse Glocke enthält am Halse zwischen
Riemchen und zwei Ornamentstreifen die Lapidarinschrift:
Friderich Lvdewig Avgvst von dem Bvssche • Oberhauptmann •
Otto Benjamin Lasivs • Svpperintendent •
Johann Joachim Nahrstedt • Pastor •
Lvdolph Heinrich Bvsse-Kvster vnd Schvlmeister •
Gegenüber auf der anderen Seite:
Hennig Weickopf • \
Johann Heinrich Bleckwen • '
Hennig Christian Bleckwen • Voigt •
Barnstorf Hennig Woltorf • Bavrmeister •
Am Gfdc^enrande ist von einem
Omamentstreifen unterbrochen zu lesen:
Joh : Heinr : Christ : Weidemann • goss mich
• Hannover • 1767 •
Die kleinere Glocke von 1,12 m
Durchmesser hat am Halse zwischen zwei
Omamentstreifen die Lapidarinschrift:
Otto Nahrsted Pastor
Darunter ist auf derselben Seite
in der Mitte zu lesen:
Melchior Bruclihorgen : Vogt
Wolbert Weinkopf \
Harman Bühren (
Kirchenjuraten
Flg. 7. Kirche in Harber ; Altarleaditer.
Die Inschrift am Rande lautet:
M : Thomas Rideweg gos mich in Hannover
Anno 1717.
Der Grabstein des 1726 gestorbenen Vogts Barnstorff Köhler steht auf
dem Kirchhofe. Oben sind zwei Wappen, darunter der Gekreuzigte und die
Familie des Verstorbenen zu sehen. Auf einem länglich runden, mit Ornamenten
umgebenen Felde befindet sich eine Inschrift. Der Grabstein des Bruno Heinrich
Woltorf, geb. 1605, zeigt in einer von Engeln begleiteten Bogennische zwei
knieende Figuren, eine männliche und eine weibliche, und darüber den
Gekreuzigten. Die Inschrift ist stark verwittert.
Die einfache Zinnkanne trägt auf dem Deckel die Inschrift:
• Hans • Carl •
• Brüchhagen •
• 1 • 7 • 3 • 8 •
-<^ 45 8^
Ein silbervergoldeter Kelch zeigt auf dem sechstheiligen Fasse einen Kelch,
aufgehefteten Cruzifixus und die Inschrift:
• Bruno • Heinrich • Woltorp • Altannann • Anna • Haarstrick s e H F Ao 1667
Unter dem Fusse steht:
• J • Ericus • Nohrius • Past • z • H •
Eine silbervergoldete Patene enthält die Umschrift:
• Tiele • Dorrtemann • Elisabeth • Bokelmanns • s • e • H • F •
H ö V e p.
KapeUe.
Litte ratur: Doebner II — VII; Sudendorf; Urkundenbuch der Stadt Hannover;
Yon Hodenberg, Marienroder Urkundenbuch; derselbe, Lüneburger Lehnregister; Janicke;
Lfintzel, die ältere Diöcese Hildesheim; Grupen, Origines et Antiquitates Hanoverenses;
Regenten - Sah] 1698; Manecke II; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Mithoff, Kunst-
denkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen ; Weber, die Freien bei Hannover 1898;
Kniep, die Freien vor dem Walde, Hann. Geschichtsbl., 3. Jahrg.
Quellen: Verzeichniss der kirchlichen Kunstdenkmäler von 1896.
Das im grossen Freien belegene Dorf ist von Alters her nach Uten Geschichte,
eingepfarrt, mit welchem es ehedem zum Archidiakonat Lühnde und demgemäss
zum Pagus Hastfala gehörte. 1360 erhalten Martin und Dietrich von Alten vom
Herzog Wilhelm drei Hufen ,to Houedem** zu Lehen. Gegen Ende des
XIV. Jahrhunderts, besonders aber im XV. Jahrhundert wird der Ort wiederholt
als Versammlungs- und Gerichtsstätte genannt. 1595 besassen die von Ruten-
berg einen Meierhof und den Antheilzehnten in Höver als von den Voreltern
ererbte Lehngüter.
Die massive, im Osten durch das halbe Achteck geschlossene, aussen Beschreibung,
geputzte Kapelle trägt auf dem westlichen Ende des Daches einen viereckigen,
auf den Seiten mit Steinplatten behängten Dachreiter, welcher mit einem
beschieferten Helm bedeckt ist. Ueber der spitzbogigen, am Sandsteingewände
mit einfacher Fase versehenen Eingangsthüre an der Südseite ist in gothischen
Kleinbuchstaben die Jahreszahl 1494 eingemeisselt.
Drei spitzbogig geschlossene Fenster, von welchen das mittlere zugemauert
ist, sind in den drei Chorseiten angebracht, je ein flachbogiges mit Schlussstein
▼ersehenes Fenster auf den beiden Langseiten. Die gerade Balkendecke ist
geputzt. Eine Empore befindet sich auf der Westseite.
Der gemauerte Altar ist mit einer überstehenden, abgeschrägten Stein- Altar,
platte bedeckt. Die hölzerne Altarwand mit eingebauter Kanzel stammt nach
einem über der Kanzelthür befindlichen Schriftstück aus dem Anfange des
XIX. Jahrhunderts.
Gemälde.
Glocke.
-^ 46 8^
Drei bemalte Füllungen — - wahrscheinlich ein Stück Emporenbrüstung —
aus dem Jahre 1658 zeigen die Geburt, die Kreuzigung und die Auferstehung
Christi. Sie sind im Innern an der Nordseite angebracht.
Die 51 cm im Durchmesser grosse Glocke trägt keine Inschrift, doch
zeigen die vier glatten vortretenden Streifen am Halse und das Profil am
Glockenrand die zur Zeit der Entstehung der Kapelle übliche Form.
Greschichte.
Uten.
Kirche.
Litte ratur: Origines Gnelficae; Sudendorf; Doebner VI; LUntzel, die ältere
Diöcese Hildesheim; Begenten-Sahl 1698; Manecke II; von Hodenbei^, Pagas Flntwide,
Lenthe^s Archiv VI; Bertram, Geschichte des Bisthnms Hildesheim; BOttger, DiOcesan-
und Gau-Grenzen; Mithoff, Knnstdenkmale lY; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Kayser,
Kirchenvisitationen 1897 ; Weber, die Freien bei Hannover 1898; Heise, die Freien; Kniep,
die Freien vor dem Walde, Hann. Geschichtsbl., 3. Jahrg.; Heraldische Mittheilnngen,
herausgegeben vom Verein „Zum Kleeblatt^ in Hannover, YIII. Jahrg., 1897.
Ueber die Familie von Uten siehe die Register zu Sudendorf; Doebner II — VIII;
zum Walsroder und Hoyer Urkdb.; Urkdb. der Stadt Hannover; zum Urkdb. des Stiftes
und der Stadt Hameln; der Stadt Lüneburg II; zum Lüneburger Lehnregister; zu
Havemantf; zu Pfeffingers Historie I und III; zu Köcher, Geschichte von Hannover und
Braunschweig 1648—1714, 1. Theil; zu von Hake, Geschichte der Familie v. Hake; siehe
femer Grupen, Origines et Antiquitates Hanoverenses, mit Wappenabb. auf S. 63, 66
und 880; Hefner, neues Wappenbuch des blühenden Adels, 1862, sowie das Personen-
register zu Manecke.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Kirchenchronik in
Uten; Yerzeichniss der kirchlichen Kunstdenkmäler von 1896.
Das Dorf Hten, welches als Vorort des in^ssen Freien eine Sonder-
stellung einnimmt^ gehörte mit den noch heute dorthin eingepfarrten Dörfern
Ahlten, Bilm und Höver ehedem zum Archidiakonat Lühnde und war im Grau
Hastfala belegen. Im Jahre 1240 erklärt der Herzog Otto von Braunschweig,
dass er von Konrad von Dorstadt drei Hufen in ^Iltene* erhalten habe. Hier
besass der Hildesheimsche Bischof einen sogenannten «Salhof. Es ist der
heutige Ziegenmeyershof. 1299 übertrug der Bischof Siegfried II. dieses «allodium*
zu „nten" (,Ylten') dem Konrad von Salder, dessen Gemahlin Hille und Erben
fQr 60 Mark Silber zu Lehen. 1406 ist von dem .kerspele to Uten*" sowie
von dem «Ganpelde to Iltem' die Rede. 1423 heisst es in den Hildesheimschen
Stadtrechnungen : „Dammanne vor gant mit der vorsten breve an ore voghede
to Uten, to Borchtorpe unde to der Nyenstad 5 s**. Als das Goding auf dem
Hassel bei Lühnde einging, wurde das Freiending nach Dten verlegt, wahr-
scheinlich gegen Ende des XV. Jahrhunderts. Lühnde blieb Hildesheimisch. Im
Jahre 1501 war Barlold Schemergen Vogt, der erste Vogt in den Freien, tb&c
-^ 47 ij^
welchen sichere Kunde kommt. Der erste evangelische Prediger war Johann
Hertens, welcher vielleicht 1534 nach Dten kam. 1565 schreibt der Küster:
,Ock js hire eyn Szeygher by myne tyt ghetuget, ouer derhaluen göre nichtes
by den denst gheledit*. 1595 besassen die von Rutenberg einen Meierhof
in nten.
Im XVII. Jahrhundert ging das Freiending allmählich in das Land-
gericht über, welches unter dem Vorsitz des fürstlichen Grossvogts zweimal
jährlich in Gegenwart der Freien gehalten wurde. Der erste Amtsvogt, welcher
seinen Wohnsitz in dem Amtsvogteigebäude nahm, war Wilhelm Schlüter,
1611 — 1619. Dasselbe lag an der Stelle des jetzigen Amtshauses, südlich von der
Kirche. Die Schrecken des dreissigjährigen Krieges machten sich auch in Ilten
fiM>ar. Im Jahre 1626 beschaffte die Gemeinde ein Kännchen, einen Kelch und
Altarleuchter aus Zinn; das goldene Geräth hatten im Jahre vorher Tillys
Schaaren geraubt. 1629 bekommt der Höver Schmied 1 fl. 16 gr., weil er die
im Kri^ zerschlagene ^Altarkaste' wieder gemacht. 1635 erhielt die Kirche
fünf neue Fenster. 1641 wurde sie von den Schweden geplündert und das Dorf
zur Hälfte niedergebrannt, darunter auch das Pfarrhaus. Eine besonders eifrige
Tbätigkeit entfaltete der Pfarrer Joachim von Broitzem, 1648—1683. Er
veranlasste den Bau einer Orgel. Dieselbe wurde 1652 durch den Meister Jonas
Wi^el aus Braunschweig an Ort und Stelle gebaut und kostete nebst drei
Priechen rund 700 Thaler. 1660 liess er die noch vorhandene grosse Glocke
durch den Meister Ludolf Siegfried, fürstlichen Stückgiesser zu Celle, im Pfarr-
garten umgiessen. Der Umguss kostete 198 Thaler. 1661 beschenkte der
Amtsvogt Georg Konrad Osthof, 1660—1674, den Altar mit zwei grünen, von
Laken überzogenen Bänken sowie zwei grünen Laken von gewässertem Tafft
mit schönen goldenen Fransen. Besonders reich wurde die Kirche im
XVm. Jahrhundert bedacht. Der erste Bülow auf Haus Ahlten, 1711—1744,
der Oberforst- und Jägermeister Carl Jakob von Bülow, schenkte ihr den
silbervprgoldeten Abendmahlskelch. Am 31. Oktober 1722 wurde der Grund-
stein zum heutigen Gotteshause gelegt; der alte Thurm blieb bestehen. Bei
dem Neubau sind 1724 die Grabgewölbe mehrerer Amtsvögte und anderer
Notabein, »als die alte Kirche ausgeräumt und darauf niedergerissen wurde,
soviel in der Eile geschehen können, mit Erde ausgefüllt und bedecket worden*.
In dem gleichen Jahre wurde die Orgel durch eine neue ersetzt sowie ein
neuer Altar gebaut. 1725 schenkte der Amtsvogt Hans Otto Freiherr von
Bülow, 1691—1725, der Kirche die Abendmahlskanne und die Hostiendose.
1731 schmückte der Maler Schultz aus Hildesheira die Decke und Emporen für
113 Thaler mit Gemälden. Im gleichen Jahre verehrte der Amtsvogt und
Oberhauptmann Wilhelm Johann von Reden, 1725—1751, das schwere, silber-
vergoldete Taufbecken. Zu seinen Zeiten wurde das Amtshaus, ein massives,
schlossartiges Gebäude, erbaut. Es trägt die Jahreszahl 1738 und eine steinerne,
allerdings entstellte Nachbildung des Wappens der Freien. Das ursprüngliche
Wappen ist vom Verein »Zum Kleeblatt* in Hannover heraldisch festgestellt: ,1m
rothen Schilde em aufrechter blaugezungter und blaubewehrter goldener (gelber)
Löwe. Auf dem Schilde ein Helm, der als Kleinod eine hohe goldene Blätterkrone
trägt. Die Helmdecke ist aussen roth und innen golden (geib)'. 1738 wurde der
zinaeime Becher gefertigt. Bei dem Einfall der Franzosen 1757 waren die Kostbar-
keiten der Kirche vermauert.
Flg. B. KItub« In UMn; Altftr.
Von dieäem Dorf hat sich die Familie derer von Uten benannt, welche
zu den ältesten Geschlechtem der Kalenbergschen Ritterschaft gehOrt. Als ni
frühest vorkommend wird Ulrich genannt in einer zwischen 1225 und 1247
ausgestellten Urkunde, dann 1234 und 1259.
Beachreibnng. Die Kirche besteht aus einem SchiEF und einem Westtbunn. Das in
Schiff. Bruchsteinmauerwerk errichtete, mit Eckquadern eingefasste, rediteckige, als
->^ 49 8^
Saalkirche ausgebildete Schiff hat einen abgeschrägten Sandsteinsockel, eine
bogenförmige, geputzte Holzdecke und in der Nord- und Südwand je vier mit
Schlusssteinen versehene, halbkreisförmig geschlossene Fenster. Zwei gegen-
äberliegende, in diesen Seiten befindliche Eingangsthüren mit vorspringendem
Sockel und Kämpfer tragen im Schlussstein die Inschrift «Anno 1723*'; über
den Thüren zeigt sich je ein rundes Fenster. Der im Osten mit drei Seiten
des Sechsecks geschlossene, um eine Stufe erhöhte und als Chor benutzte Theil
des Sdiiffes wird durch drei Rundbogenfenster erleuchtet; unter dem mittleren
Fenster befindet sich noch ein Eingang. Sämmtliche Oeffhungen sind mit
glatten Sandsteingewänden eingefasst.
Der rechteckige, aussen 4,50 m breite und 8,35 m lange Westthurm ist Thurm.
in Quadermauerwerk ausgeführt und hat einen achteckigen beschieferten Helm.
In der Westseite liegt die spitzbogige, mit gefasten Sandsteingewänden ein-
gefasste Thür. Bemerkenswerth sind die gekuppelten, rundbogigen romanischen
Schallöffhungen, von denen zwei an der Nordseite und eine an der Südseite
erhalten sind. Die Säulchen haben Basen ohne Eckblatt, Würfelkapitäl und
Sattelsteine. Im imteren Theile des Thurmes sind drei Schlitzfenster erhalten.
Oben an der Westseite kragt das Mauerwerk über und wird durch eine
Sandsteinhohlkehle unterstützt.
In den reichgeschnitzten, mit figürlichem Schmuck versehenen, hölzernen Altar.
Barockaltar aus dem Jahre 1724 (Fig. 8) ist die Kanzel eingebaut. Die Vorder- Kanzel.
Seite der letzteren trägt die Darstellungen von Petrus, Moses und Paulus. Ueber
dem Altartische ist in einer Nische das heilige Abendmahl geschnitzt aufgestellt.
Zwei ki*äftige gewundene Säulen mit Laubgewinden tragen das verkröpfte
Gebälk mit der Bekrönung. Die beiden über der Kanzel befindlichen* Wappen
enthalten die Unterschriften:
Johann Frantz Agnese Dorothea
Schmidt Meinerings
Seitlich befinden sich die vier Evangelisten mit ihren Sinnbildern und
zwei Durchgänge mit Thüren und schönem Schnitzwerk. Der Altar ist weiss
und vergoldet. Oben sehen wir den Auferstandenen mit der Siegesfahne. Das
Ganze ist ein prächtiges Beispiel des späten kräftigen Barock mit einzelnen
R^encemotiven.
Ein Gemälde an der Kanzelrückwand zeigt Jesus als Knaben im Tempel,
ein anderes in der Bekrönuiig die Kreuzigung; beide Gemälde sind auf
Leinwand gemalt.
Zwei schwere Barock-Altarleuchter aus Messing sind 44 cm hoch. Altarleuchter.
Ein Becher aus Zinn in lebendiger Form, mit vielen Namen trägt im Becher.
Deckel und unter dem Fusse je zwei Zeichen mit der Jahreszahl 1725 und
den Namen Just Ludwig Flegel.
Eine silbervergoldete Dose ist mit dem Bülowschen Wappen versehen Ciborium.
und der Inschrift:
H.O.F.V.B.
Auf der unteren Seite stehen zwei Zeichen, das springende Pferd mit
der 2^ahl 12 darunter und die Buchstaben J . P . M .
7
-^ 50 g^
Gemälde. ' Die Himmelfahrt Christi ist an der Decke dargestellt. 38 Getnälde
befinden sich an den Emporen der West-, Süd- und Nordseitß mid zeigen
Darstellmigen aus der Geschichte des neuen Testaments.
Glocken. Eine 1,26 m im Durchmesser grosse Glocke trägt zwischen zwei
Ornamentstreifen am Halse die Inschrift:
Psalm . C V I . y . XLVIII . Gelobet sey der Herr • der Gott Israel • von
Ewigkeit in Ewigkeit • vndt • alles Volck spreche : Amen . Halleluia .
Auf der Mitte der einen Seite ist zu lesen :
Im Jahre nach vnsers Erlösers Gebvrt • M • DG • LX • Haben zv Gottes
Ehren vndt Befoderung ihrer Seeligkeit die sämbtlichen Eingepfarreten
des Kirchspiels Uten diese Glocken vmbgiessen lassen.
lieber dieser Inschrift befindet sich ein erhabener geflügelter Engels-
kopf. Auf der anderen Seite sind die Namen der Vorstandsmitglieder angebracht :
H • Joachim von Bröitzem Pastor •
Hans Kracke • Jasper Engelke •
Stephan Bartels • Hinrich Kracke •
Samptliche Juraten-
Darüber steht ein gekröntes, verschlungenes C.L., von drei Engels-
köpfen eingefasst, und am Glockenrand die einzeilige Inschrift : ,Lvdolf Siegfriedt
gössen Anno Christi: 1660 im Monat • Jvlio ."
Die kleinere Glocke von 1,05 m Durchmesser zeigt am Halse zwischen
zwei Omamentstreifen die einzeilige Inschrift:
M : Thomas Rideweg goss mich in Hannover Anno 1725.
Auf der Mitte der einen Seite findet sich die Inschrift:
H.F.Prilop.P.T.Past
und auf der Mitte der anderen Seite:
Heinrich Rogge
Hans Joachim Wehler
Ernst Warmbolt
Valentin Füllekraus.
Am Glockenrande steht die einzeilige Inschrift:
Ich mus den Lebenden zum Gottes Dienste klingen und auch weni
leichen sind die Klage Lieder singen.
Sämmtliche Buchstaben sind Lapidare.
Grabmal Die in Empireformen ausgeführte Gedenktafel (Fig. 9) aus dem Jahre 1804
ist zum Andenken an den Amtmann Georg Christoph Noodt und dessen Gemahlin
Anne Lucie Juliane geb. Klapperott gefertigt und in die westliche Thurmwand
eingemauert.
Kanne. Eine Kanne aus Silber, vergoldet, hat auf dem Deckel das Bülowsche
Wappen und an den Seiten die Bezeichnung:
Anno H 0 F V B 1725.
Unter dem Fuss sehen wir als Zeichen ein Kleeblatt und die Buch-
staben H J B (?).
• '*'io J^X ••*
Auf dem Fusse eines Kelches ist ein erhabener Grucifixus und ein Kelche.
Wappen mit der Umschrift
Carl Jakob • T • Bühlaw von Hause Ahlten.
ausbracht.
Er trägt als Zeichen ein springendes Pferd mit der Zahl 12 und die
Buchstaben J . G . 6 .
Ä^i|»AV4VirA
Flg. 9. Kirche In Uten; OedenktafeL
Der zweite (grössere) Kelch zeigt theilweise geriefelten Knauf und unter
dem Fusse die Inschrift: .59 Loht mit der Patein*.
Kelche und Patenen sind aus Silber hergestellt und vergoldet.
Die Orgel stammt aus dem Jahre 1724. Orgel.
Das inwendig vergoldete, silberne Taufbecken hat auf der Unterseite Taafbecken.
«ein Wappen mit der Bezeichnung :
C.F.v.R.
1731.
und darunter als Zeichen ein springendes Pferd mit der Zahl 12 und die
zusammengezogenen Buchstaben MB.
7*
-1-8 52 i^
Immensen.
Kapelle.
Litteratnr: Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim; Kegenten-Sahl, 1698;
Manecke II ; von Hodenberg, Pagus Flutwide, Lenthe^s Archiv VI; Mithoff, Kunstdenkmale lY;
Neues Vaterl. Archiv 1823; Braunschw. Anzeigen 1751; Böttger, Diöcesan- und Gau-
Grenzen; Bertram, Geschichte des Bisthums Hildesheim I; Kayser, Eirchenvi8itationenl897;
Heise, die Freien, Zeitschr. d. hist. Ver. f. Nieders. 1856; Weber, die Freien bei Hannover 1898;
Uhlhom, die Kirche in Kirchhorst und ihre Kunstdenkmäler, Zeitschr. d. hist Ver. für
Nieders. 1899.
Quellen: -Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Kapellenrechnungen im
Schulhause.
Geschichte. Immensen, woselbst vormals die Grafen von Wernigerode begütert
waren, gehörte ehedem mit Steinwedel, wohin es noch heute eingepfarrt ist,
zmn Archidiakonat Sievershausen und zum Gau Flutwide. Im Jahre 1341
verkaufen die von Escherde denen von Gadenstedt das Dorf Immensen.
1355 trennten sich Immensen, Steinwedel und Aligse von Burgdorf, zahlten
3^ Mark löthigen Silbers und weihten die neue ^rche den Heiligen Nikolaus
und Petrus. Die Zahl 1355 ist Jedoch mit Vorsicht aufzunehmen, da die Kirche
zu Steinwedel bereits 1302 und ein »Tldericus plebanus in Stenwede* 1307
genannt werden. Ein Gotteshaus besass der Ort bereits zu Beginn des XV. Jahr-
hunderts; denn 1414 wurde »nach Ausweisung des Ecksteins^ der hinterste
Theil der Kirche angebaut. Ob dies dieselbe alte Kapelle (von Holz?) ist,
welche einem Aktenstück zufolge bereits vor 1526 gestanden und in den
Jahren 1769/70 durch einen Neubau ersetzt wurde, sei dahingestellt. 1655 wurde
die Kapelle dem Kunstmaler M. Johann Olpke aus Solshausen für 60 Gulden
verdingt, »dieselbe aufs Künstlichste mit schönen Historien von Oelfarben zu
vermählen*. 1671 verehrte Henni Hampenfrawe in Aligse (Alesze) den zinnernen
Napf zum Taufstein. 1675 wurde ein kleiner Krankenkelch geschenkt, 1686 der
Kommunionskelch gegen einen grösseren mit Hinzuzahlung von vier Gulden
einem Groschen vertauscht und 1691 eine zinnerne Weinflasche für einen Gulden
einen Groschen gekauft. Ein Inventar der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts
zählt an Geräthen auf: zwei grosse messingene Altarleuchter, von Ludeke Henke
zu Burgdorf geschenkt, drei weissleinene und ein buntes Altarlaken, zwei Kelche
verschiedener Grösse mit Patenen, einen Krankenkelch mit Patene, zwei zinnerne
Weinflaschen verschiedener Grösse, einen Klingelbeutel, sowie auf dem Thurm
zwei Glocken, eine grosse und eine kleine, nebst der „Seigerglocke*'. In den
Jahren 1769/70 erfolgte dann der Neubau, welcher 1771 geweiht wurde. Die
Kosten des Neubaus ; von der Kapellenkasse getragen, beliefen sich auf
1540 rthlr. 20 Groschen. Die Uhr der alten Kapelle .wurde in die neue verlegt.
Grundriss, Aufriss und Querschnitt der Kapelle sind noch vorhanden. Vor der
Wiederherstellung 1900 war der alte Theil der Kapelle 15 m lang und 8,30 m
->^ 53 g^
breit, einschiffig, rechteckig mit einfachem Sockel, hölzernem Renaissance-
Hauptgesims und Eckquadem versehen und hatte eine auf Holz geputzte flach-
bogige Decke, auf der Nordseite und auf der Südseite drei flachbogig geschlossene
Fenster mit massiven Gewänden. Der Eingang lag im Westen : Emporen befanden
sich an den Langseitea-und der Westseite. Das Satteldach trug einen jv£stlichen
bescfaieferten Dachreiter mit geschweifter Spitze und Wetterfahne. 1771 lieferte
der Tischlermeister Cordes für 74 rthhr. 24 Groschen einen neuen Altar mit
Kanzel. Der Glasermeister Düsterdich erhielt für , Vermahlung und Uebergüldung''
des Altars 38 rthhr. 12 Groschen. 1785 wurde die vom lÜirmacher Bussmann
aus Wettmar für 85 rthhr. gelieferte Uhr aufgestellt. Das Inventar von 1789
zählt an Geräthen auf: einen silbernen Kelch, zwei kupferne Leuchter, ein
blaues und ein weisses Laken. 1824 wurden vier Dachfenster angelegt. Die
Kapelle erhielt vor etwa 30 Jahren durch C. W. Hase einen halbkreisförmig
geschlossenen Chor in romanischen Formen und wurde im Jahre 1900 durch
Professor E. Mohrmann durch Anbau eines zweiten Schiffes und eines Thurmes
zur Kirche umgewandelt.
Das Patronatsrecht übten bis in das Ende des XIX. Jahrhunderts die
von Gadenstedt zu Gadenstedt im Kreis Peine.
Der 1771 vom Tischlermeister Cordes angefertigte Altar besteht aus Altar,
einem Hauptrahmen, welcher von zwei glatten Säulen begleitet wird. Der mit
Schnitzwerk ausgefüllte Giebel trägt in der durchbrochenen Spitze einen gleich-
zeit^n Crucifixus.
Die beiden Altarleuchter aus Messing zeigen gothische Auffassung. Der Altarleuchter.
walzenförmige Schaft ruht auf drei Füssen und wird in der Mitte durch einen
Knauf getheilt.
Die 57 cm im Durchmesser grosse Glocke trägt zwischen zwei Ornament- Glocke,
streifen am Halse die einzeilige Inschrift: «Anno 1557 Jar do goth mich Hans
Pelckinck in Hildensheim das ist war*. Auf dem alten 1900 entfernten Glocken-
stuhl befand sich die Jahreszahl 1769.
Darunter befinden sich vier runde Siegel.
Die schmucklose Altarkanzel, welche einem neueren Oelgemälde hat E^anzel.
Platz machen müssen, wird im Schulhause aufbewahrt.
Ebendort befindet sich die alte Wetterfahne mit der Jahreszahl 1769. Wetterfahne.
Isepnhagen.
Kirche. ErhhegrähnlBs. Wohnhaus.
Litteratur: Doebner III und VII; Sudendorf II, III, V und X; Wippennann,
Bukki-Gau 1859; von Hodenberg, Lüneburger Lehnregister; derselbe, Pagus Flutwide,
Lenthe*8 AtcMt VI; Havemann; Manecke II; von Bennigsen, Beitrag zur Feststellung der
DiGcesangrenzen, Zeitschr. d. hist Ver. f. Niedere. 1863; Regenten - Sahl 1698; Kayser^
KiTchenvisitationenl897; Bertram, Geschichte des Bisthums Hildesheim I; Böttger, DiOcesan-
I
1
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4md£^au-QreföeQ(! HnliiKh^ Q^schveEbimi^ dksfBiBthumsrMindeA*^ Mithoff^ Kunstdiettkmale lY^
.^eraelbe, Kirchen^^chreibai]^0ii ; ]^9fnecke) ^ Nachrichten ^ ^ur V org^sthichte d^s Kircbspißlß
Qu ^11^,1^: Akten d^s Kgl. St9^t^arc)iiv8 z.u Hajiiio,yer;|' Verzeichnis^ der kifch-
liche^ 'Künstäenkniäler von 1^9^. . ,.V ,„ * ,"!'^ ~ •
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Geschichte. . : r ' jsemha^en^} 'östlich^ der Wietze lifil 'Pagus f^lutwid^ i)eleitpe^i "^^ ehedem
eioftr der 6ireni:orte;^dei3 Btethüsofs Hildesheiin^ gegen d^'Bisthum Mindeii. Das
Dorfi^t seiner LäQj^i^v^en in^tS^ Bauerschaften getkeiltV von welken die
Eircher Bau^ischaft dels GoUöshaifö' enthält j hi der Fairster Bauerschaft befaiid
sieh ^näohüManecke v^^hiicüb' einfFt^ehst^^ 'UlM^2i^hMflr^^ der Laiff^ereck ttnd
Tlot Er&ffimng^ des' Harzies^Ualsoi vordeii^rRegierungs^^ilitie Vo^l^ (t 93^j
ein ..berühiÜtet lEisensteiabrueb.-'^ Seri^Ort, wo niall vor' Zeiten^ daä> -Eisen
jDehandeUilund' die Brändtiütte gestanden hat, ih^st ;die Bi^i^Hde^. Dfe
Kirche ist isiun! Theil aus dem dort gewonneneti ^ Rias^^eiäetlst^ib aufgeführt^
und auch der Name des Ortes wird damit zusammenhänget!; Im JäÜke 1353
'örkläiirdeeL Ritter. TöHana^PiökaiiJäfiiäassi^ Mn gehörige Zehnte^ »vppe deme
Ysemehaghene*' nach seinem Tod^d^ Uerz<^Wiltitdft^vbb'Bräld9yhW und
. lainebürg uhd däsisen ^beir oider NaxMölgerh anhlähify[4n ^ölte, und 1358l)ekundet
Dietrich SdiÜette^^Kä^^enmeister dei Letiterön^^^öili diesem den »Meygk'h'of ^^pe
demi^rsernehagUenfel^auf iLeb^29stt eibaltieii .zu haben/ AW erster lutherischer
Prediger wird 1534 Hinrick Traphagen genannt. Das noch gültige Kttiehensiegcä
\ ml! deraiahreszkhll5Ö7(trägt\da6^i]d der Mariärlntit^^^ wacher die
Kirche. gewieMi*ar.U • ' 'v; Um i-.- .' Li-' '..'ti l'.in L ■.:; t.i;' -..lir* :-[nv/
1654 wird ,bey verrichter Kirchennvisitation '^ verordnet, dass die^iobeiSte
; Prittch€roSier:;^'Bohrkirche'^,dasieJi[vnMtz,^3miät^^
dieFüntersteriPi^che ^al>er erweitotuddii.ifaiSftirlichier'' gebaut wtkHk, iäödäss'die
StäilideVonifaiÄteQ erhöht ^irördltti^ damit' ilifier öbet^^ den ^atide^^^^ die ß^
I hinab sehen könne. Femer solle die 6emeinde^^Läl^'j%tadt deisä vnaiisebnlichenn
] altenn* ein neues Crucifix anfertigen ItfSileili '46b5 iKmrde^ile Mauet^'zwischen
! \. der Sakristei und: dem rLeichtlaus&^iz6r^£rw)^to^^ w^enommen.
I 1660 findet sich m der Jldsgttb^I die Notiz t'^lM«. VVyfE'des'goHsi^hmtd^ gese^n
' . dem iteäi.vom^el<äXöLGtold^) *czaMet^. ^^^M^ ,ge-
^ hauenen Steinen übersetzt*^ und mit vollständig neuem Gestühl ausgestattet
^ 1672 schenken der wohlhabende Gamhändler Heinrich Wismer und Margarethe
Behrens den Altar. Cordt Ochsenkopf hat ihn gefertigt (sculpsit), Hans Behrens
' bemalt (pinxit). Das Ältargemälde, darstellend die Grablegung Christi, ist 1819
i gemalt. Die von der Ilse Wedekinci 1690 gestiftete, inwendig ganz, aussen zum
Theil vergoldete Kanne ' wurde «ammt Oblatendose und vergoldetem, durch-
brochenem Löffel 1784 gestohlen. . Wahrscheinlich 1703 wurde auf der Südseite
die Sakristei angefugt. Die 705 erbaute, 1749 und 1777 gebesserte Orgel, welche
\ ursprünglich an der Nprdseite lag, erhielt 1820 ihren J€/lrigen Platz. 1715 goss
M. Thomas Riedeweg in Hannover die eine der grossen Glocken um, ein abermaliger
Umguss fand 1750 durch den G^ockengiesser Jofa. Henr. Gust. Weidemann statt.
1751 barst die grössere, von Riedeweg 1721 gegossene Glocke. Sie wurde 1753 von
-H; 55 iH-
(tohann Meyc^r in Gelle umgegossen. 1777 wurde die kleine geborstene Glocke durch
Peter August Becker aus Hannover umgegossen und 1861/62 abermals vom Glocken-»
giesser Dr^er in lindem 1765 wurde eine Tbürmuhr angeschafiFt.^ Das Corpus
bonorum vom Jahre 1776 giebt uns Aufschiuss über den damaligen Zustand der
Kirche: Der kleine Chor war gewölbt, dias übrige Gebäude mit Balken über«^
zogen und unterwärts mit Dielen bekleidet. Eine schadhafte Orgiel war an der
Seite aufgestellt, der starke Thurm: aus Eisensteinen aufgeführt Es waren .
zwei grosse Glockea und eine Uhrgloeke vorhanden sowie eine kleine Glocke,
am das .Signal'^ zum Anfang des Gottesdienstes zu geben, ferner eine Schläguhr.
Die Kirche besass ein altes Siegel mit einem Marienbild, welches unter die
flhestilluhgen gedHickt "würde. An Geräthen werden genannt : ein grossier
silbervergoldeter Kelch mit vor Kurzem vergrössertem Pokal, ein kleinerer
ebensolcher Kelch, ein kleiner ebensolcher Krankenkelch mit einer kleinen
silbervergoldeten Oblatenschachtel, eine grosse silberne Oblatenschachtel, eine
.ansehnliche' silberne, inwendig ganz, . auswendig etwas vergoldete Altarkanne,
zwei wohl ausgearbeitete englische Altarleuchter von Zinn, zwei messingene
Altarleuchter nebst zwei Armleuchtern, eine messingene Lichterkrone, ein
grosses zinnernes Becken, ein kleines messingenes Becken zum Taufstein und
mehrere alte, nicht mehr gebrauchte Altargeräthe von Zinn. Ein weiterer Kelch
nebst Oblatendose und Teller zur Sakramentsaustheilung wurde 1819 angeschafEt.
Die aus Ortsteinen erbaute Kirche besteht aus Chor mit einem Beschreibung.
Erweiterungsbau im Norden und Sakristei im Süden, Schiff und Westthurm.
Das rechteckige, geputzte Schiff von 14,9 m äusserer Länge und 11,2m Chor.
Breite wird durch einen kräftigen, spätgothisch gegliederten Triumphbogen mit Schiff,
dem aussen 7,2 m langen und 9,4 m breiten Chor verbunden. Das Schiff wird Sakristei.
im Innern durch eine bogenförmige, geputzte Bretterdecke, der Chor durch ein
Kreuzgewölbe mit Hohlkehlrippen abgeschlossen. An der südlichen Chorseite
sind die beiden, zur Aufnahme der Rippen dienenden Eckkonsolen noch erhalten.
Auf der Nordseite des Schiffes ist eine spitzbogige, gothische, mit Bimstab
profilierte Eingangsthür mit rechteckig herumgeführtem, gothischem Gesims
angeordnet. Ebendort befinden sich drei mit Pultdächern abgedeckte Strebe-
pfeiler. Vier ähnlich behandelte Strebepfeiler stützen die Südwand und zwei
^weitere, diagonal gestellte die östlichen Chorecken. Auf allen Seiten sind
hölzerne Emporen angebracht. Die ältesten Fenster sind spitzbogig und lassen
<lie Ansätze des in Sandstein gehauenen spätgothischen Maasswerks, welches in
der äusseren Mauerflucht lag, noch deutlich erkennen. Einige kleinere Fenster
sind theils geradlinig, theils flachbogig geschlossen. Der Sockel zeigt eine
grosse Fase aus Sandstein. Die steilen gothischen Ostgiebel von Schiff und
Chor tragen je einen Sandsteinknauf. In der Spitze des Chorgiebels ist eine
Dreipassöffnung zu sehen. Auf einem Strebepfeiler der Südseite sind noch
Theile einer in die Quaderung eingeritzten Sonnenuhr erhalten. Eine weitere,
auf einer Simdsteinplatte angebrachte Sonnenuhr trägt die Bezeichnung:
Anno 1[8]06
J. F. W.
F. A. Z.
— « 56 S«-
Der massive Erweiterungsbau auf der Nordseite bt mit dem Chor durch
eine halbkreisförmig geschlossene Oeffimi^ veri)unden und hat eine spitzbogige
Eingangsthür, deren jetzt geputzte grosse Schräge die alten Profile verdeckt
Zwei gekuppelte, profilierte Fenster mit Sandsteingewftnden sind in Fig. 10
wiedergegeben. Die auf der sQdlichen Chorseite angebaute Sakristei ist ein
schlichter Fachwerkbau aus dem XVm. Jahrhundert.
Der rechteckige, geputzte Thurm von 9,4 m äusserer Länge und 11,2 m
Breite trägt einen in das Achteck übergeführten, mit Mönchen und Nonnen
gedeckten Helm. Auf den vier Seiten sind oben grosse spitzbogige Oeffnungen,
welche innen und aussen den dreinjal zurückgesetzten, aus Backstein gearbeiteten
Viertelstab zeigen, angebracht. In derselben liegen vertieft je zwei kleinere
Flg. 10. Klrdia In iMmtusea; PensUr.
spitzbogige, gekuppelte Oeffbungen und darüber eine runde, an einer Seite
tüdbrunde Oefihung, sämmtlich in roher Ausführung. Unten sind mehrere
rechteckige, schmale Oef&iimgen, von welchen einzelne mit dem Kleeblattbc^^en
geschlossen sind, sichtbar. Die spitzbogige Thür auf der Nordseite veii>irgt
unter der jetzt geputzten grossen Schräge die alten Profile. In die Westwand
sind vier gothische Ereuzsteine eingelassen.
Im untern Theile der Ostwand ist inwendig eine spitzbogige, tiefe Nische
vorhanden; auch sind hier die Widerlager zu einem Kreuzgewölbe bemeiUwr.
Zwei Blocktreppen, von denen eine mit genagelten, die andere mit au^edollten,
dreieckigen Stufen versehen ist, befinden sich auf dem Glockenboden.
-o!8 57 8^
Der gemauerte Altar trägt die sehlichte hölzerne Altarwand in Barock- Altar,
formen mit dem aus dem Jahre 1819 stammenden Altargemälde, welches die
Grablegung darstellt.
Eine 1,37 m im Durchmesser grosse Glocke hat zwischen zwei Ornament- Glocke,
streifen am Halse eine einzeilige Inschrift. Auf der Mitte der einen Seite ist
zu lesen:
Andacht . Traver . Noth vnd Frevden .
Zeich ich an mit meinem Schall .
Gott! Yersvsse bittres Leiden,
Wen ma mich hört . vberall .
Die Mitte der anderen Seite trägt die Namen der damals amtierenden
Personen sowie die Jahreszahl 1753. Am Rande ist der Giesser Johann Meyer
aus Celle vermerkt.
Eine Lapidarinschrifl auf dem Holme des Glockenstuhles lautet: Glockenstnhl
M.Lindeman.So oft ich hör den Glockenschlag das ich mein Ende
1716 betrachten mach.
An der Südseite des Schiffes ist der schöne Grabstein des 1669 Gral)8teine.
gestorbenen Wöhler Wöhlers aufgerichtet; um. drei Wappen in der Mitte
gruppiert sich eine vielzellige Inschrift.
Der Grabstein des Jordan Witte auf dem Kirchhofe zeigt in der Bekrönung
den Gekreuzigten und darunter eine betende männliche Figur; der Verstorbene
wurde, wie die Grabinschrift erzählt, am 29. November 1633 zur Mittagszeit
in der Hausthür seines Nachbars stehend von einem Soldaten ohne irgend
welche Ursache erschossen.
Einige einfache Grabsteine aus späterer Zeit sind ebenfalls auf dem
Kirchhofe aufgestellt; jedoch ist es unverkennbar, dass zu einzelnen Steinen
ältere Platten verwandt wurden, da dieselben in der Bekrönung die Formen
des XVII. Jahrhunderts aufweisen.
Die einfache, zum Theil erneuerte Kanzel zeigt die Formgebung der Kanzel.
Spätrenaissance.
Ein silbervergoldeter Kelch mit Patene zur Krankenkommunion hat auf Kelch,
dem runden Fusse die Lapidarinschrift: ,Hans Hanebut 1695''.
Ein weiterer zinnerner Kelch mit Sechsblattfuss, kugelförmigem Knauf
und oben geschweiftem Becher trägt unter dem Fuss ein Zeichen (Engel). Die
Patene mit der Jahreszahl 1750 hat ebenfalls ein Zeichen auf der Unterseite.
Das runde, mit der Jahreszahl 1587 versehene ESrchensiegel ist heute Siegel,
noch im Gebrauch; es hat in der Mitte Maria mit dem Jesuskinde und die
Lapidarumschrift : .Provisor • eccles . in • Isemhagen*.
Der schöne, sechseckige, 1,04 m hohe, in neuerer Zeit ausgebesserte Tanfstein
Taufstein (Fig. 11), dessen Schaft von drei Engeln in tragender Stellung ver-
ziert ist, zeigt auf den Feldern des Beckens die vier Evangelisten mit ihren
Sinnbildern, die Taufe des Herrn durch Johannes imd ein Wappen mit der
Bezeichnung :
Anno 1654
Anna Halberstat.
8
■■ i-i- Die Fortsetzung der Schrift auf dem anderen Felde lautet:'
' ' - ■■" ^ ' ' • "''Tonies Greten.W. '
Oben auf dem Becken. steht: .NB".
). ' " ' . Das massive Erbbegräbniss der Familie Von Hattorf aus dem Ende, des
Xviir. Jahrhunderts, vor der Westseite des Thiirmes gel^n, ist in neuerer
Zeit ausgebessert. In die ThQrt)ekr&nung ist daS' Wappen der Familie eiti-
gelassen.
Fig. II. Kirche In iMmhaseii; T*u(U«iD.
Äp einem Fachwerkhaus, dem ehemaligen Pfarrwittwenhause, neben
der Kirche n^t, äberge;etztem Obergeschoss und Giebel bemerkt man einen
Spruch auf der Setzschwelle, zwischen d^a Balkenköpfen starke Füllhölzer und
über fler Rundbogenthür die Laptdarinschrift :. ,M. D. Depken . Anno . 1691'.
Im Innern ist eine schöne Treppe in kräftigen Barockfomien mit gewundenen
I)o.(;ken erhalten.
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. Litteratur: Ltj^tzol, dJQ ^Itjere Di^e^e^r JÜWßsheipi; Regepten - Sahl 1698;
Manec'ke II; ^er1^a,m, Geschient^ des Biathiima ^i^ilesiieim'l;. Kayäer, "^^irchenvisitationeu
1897; Böttger, IMöcesai-^uid'Öati-Gr^zeti; SÖhifei<4^^^ landwirtÄsibäftiiche BeBchreibtinf^
der Dorfdchafi Kirchborst, Neues HAimoy. Mkigäri^in ' 1807 ; Neb^ vatetk • At^bi^ 1828^,
Wolff, ,alte: WaQdmülefeien in .der ÜCii^be yw ^ttkhoxity Denkmülp^oge I; 'Waiäiecke,
Nachrichten,|Z^r Yorjge^clfifhte des Elirchspiels Isemha^u 18|^; Mithoff,' Konstdenk^
male IV; derselbe, Kirchepbes^hreib.i;ngen ', Ram^oh^, jiiri^tisch^ ^fthrungeu.ÜI; vou
Hodenb'erg, Paguß Flut^vta^, LenUie^s ArcJii^'Yl; derselbß, Calenb^^er jlTrliundeiibucli V;
ühlhom, diV^Kirche iii^ÖrfctfWrst und ihte' KunstÄeiiSmäler; ^etteöhr/'ä. bist VeJr. ftt*
»ieders., 1899: ^ ' '' • iv; •:. .^Z [r- [ tj j:I ^'10/ 'Y hrri-^^rr-r^'-iu / '.T - '.
Quellen: Uf ku^)l des Kgl. SUatüiäi^cbiivs zu Hannover'; 1 Verzeiehniss der' kfrek^
liehen Kün8tdQnkniSJei:nröÄ;]1896,:' .. 'i \ i ! ■■ \-' - .1
r ,
Kirchhorst gehörte ehedem mit Gross-Horst, Alten- Warmbüchen, Stelle Geschichte,
und Lohne (Ziegelei), welche sämmtlich noch heute dorthin eingepfarrt sind, zum
Archidiakonat Sievershausen und war im Pagus Flutwide belegen. Von Alters
sind die Herren von Gramm Patrone. Vermuthlich hat der Ort bereits
im Xn. Jahrhundert ein Gotteshaus besessen. Dasselbe hatte in der
Mitte der Westseite eine Thür; geradlinigen AbscMuss im Osten, eine gerade
Balkendecke und in der Nord- und Südwand je drei ungefähr zwei Meter
über dem Füssboden vbefindliche kleine Fenster. Im Jahre 1329 lösten sich
die Dörfer Horst, jetzt kirchhorst und Grosshorst, Stelle und Alteh-Warmbüchen
von Burgdor^ los, zahlten dem heiligen Pankratius zwei Mark reinen Silbers
und bauten zu Horst ein eigenes Gotteshaus, welches sie dem St. Nicolaus
weihten. Die äussere -Veranlassung zur Lostrennüng gaben die Herren
von Gramm, indem sie zwei durch Aussterben ihnen zugefallene Höfe in der
Horst, welche vermuthlich vormals das Rittergut Horst bildeten, zur Dotation
der Kirche, Pfarre imd Küsterei schenkten. Nach erfolgter Lostrennung wurde
die vorhandene Kapelle zu einer Kirche ausgebaut. Es wurde der Ghor angefügt.
Die Aussenw&nde deß Sphiffes wurden um etwa 1 m erhöht« das 3chiff selbst
mit drei Kreuzgewölben geschlossen, die ursprünglichen, kleinen Fenster in
grosse, gothische Fenster umgewandelt und mit Backstein-Maasswerk versehen.
Fj*' '"'f r,i--
Die Reformation^ wrfr um '5540 waht*^cJSemlich ächon eingeführt^ der - ei:ste
lutherische Prediger' 'war Bartoläüs Poipp^.' 1588 wurde oer kleine silberne
Krankenkelch furf- 4 rthlr. 5 Groschen gtekäüff[ 1589 eine -KanzeFgaautf /Sie
stand auf dem JSiltat' de*^ Sti^ ' Nicolaus am Triumphbogen.-^ D^-j4tzig6 hölzerne
Thurm wird 1594 erwähnt und 1608 eine zinnerne WeinKanne für 1 Gulden
8 GroscheI^angeschäfft^ ' ^' ^ •
Dei"'*dreissigjähHi?e Eri^g mit seinem Unheil ging^ch än'Erchhorst
nicht sptorlos v^iräber; -Ifa/ Jahre 1626 raubten die Kaiserlichen die *1 622 gekaufte,
mit dem biscli^ich förstlich^n Bilde geschmückte Kirchenbibelj nahmen die AÜar^
lichter niit foi^t üiid ei4)rächen den Kirchfenblock. Von der 'Kirche ist in diteem
8*
Jahre als einer .zerbrochenen* die Rede. 1632 plQnderte das .Pappenheimbsche
EriegsToli* die Kirche, erbrach den Eircbenblock und zerschlug das Haasswerk
der Fenster und die Glasmalereien. Holz vom Kirchthurm ward zum Feuer
benutzt. 1641 plünderten .die Schwedischen aus dem Lager für Wolffenhöttel*
abermals die Kirche. Die Einwohner flohen im Herbat dieses Jahres nach Hanoorer.
1661 wurden die Wandmalereien überweisst und 1662 emfache weisse
Fenster statt der im Kriege zertrümmerten bunten eingesetzt. 1664 wurde
eine neue Prieche an der Nordwand des Schiffes angelegt. Beim Umbau
der Kirche fand sie als Wandtäfelung in der Sakristei Verwendung. Ein
Tischlermeister aus Bui^orf hatte sie gefertigt. In den Jahren 1676 bis
1678 wurden Steinplatten in den Gängen und auf dem Chore gel^ft, sowie
ein neuer Beichtstuhl auf diesem gebaut. 1678 wurde der Chorraum bis an
die Triumphbogenwand voi^erückt und erhöht, sowie der Altar mit einem
neuen Altarblatt au^estattet. Es ist von Andreas Cortnum, Bürger, Ratbsherr
und Knochenhauer -Amtsmeister in Hannover, und dessen EhefVau Cathaiina
Flg. It. Kirch« 1d KlrchhorBt; obarer Orandrlu vor der WledsrhantelloDB.
geb. Düsterhof gestiftet. Die Schnitzarbeiten stammen von dem Haimoveiscfaen
Bildhauer Daniel Bartels. Die Seitentheile gingen 1774 bei der Umgestaltung
des Altars verloren. 1679 wurde die Kanzel abgerissen, der Altar des
St. Nicolaus beseitigt, von der Pastorin Falkenhagen, geb. Bokelmann, der
Taufengel verehrt imd die im unteren Ende der Kirche nach Westen stehende
Taufe entfernt 1678/79 wurde das Gestühl im Schiff gebaut. 1774 wurde
eine kleine altgekaufte Oi^l aufgestellt. Um Platz für dieselbe zu gewinnen,
wurde durch den Chor eine Prieche angelegt. Von dem Cortniunschen Altar-
blatt blieb nur der mittlere Theil mit der Auferstehung erhalten, welcher aber
auch zugleich als Stütze für die darüber befindliche Prieche dienen mossite.
-*^ 61 S«-
Das südliche Ghorfenster wurde erweitert, die nördliche Chorwand nach der
Sakristei hin durchbrochen und hinter dem Altar eine Thfir zum Aufgang auf
die Prieche geschaffen. 1775 eiiiieltea die Eirchhorster einen ansehnlichen
Theil von dem hinter ihren Mooren liegenden, herrschaftlichen Moore zum
E^enthum. 1836 wurde eine neue Orgel auf der Westprieche angelegt,
das mittlere Gewölbe des SchifTes als hindernd, Licht und Platz raubend
at^brochen, das von Crammsche Epitaph dick mit Oelfarbe übermalt und die
Flg. 13. Kirche In Klrchhorat; Vocball«,
andere H&lFle der nördlichen Ghorwand über der Sakristeithür durchbrochen.
1898 fand dann eine gründliche Renovierung namentlich der inneren Kirche
durch den Architekten Wendebout^ und den Maler Ebeling statt, und steht
dieselbe jetzt in herrlichem Schmucke da.
Die Kirche (Fig. 12) besteht aus Schiff, Chor mit angebauter Sakristei BeBchreibang.
im Norden, einer Vorhalle im Süden und einem Westthurm.
Das rechteckige, aus Feldsteinen erbaute Schiff hat im Osten einen mit Chor,
dem halben Achteck geschlossenen, in spätgothischen Formen aus Backsteinen Sctuff.
errichteten Chor. Die drei Kreuzgewölbe aus Backsteinen, welche das Schiff Anbaaten.
überdecken, werden durch zwei spitzbogige Gurtbögen von rechteckigem Quer-
schnitt getrennt; ;^ Btammen jedoch' 4ie .beideii, westlk^e^' Joche von der
1898 erfQlgtGQ Wiederherstellung her- DieiTOT^henc|eDRipi«n zeägengothisdies
BinistiibiH;«9I..upd ruhen mit. den, Qurtap auf Sand^teinkpnsoleii. Def um
eine Stufe erbölite Chor wiid .durch diß I}fljfle.^e.ines rechteckigep Kreuzgewölbe
und fü^f Kappen d^s (^orßcbli^sea Oberdßcktr . der, spitzbogige, rechteckige
Gurtbogen, ^dcher beide trepnt, ;^Otzt< sich:.9uf mn^n Pfeiler yon demselb^
Fle. 14. Kirche tn Klrchhorst', Wuid- nud DeckenmUereten.
Querschnitt Die Bimstabrippen setzen sich hier auf gemauerte, runde Back-
steindienste auf. Der spitzbogige Triumphbogen ist reich .gegliedert. An den
spitzl)DgJgen, auch < am SchiS mit Backsteinen eingefas^Hi tmd mit Maa^swerk
versehenen Fenstern' herrscht der Bund- und Viertelqtab vor. Das Backstein-
maasswerk aller Fenster ist neu und mit Ausnahme des Ostfeo^rs nach einem
tüten, zugemauerten, im Chor befindlichen letzthin eingerichtet. Die aus Ort-
steinen mit untermischten Findlingen ohne Verband an die Nordseite des
Chores angefügte Sakristei ist durdi eine flachbögige Thüir mit demselben ver-
bunden. Eine Eingangsthür und ein spitzbi^iges Fenster mit Backstemmaass-
wcrk liegen auf der Ostseite. In der äusseren Nordwand befindet sich ein
rechteckiger Stein mit eiqem erhabenen, grossen und fünf klemen Kreuzen. .
■*^ 63 g->~
Die aq die Södseite des Schiffes angefO^e Vorhalle' (fig^ ]3) ist ein -
spätgothischer Backsteinbau init Staffelgiebel und geputzten BI«idnischei);>,in -
räier Rundbogetuiische. liegt die fl^chbogige EingangsthÜr, an welcher der alte,
gotfaische Ring wieder angebracht ist. Das Torberrscbjende Profil i^t ,der,
dreiipai zurückgeset^e Viertelstab.
Der überaus einfache, viereckige, hölzerne, mit Steinplatten behängte Thnnn.
Thorm trfigt einen viej^ckigen beschieferten Helm.
Der gemauerte, romanische Altar ist mit Platte und Schrfige aus Altar.
Sandstein abgedeckt. Der alte hölzerne Ältaraufsatz, welcher von Andreas
Cortnvm und dessen Eheftau Catharina Dvsterhof gesUflet wurde, hängt jetzt
in der Sakristei; derselbe ist in Barockformen mit gewundenen S&ulen hergestellt
und enthalt als Hauptbild den Gekreuzi^en mit dem Stiller, darunter das heilige
Abendmahl, oben die Auferstehung und die Himmelfahrt. In der Bekrönung
ist die Jahreszahl 1678, darunter sind die Wappen der Stifter angebracht.
Tlg. IS, Kfrcha in Klrchhont; Wmnd- und J>«ck«ninBlcreleD. '
Die beiden kupfernen Altarleuchter haben nach gothischer Art drei Aitarfeuchter.
FOsse und einen walzenförmigen Schaft mit einem Knauf in der Mitte.
Die schUchtgehaltene, silberne Oblatendose trftgt auf der unteren Seite Ciborium.
die Inschrift: ,A • L ■ Elapperott Past; Zur Horst C - D • Klapperotten • geb:
Wehnnannen Aö: 1731-' sowie als Zeichen ein Kleeblatt und einen verschlungenen
Namen, beide auf vertieftem Grunde.
Ein aus Elichenholz geschnitzter, romanischer Cniciflxus, dessen Efirper Crucifixas.
eine Höhe von 1,3S m hat, ist leider stark beschädigt; derselbe ist aus einem
Stücke geschnitzt; die Arme sind aus zwei g^enCLberliegenden, waagerecht
gewachsenen Aesten gearbeitet. Derselbe gehört der Mitte des XU. Jahrhunderte
an und wird jetzt in der Sakristei aufbewahrt.
-*S 64 g«^
Alte Decken- Alle, wohl aus der ersten Hfilfle des XV. Jahrhunderts herrührende
-^^*?^"i^Wand- und Gewölbemalereien sind nach der Freilegung mit grossem Ver-
*"'™' stfindniss*! wiederhergestellt; dieselben sind mit Casein- bezw. Temperafarben
auf den Putz der Gewölbe und Wände oder das Backsleinmauerwerk aufgetragen,
nachdem der Grund mit einem Lokaltone überlegt war. In der mittleren
Flg. 18. Kirche In Klrchhont; Chor vor der WiederticntellanB.'
GewOlbekappe des Chores Ober dem Altar ist Christus. Maria krönend, dargestellt
In der gegenüberliegend»! Stichkappe ist der heilige Nikolaus im bischöflichen
Ornate mit dem Hirtenstabe in der Linken und segnend erhobener Rechten zu
sehen; rechts knieen in betender Stellung der Patron von Gramm und links
seine drei Söhne. In den rechts an die Krönung Mariae sich anschliessenden
Kappen sind paarweise einander gegenfkberstehend Johannes, Jacobus der
Aeltere, Matthäus und Bartholomäus dargestellt; links davon folgen Paulus,
Petrus, Jacobus der Jüngere und Judas Thaddäus. Die übrigen Apostel und
einige Heilige sind an den Wänden zu sehen. Das Rankenwerk der Flächen
'^ flott gezeichnet (vers^. Fig. 14 und 15; Fig. 16 zeigt den Zustand des Chors
^Tor der Wiederbersteilaog')- I<n Schiff zeigen ^ch die Gem&lde des Christophorus
""ut dem Jesusknaben und des St. Georg, welcher den Drachen tötet, sämmt-
tiche Figuren sind mit scharfen Umrissen gezeichnet.
Die 1664 gefertigte Emporenbrüstung dient jetzt als Vertäfeluug der Emporen-
Sakristei. brttBtmig.
Die 1,13 m im Durchmesser grosse Glocke hat zwischen zwei Ornament- Glocke,
pfeifen am Halse die Lapidarinschnft:
Gegossen von C ■ Ä ■ Becker und H ■ L ■ Damm in Hildesheim.
Auf der Mitte einer Seite steht die dräizeilige Inschrift:
. Bey Gott ist kein Ding unmöglich ■
G - H ■ Kuhlemann Pastor
■ Kirchspiel Horst 1816 -
Flg. II. Kircbe In Klrchhor
Ein einfacher Grabstein, mnen in die Nische der Ostwand eingeUssen,
trägt ein erhabenes, gothisches Kreuz ohne jede Bezeichnung.
Auf dem Kirchhof befinden sich 17 meist gut erhaltene und bemerkens-
werthe Grabsteine. Der Grabstein des Pastors Bemhardus Bokelman,
gestorben 1615, und seiner Gattin Margreta Poppen, gestorben 1621, zeigt in
seinem obo^n Tbeile unter zwei sich berührenden Banken Christus am Kreuz,
darunter die knieende Familie, links zwei Männer und einen Knaben, rechte
vier Frauen, und je ein Wappenschild zu beiden Seiten.
Zwei der zweiten H&lfte des XVII. Jahrhunderts angehörende Grabsteine
zeigen ebenfalls in ihrem oberen Theile den Gekreuzigten und darunter stehend
die Familie oder das Ehepaar, im unteren
unter einem Engelskopf mit grossen Schwin-
gen eine Lapidarinschrift in schöner Barock-
umrahmung. Es sind dies der Grabstan
des Pastors Berhardus Bokelman, gestorben
1676, mit zwei oben angebrachten Wappen
und der des Berendt Deneken zur Horst,
gestorben 1680, mit der Bezeichnung des
Künstlers H^ (Hans Jakob Uhle in Han-
nover) und dem Datum der Anfertigung 1681
(Fig. 17).
Aus dem Ende des XVIL Jahrhunderts
stammen zwei interessante Kindei^rabsteine,
der eines Mädchens und eines Knaben, auf
denen ein E^gel das Kind umfasst, um es
zum Himmel hinauf zu fithren; auf letzterem
ist neben der Gruppe ein kleiner schmaler
Crucifixus angebracht.
Zwei Grabsteine mit Barockomament
zeigen den Entschlafenen in ganzer, fast
leben^p*osser Figur, den Hut unter dem
Arm, in der Hand die Handschuhe. Der
eine der beiden ist dem Hans Greten aus
der Alten Warmbüchen, gestorben 1734, ge-
setzt; der Verstorbene hält in der Rechten
eine Rose.
Von besonderem Interesse sind die
15. .s. Ki,.i. » iii,a,bo„.i o,.w.... ^^ij^^ ^^^ Bildhauer Baniewilz gefertigten
Grabsteine. Der Grabstein des Cordt
Rudolph Rfineke in Stelle, gestorben 1737, zeigt den Verstorbenen in ganzer
Figur, Hut und Handschuhe ip der Linken, die Rechte im Busen. Der
Grabstein des Hanns Heinrich Rahlwes {Fig. 18) war ursprünglich farbig
behandelt und ist letzthin neu bemalt worden. In seinem oberen Theile
ist Jakobs Traum von der Himmelsleiter dai^estellt. In den Wolken
erscheint in einer Strahlenglorie auf einem dreieckigen Schilde der Name
Gottes in hebräischer Schrift. (Das Hebräische ist nicht ganz richtig.)
Der untere Theil enthält, von hübschem Rokokomuschelwerk umrahmt, die
Inschrift:
-«-8 67 8^
Hier ruhet in Gott,
der Jungeselle
Hanns Heinrich Rahlwes
ist gebohren A : 1736. d : 20. Junij • sein
Vater ist, Heinrich Rahlwes.
seine Mutter war,
Margaretha Könige.
er ist gestorben, 1758. d:5.
MsBrtz Alt 21.
Jahr 8. Monat
Auf der Rückseite steht folgende Inschrift:
Grab Schriflft.
Hiob. 14. C:V:1. 2.
Der Mensch vom Weibe gebohren, lebet
kurtze zeit, und ist voller Unruhe.
Stehet auf wie eine Blume, und
fället ab; Fleucht wie ein Schatten,
und bleibet nicht.
Gutte nacht ihr meine Freunde; All ihr
meine lieben. Alle die ihr um mich weinet,
Lasset euch nicht Betrüben, Diessen
abtrit den ich thue. In die Erde Nieder,
Schauet die Sonne gehet zur Ruhe;
Kommt doch Moi^en wieder.
Darunter Muschel werk im Flachrelief.
Der kleine, mit Barockomament verzierte Grabstein des Garolus Henricus
Elapperott trägt unter einer Krone in emer Umrahmung die Lapidarinschrift:
Carolo Henrico
Klapperott
Optimse indolis ac • magnse spei
Filiolo ad maiora Aö 1736 d : 17 Ap :
Nato ad maxima ad coelestia
Aö 1739. d: 14 Feb: mortis
PrsBmatur» beneficio promoto
MHP.F.
Moestissimi parentes
A. L. Klapperott
Past. Horstensis
A. C. D. Wehrmannen.
Auf dem kleinen, mit Rokokoornament verzierten Grabstein des 1751
geborenen und 1752 gestorbenen Peter Brandes in der Grot Horst ist das Kind
in ganzer Figur mit Blumen in den über dem Leib gefalteten Händen dargestellt.
Der grosse Grabstein des 1756 gestorbenen Pastors Anton Ludolph Klapprot
zeigt schönes, mit Blumen untermischtes Rokokoomament. Die Lapidarinschrift
9*
des oberen Theiles ist auf einer Erhöhung in Gestalt eines Tuches angebracht,
welches von einem Ei^I gehalten wird.
Auf einem der Mitte des XVm. Jahibunderts angehörenden Grabstein
sehen wir einen Knaben und ein Mädchen, welche ein Engel zum Himmel
emporfOhrt. Der Grabstein der 1766 gestorbenen Dsabey Volckmers ist vom
Bildhauer J. Völcke gefertigt und zeigt oben den Auferstandenen Ober den Wolken.
Flg. 19. Klrclie tn Klrebhont; OribmaL
Drei Grabsteine aus dem Anfang des XIX. Jahrhunderts mit charak-
teristischer Bekrönimg sind einfach gehalten. Es sind die Grabsteine des
Barthold Heinrich Grethe, unten bezeichnet .A. W. B. 1808.*, der des Jürgen
Heinric Kracke, Schullehrers zu Altwarmbücben, gestorben 1818, und der des
Joban Heinrich Cahmann.
Die grosse, nur mit einer Lapidarinschrifl bedeckte, mftchtige Grabplatte
des August Christoph Gottlieb Hoflrnann gehört dem XVIU. Jahrhundert an.
Das sehr schöne, farbig behandelte Renaissance-Grabmal der Familie
T. Gramm (Fig. 19) ist aus Holz gefertigt und an der inneren Nordseite des Chores
aufhängt. In der Bekrönung steht: ,Fatvm mmdi*. Darunter bemerken wir
zwei Wappen mit der Bezeichnung t. Gramme und v. Veitheim, sowie die Jahres-
zahl 1579. Das Haaptbild zeigt zwei betende männliche Figuren — v. Cratnm,
Vater und Sohn — und die Gemahlin des ersteren, eine geborene t. Veltheim,
Darüber befindet sich zwischen zwei SAulen das Bild der heiligen Dreieinigkeit.
Zwischen beiden Bildern ist zu lesen: ,Patroni . eccle^e . huius*. Die noch
vorhandenen Wappen sind bezeichnet:
V. Schleinitz. v. Rautenberg.
T. Heimbui^. v. Rheden.
T. Moeochliausen. v. Harenholz.
V. Heringen. t. Moenchhausen.
V. StuUCTheim. v. Schulenburg.
ng. XI. Ktrob« In KiTCbborst; ■ItiThflr.
Ein silberner, inwendig vei^oldeter, 21,4 cm hober Kelch mit fünffach Kelche.
getheiltem, reich profiliertem Fuss zeigt gewundene, vertiefte Unienverzierungen
und trägt oben an dem glatten, halbkugelfönnigen Becher mit geschweiftem
Rande die aus eingestochenen Punkten bestehende Inschrift:
Voltmer Vollmers : Ilsabe . Vollmers.
Gbr : Ebelings . Ao. 1770 : .
Am Rande des Kusses ist als Zeichen ein Kleeblatt, darunter die Zahl 19,
femer ein C und in rechteckiger Vertiefung der Name Schmidt zu sehen.
Die zubeh6rige silberne Patene tragt auf der Rückseite die aus ein-
gestochenen Punkten bestehende Inschrift:
,V ■ Vollmers : • I : Vollmers • Gbr : Eblings : ■ Ao. 1770'.
Der kleinere, 14,2 cm hohe, silberne Kelch, dessen Becher Irichter-
fOrmie ist, trägt auf den Zapfen des kugeligen, mit moasswerkähnlichen
-<^ 70 8-*-
Verzierungen versehenen Wulstes den Namen Ihesvs in Lapidaren. Auf einem
Blatte des sechstheiligen Fusses mit vertikalem, schön verziertem Rande sind
die Buchstaben B. H. und das Gewicht verzeichnet.
Der 16 cm hohe, silbervergoldete Kelch mit zubehöriger Patene hat
einen glatten, runden Fuss mit gebuckeltem, vertikalem Rande, runden Schaft,
kugeligen Wulst mit Maasswerkverzierungen und sechs runden Zapfen, sowie
emen Becher, welcher aus der Halbkugel in die Trichterform übergeht.
Die Patene hat ein Weihekreuz auf schraffiertem Grunde und in der
Vertiefung einen eingeritzten grossen Vierpass.
Patronatsstnhl. Der aus dem XVII. Jahrhundert stammende, mit Holzgittem und Fratzen
versehene Patronatsstnhl ist jetzt zu einem Paramentenschrank eingerichtet.
Taufengel. Ein in Barockformen gehaltener, bemalter Taufengel mit einer Messing-
muschel in der Rechten hängt in einer Ecke der Sakristei.
Tbür. Der Durchgang von der Vorhalle zum Schiff wird durch die alte,
eichene Thür (Fig. 20) verschlossen, welche mit starkem Eisenbeschlage und
Nägeln reich versehen ist. Sie ist mit fünf Bändern besetzt, von welchen das
oberste und unterste mit vertieften Linien in einfacher Weise verziert sind. Auf
Elle, der Rückseite ist die alte eiserne Normalelle angebracht.
Lehrte.
Kirche.
Litteratur: Doebner I — ^V und VII-, Janicke; Sudendorf; Lüntzel, die ältere
Diöcese Hildesheim; Regenten -Sahl 16d8; Manecke II; von Hodenberg, Pagus Flutwide,
Lenthe's Archiv VI; Bertram, Geschichte des Bisthums Hildesheim I; Böttger, Diöcesan-
und Gau-Grenzen; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Mithoff, Kunstdenkmale lY; derselbe,
Eirchenbeschreibungen; Weber, die Freien bei Hannover 1898; Heise, die Freien; daselbst
eine Wiedergabe des Grabsteins des Bartheld Molsen; Kniep, die Freien vor dem Walde,
Hann. Geschichtsbl., 8. Jahrg.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Kirchenbuch zuHaimar.
Geschichte. Der im grossen Freien belegene Ort, welcher am 1. April 1898 Stadt-
rechte erlangte, gehörte ehedem zum Archidiakonat Lühnde im Pagus Hastfiala.
Er war einer der Grenzorte des letzteren gegen den Pagus Flutwide. Nach
der Bestätigungsurkunde der Besitzungen und Privilegien des Bartholomäus-
stiftes von Seiten Bischof Bemhard's vom 13. October 1147 übereignete Odelricus
canonicus sancte Crucis ,ad utiUtatem fratrum^ .in Lereht decimam viUe*.
Das Patronatsrecht über die Kirche in .Leerthen' (»Leerthe') stand seit Alters dem
Michaeliskloster in Hildesheim zu und wurde 1302 vom Bischof Siegfried aus-
drücklich anerkannt, welcher sich zugleich im genannten Jahre aller Ansprüche
I
I HHg 71 8^
I
bezüglich derselben begiebt. Im Jahre 1352 löst der Hildesheimsche Bischof
Heinrich die Bürger von .Lerethe* aus dem Parochialverbande der Kirche in
yStenwede' und bestimmt, dass die Kapelle zu «Lerethe'' «pro se sit beneficium
et ecclesia parrochialis specialemque Rectorem habeat*. 1366 erklärt der Bischof
Gerhard von Hildesheim, dass er auf Bitten des Herzogs Wilhelm von Braun-
schweig und Lüneburg die «Capellam in villa Leerthe • • • ab ecclesia sua matrice
in Stenwede* eximiert, dieselbe ,a jure parrochiali spirituali quo eidem ecclesie
in Stenwede et eins Rectori astricta fuerat' befreit imd ihr selbst Parochial-
rechte verliehen habe (.vt ipsa. Ecclesia in Leerthe per se parrochia existat')*
Doch solle sie eine Rekognitionsgebühr von vier Schilling Hildesheimscher
Pfennige an den Pfarrer in «Stenwede* alljährlich zu Michaelis bezahlen.
1604 gab die Kirche zu Haimar zum Bau des Thurmes zu Lehrte 16 rthlr.
Die 1815 neu ausgebaute und anfangs der achtziger Jahre zur Schule Beschreibnng.
Yt)llständig umgeänderte Kirche besteht aus Schiff, Chor und Westthurm.
Das rechteckige Schiff und der rechteckige schmalere Chor sind aus Ort- Schiff,
steinen erbaut ; der Sockel und das Gesims zeigen noch die alte steile Hohlkehle. Chor.
Der fast quadratische, aus Ort- und Bruchsteinen erbaute Westthurm Thurm.
mit Backsteinsockel hat im Korbbogen geschlossene Schallöffhungen, auf der
Westseite eine flachbogige Eingangsthür und einen ins Achteck übergeführten,
schlanken, beschieferten Helm.
Zwei hohe Zinnleuchter der neuen Kirche zeigen am Fuss in recht- Altarlenchter.
eckiger Umrahmung die Inschrift: ,1 H A Wubbers Hofzinngiesser' und in
länglich runder Umrahmung einen Engel mit Waage und Palme und der Umschrift:
,J H A Wubbers Hannover 1775.*
Ein kleiner zinnerner Crucifixus des XVL Jahrhunderts auf neuem Cmcifixus.
Kreuz steht auf dem Altar der neuen Kirche und ist aus der alten entnommen.
Die 1,07 m im Durchmesser grosse, stark beschädigte Glocke trägt Glocken,
den Namen des Pastors August Ehrhart und zwischen zwei Omamentstreifen
am Halse die Lapidarinschrifl :
Gegossen von H-L-Damm* in Hildesheim Anno 1814.
Die andere 1,01 im Durchmesser grosse Glocke wurde im Jahre 1638
durch M. Pawel Vos in Lüneburg gegossen. Sie trägt am Halse unter zwei
Omamentstreifen zwischen riemenmrtigen Erhöhungen eine zweizeilige, unsaubere,
stark verwischte Inschrift, aus welcher das Entstehungsjahr und der Name des
Giessers hervorgehen.
Besonders bemerkenswerth sind fünf schöne, neuerdings aufgebesserte Grabsteine.
Grabsteine.
Der Grabstein des 1668 gestorbenen Hinrich Kracken zeigt in seinem
ober^i Theile den Gekreuzigten, darunter links den Gatten, rechts die Gattin,
im Hintergrunde eine Stadt und im unteren Theile unter einem beschwingten
Engelskopf eine Lapidarinschrift in guter Barockumrahmung.
Ein zweiter Grabstein ist der 1679 gestorbenen Dorothea Stiers gesetzt.
Im oberen Theile ist in der Mitte der Gekreuzigte zu sehen, links das
Wappen des Mannes und darunter er selbst mit den drei Söhnen, rechts das
-^ 72 »^
Wappen der Frau und darunter sie selbst mit den fünf Töchtern. Der untere
Theil trägt unter einem Engelskopf mit grossen Schwingen eine Lapidarinschrift
in Barockumrahmung.
Von Interesse ist der für die kriegerische Tracht der Freien bezeichnende
Grabstein des Bartheld Molsen. Unter einer Spätbarockbekrönung sehen wir
einen Mann in fast voller Lebensgrösse, mit wallenden Locken, die Rechte
im Busen, den Hut unter dem linken Arm, in der Hand die Handschuhe, an
der Seite den Degen. Darunter steht die Lapidarinschrift:
Aö 1680 ist Bartheld Molsen zu Lehrte auff diese Welt gebohren seyn
Vater ist Oswald Molsen die Mutter Anna Eilers und Ao 1709 den
15 Septemb im Herrn sehlig entsghlaffen seines Alters 29 Jahr dessen
Seel ruhet in Gott.
Der Grabstein des Osewaldt Molsen, geboren 1655 und 1712 gestorben,
zeigt in der Barockbekrönung einen Spruch und das Lamm, auf dem
Stuhle sitzend. In der Mitte sehen wir den Gekreuzigten, darunter die
ßieben Söhne und vier Töchter und das in Leichengewänder gehüllte Ehepaar
in Särgen liegend. Unter zwei beschwingten Engelsköpfen ist in schöner
Barockumrahmung eine Lapidarinschrift eingemeisselt.
Der fünfte Grabstein ist dem Heinrich MoUsen, Eirchenvorsteher zu
Lehrte, 1755 gestorben, gewidn^et. Im oberen Theile sehen wir imter einem
schwebenden Engel, welcher die Posaune bläst, links den Gatten und die fünf
Söhne, sämmtlich die Rechte im Busen, unter dem linken Arm den Hut und
in der Hand die Handschuhe, rechts die Gattin mit den beiden Töchtern.
Kelche. Von den beiden silbervergoldeten Kelchen zeigt der grössere mit
trichterförmigem Becher auf dem sechstheiligen Fusse die aufgeheftete Kreuzigung
und am untersten Gliede des Fusses einen senkrechten, von Vierpässen durch-
brochenen Rand. Der kugelige Wulst trägt Maasswerk und auf den sechs
Zapfen in gothischen Kleinbuchstaben die Inschrift: .ihesus". Am oberen
Theile des Schaftes ist .help got^, am unteren «maria' zu lesen.
Der kleinere Kelch zeigt auf den sechs grün emaillierten Schildchen des
mit Maasswerk versehenen kugeligen Knaufes in gothischen Kleinbuchstaben
den Namen Jhesvs und auf dem runden Fusse einen Crucifixus auf eingraviertem
Kreuz und daneben in vertieften Linien einen betenden Mönch. Der Becher
geht aus der Halbkugel in die Trichterform über, der Schaft ist rund. Eine
silbervergoldete Patene mit Weihekreuz auf schrafiiertem Grunde.
Mellendopf.
Kirche.
Litteratur: Sudendorf; Doebner VI; LUntzel, die ältere Diöcese HildeBheim ;
von Hodenberg, Lüneburger Urkundenbuch V ; derselbe, Lllneburger Lehnregister; Wipper-
mann, Bakki-Gau; Manecke II; Holseher, Beschreibung des Bisthums Minden; Btfttger,
-^ 73 8^
DiOcesan* und Gau-Grenzen; Schulz, Bissendorf, Hannor. Geächichtsbl., 4. Jahrg.; Kayser,
Kirchenvisitationen 1897; Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirehenbeschreibungen;
Zeitschr. d. hist Yer. f. Niedere. 1885; GrUtter, der Loingau, Hannov. GeschichtsbL, 8. Jahrg.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; GrUtterscher Kachlass
im Stadtarchiv ebendort; Pfarmachrichten zu Mellendorf.
Der Kirchort Mellendorf westlich der Wietze gehörte seiner Lage nach Geschichte.
ehedem zum Mindener Archidiakonat Mandelsloh und war im Loingau belegen.
Er ist ohne eingepfarrte Ortschaften und hat vormals wahrscheinlich zur
Parochie Bissendorf, wohin noch bis in die neuere Zeit zwei Höfe eingepfarrt
wareUf gehört. Den Pfarmachrichten zu Folge ist die Kirche zu Melendorp,
Mellhigendorpe, bis dahin Filial zu Bissendorf, von einem kinderlos verstorbenen
Herrn von Melliendorf als Pfarrkirche gegründet worden. Bei den in der
Zeit von 1330 bis 1352 von den Herzögen Otto und Wilhelm vorgenommenen
Belehnungen erhielten Heinrich (?) und Johann von Escherde »twe scok mäste
?an dem meger houe to Melinghedorpe*" und Reiner von Escherde »den
meyerhof to Melinghedorpe mit dem kerclene darsulues**. 1360 bekam Ludolf
Campe vom Herzog Wilhelm ,den tegheden to Melinghedorpe '• 1487 war
Johannes Lindemann Viceplebanus in »Melliendorppe*. Das Güter- und Renten-
verzeichniss der Kirche zu »Melliendorppe'' vom Jahre 1529 nennt an Gütern
folgende: ,Item dat hoghe altare [dem St. Georg geweiht] myt der kledie
11 kelcke de en vorguldet dat ander ein klein sulueren / / Ein Munstrancie X VIU
golden wert noch 1 is sodenmissinck / / Ein oltgulden stucker / / noch ein bunt
siden is thoreten vnde ander alt tugh is samtlick bisloten Ein Hantuert [gemeint
ist wohl Hantwerk] // Marien Rock itlicke spanghen dar vppe mit der krönen
vnde der anderen hilghen Glenodia sin besloten / / II luchter 11 clene klocken / /
Item noch II altare gheblotet vnde bighelecht vnde der luchthe bighelecht / / Vp
dem thome II klocken vnde Ein clene klocke^. 1628 wird eine Uhrglocke für
79 Gulden angeschafft, 1640 eine Uhr für 55 rthlr. 22 Mgr. Der Pastor
Bruno Henstorff; 1634—1657, l&sst eine grosse Glocke giessen. Eine bereits
Tor dieser vorhandene, grosse Glocke war zur Erlegung einer Brandschatzung
nach Wienhausen gekommen. 1661 wird eine Prieche, 1714 die Sakristei und
1715 der Altar nebst Kanzel gebaut. Ein Inventar vom Jahre 1773 nennt von
Geräthen unter anderem zwei metallene Leuchter, ein Grucifix, einen silber-
vergoldeten Kelch mit Patene, einen kleinen zinnernen Kelch mit Patene, eine
zinnerne Giesskanne, eine zinnerne Oblatenschachtel und eine kleine zinnerne
Flasche zur Krankenkommunion. 1833 wurde zum ersten Mal eine altgekaufte
Orgel gespielt, 1834 das Gestühl renoviert und vermalt, sowie der Thurm neu
gegründet, um 1894 durch einen Neubau ersetzt zu werden. Nach Manecke
gehörte der Zehnte von diesem Dorfe, von Bennemühlen und Hellendorf denen
Ton Bobers.
Die alte Altardecke, welche Mithoff beschreibt, und der hölzerne Tauf-
engel sind nicht mehr vorhanden.
Die Kirche besteht aus Schiff mit Sakristei im Osten, Chor und neuerem Beschreibung.
Westthurm.
10
Altar.
Altarleuchter.
-^ 74 «•<-
Schiff. Das aus Ort* und Backsteinen erbaute, mit hölzernem Hauptgesims ver-
^^^^' sehene Schiff ist im Osten durch das halbe Achteck geschlossen. An den
Ghorecken befinden sich Tier, an der Nordseite drei und an der S&dseite sechs
Strebepfeiler. In einen derselben ist die Jahreszahl MCGCGXGVII eingemeisselt.
Das Innere wird durch drei rechteckige Kreuzgewölbe aus Backsteinen und
durch das Ghorgewölbe, sämmtlich mit rundem Schlussstein, abgeschlossen; die
Rippen zeigen das Bimstabprofil. Zwischen den beiden westlichen Gewölben
befindet sich ein breiter Bogen. In der Südwand liegt die jetzt zugemauerte,
spitzbogige Eingangsthör. Die Fenster in den Langseiten und im Chor sind
im Wesentlichen ebenfalls spitzbogig; vollständig unberührt von späteren
Aenderungen sind jedoch nur die Ghorfenster geblieben, welche aussen feine, spät-
gothische Profile und innen den doppelt zurückgesetzten ^ertelstab haben. Die
im Osten angebaute, mit abgeschrägten Ecken versehene Sakristei ist aus Fachwerk
errichtet und trägt über der Thür die Inschrift: «Anno 1714".
Auf dem massiven, mit Platte und Schräge aus Sandstein abgedeckten
Altar erhebt sich die hölzerne Altarwand mit eingebauter Kanzel zwischen zwei
Säulen mit verkröpftem Gebälk. Sie trägt die Merkmale des Regencestiles in
schöner Ausführung.
Zwei gleichgrosse, auf drei Füssen ruhende, 0,28 cm hohe Altarleuchter
aus Bronze zeigen gothische Auffassung und haben einen walzenförmigen
Schaft mit rundem Knaufe. Sie tragen oben die Lapidarinschriften:
Diese beiden • Levchter • hat • Albert . Thies • vnd Dorotia • Svrings • der •
Kirchen • zv • Melliendorf • vorehrt • zvm • Gedechtnvs •
und
H • Brvno • Honstorp • Pastor • zv • Melliendorf • Hans Wichmans • vnd •
Jvrgen Beschenbostel Kirchen • Juraten • zv Melliendorf*
Die 1^02 m im Durchmesser grosse Glocke hat am Halse zwischen
Riemchen und unter einem Omamentstreifen die Lapidarinschrift :
Komt • last uns anbeten • und • knien • und • niderfallen • F • H •
darunter als Hochbild einen Mann, welcher die Harfe spielt.
In der Mitte sind zwei vierzeilige Inschriften angebracht, in welcher
Vogt, Pastor, Küster und Juraten angegeben sind. In der Unterbrechung eines
Omamentstreifens am Rande ist zu lesen:
Joh • Heinr • Christ • Weidemann • goss mich • Hannover • 1765 •
Ein Kelch aus Zinn hat am Becher eine Inschrift mit der Jahreszahl 1739«
Das einfache Taufbecken aus Messing von 0,29 m oberem Durchmesser
stammt laut Inschrift aus dem Jahre 1638.
Glocke.
Kelch.
Taufbecken.
•<-l 75 8«-
Negenbopn.
Kapelle.
Litteratnr: Origines Guelficae; Treuer, GeBchlechts- Historie der Herren
von Münchhaasen, Anhang; Sndendorf; Doebner II, Personenregister nnd Y, Register;
von Hodenberg, Calenberger Urkundenbnch I; derselbe, Archiv des EJosters Walsrode;
derselbe, Pagus Flutwide, Lenthe's Archiv VI; Urknndenbach der Stadt Hannover; Lüntzel,
die ältere DiOcese Hildesheim; Grupen, Origines et Antiqnitates Hanoverenses; Bertram,
Geschichte des Bisthnms Hildesheim I; Manecke II; Holscher, Beschreibung des Bisthums
Minden; Böttger, Diöcesan- und Gan-Grenzen; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; von Ben-
nigsen, Beitrag zur Feststellung der DiOcesangrenzen, Zeitschr. d. bist. Ver. f. Kieders. 1863;
ebendort 1857; Hithoff, Kunstdenkmale lY; derselbe, Kirchenbeschreibungen.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Grütterscher Nachlass
im Stadtarchiv ebendort; Aufzeichnungen bei den Kapellenrechnungen in Negenbom;
Pfarmachrichten zu Meilendorf.
Das im Loingau belegene, zum Mindener Archidiakonat Mandelsloh Geschichte.
gehörige Dorf ist nach Breiingen eingepfarrt. Im Yerzeichniss der Celler
Schlosseinnahmen vom 12. November 1381 bis zum 31. Mai 1382 begegnet es als
«N^enbome*. Als Asche von Mandelsloh und seine Brüder am 6. Mai 1493
den Liebfrauenaltar in der BCirche zu Mandelsloh stiften, begaben sie ihn unter
Anderem mit «XXIIII gülden van dem samtgude to Negenbom und in der
Surser molen, dat steit von dem Schwentzer*". Zur Zeit des Pastors Michael
Müller, 1670 — 1711, wurde die Kapelle, welche «viel ihar lang wüst und baw-
Mig gestanden, und fast bey Menschen-gedencken der Gottesdienst nicht darin
verrichtet*, «wieder gebessert und in zimblichen stand gebracht". Dies wird
im Jahre 1696 geschehen sein.
Bezüglich der wahrscheinlich nach unserem Ort benannten Familie sei
bemerkt, dass ein Johannes de Negenbumen in einem Yerzeichniss von Adligen
1297 genannt wird.
Die im Jahre 1696 erneuerte, aussen 5,7 m breite und 14,2 m lange, Beschreibung,
im Osten mit grossen abgeschrägten Ecken versehene Fachwerkskapelle ist von
einem Pfannendache mit westlichem Dachreiter bedeckt. In der in neuerer Zeit
errichteten massiven Westwand liegt die Eingangsthür. Die Fenster sind
rechteckig. Der Innenraum wird durch eine gerade, geputzte Decke mit
vorstehenden Balken und Holzkonsolen an den Seitenwänden abgeschlossen.
10»
-<«8 76 H-
Obershagen.
Kirche.
Litteratur: Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim; Manecke II; Regenten-
Sahl 1698; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Nenes vaterl. Archiv 1823; Havemann I;
Hodenbergj Ltineburger Lehnregister; derselbe, Pagns Flntwide, Lenthe's Archiv VI;
Mithoffy Kunstdenkmale IV ; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Gmpen, Origines Germaniae IL
Quellen: Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover.
Geschichte. VY ie aus den vorhandenen Nachrichten hervorzugehen scheint, ist das
heutige, an der Aue gelegene Kirchdorf Obershagen um die Mitte des XIV. Jahr-
hunderts an die Stelle des sammt seiner Kirche vom Erdboden verschwundenen
Ortes Schomsteinshagen, welcher zwischen Dachtmissen und Hetelingen gelegen
haben mag, getreten. Ein Herr von Oberg soll der Erbauer gewesen sein.
Das nach Burgdorf eingepfarrte Dorf Sehomsteinshagen erhielt 1249 eine dem
heiligen Nikolaus geweihte Kirche. Die Gebrüder WuUbrand und Berthold
von Reden schenkten ihr 1307 20 Mark Bremischen Silbers, und die Aebtissin
von Quedlinburg bereicherte sie mit Dachtmisser Gütern. Bei den zwischen
1330 und 1352 vorgenommenen Belehnungen der Herzöge Otto und Wilhelm
erhielten Heinrich (?) und Johann von Escherde »de vogedie Bedingerdorpe vnde
Scorstenhagen*'. Femer bekam Reiner von Escherde ,to dem Obergeshagen dat
kerclen*. Von nun an schwindet der Name Schomsteinshagen. Bei der 1360 vom
Herzog Wilhelm vorgenommenen Neubelehnung erhielt Lippold von Escherde
,dat dorp Obergheshagen*. 1496 wurde Barteides Prediger. Aus dem Vokation&-
brief desselben ist ersichtlich, dass ihn die Aebtissin von Quedlinburg zur
Kapellanei von Dachtmissen bemfen, und der dortige Kaplan die Officia eines
Predigers von Obershagen mit versehen hat. Infolge der Reformation trat
eine Aendemng ein. Das liegende Gut der Kapelle wurde zum fürstlichen
Domanio geschlagen, das Einkommen an Zinsgefällen aber zum Theil dem
Prediger zu Obershagen zugewiesen. Ein interessantes Verhältniss ei^eben die
Aufzeichnungen in der ,,vthgaue'' der Kirche „tho Henyngsenn''; 1554 lesen
vnr daselbst: „2 grossen vnd 1 wittenn dem pastori thom Obergeshagen' ;
1565: „Dem pastori vp dem Obergeshagenn gegeuen einen daler vor sine
wege vnd arbeyth dat he tho vns kam do wy neuen pastor haddenn* ; 1572:
9 Dem pastor vp dem Obergeshagen VII kordtlinck so ome jarliches geboren*
und 1575: ,2 Mariengrossen vnd 2 gosler dem pastori thom Obergeshagen
so ome jarliches gehören". 1598 wird eine Glocke angeschafft. Die vor dem
jetzigen, 1843 auf den alten Sockelmauern neu erbauten Gotteshause vorhanden
gewesene Kirche trug die Jahreszahl 1661. 1737 wurde der Kirchthurm einer
grösseren Ausbesserung unterzogen. Die Kosten betrugen rund 82 Thaler.
Das Corpus bonorum vom Jahre 1811 nennt an Geräthen: 2 Altarleuchter,
1 Kmg, 1 grossen und 1 kleinen Kelch, 1 grossen und 1 kleinen Oblaten-
-^ 77 8^
teller, 1 Taufbecken, 1 Oblatenschachtel, 1 Flasche, sämmtlich von Zinn, und
1 Eüngebeutel von rothem Plüsch mit messingenem Glöckchen, wozu das
Corpus bonorum vom Jahre 1812 noch hinzufügt : 1 Altarumhang von geblümtem
.Gros de Tour', einen anderen von weissem Leinen sowie den Eanzelumhang
von rothem Bombassin mit weissen Fransen. 1812 barst die grüsste der Glocken.
1815 wurde ein Eirchensiegel angeschafft und 1817 ein grosser silberner
Kelch mit Patene, 41 (36) Loth schwer, vom Gold- und Silberarbeiter Mathae
(Matthias) in Hannover gefertigt. 1821 wurde der für sich gesondert stehende
Thurm gebessert und 1839 die Kirche geweisst.
Zwei 19 cm hohe Altarleuchter aus Messing zeigen nach gothischer Art Altarleuchter.
einen Knauf in der Mitte des walzenförmigen Schaftes.
O e 1 e p s e.
KapeUe.
Litteratur: Regenten - Sahl 1698; LUntzel, die ältere DiOcese Hildesheim;
Manecke II; Kayser, Eirchenvisitationen 1897; von Hodenberg, Pagus Flutwide, Lenthe's
Archiv VI; Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Yerzeichniss der kirch-
lichen Kunstdenkmäler von 1896.
Das nach Sievershausen eingepfarrte Dorf begegnet in dem älteren Geschichte.
Zehnt-, Geld- und Fruchtregister des EHosters Wienhausen vom Ende des
Xm. Jahrhunderts als «Olerdessen' und wird daselbst vom Glossist des
XIV. Jahrhunderts zu «Mey" gerechnet. In einer Urkunde vom Jahre 1505 ist
von einer Wiese, ,vffe dem Schermbeke twischen Olerse vnnd Dolberge'
gelegen, die Rede. 1534 wird die Kapelle zu ,01res* genannt. 1773 wurde
die jetzige erbaut.
Die aussen 10,3 m lange und 6,6 m breite, mit einer Bruchsteinmauer Beschreibung.
auf der Westseite versehene, geputzte Fachwerkkapelle mit gerader geputzter
Holzdecke und vorstehenden Balken ist im Osten durch das halbe Achteck
geschlossen. Auf dem westlichen Ende des hier abgewalmten Pfannendaches
erhebt sich der mit Satteldach überdeckte Dachreiter. In dem Riegel der
Eingangsthür an der SQdseite ist die Jahreszahl 1773 eingeschnitten; ausserdem
befindet sich die Inschrift:
Anno 1801
in schwarzer Farbe oben an der sfidwestlichen Ecke der Mauer. Die Fenster
sind flachbogig.
Der aus dem Ende des XV. Jahrhunderts stammende, farbig behandelte, Altarschrein,
geschnitzte Altarschrein zeigt im Mittelstück Christus vor erhöhtem Kreuze stehend,
darunter zwei betende Figuren und seitlich davon eine Gruppe. In den beiden
Flügehi sind die Figuren der zwölf Apostel zu sehen.
Ein bemalter, hölzerner Grucifixus stammt aus dem Ende des Crucifixus.
XV. Jahrhunderts.
-*4 78 «-1-
Otze.
Kapelle.
Litteratur: Sudendorf; von Hodenberg, Lünebnrger Lehnregister; Lttntzel, die
ältere Diöcese Hildesheim; Regenten-Sahl 1698; Manecke II; Eayser, Kirchenvisitationen
1897; Neues vaterl. Archiv 1823 und 1824; Mithoff, Kunstdenkmale IV.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Verzeichniss der kirch-
lichen Kunstdenkmäler von 18%.
Geschichte.
Beschreibung.
Altar.
Altarleuchter.
Glasmalereien.
Glocken.
Das Dorf Otze ist seit Alters nach Burgdorf eingepfarrt. Bei den
zwischen 1330 und 1352 vorgenommenen Belehnimgen der Herzöge Otto und
Wilhelm erhielt Johann von Solvelde »to Ottessen enen meyger vnde de molen*.
1338 verpfänden die genannten Herzöge dem Kloster Ebstorf »to Otessen twene
houe*. 1339 verkauft Johann von Solvelde dem Werner von Otbemshusen
und dem Henning von Marenholz den Meierhof und die Mühle «to OteSsen*,
reserviert aber den Herzögen Otto und Wilhelm das Recht des Wiederkaufe.
Im Jahre 1418 belehnt der Abt Heinrich vom St. Michaeliskloster zu Hildesheim
den Henning Cordes zu «Otze" mit 42 Morgen Land, 6 Wiesen und 2 Hufen
in dem Dorf und auf dem Feld zu «Otze''. Das Visitationsprotokoll vom
Jahre 1543 besagt, die Kapelle zu Otze sei «belegen im kaspelde Borchtorp vnd
an dat husz Borchtorp gelecht''.
Die durch das ha,lbe Achteck im Osten geschlossene Backsteinkapelle
hat eine bemalte, mit spätgothischen Maasswerkschnitzereien versehene, gerade
Holzdecke. Die Fenster sind flach- oder spitzbogig geschlossen. Die in einer
Spitzbogennische liegende flachbogige Eingangsthür ist auf der Nordseite an-
geordnet. Unter dem Fenster der Ostwand ist aussen eine flache, rechteckige Nische
sichtbar. Das Mauerwerk ist mit glasierten Köpfen untermischt, auch bestehen
die Schrägen in den Chorfenstem aus Glasuren. Ein Theil der Ostabwalmung
ist mit Mönchen und Nonnen, die übrige Dachfläche mit Pfannen gedeckt.
Auf dem massiven Altartisch steht der einfache, mit drei Kielbögen
und spätgothischem Maasswerk verzierte Flügelaltar mit drei Figuren, darunter
Christus und Maria.
Zwei Altarleuchter aus Messing haben einen walzenförmigen Schaft nach
gothischer Art.
Drei kleine, länglich runde Glasmalereien sind in die Bleiverglasung der
Fenster eingesetzt; auf der ersten ist ein Wappen mit der Unterschrift:
Johan Schvltze • 1645
auf den beiden anderen sind Petrus und Andreas zu sehen. Ausserdem ist noch
eine Malerei — Christus am Kreuze — vorhanden.
In dem mit etwa 50 cm Zwischenraum vor der Mitte der Westwand
errichteten hölzernen, mit Mönchen und Nonnen gedeckten, viereckigen Glocken-
-^ 79 8^
thurm hängen zwei Glocken. Die erste mit einem Durchmesser von 82 cm
trägt zwischen zwei Omamentstreifen am Halse die Lapidarinschrift:
Lobet den • Herrn mit hellen Cymbeln • Lobet ihn mit wohl-
klingenden Cymbeln.
Auf der Mitte der einen Seite ist zu lesen:
Johann Meyer Eönigl.
Stück Gieser in Gelle
goss mich. 1763.
Die gegenüberliegende Inschrift lautet:
Singet Gott! Lobsinget seinem Nahmen
Machet Bahn dem der da sanft herfäret
Er heisset Herr! Und freuet euch vor ihm.
Sämmtliche Buchstaben sind Lapidare. An einzelnen Stellen sind
Omamentstücke mit figürlichen Darstellungen angebracht.
Die kleinere, 79 cm im Durchmesser grosse Glocke hat in gothischen
Kleinbuchstaben am Halse zwischen zwei Riemchen eine zweizeilige Inschrift
mit der Jahreszahl 1461.
Ramlingen.
KapeUe.
Litteratur: Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim-, Manecke 11; Begenten-
Sahl 1698 ; Kayser, Kirchenvisitationen 1897 ; von Bennigsen, DiöcesangreHzen, Zeitschr. des
hiBt Ter. f. Nieders. 1863; Mithoff, Kunstdenkmale IV.
Quellen: Urkunde des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Verzeichniss der kirch-
lichen Ktinstdenkmäler von 1896; Schul chronik in Ramlingen.
Ramlingen, auch Rammeln, war ehedem einer der Grenzorte der Geschichte.
Diöcese Hildesheim gegen die Diöcese Minden und ist seit Alters nach Burgdorf
eingepfarrt. Eine Urkunde vom Jahre 1509 handelt von einem Vertrag zwischen
den Herzog Heinrich dem Jüngeren, denen von Dagevorde und sämmtlichen
Einwohnern des Dorfes «Ramling tho Borchtorp tobehorich*. Das Visitations-
protokoll vom Jahre 1543 besagt, die Kapelle «tho Ramlingesze* sei i, belegen
im kaspelde Borchtorp vnd an dat husz Borchtorp gelecht'. «Der Dorfzehnte
gehört denen von Lüneburg zu Waatlingen.'' [Manecke.]
Die durch das halbe Sechseck im Osten geschlossene, einfache Fach- Beschreibung.
werkkapelle von 12,5 m äusserer Länge und 6,3 m Breite hat ein im Westen
abgewalmtes Dach mit viereckigem Dachreiter im Westen. Die glatte Bretter-^
decke ruht an den Seiten auf schlichten Holzkonsolen. Eingangsthür und
Fenster sind rechteckig. Ueber der Tliür befindet sich auf einer besonderen
Tafel die Inschrift:
Kommt lasst euch den
Herren lehren.
Anno 1698.
Altarleuchter.
Bildwerke.
Gemälde.
Glasmalerei.
Kanzel.
-^ 80 X^
Die beiden Altarleuchter haben nach gothischer Art drei Fasse und
einen walzenförmigen Schaft mit drei Knäufen.
Drei aus Holz geschnitzte Bildwerke werden hinter dem Altar auf-
bewahrt. Das erste, eine handwerksmässig gearbeitete Heiligenfigur mit einem
Buch in der Linken^ stammt aus dem Anfang des XV. Jahrhunderts, das zweite,
Maria mit dem Leichnam Christi, sowie eine leidlich gefertigte Bischofsfigur
mit fehlenden Armen aus dem Anfang des XVI. Jahrhunderts.
Ein Oelgemälde, 26,5 cm breit und 35,5 cm hoch, zeigt Christus am
Kreuz mit der klagenden Mutter. Auf der Rückseite steht der Name des
Künstlers Brüggemann und darunter auf dem Holzrahmen die Jahreszahl 1782.
Eine Glasmalerei ist in ein Fenster der Nordseite eingesetzt. Sie enthält
Wappen imd Namen des fürstlich Braunschw. Lüneburgischen Amtmanns zu
Burgdorf H. Philip Günter Rimpau.
Die über dem Altar stehende Kanzel gehört dem XVII. Jahrhundert an.
R e t h m a p.
Kirche. Herrenhaus.
Litteratur: Doebner I, II, V und VI; Janicke; Sudendorf; Lüntzel, die
ältere Diöcese Hildesheim; Manecke II; Regenten - Sahl 1698; von Hodenberg, Ltine-
burger Lehnregister; Böttger, DiOcesan- und Gau -Grenzen; Nolte, die Salzburger in
Rethmar, Zeitschr. d. bist Yer. f. Nieders. 1876; Kayser, Kirchenvisitationen 1897;
Bertram, Geschichte des Bisthums Hildesheim I; Havemann; Mithoff, Kunstdenkmale IV;
derselbe, Kirchenbeschreibungen; Weber, die Freien bei Hannover 1898; Heise, die Freien;
Heraldische Mittheilungen 1897; von Orgies- Rutenberg, Geschichte der von Rutenberg und
von Orgies gen. Rutenberg, Dohlen 1899.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Yerzeichniss der kirch-
lichen Kunstdenkm&ler von 1896; Kirchenrechnungen zu Rethmar; Pfarmachrichten ;
Geschichtliche Notizen des Herrn Grafen von der Schulenburg- Wolfsburg.
Geschichte.
Das im grossen Freien belegene Dorf gehörte vormals zum Archi-
dlakonat Lühnde (»De banno Luende'') und zum Pagus Hastfala. Bereits das
Ende des XII. Jahrhunderts bringt sichere Kunde von dem Vorhandensein des Ortes.
Am Schluss des Güterverzeichnisses der Obedienz Ludengers aus dieser Zeit
lesen wir nämlich: «Mansi duo, unus in Huiringe, I solidus, alter in Rethmeer**
1306 ist ein „Thidericus plebanus in Rethmere' (sacerdos) Zeuge; es ist
vielleicht derselbe Thidericus, welcher 1311 ebenfalls als „plebanus in Retmere*
aufgeführt wird. Im Jahre 1332 verpflichten sich Siegfried von Rutenberg und
seine Söhne Siegfried und Hildemar nebst anderen Rittern und Knappen dem
Hildesheimschen Rath zu gegenseitigem Beistand auf 20 Jahre. Sie standen mit
diesem auf Seiten des vom Papst Johann XXII. als Gegenbischof aufgestellten
Erich, eines Sohnes des Grafen Adolf von Schaumburg. Sie machten sich
hierdurch dem Bischof Heinrich und den Herzögen Otto und Wilhelm arg
-^ 91 ^
verhasst. Dieselben berannten 1332 das feste Haus zu Rethmar, müssten jedoch
unverrichteter Sache wieder abziehen. Am 15. September des genannten Jahres
gelobt der Bischof Heinrich, dem Herzog Otto, seinem Vetter, während der
nächsten anderthalb Jahre dreimal vier Wochen lang mit 50 Mannen und
nöthigen Falls mit seiner ganzen Macht Kriegshülfe zu leisten und ihm zugefügten
Schaden zu ersetzen, jedoch „ane den schaden de vor Retmere scach . van der
stunde dat it berant wart wente dat men van dennen ret*. Ferner gelobt er:
„Dat hus to Retmere dat schulle we vh willen breken vn vsem vedderen helpen
weren igt dar yenigman weder buwen wolde binnen der tid dat de breue vn
Yse deghedlnghe wäret", also das Schloss um jeden Preis zu brechen und
dessen Wiederaufbau zu hindern. Gemäss einer Urkunde vom Jahre 1361 wird
eine Schenkung von 5 Hufen und 3 Kothöfeii «an dem Velde gheleghen des
dorpes to Retmere" „to dem Altäre der juncvrowen sente Caterinen in der
kerken to Retmere' seitens der von Rutenberg durch den Lehnsherrn Grafen
Johann von Spiegelberg genehmigt und zugleich bestimmt, dass dieselben »des
altares un des lenes und ore Erwen schullen ewigliken un immermer rechte
len Herren wesen". Die Urkunde befindet sich seit 1864 im Thurmknopfe.
In einer Urkunde vom Jahre 1540 wird unter den castellis (kleiner befestigter
Ort, kleine Burg), welche die Herzöge Erich und Heinrich von Braunschweig
und die Städte Braunschweig, Hannover, Northeim und Göttingen zur Zeit des
Bischofs Johann dem Stifte entzogen und mit Gewalt genommen haben, auch
.Retmer" genannt.
Der erste lutherische Prediger war der Inschrift seines Grabsteines
gemäss Johannes Schrader aus Göttingen, 1586—1638.
1615 reinigt und bessert der Uhrmacher von Hildesheim den »seiger*.
1618 werden die Fenster theils neu gemacht, theils ausgeflickt; den „seiger"
brachte man nach Peine zum Ausbessern. 1619 wird eine neue zinnerne Kanne
auf den Altar für 24 Groschen beschafiTt.
1628 hören wir in den Kirchenrechnungen von vielen Beschädi-
gungen der Kirche; unter Anderem werden 2 fl. 10 Gr. für zwei zinnerne
Kelche mit Patenen bezahlt; ferner 2 fl. um die 'Kirchenfenster wieder zu
flicken, 1629 1 Thlr. 9 Gr. für einen neuen Kelch, da der alte geraubt, und
2| Thlr. für zwei neue Altarleuchter; auch wurden Kirche und Thurm neu
gedeckt und vielleicht auch eine neue Taufe gefertigt. 1632 wird der von den
Kriegsleuten zerschlagene Seiger geflickt.
1647 wurde die Kirche vor dem Gewölbe und Taufstein gepflastert
sowie 1648 die Orgel gebessert. 1651 erhält der Maler Henning Hawer
aus Hildesheim für den neuen Altar, für den er bereits Geld empfangen,
noch weiter 30 rthlr. und Heinrich Ochsenkopf, Bildschnitzer ebendaher,
zu dem bereits Erhaltenen noch 15 rthlr. 1649 schmückt der Braun-
schweigische Meister Hans Wilhelm eine Prieche mit den 16 Ruten-
bergischen Urahnenwappen und vermalt Henning Hawer den Predigtstuhl.
1655 bekonnnt Heinrich Ochsenkopf für den neuen Taufdeckel 27 Gulden und
Henning Hawer ebensoviel. 1657 wird die Kirche gründlich ausgebessert und
1659 der Beichtstuhl und das Pult auf dem Chor niedriger gemacht. In
11
-^ 82 8^
Beschreibung.
Schiff.
letzterem Jahre vermalt Hemiing Hawer die Kirche «mit passions midt andern
Historien auch dem jüngsten Gericht undt sonsten Künstlich^. 1663 erhält
dieselbe neues Gestühl. 1716 lässt Philipp Adam zu Eltz eine neue Spitze auf
die Kirche setzen, 1717 schenkt er einen Taufstein aus der Kirche in die
Kapelle zu Evem. In diesem Jahre wurde der Thurm imd 1724 die Kirche
umgebaut. Die bogenförmige Holzdecke, der Altar und die Sakristei stammen
aus dem Jahre 1774. Der nördlichen CEhorseite wurde gegen Ende des
XVII. Jahrhunderts die Krypta Eltziana angefügt. Hier in Rethmar haben die
1731 aus ihrer Heimath vertriebenen Salzburger ein kurzes Refugium gehabt
Der damalige Gutsherr wollte sie für den Anbau seines Landes benutzen, doch
nahmen die Hörigen des Gutes ihr Anrecht auf Gutsarbeit in Anspruch. Der
Entscheid des Oberappellationsgerichtes zu Gelle lautete ungünstig ßa die Salz-
burger, und so mussten sie 1735 den Ort wieder verlassen. Ein Theil des
Dorfes erhielt nach ihnen den Namen «die Salzburg'*.
Das Patronat ruht seit Alters auf dem Hause Rethmar, welches nach
Heise landtagsfähig und von Steuern befreit war. Es besass ein eigenes
Patrimonialgericht über das Gut und die zu Rethmar wohnenden Junkerleute.
Bis zu ihrem Aussterben im Jahre 1647 waren die Herren von Rutenberg
Patrone.
Die Kirche besteht aus Chor, Schiff und Westthurm und hat einen
Anbau auf der Nordseite.
Das rechteckige Schiff imd der durch das halbe Achteck geschlossene,
Chor, schmalere Chor sind aus Bruchsteinen erbaut und haben hölzernes Haupt-
gesims. Durch eine gewölbte, geputzte Holzdecke wird das Innere der einfachen,
durch Flachbogenfenster erleuchteten Saalkirche abgeschlossen; Wand und
Decke sind durch ein Holzgesims getrennt. Eine mit glatten SandsteingeWänden
eingefasste Thüre befindet sich auf der Nordseite; im geraden Sturz ist die
Inschrift eingemeisselt:
Anno • 1724.
An die Nordseite des Schiffes ist das Erbbegräbniss der Familie Ernst
angebaut mit der Jahreszahl 1861 am Eingangsthor.
In der Kirche ist an der Nordseite ein jetzt zugemauerter, mit Sandstein-
gewänden und Kämpfern versehener Eingang zum vorgenannten Raum sichtbar
und trägt im Schlussstein die Inschrift:
Grypta,
Eltziana.
Hölzerne Emporen sind an der West- und Nordseite angebracht Im
Inneren an der Südseite ist ein runder Stein eingemauert mit dem Wappen
der Familie v. Rutenbei^ und der Umschrift in gothischen Kleinbuchstaben:
Anno • domini • m • cccc • Ixi.
Zu bemerken ist noch ein aussen eingemauertes Mordkreuz an der
Nordseite und ein runder Stein mit dem Rutenbergschen Wappen an der
Westseite.
Der aus Bruchsteinen erbaute, fast quadratische Westthurm von rund
5,5 m Seitenlänge trägt in der Wetterfahne die Jahreszahl 1717 und wird von
Thunn.
-^ 83 8^
einem achteckigen, in seinen unteren Theilen geschwungenen und durch ein
Gesims unterbrochenen^ beschieferten Helm bedeckt. Unten im Thurm liegt
das Grabgewölbe der Familie von Rutenberg. Auf der S&d- und Nordseite ist
je eine rondbogige Schallöffiiung angeordnet.
Altar und Kanzel sind aus Holz gearbeitet und mit einander verbunden. Altar.
Sie stammen aus dem XVIII. Jahrhundert. Die Altarwand zeigt zwei seitliche Kanzel.
Durchgänge.
Eine Glocke ohne Inschrift von 79 cm Durchmesser trägt am Halse Glocke,
zwei doppelte glatte Riemchen.
An der Thurmwand im Schiff ist der sehr schöne und gut erhaltene Grabsteine.
Grabstein des Bode von Rautenberge aufgerichtet. Auf demselben ist in einer
breiten Nische die Gestalt des Verstorbenen in der Rüstung sichtbar. Sechzehn
Wappen sind oberhalb und zu beiden Seiten angebracht und in Lapidarschrift,
wie folgt, bezeichnet:
V. Rvtenberg v. Adelevessen
V. Bartensie v. Salder
V. Swich V. Bovente
V. d. Asseb v. Steinb
V. Botmer v. Elven
V. d. Schvl V. Velthem
V. Krame v. Bodenhv
V. Hoym v. Havs
Die Umschrift in lateinischer Schrift lautet:
Ano Chri 1597 am 21. Septemb: abents zwisschen 5*vnd 6 vhren,
Jst der Edler vnd Ehrnühester Bode von Rautenberge in dem Herrn
selig entshlaffen, welcher tag des 64. Jhars S. E. gebürtstag gewesen.
vnd ruhet alhie in Grott.
Ein Grabstein mit dem Meisterzeichen H W ist in die westliche Aussenwand
desThurmes eingelassen; er ist derjenige der im Jahre 1611 gestorbenen Jungfrau
Margaretsi Elisabeth von Rvtenberg und hat an den Ecken die Wappen der
V. Rutenberg v. Velthem
V. Steinberg v. Salder.
Ein verwitterter Stein mit der Figur eines Enieenden vor dem
Gekreuzigten und dem Wappen der von Vechelde auf derselben Seite des
Tburmes hat das gleiche Meisterzeichen. Die Jahreszahl 1618 steht in der
unteren linken Ecke und ist ausserdem in einzelnen grösseren Buchstaben der
Au&chrift enthalten; die Letztere lautet, so weit sie lesbar ist:
Je hoher die Noth. Je naher ist Got.
Beatis manibus
Pietate probitate et doctrina or-
natissimi viri juvenis Dn: Alber:
ti de Vecheld dantiscani patri
u. candidati • nobilissimo
de Rautenberg et c: olim ab
archivis fldelissimi
11*
->4 84 S«-
Ein schßner, silbervergoldeter, 27 cm hoher Kelch mit dem Eltz'schen
Wappen auf dem Sechsblattfuss wird von dem Patron aufbewahrt. Er trggt
als Zeichen den sprin^nden Löwen und die Inschrift P. H., sowie auf der
unleren Seite des Fusses die Angabe: ,■ 1 MÄRZ 86 ANNO ■ 1706 ••
Fig. XI. Herrenhaas In Betbmar; Tbüre.
E^n innen vergoldeter, silberner Kelch hat die Lapidarinscbrift :
Den Fleissigen Einwohnern
zu Rethmar
Andenken
Der Gemeinheitstheilung
von 1812
von
der Landwirthschaftlichen
Gesellschaft
zu Celle.
->^ 85 8^
Das Ernst'sche Erbbegräbniss enthält den mit vielen Wappen, guten Sarg.
Ornamenten und interessantem Crueifix ausgestatteten Sarg des Philipp Adam,
Herrn zu Eltz, 21. Oktober 1727 gestorben.
Ein einfaches Taufbecken aus Messing trägt auf dem Rande die TanfschUsscl.
Inschrift in Lapidaren:
H • Johan • Bvntten • Ilse Sanders • 1 • 6 • 4 • 7 •
Das einfache, in Hufeisenform mit Mansardendächem erbaute Herren- Herrenhaus,
haus zeigt ausser den beiden Eingängen keine Eunstform; über der nördlichen
Eingangsthür sind in der Bekrönung die Wappen der Familien von Hardenberg
und von Steinberg angebracht. Links sind die Buchstaben P • A • V • H und
rechts • D • L • V • S eingemeisselt. Ueber der Regenceverdachung steht die
Jahreszahl 1735.
Die nach dem Hofe liegende Eingangsthür hat in der Bekrönung das
Wappen der Familie von Eltz und daneben die Buchstaben P A E — H Z E
sowie die Jahreszahl 1710.
Das Nebengebäude ist älteren Ursprungs, hat mit profilierten Sandstein-
gewänden — in welchen die Hohlkehle vorherrscht — eingefasste, gekuppelte
Fenster. Die Gewände und die Bekrönung der Thür sind mit figürlichen
Darstellungen geschmückt (Fig. 21). Zwei Wappen, diejenigen der Familien
von Rutenberg und von Steinberg, sind in der Bekrönung untergebracht und,
wie folgt, bezeichnet:
B O : V : R V : 1 • 5 • 7 • 5 • Cat : V : Steinberg • sein ehliche Hvsfraw.
An einem Nebengebäude ist ein Stein eingemauert mit dem Ruten-
bergschen und Veltheimschen Wappen und der Lapidar-Inschrift:
1613 am Ostertage ist dis Vorwerck in den Grvnd abgebrand. vnd
in demselbigen Jare wider angevangen zv bavwen.
Unten stehen die Namen:
Bartolt von Margareta
Rvtenberg von Veltem.
Schwüblingsen.
Kapelle.
Litteratnr: LUntzel, die ältere DiÜceseHildcsheim; Maneckell; von Ilodcnberg
Pagns Flutwide, Lenthe'ß Archiv VI; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Mithoff, Kunst-
denkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Fromme, kleine Chronik der Primariat-
pfarre zu Sievershausen 1889.
Das nach Sievershausen eingepfarrte Dorf begegnet in dem älteren Geschichte.
Zehnt-, Geld- und Fruchtregister des Klosters Wienhausen vom Ende des
XIII. Jahrhunderts als »Swibbelinghe" und wird daselbst vom Glossist des
XIV. Jahrhunderts zu ,Mey" gerechnet. Eine vom Kloster Wienhausen am
[
23. ]uni 1305 ausgestellte Urkunde besagt, dass das Dorf mit allen Gerechtsamen
und AufkQnflen an das Kloster gefallen sei und dieses dafür dem Priester zu
SieTersbausen und seinem Glöckner gewisse jähriidie Einkünfte zukommen lassen
werde. 1634 wird die Kapelle zu .Schwübling' genannt.
Flg. i». Kapelle In SchirftbllDKHD ; Craclflina.
Die Fachwerkkapelle hat einen mit Satteldach versehenen Dachreiter
im Westen, rechteckige Fenster, eine Eingangstbür in der Westseite und eine
glatte Bretterdecke.
Der aus dem XV. Jahrhundert stammende Schnitzaltar ist reich mit
Farbe und Gold behandelt. Im Mittelschrein steht die Figur der Anna Selbdritt ; auf
jeder Seite daneben beSnden sich Gruppen mit Darstellungen aus der Geschichte
Christi. Die beiden Flügel zeigen im Ganzen zwölf geschnitzte Figuren.
Ein etwa 50 cm grosser, vergoldeter, hölzerner, gut erhaltener Crucifiiua
stammt aus dem XV. Jahrhundert (Fig. 22).
-^ 87 8^
' S e h n d e.
Kirche.
Litteratur: Leil)niz, ScriptoreB renun BransvicenBinm; Janicke; Doebner I, II,
ni und VII; Sudendorf; Urkundenloach der Stadt Hannover; ürkundenbuch der Stadt
Braunschweig; Yolger, Urkunden der Bischöfe von Hildesheim; LUntzel, die ältere Diöcese
HUdesheim; Regenten -Sahl 1698; Manecke II; von Hodenberg, LUneburger Lehnregister;
Bertram, Geschichte des Bisthums Hildesheim I; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Böttger,
Diöcesan- und Gau-Grenzen ; Hithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen;
Heise, die Freien; Weber, die Freien bei Hannover 1898.
Quellen: Ürkundenbuch des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Stadtarchiv zu
Hannover, Redecker; Kirchenchronik in Sehnde; Yerzeichniss der kirchlichen Kunst-
denkmäler von 18%.
Das im grossen Freien belegene Dorf gehörte ehedem zmn Pfarrbezirk Geschichte,
der Kirche zu Lähnde. Wie aus der am 13. Oktober 1147 vom Bischof
Bernhard ausgestellten Bestätigungsurkunde der Besitzungen und Privilegien
des Bartholomäusstiftes hervorgeht, hätte der Odelricus canonicus sancte Grucis
demselben ,ad utilitatem fratrum* ,in Senethe viginti quatuor iugera cum
una area* geschenkt. 1187 übereignet Frederundis, Wittwe Berthold's von
Schartfeldi dem Kloster Steterburg 4 Hufen mit einem Hofe in Sehnde. Als
der Bischof Bemo 1191 dem Propst Gerhard von Steterburg den Besitz der
von ihm (de novo conquisita) für sein Kloster erworbenen Güter bestätigt und
ihm die Vogtei über dieselben übertrftgt, werden «Senethe tres mansi* und
«dedma in Senethe* genannt. Die Parochie wurde im Jahre 1207 gegründet.
Am 8. Mai 1207 giebt der Bischof Hartbert bekannt, dass die Sehnder zur
bequemeren Verriditung des Grottesdienstes die von ihnen gebaute Kapelle von
der Mutterkirche in Lühnde getrennt haben, jedoch ausbenommen das Synodal-
recht und nothwendige Bauten. Für die Auflösung des kirchlichen Verbandes
überweisen sie der Mutterkirche 2 Mark Silber und eine Hufe, von welcher
2 Solidi zu den Lichtem derselben verwandt werden sollten. Der Propst Hiddo
zur Sülte und sein Nachfolger Bernhard gaben ihre Zustimmung. Unter den
Zeugen erschemt Volbemus sacerdos de Seynede. Am 6. Oktober 1216
bestätigt der Papst Honorius III. dem Kloster Wöltingerode unter Anderem «in
Senede tres mansos*. In dem um 1250 aufgestellten Lehnsregister des Klosters
Steterburg heisst es: ,,Senedhe una curia et dicima super curiam. filii Florini
habent et filius Gonstin habet quosdam agros'.
1274 bestätigt der Papst Gregor X. der Kirche St. Bartholomaei zu
Hildesheim die «ecclesias de Lülene, de Lobeke, de maiori Sehnede et de Hotzenem
cum Omnibus pertinentiis earunden*". Am 26. November 1298 bezeugt der
Graf Gerhard von Hallermund die Erklärung der Bürger von «Senedhe' («Sende"),
dass sie weder das Recht, die E[irche «in uilla Sende" zu übertragen, noch das
Prfisentationsrecht an derselben besitzen und dasselbe auch nicht dem Herzog;
von Lüneburg übertragen haben, so dass sie irgend eine Belästigung vom
-^ 88 8^
Beschreibung.
Schiff.
Thnrm.
Altar.
Glocke.
Kloster zur SüIte deshalb erleiden könnten. 1448 und am Ambrosiustage 1449
bestätigt der Bischof Magnus von Hildesheim dem Bartholomäuskloster das
Patronatsrecht über die Kirche in Sehnde (,Senede*).
Zur Reformationszeit eignete die Landesherrschaft sich das Patronats-
recht an. Im Jahre 1578 beschweien sich die Dörfer Lehrte, Sehnde, Dolgen,
Haimar und Gretenberg gegen Uebergriffe des Bodo und Hans von Rutenberg.
1625 brannte der Fachwerkoberbau des Kirchthurms ab, wobei auch das Geläute
zerschmolzen wurde. Die Wiederherstellung erfolgte 1626 — 1655. Der jetzige
massive Thurm ward 1640 (Inschrift am Holm des Glockensluhls) vollendet.
1737 wurde die jetzige Kirche an den älteren Thurm angebaut, wozu 1300 Thaler
geliehen werden mussten, welche in Theilzahlungen wieder abgetragen wurden.
1842 erfolgte dann die Ablösung des Zehnten, welcher aus Sehnde an das
Michaeliskloster zu Hildesheim entrichtet werden musste.
Ein Johann von Sehnde (servus) begegnet zuerst 1204 in einer Urkunde
Bischof Harlbert's.
Die Kirche besteht aus Schiff, Wesllhurm und Sakristei.
Das auf einem Sandsteinsockel aus Bruchsteinen erbaute Schiff mit
Holzgesims ist als Saalkirche ausgebildet und wird durch eine geputzte, aus
Holz hergestellte, gewölbte Decke nach oben abgeschlossen. Gemalte Ornamente,
welche sich auf den Füllungen der hölzernen Emporen an der West-, Süd-
und Nordseite vorfanden, sind später wieder aufgefrischt. Das mit seiner
Längsachse von Süden nach Norden gerichtete Schiff hat mit Sandsteinquadem
eingefasste Ecken und ist mit seiner Längsseite an den älteren Thurm angebaut.
Auf jeder Seite sind zwei flachbogige und in der Süd- und Nordwand je ein
länglich rundes Fenster über den Eingangsthüren angebracht. Die im Osten
angebaute Sakristei hat eine Eingangsthür, welche im Sturz die Jahreszahl 1737
trägt. Sämmtliche Fenster und Thüren sind mit glatten Sandsteingewänden
eingefasst.
Der massive, aus Bruchsteinen erbaute, mit einem hohen, achteckigen
Helme bedeckte und mit korbbogig geschlossenen Schallöffnungen versehene,
viereckige Westthurm hat in etwa vier Meter Höhe einen sockelartigen Absatz;
der letztere wird durch einen, neben der flachbogigen Eingangsthür auf der
Westseite stehenden Strebepfeiler gestützt. Ein spitzbogiger Durchgang nach
dem Schiff ist jetzt vermauert. Die Gewölb^linien sind im Inneren des Thurmes
noch sichtbar.
Der unter Benutzung einiger älteren Figuren hergestellte neue Altar
steht in der Mitte der östlichen Längswand; mit ihm ist die Kanzel vereinigt.
Die aus dem Jahre 1653 herrührende schöne Glocke von 1,01 m Dureh-
messer trägt zwischen zwei Omamentstreifen am Halse die Lapidarinschrift:
venite ad nyptias qvia parata svnt omnia. Matth. 22.
Als Schluss ist ein Kopf angebracht. Die bischrift auf der einen Seite
der Glocke lautet:
Altarlevte Bvsso Nettelrots
Dieterich Rikelman
-^ 89 8^
Zu beiden Seiten beflnden sich zwei Blumen und darunter drei kleine
Köpfe. In der Mitte der anderen Seite ist zu lesen:
Joachimus Mvller Pastor
Anno Pastoratvs. 28.
Zu beiden Seiten sind wiederum zwei Blumen angebracht, darunter ein
erhabener, schöner Crucifixus mit flatterndem Lendentuche, von drei Köpfen
umgeben. Am Glockenrand steht zwischen zwei Köpfen die Inschrift:
Anno MDCLIII gos mich M. Hcnni Lampen in Hildesheim.
Hinter dem Altar im Inneren der Kirche ist ein gut gearbeiteter Grab- Grabsteine,
stein eingemauert, auf welchem der Pastor Jochim Mvller, gestorben am
4. Dezember 1655, ein Buch in der linken Hand haltend, dargestellt ist. Ein
einfacherer Grabstein der Sophia Dorothea Müller, gestorben 1732, steht in der
äusseren, westlichen Thurmwand. Der Stein des Hinrich Breithaur auf dem
Kirchhofe, gestorben 1725, zeigt in einer von zwei gewundenen Säulen seitlich
begrenzten Bogennische eine männliche Figur mit einem Knaben und eine
weibliche mit einem Mädchen zu den Seiten des Gekreuzigten. Der Grabstein
des Junggesellen Henning Boden zeigt die Figur des im Jahre 1753 Verstorbenen.
Der Stein ist auf der Seite bezeichnet: Hoyer. Ein kleiner Grabstein mit dem
Bilde der 1746 Verstorbenen ist einem kleinen Mädchen gewidmet. Der Grab-
stein des 1752 gestorbenen Junggesellen Anthon Klünder zeigt den Verstorbenen
in ganzer Figur. Die Grabsteine des 1746 gestorbenen Ludolf Jürgen Rust und
des Gasten Hapken (XVIIl. Jahrhundert) enthalten Darstellungen des Gekreuzigten
mit den Familien und die Bezeichnung J. B. Hoyer und Hoyer. Ein weiterer
Grabstein des XVIII. Jahrhunderts enthält eine Darstellung des Gekreuzigten.
Verschiedene stark verwitterte Steine lassen die Schrift nur noch schwach
erkennen.
Das mit beflügelten Engelsköpfen verzierte Becken eines Taufsteins von Taufstein.
0,59 m oberem Durchmesser wird jetzt im Pfarrgarten aufbewahrt. Der obere
Band trägt die Inschrift: „Lasset die Kindlein zv mir komen vnnd w[eh]ret
inen nicht Denn solcher Ist Das reich Gottes*. Die übrige Inschrift ist durch -
Moos verdeckt, jedoch die Jahreszahl 1593 wohl zu erkennen.
Sievershausen.
Kirche.
Litteratur: Rethmeicr, Chronika II; BUnting, Chronika II ; Pfcffinger, Historie I;
Doebner II und III; Sudendorf; Vogell, Geschlechts-Geschichte der von Schwicheldt
1823, Urkundensammlung; LUntzei, die ältere Diöcese Hildesheim; Manecke II; Regenten-
Sahl 1698; Havemann, neues vaterl. Archiv 1824 und 1828; Zeitschr. d. hist. Ver.
f. Nieders. 1853 und 1858; Böttger, Diöcesan- und Gau-(irenzen; Ännalen der Braun-
gchweig-Lüneburgischen Churlandc VI; Schulze, Geschichtliches aus dem Llineburgschen
1877 ; von Hodenberg, Pagus Flutwide, Lenthe's Archiv VI; von Hake, Geschichte der Familie
von Hake; Bertram, Geschichte des Bisthums Hildesheim I; Kayser, Kirchenvisitationen
12
-^ 90 8^
1897; Mithoff, Eunstdenkmale lY; derselbe, Kirchenbeschreibnngen; Fromme, kleine
Chronik der Primariatpfarre zu Sievershausen 1889; Weber, die Freien bei Hannover 1898;
Schulz, Bissendorf, Hannoversche Geschichtsbl. 4. Jahrg.; Förstemann, Ortsnamen; Meyer,
die Provinz Hannover 1888; Görges, Vaterländische Geschichten und Denkwürdigkeiten TL
Quellen: Urkunden und Akten des Egl. Staatsarchivs zu Hannover; Yerzeichniss
der kirchlichen Kunstdenkmäler von 1896; Stadtarchiv zu Hannover, Redecker.
Geschichte. öievershausen, jetzt Sitz einer Superintendentur, war ehedem Archi-
diakonatskircbe und im Gau Flutwide belegen. Zu ihrem Bann gehörten
Sievershausen, üetze, Rindage oder Lindage (wüst); Burgdorf, Steinwedel,
Eirchhorst, Wettmar, Edemissen, Eickenrode, Eddesse und vielleicht Burgwedel.
Die Gefälle aus den Kirchspielen Eltze, Wipshausen, Eddesse, Eickenrode,
Edemissen, Vöhrum, Mehrum und Hohenhameln lassen aber auf eine ehemals
noch grössere Ausdehnung des Taufkirchenbezirks schliessen.
In einer etwa zwischen 1243 und 1246 geschriebenen Urkunde ist
Henricus sacerdos de Syuerdishusen Zeuge. Am 8. JuU 1295 giebt der «OfBcialis
curiaeHildensemensis*' neben Anderen auch dem Pfarrer zu „Siverdeshusen* auf,
die geschärfte Exkommunikation des Hildesheimschen Rathes durch die ihm
untergebenen Pfarrer verkündigen zu lassen. 1296 ist «Arnoldus dictus Woltmann
plebanus in Siuerdeshusen* Zeuge. Eine Urkunde des Klosters Wienhausen vom
23. Juni 1305 besagt, dass, nachdem das Dorf Schwüblingsen mit allen Gerecht-
samen und Aufkünften an das Kloster gefallen sei, dieses dem Priester zu
Sievershausen und seinem Glöckner gewisse jährliche Einkünfte zukommen lassen
werde; auch werde das Kloster nach wie vor das Aerar der Sievershäuser
Kirche unterstützen. 1349 verpfänden Günther und Huner von Bartensieben
denen von Schwicheldt ,dat Dorp to Syverdeshusen voghedige vn alle dat we
dar hebbet mid alleme rechte vn mid aller slachte nud*. Bei dem 1428 auf
30 Jahre abgeschlossenen Erbvergleich der Brüder Brand, Kurt des Aelteren,
Heinrich, Heinrichs Sohn und Kurt des Jüngeren erhalten Brand und der ältere
Kurt unter Anderem ^dat Dorp to Ziverdeshusen mit gerichte vnde vogedye
vnde mit alleme rechte*. Aus einer Urkunde vom Jahre 1520 geht hervor,
dass Aschwin von Schwicheldt und sein Sohn Barthbld die Dörfer «lutken
Ilsede* und ^Siverdeshusen* geplündert haben.
Der erste lutherische Prediger war Johannes Harden, vormals Amtmann
zu Peine; er wird 1534 genannt und ist 1554 ge&torben. 1539 verkaufen die
Söhne Aschwins von Schwicheldt ihren Vettern unter Anderem ,de helffle der
twier Dorpe lutken Ilsede vnd Sivershusen mit aller gerechticheit an gerichte
vngerichte Vogedie acker tegeden holten grase watere vnd weyde nichtes vth-
bescheden zusampt dem kerklene". 1555 haben die Beamten von Meinersen
und Uetze die Kirchenkasse revidiert. Damals wurde die erste Sievershäuser
Kirchenrechnung, betitelt „Rekenschoflf der Olderlüde der Kerken tho Siuers-
hausen* angelegt. 1556 wird ein Kelch für 6 Gulden 1 Ort gemacht und eine
kleine Weinflasche für 1 Ort gekauft. 1558 wird den Aelterleuten der Kelch
gestohlen, 1562 eine Weinflasche für 13 Groschen gekauft; 1567 werden
18 Groschen für ein grünseidenes Tuch zu einem neuen Messgewand (»aluen')
-►4 91 fr»-
bezahlt, 1569 15 Groschen «vor Einen Eelck wedder tho makende' und
2 Groschen für eine Oblatenbüchse, 1570 21 Gulden den ,segers vnd timmer-
luden, so bi orer egen kost, de Prichen [2] macheden, vnd dat Eine liekhusz
(Halle vor der Kirche) buweden'; 1572 11 Gulden für einen sübemen, zu
Braunschweig gemachten Kelch. 1573 legt Hans Hanneker »Hwe bonen' vp der
Kercken* an. 1575 wurde das Kirchspiel der Burgdorfer Superintendentur
untergeordnet. 1579 verehrte «der dicke Büring, Molitor in der nien Molen*
den ersten Gotteskasten und Henichen Hoyer (Höper) einen Klingebeutel. Die
vUtgaue" von 1581 enthält zwei Abrechnungen, welche überschrieben sind:
,De Kercke Siuershusen tho buwende gekostet, wi folget .Ao 81 (1581).' und
gleich darauf «De Bonne In der.Kerkenn, Ao 81 (1581) gebuwet kostet wi
folget*. In der »üthgaue* fttr die Jahre 1582—1590 lesen wir: .De Timmerlude
hebben gearbeide In der kerken, vnd dar In gebuwet, 11 vnderslege dar de
bone vppe licht vnd I prichen . . . .' 1585 wurde «de dope' umgesetzt, und es
wurden zwei «kelekdoke* für einen halben Gulden gekauft. 1589 erhält der Maler-
meister Haus Getelde 60 Gulden. 1596 wird ein zerbrochener Kelch neu
«auszpolirt* und 1598 eine Thür vor dem Predigtstuhl angelegt. 1632 musste
der Gottesdienst der Unsicherheit wegen im benachbarten Dollbergen abgehalten
werden. 1641 um Pfingsten wurde der Ort von schwedischem Kriegsvolk über-
fallen; viele Bewohner wurden getötet, der Gotteskasten beraubt, das Getreide
verdorben und die Felder verwüstet. Wer mit dem Leben davon kam, liess
seine Habe im Stich und floh. Im Jahre 1688 wurde die dem heiligen Martin
geweihte Kirche an der Südseite um 13 Fuss in der Breite erweitert. Der
Anbau wurde an die Südseite des Thurmes angelehnt. Zugleich wurde eine
3 bis 4 Fuss betragende Erhöhung vorgenommen. Mehrere Jahre darnach erhielt
die Kirche ihre erste Orgel. 1691 wurde das Gotteshaus erbrochen und der
Altargeräthe beraubt. Trotz des kurz voraufgegangenen Umbaus vermochte die
Kirche, wie eine 1706 durch Einschneiden kassierte Urkunde ausweist, dem
Herzog Georg Wilhelm von Braunschweig und Lüneburg im Jahre 1697 550 Thaler
vorzustrecken. Kurz vor dem Tode des Joachim Elias Fricke, 1696—1723,
vnirde in Sievershausen eine Superintendentur errichtet und Fricke zum Super-
intendenten ernannt. Dieser machte sich um die Ausstattung des Inneren der
Kirche sehr verdient. Er schenkte derselben eine silbervergoldete Hostiendose,
einen kleinen, silbervergoldeten Abendmahlskelch, einen Klingebeutel und anderes
mehr. 1814 wurde eine zweite Predigerstelle geschaffen. 1819 fand abermals
eine Vergrösserung des Kirchengebäudes statt. Sie bestand in einer Verlängerung
nach Osten. Die Kosten wurden theils aus dem Kirchenärar, theils durch eine
doppelte Kirchenvorrathskollekte und endlich durch einen Zuschuss von 600 rthlr.
auis dem Vermögen der Kapelle zu Arpke aufgebracht. Die innere Ausstattung
vnirde eine völlig andere. Es wurden eine neue Kanzel, ein neuer Altar und
eine neue Orgel aufgestellt. Die Kanzel, bisher an der Nordseite der Kirche,
wurde nun über dem Altar an die Altarwand geheftet; der Taufstein, bislang
vom auf dem C!hore stehend, wurde entfernt und letzterer auf beiden Seiten
mit Kirchenstühlen besetzt. Die Orgel, welche ihren Platz an der Südseite der
Kirche, der Kanzel gegenüber, gehabt, wurde an die Westseite unter den Thurm
12»
-^ 92 8^
Beschreibung.
Schiff.
verlegt. Die Leichensteine der Pastöre und ihrer Angehörigen fanden als Tritl-
und Pflastersteine Verwendung. Zu den Zeiten des Superintendenten Johann
Andreas Freytag, 1854 — 1876, wurde das Innere der Kirche neu vermalt, die
jetzige Thurmspitze gebaut, sowie eine neue Thürmuhr und eine Schlagglocke
angeschafft, endlich 1877 ein neuer Glockenstuhl gebaut.
Hier, zwischen Sievershausen und Arpke, fand am 9. Juli 1553 »auff
grauer heidt im freyen feldt" die berühmte Sievershäuser Schlacht statt
Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach focht gegen den Churiursten
Moritz von Sachsen, auf dessen Seite Herzog Heinrich der Jüngere von Braun-
schweig-Wolfenbüttel mit seinen Söhnen Philipp Magnus und Karl Victor, sowie
Herzog Friedrich von Lüneburg, Herzog Ernsts Sohn, kämpften. Der Markgraf
wurde geschlagen, doch war der Sieg theuer erkauft. Philipp Magnus und Karl
Victor fielen im Kampf. Der Ghurfürst Moritz starb zwei Tage nach der Schlacht,
Herzog Friedrich elf Tage darnach. 4038 Mann bedeckten tot die Wahlstatt;
4 Fürsten, 9 Grafen, 300 vom Adel (darunter Just Hake) lagen auf beiden
Seiten erschlagen. Des Churfürsten Eingeweide wurden unter dem Taufstein
in der Kirche eingesenkt, der Körper in der Domkirche zu Freiberg in Sachsen
bestattet. Neun Gefallene vom Adel wurden in der Kirche begraben. Der
Pastor Vincentius Harden dichtete ein Lied auf die Schlacht, der Pastor
Conrad Breiger, ein wohlhabender Mann, wird das Bild haben anfertigen lassen.
Es ist von einem tüchtigen Maler gefertigt. Links im Vordergrunde ist Arpke
angedeutet, rechts sieht man die Kirche und einige Häuser von Sievershausen.
Dazwischen wüthet der Kampf. In der Mitte des Vordergrundes ficht Karl Victor;
sein Bruder Philipp Magnus liegt tot am Boden; Friedrich von Lüneburg sinkt
tötlich getroffen vom Pferde. Das Gemälde hing früher rechts von der Kirchthür
an der Südseite des Schiffes. 1819 wurde es hinter der Kanzel an der Mauer
aufgehängt. 1825 und 1853 wurde es vom Schmutz gesäubert.
Die Kirche besteht aus dem Schiff, einer kleinen Sakristei im Osten und
einem Westthurm.
Das als Saalkirche ausgebildete, mit einer geputzten, bogenförmigen
Holzdecke überspannte, massive Schiff hat hölzerne Emporen an der Süd-,
Nord- und Westseite und ist im östlichen Theile um eine Stufe erhöht. Fenster
und Thüren sind geradlinig geschlossen, die Strebepfeiler mit Sandsteinplatten
abgedeckt. Das im Osten abgewalmte Satteldach hat Pfannendeckung. Die
ganze Kirche ist aussen geputzt. Drei Inschrifttafeln sind aussen in die Süd-
wand eingelassen; diejenige an der östlichen Ecke lautet:
Vergrössert
und
neu ausgebauet
1819
V. During, Drost
Walbaum, Superintend
Thöri Pastor
Plate und Niewerth
Juraten.
-*-g 93 »-*-
Auf der mittleren ist zu lesen:
De slacht • twisken • MavriÜo -H-v. C-z-S-H-H-z-B-v-L- vnd
Alberto ■ Marcbgrav z ■ N • Twisken Arpke vnd Sivershavsen den
IX Jvli ■ Anno ■ 1553 ■ gescehen.
Die westliche Tafel ist über der mit einer Hohlkehle profilierten, Spitz-
bergen Thür eingemauert. Diese ThAre führt in einen Raum, durch welchen
das Schiff, sowie auch der Thurm betreten werden kann. In die Tafel ist die
Inschrift eingenieissett:
-^ D-O-M.
'i P-Q Suo ChrisUano
sub
Ser . ""> Regimine
t Georg II Gvilielmi
Ducis Bruns ■ et ■ Lüneb
Aedes haec
1 Denuo exstruda
Opus ctirante
Guslavo Molano
Superint
et
M ■ Johanne Valenkamp
MD-GXXCVIÜ-
Der viereckige, massive, an der Tharm.
nordwestlichen Ecke stehende, auf der
Siüd- und Ostseite eingebaute Thurm
hat in neuerer Zeit einen Backstein-
aufbau erhalten. Innen in der Ostwand
ist eine grosse, jetzt zugemauerte, mit
Sandsleinen überwölbte, halbkreis-
förmige OefTnung sichtbar. Eine mit
vortretenden Kämpfersteinen — Platte
und Wulst — versehene, in einer
halbkreisfürmigen Bogennische liegende.
Flg. SS. Kirch« In Bi6TM.h»u«Di Thür. Aachbogig Überwölbte Thür befindet
sich in der südlichen Thurmwand
(Fig. 23). West-, Süd- und Nordseite haben je zwei spilzbogige, hoblgekehlle
Schallöffnungen.
Die in den Formen des Klassizismus ausgeführte hölzerne Altarwand Altar.
mit zwei seitlichen Durchgängen stammt aus dem Anfange des X(X. Jahrhunderts.
Zwei schwere Altarleuchter aus Bronze haben Inschriften am Fusse und Altarlcnchter.
einen walzenförmigen Schalt.
Die Inschrift des ersten lautet:
D Zv • der • Ehre ■ Gottes - hat ■ Hinrich ■ Altena ■ diese ■ Levchter • in •
die • Kirche ■ zv ■ Sivershvsen ■ verehrt ■ Anno 1 - 6 ■ 28 ■
Die Inschrift des zweiten Leuchters nennt denselben Stifter.
-'1
I
-•-8 94 g^
Gemälde. Das auf Holz angefertigte Gemälde der Schlacht bei Sievershausen hat
folgende Ueb^rschrift:
Die
Schlachtung für
Sievershausen gehalten,
Anno Quisti, 1553 : d. 9 Julii.
Darunter befindet sich eine Erklärung der Standorte der Streitenden.
Die Unterschrift lautet:
I Sic Sigfridhusi pugnatum est acriter olim,
Annos nosse LIbet Dat tibi penta Meter
Gadmeam hanc dixis pugnam : Victoribus illa
Scilicet et victis exitiosa fuit:
I Ensifer elector globulo Mairitius actus
I Huius in aediculae viscera misit humum.
\ Magne Philippe et Garole victor et o Friderice
ßrunonum et Lunae sanguis avite ducum,
Vos hanc heroo decorastis sanguine arenam
Vobiscumque pari sorte novem comites
Trecentum cum quinquaginta nobilis ortus
Sed de plebe cadunt milia qiiiinque virum
Marchiadum Albertus, vivus sed victus abivit
Pluribus exque suis triste valere dedit.
i Gonr: Breiger P.S.
In der zweiten Zeile geben die grossen Buchstaben als Zahlen betrachtet
zusammen die Jahreszahl 1553.
f
S t (B i n w^ e d e L
Kirche.
Litteratnr: Doebner I; Sudendorf; Lüntzel, die ältere DiOcese Hildesheim;
Begenten - Sahl 1698; Braunschweigische Anzeigen 1751; Manecke II; Havemann;
Bertram, Geschichte des Bisthnms Hildesheim I; von Hodenberg, Pagos Flutwide, Lenthe's
Archiv VI; BOttger, Diöcesan- und Gau -Grenzen; Eayser, Kirchenvisitationen 1897;
Mithoff, Kunstdenkmale lY; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Neues vaterl. Archiv 1828;
Uhlhom, die Kirche in Kirchhorst und ihre Kunstdenkmäler, Zeitschr. d. hist Yer. ftir
Nieders. 1899.
Quellen: Urkunden und Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Pfarrbuch
in Steinwedel; Yerzeichniss der kirchlichen Kunstdenkmäler von 1896.
Geschichte. Das an der Aue belegene Dorf gehörte ehedem zum Archidiakonat
Sievershausen und zum Pagus Flutwide. Das Patronatsrecht übte bis zu seiner
Aufhebung das Michaeliskloster zu Hildesheim aus. Diesem stand auch die
halbe Untervogtei zu, und es liess alle Jahre vor des Klosters Hofe ein Gericht
j
-•-8 95 «H^-
haltea Nach Böttger kommt der Ort bereits 1022 vor. Es war dahin vormals
die der heiligen Maria Magdalena gewidmete Kapelle, welche zur Burg der
1282 ausgestorbenen Edlen Herren von Depenau gehörte, eingepfarrt. Das
Patronat derselben stand ebenfalls dem Kloster zu. Die Emkünfte der Kapelle
wurden «bey der Ruinirung' zur Steinwedeischen Kirche geschlagen. In dem
Güterverzeichm'ss des Klosters aus dem XIV. Jahrhundert heisst es : .Beneficium
altaris s. M. M. in Depenaw et spectat ad ecclesiam in Steenwedel". 1302 erklärt der
Bischof Siegfried von Hildesheim, dass er den zwischen ihm und dem Abt des
Ifichaelisklosters wegen des Patronatsrechtes über die Kirche in ^Eveningherode*
(Everode) bei Winzenburg bestehenden Streit dahin beigelegt habe, dass der Abt
und der Konvent des Klosters auf dieses Recht gegen Uebertragung des Patronats-
rechtes über dieKuxhe zu «Stenwede* zu des Bischofs Gunsten verzichten. 1306
verkaufen die Gebrüder Ekbert und Hermann, genannt von Wolfenbüttel («dicti
de Wlflebutle*), dem Kloster das Dorf — «proprietatem ville cuiusdam dicte
Stenwede*. In diesem und dem darauf folgenden Jahre begegnet Dietrich als
«plebanus in Stenwede*. Bereits 1320 werden Gross- und Klein-Sleinwedei
unterschieden. 1352 löst der Bischof Heinrich die Kapelle in «Lerethe* aus dem
Parochialverbande der Earche in «Stenwede* (siehe Lehrte). Der Ueberlieferung zu
Folge trennten sich im Jahre 1355 Immensen (siehe dieses), Stemwedel und Aligse
von Burgdorf, gaben für die Goncession 3 halbe Mark löthigen Silbers und
bauten ihre Kirche zu Stemwedel. Zu ihren Schutzpatronen wählten sie die
Heiligen Nicoläus und Petrus. Da die Kirche aber bereits 1302 genannt wird,
so kann die Zahl 1355 nur mit Vorbehalt aufgenommen werden. 1494 wurde
einem Aktenstück zu Folge das vor der 1627 zerstörten Kirche bestehende
Gotteshaus gebaut und dem Apostel Petrus geweiht. Dass sich diese Notiz
nur auf einen Umbau oder Neubau der früheren Kirche (siehe oben) beziehen
kann, dürfte aus den angeführten Nachrichten zur Genüge hervorgehen.
1543 werden im Visitationsprotokoll aufgefiUirt: .Glenodia : III Silb.
kilcfae mit den patenen vorgult. 1 Miszegewand mit seiner zubehörung*.
1627 wurde die Slirche von den Soldaten Tilly's in Brand gesteckt und in Asche
gelegt. 1662 wurde sie wieder aufgebaut, doch blieb der Thurm baufällig.
Die Zahl 1662 befindet sich sowohl in der alten Wetterfahne^ welche früher
auf dem Thurme stand, als auch an diesem selbst im Thürsturz. 1651 schenkten
die Aelterleute der Immensener Kapelle der Kirche zu Steinwedel auf Bitten des
Pastors zum Deckel über dem Predigtstuhl 18 Gulden .wiewol er das Geldt
nimmermehr werth ist*. 1656 wurde durch «Hennig Lampe und Jacob Körber
in Hildesheim ' eine Glocke gegossen. Das neugebaute Gotteshaus war sehr klein,
etwa zwanzig Fuss breit und vierundvierzig Fuss bis an den Thurm lang und hatte
nur vier Fenster. 1751 wurde das Schiff abgerissen und in den Jahren 1752/53 vom
KgL Festungs-Mauermeister Lippold zu Hannover neu gebaut ; der Thurm wurde
beibehalten. Der Altar mit eingebauter Kanzel nebst Schalldeckel zum neuen
Gotteshause wurde vom Tischlermeister Rühring und dem Mahler Henning
Jäger aus Gelle verfertigt. Es wurde der Altar in der Neuenh&user Kirche vor
•
Gelle zum Modell genommen. 1753 wurde die Kirche geweiht. 1768 lieferte
der Orgelbauer Johann Andreas Zuberbier aus Hannover, thätig in Obem-Kirchen,
-^ 96 8^
Beschreibung.
Schiff.
Thurm.
Altar.
Kanzel.
Altarleuchter.
Glocke.
Grabmal.
Grabsteine.
Taufstein.
eine neue Otgel. In einer Akte vom Jahre 1831 wird die Kirche zu Steinwedel
als unvermögend, dagegen die Kapelle zu Immensen als sehr bemittelt hingestellt.
Das Bauwerk besteht aus Schiff und Westthurm.
Das mit gefastem Sandsteinsockel, Eckquadern und hölzernem Haupt-
gesims versehene, geputzte Schiff hat ein im Osten abgewalmtes Satteldach.
Das Innere ist als Saalkirche ausgebildet und durch eine bogenförmige, geputzte
Holzdecke abgeschlossen, in welche auf jeder Langseite drei Dachgauben
einschneiden. Einfache Emporen aus Holz befinden sich auf der West- und
theilweise auf der Süd- und Nordseite. Zehn mit glatten Sandsteingewänden
eingefasste, rechteckige Fenster und zwei halbkreisförmig überwölbte Eingangs-
thüren mit vortretenden Sockel-, Kämpfer- und Schlusssteinen sind in den
beiden Langseiten angeordnet. Eine kleinere Eingangsthür an der Ostseite
hat dieselbe Construction. In der Wetterfahne auf dem Schiff steht die Inschrift:
A. F.
1662.
Der geputzte, viereckige, massive Thurm ist durch eine mit gefastem
Sandsteingewände eingefasste Thür im Westen zugänglich; im geraden Sturz
ist zu lesen:
Renovalum. Aö. MDCLXII.
Einige kleinere Fenster auf der Süd- und Nordseite zeigen dieselbe
Ausführung wie die Eingangsthür. Innen in der Ostwand ist eine grosse, jetzt
zugemauerte, spitzbogige Oeffnung sichtbar.
Altarwand und Kanzel sind mit einander verbunden und stammen aus
der Mitte des XVIII. Jahrhunderts. Der Aufbau des Altars besteht aus zwei
seitlichen, glatten Säulen, welche ein verkröpftes Gebälk tragen. Auf dem
Schalldeckel ist ein Crucifixus angebracht.
Zwei schöne Altarleuchter aus Bronze zeigen die spätgothische Auffassung.
Die 1,11 m im Durchmesser grosse Glocke ist von G. A. Becker im
Jahre 1802 in Hildesheim gegossen.
Das einfache Grabmal des Andreas Francke und seiner Gemahlin
Elisabetha Artmans, gestorben 1689; ist aussen in die Ostwand des Schififes
eingemauert. Ueber der Inschrift sind die beiden Wappen, seitwärts davon
Ornamente und darunter zwei Bibelsprüche angebracht.
«
Von den Grabsteinen stehen derjenige der Dorothea Elisabeth Dohrs,
geboren 1737, und derjenige des Barteidt Köneckeir, gestorben 1740, auf dem
alten Kirchhofe; der Grabstein der Geese Buchholtz, gestorben 1725, und ihres
Mannes, des Küsters Johannes Götting, gestorben 1734, ist in die Ostwand des
Schiffes eingelassen und von dem Meister Anton Höyer verfertigt.
Ein im Pfarrgarten aufgestelltes, mit Ornamenten verziertes Taufbecken
aus Sandstein ruht auf einem sechseckigen, mit Köpfen versehenen Schaft und
hat die Inschrift:
Wer gelvbt vnd sich tavfen let sol d durch sei • wer Anno 1636.
-•-8 97 8«^-
U e t z e.
Kirche. Herrenhans.
Litteratnr: Origines Guelficae; Meriaa; Janicke; Doebner III; von Hoden-
bergy Calenberger Urkundenbuch VI; derselbe, Hoyer Urkandenbuch; derselbe, LUne-
bnrger Lehnregister; derselbe, Pagns Flutwlde, Lenthe^s Archiv VI; Sudendorf; Vogell,
Geschlechtsgeschichte der von Schwicheldt 1828, Urkundensammlung; Gmpen, Origines
et Antiqnitates Hanoverenses; Urkundenbuch der Stadt Hannover; Lttntzel, die ältere-
DiOcese Hildesheim; Begenten-Sahl 1698; Havemann; Maneckell; Bertram, Geschichte des
Bisthums Hildesheim I; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Schulze, Geschichtliches aus dem
Lttneburgischen ; Böttger, DiOcesan- und Gau-Grenzen; Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe,
Kirehenbeschreibungen; Lütkemann, Uetze 1898; Zeitschr. d. bist Yer. f. Nieders. 1864.
Ueber die Familie siehe von Meding, Nachrichten von adelichen Wapen I und
die einschlägigen Begister.
Quellen: Urkunden und Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover.
Uetze gehörte vormals zum Archidiakonat Sievershausen und zum Geschichte.
Pägus Flutwide. Es ist an der Fuhse belegen, welche den Vorort »der Damm'
genannt, vom eigentlichen Orte trennt. Gemäss einer dem Anfange des
Xn. Jahrhunderts angehörenden Urkunde hatte das Michaeliskloster Besitzungen
(predia) in «Utisson', belegen «in pago Flutwidde in prefectura Thammonis*.
Ein Gotteshaus muss hier schon frQh bestanden haben. In einer am 15. August
1215 zu Brocke! ausgestellten Urkunde des Bischofs Hartbert ist ein «Conradus
sacerdos de Uttessem' Zeuge. Der Ort hat seinen Namen von dem Gute derer
von Uttensen, welche nebst dem Gute das Dorf mit den Niedergerichten,
Zehnten und dem Pfarrpatronat vom Hildesheimschen Stift zu Lehen trugen
und auch die Stifter der Kirche gewesen sein werden. Der ftltest Bekannte
dieses Geschlechtes dürfte der Ministeriale Erewicus de Utissen oder Harwicus
de Vtesseim sein, welcher 1203 zweimal in Urkunden begegnet. Auch 1218 kommt
ein Herwicus de Uttensen und zwar im Gefolge Kaiser Otto's IV. vor. Die Besitzer
des Gutes wechselten mehrfach, bis Herzog August dasselbe 1636 den 1625 vom
Kaiser Ferdinand geadelten Herren von Lüneburg vermachte. Die Gutsherren waren
zugleich Patrone. 1331 ist «Johannes plebanus in Utze* Zeuge. 1357 erhalten
Heinrich und Hans von Schwicheldt vom Bischof Heinrich ,den meyerhoff to
Ytze enem hoff darsulves de os los ward van hem Frederike Reghem' zu
Lehen. 1434 erklfirt Herwich van Ytze, Sohn Herwich's, vom Bischof Magnus
den ySedelhoff to Ytze mit allen synen tobehoringen den tegeden vnde ok dat
kerklen to Ytze' als Lehen empfangen zu haben. 1480 giebt Hartmann von
HQdenqrm, Bürger zu Braunschweig, kund, dass er und seine Gattin Hflborch
«eyne wisch in de karken to Ytze* nach ihrem Tode gegeben haben und zwar-
Gott, Haria. und St. Johannes. 1482 überlassm Jasper von Uetze, Hartwig's
Sohn, und seine Gattin Margaretha den Dorfzehnten mit Einwilligung des Bischofs
Berthold fKr 1000 Gulden an Heinrich, Otto und Lambert von Dageförde
wiederkAuflich,. und diese haben ihn 1487 an Ernst von Bothmer für eine
gleiche Summe abgetreten, welch letzterer' 1491 ausserdem noch den halben
18
-^ 98 8^
Gogräfenbof von Jasper kaufte. 1503 aber hat Heinrich der Jüngere den
Heinrich Haverbier mit diesen Gütern belehnt. 1515 wurde der Ort von einem
schweren Brandunglück betroffen; 88 Gebäude, darunter 44 Wohnhäuser, sanken
in Trümmer. 1545 wurde der Ort bis auf vier Häuser eingeäschert. 1550 vnirden
Schiff und Thurm neu eingedeckt. 1553 werden zwei zinnerne Weinflaschen
für zweieinhalb Gulden acht Mariengroschen gekauft. Dieses Jahr sollte für die
Kirche sehr verhängnissvoll werden. Sie wurde von den Knechten Herz(%
Heinrich's von Braunschweig »Do de slacht vor Syuershusen geschacgh'
„gebracken vnde berouet*, die Altarkiste erbrochen und die Kelche sowie der
übrige Inhalt geraubt. 1554 lassen , Vincenzius Klumper phemer^ und die Aelter-
leute Tyle Sandtman und Hans Wreden für fünf Gulden einen Kelch sowie eine
Schale, «dar men mede tho den krancken ghet', für einen halben Gulden einen
Ort, beides „van Gontrofyn' machen. In diesem Jahre war Jürgen Schrader
Vogt zu üetze; er starb 1563. Der Vogteibezirk umfasste die Kirchspiele üetze,
Hänigsen und Sievershausen. 1562 wurde ein »Szeyerhus* (Glockenthurm)
gebaut. Der „Seyer" (Schlaguhr) kam 1563 nach üetze und kostete 52^ Gulden
1 Mariengroschen. 1565 finden wir 25 Mariengroschen verzeichnet »vor eynen
Essschen bluck tho snidende tho den predyckstole* ; 1568 „1 daller vor de
stole vp dat khor vor de langen vnde hynder de dopke vnde an der wandt".
Im gleichen Jahre wurde eine neue Prieche gebaut, welche mit Schnitzereien
versehen wurde. Ferner wurden ausgegeben 25 Mariengroschen »vor dat venster
tho houwen dorch de muren vnde wedder tho slychten*. 1585 werden Gewölbe
angelegt. 1586 brannte der halbe Ort sammt dem Vogteigebäude nieder. Nach
der Ausgabe vom Jahre 1613 hatte die Kirche zwei Glocken. 1615 verehrt
Heinrich Salder einen sammeten Klingebeutel mit einem silbernen Glöcklein.
1617 wurde der Thurm ausgebessert, wozu 1000 breite Dachsteine verwendet
wurden. 1626 raffte die Pest 366 Menschen dahin; durch eine Feuersbrunst
wurden 5 Häuser zerstört. 1657 wurde ein neuer Thurm gebaut. 1687 bittet
die Gemeinde um Holz zum Bau ihres Kirchthurmes, welcher einen gänzlichen
Niederfall drohe, da die Mauer von oben nach unten mittendurch gebrochen
sei. Am 9. April 1695 wurde der Ort Marktflecken.
Das Jahr 1734 bringt eme Beschreibung des Gotteshauses, welche bei
Lütkemann wiedergegeben ist.
1782 sujGbte abermals ein Brandunglück den Ort heim. 17 Wohnhäuser
fielen den Flammen zur Beute. 1816 genehmigt das K]gl. Kabinetsministerium
den Bau einer neuen Orgel. 1837 wurde ein neues Gotteshaus nach dem Plan
des Baumeisters Hellner gebaut. Das Gewölbe der Familie von Hasthausen,
von welcher die Kirche eiü L^at besass, wurde nach dem Abbruch der Kirche
repariert. Der massive Thurm der alten Kirche wurde beibehalten und
restauriert. Doch sollte dieses Gotteshaus keinen langen Bestand haben. Am
21. April 1863 brach ein furchtbares Brandunglück über den Ort herein. Die
Kirche, 84 Wohngebäude und 25 Nebengebäude, darunter die Pfarre und
2 Schulhäuser, brannten nieder. Der Kirchthurm stürzte in sich zusanmien.
Eine kleine silbervergoldete Kanne mit der Inschrift ^Hildebrandt Von Saliern 1655*
und ein , kleiner silberner Kelch mit dem Namen und Wappen Friedrich's von
-^ 99 8^
Lüneburg kamen bei dem Brande mit dem übrigen Inhalt um. Die jetzige
Kirche wurde mit Benutzung der stehengebliebenen Seitenmauem nach dem
Plane Hase's gebaut und 1867 geweiht.
üetze hat bis 1852 zum Amt Meinersen gehört, um erst dann dem
Amte Burgdorf zugetheilt zu werden.
• In die südliche Aussenwand ist ein Wappenstein über dem Eingange Kirche,
zum Grabgewölbe eingelassen, welcher die Bezeichnung trägt:
Agnesa Juliana von Lüneburgen.
Das einfache, jetzt geputzte, aus Fachwerk errichtete Herrenhaus bietet Herrenhaus,
nichts Bemerkenswerthes.
We 1 1 m a ?•
Kirche.
Litteratar: Sudendorf; Urknndenbuch der Stadt Hannover; LUntzel, die ältere
Diöcese Hildesheim; Regenten -Sah! 1698; Manecke II; von Hodenberg, Pagus Fiutwide,
Lenthe^s Archiv VI; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Böttger, Diöcesan- und Gau-
Grenzen; Bertram, Geschichte des Bisthums Hildesheim I; Holscher, Beschreibung des
Bisthums Minden; Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen; von Ben-
nigsen, Diöcesangrenzen , Zeitschr. d. hist. Ver. f. Nieders. 1863; Uhlhorn, die Kirche in
Kirchhorst und ihre Kunstdenkmftler, ebendort 1899; Neues vaterl. Archiv 1823, 331.
Quellen: Urkunde und Akte des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover.
\T ettraar gehörte vormals zum Archidiakonat Sievershausen und ist
im Pagus Flutwide belegen. Nach Böttger kommt es bereits 1022 als , Wethmer"
vor. In dem älteren Zehnt-, Geld- und Fruchtregister des Klosters Wienhausen
vom Ende des XHI. Jahrhunderts findet sich der Ort als «Wetemere'', vom
Glossist des XIV. Jahrhunderts zu ,Broch oder Borch' gerechnet. 1307 am
St. Katharinentage kauften sich die Dorfschaften Wettmar, Thönse und Engensen
um 50 Pfund Hildesheimscher Münze von der Kirche zu Burgdorf los und
erbauten sich eine dem heiligen Magnus geweihte Kirche zu Wettmar. 1361 verkauft
Aschwin von Alten »to Wetemer enen hof*. Am 24. Juni 1850 brannte das
Dorf zur Hälfte nieder, wobei auch die Kirche und der Thurm ein Raub der
Flammen wurden. Der neue Bau wurde nach Hase*s Entwurf 1855 vollendet.
1365 b^egnet ,ver Alheyd Ekhardes wedewe van Wetmere*. Ein
Echardus de Wetemere wurde nach dem Bürgerbuche 1327 oder 1332 Bürger
zu Hannover.
Auf dem Kirchhofe befindet sich ein beschädigter Grabstein der 1672 Grabstein.
gestorbenen Geese Behren. In einer Bogexuaische ist Christus über den Wolken
mit erhobener Rechten und der Weltkugel in der Linken dargestellt, darunter
die Familie.
f
13*
J
Der Kreis Pallingbostel.
Einleitung.
^er Kreis Fallingbostel, ein TheO der Lüneburger Haide, wird im Westen
von den Regierungsbezirken Hannover und Stade^ im Norden und Nord-
osten vom Kreis Soltau, im Osten vom Kreis Celle und im Süden vom
Kreis Burgdorf begrenzt. Er ist 983,02 qkm gross und setzt sich aus 91 Land-
gemeinden, unter denen sich zwei StAdte, zwei Flecken und zwei selbständige
Gutsbezirke befinden^ zusammen. Er ist im Süden, der Marsch- und Brucb-
gegend, eben und flach, im Norden ht^elig, überall quellenreich und mit
grösseren und kleineren Wftldem reichlich versehen. Das Ackerland ist
grösstentheils lehmhaltig. Torfmoore sind allerorts vorhanden; genaimt sei nur
das grosse Moor im Südosten. Wiesenanlagen grösseren Umfangs sind in
neuerer Zeit namentlich an der Böhme entstanden. Die Hauptflüsse sind die
AQer und Leine, welche sich bei Eickeloh vereinigen. Das Bett derselben hat
im Laufe der Jahrhunderte vielfach Aenderungen erfahren. Die Aller nimmt
die Meisse und die Böhme auf. Die Bevölkerung, deren IZahl sich auf rund
30000 beläuft, ist im Allgemeinen niedersächsischen Ursprunges; doch ist hier
und dort eine Vermischung mit anderen Stämmen, namentlich Wenden,
bemerkbar. Der wichtigste Erwerbszweig ist der Ackerbau. Die Viehzucht ist
in gutem Stande. An Fabriken sind Gerbereien, Ziegeleien, Dampfsägemühlen
und in der Nähe von Walsrode und Fallingbostel Pulvermühlen vorhanden.
Windmühlen wei^den namentlich im Süden angetroffen. Als Hauptverkehrswege
dienen die Chausseen Walsrode -Verden, Wiüsrode- Hannover und Walsrode-
Soltau, sowie die in Fig. 24 angegebenen Landstrassen. Die einzige Eisen-
bahnlinie, welche den Kreis durchschneidet, ist die Strecke Hannover-Soltau,
von welcher die Strecke Walsrode -Visselhövede abzweigt
Der Kreis ist im ehemaligen Fürstenthum Lüneburg belegen, dessen
Schicksale er in gleicher Weise wie der Kreis Burgdorf theilt. Nur die bis 1859
zum Amt Neustadt am Rübenberge gehörigen Gemeinden Nienhagen, Nord-
drebber, Suderbruch und von der Gemeinde Gross-Grindau das Dorf Klein-
Grindau liegen im früheren Fürstenthum Calenberg.
-^ 102 8^
In kirchlicher Hinsicht gehörte der Kreis zur Diöcese Minden; nur bei
Stellichte greift er in das Bisthum Verden hinüber. Von den in Betracht
kommenden Ortschaften sind Gilten, Suderbruch und Norddrebber im Archi-
diakonat Mandelsloh, die übrigen im Archidiakonat Ahlden belegen. Der Gau,
welchem der Kreis zugetheilt war, führt den Namen Loingau.
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Flg. 24. Kreis FallingbosteL
Der Kreis, welcher der landschaftlichen Reize nicht entbehrt, hat an
Kunstdenkmälem nicht viel aufzuweisen. Aus der romanischen Zeit hat nur
der Thurm in Kirchwahlingen dem Sturm der Zeiten getrotzt. Reicher ist die
gothische Zeit vertreten, in welcher mehrere Gotteshäuser gebaut wurden
Von späteren Kirchen ist die in Stellichte vom Jahre 1610 wegen ihrer fast
vollständig noch erhaltenen inneren Ausstattung besonders bemerkenswerth.
Bei den Kirchen in Dorfmark und Fallingbostel steht der Thurm in einiger
Entfernung von der Kirche. Herrenhäuser werden an vielen Orten angetroffen.
-^ 103 8^
Berähmt ist namentlich wegen seiner Geschichte das Schloss zu Ahlden. Reste
Yon froheren Burgen finden sich bei Ahlden, Bierde und Hudemühlen. Ältar-
leuchter sind aus den Jahren 1594, 1640 und 1722 erhalten; vielfach ist die
gothische Form vertreten. Zwei Cruciflxe in Walsrode imd in Hudemühlen
stammen aus dem XV. Jahrhundert. Aeltere Glocken sind reichlich vorhanden.
Die zu Gilten kann noch der romanischen Zeit angehören; die Marienglocke in
der Walsroder Stadtkirche ist 1437 gegossen. Gute Grabsteine finden wir in
Eirchwahlingen und in Walsrode vortreffliche Glasmalereien aus dem Ende
des XV. Jahrhunderts. Die Kirche zu Düshom bewahrt zwei Figurengruppen
aus der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts auf. Erwähnt sei noch das Tauf-
gefäss in Dorfmark vom Jahre 1465.
Ahlden.
Kirche. Scbloss.
Litteratur: Origines Guelficae; Leibniz, Scriptores renim Bransvicensium ;
von Hodenberg, Lttneburger Urkundenbuch XV; derselbe, Hodenberger Urkundenbnch;
derselbe, Hoyer Urkundenbuch; derselbe, Calenberger Urkundenbuch V; derselbe, Lttne-
bnrger Lehnregister; Sudendorf; Urkundenbuch der Stadt Lüneburg II; Doebner II;
Meinardus, Urkundenbuch des Stiftes und der Stadt Hameln; Urkundenbuch der Stadt
Braunschweig II; Lüntzel, die <ere Diöcese Hildesheim; Yogell, Geschlechtsgeschichte
der Herten Behr; Merian; Manecke; Begenten-Sahl 1698; Pfeffinger, Historie II; Meding,
Nachrichten von adelichen Wappen I; Neues Hannoversches Magazin 1806 und 1810;
Zeitschr. d. bist Yer. f. Nieders. 1867 und 1885; Spilcker, Geschichte der Grafen y. Wölpe;
Koch, pragmatische Geschichte des Hauses Braunschweig und Lüneburg 1764; Wipper-
mann, Bukki-Gau; Havemann; Kayser, Kirchenvisitationen 1897 ; Böttger, DiOcesan- und
Gau-Grenzen; Holscher, Beschreibung des Bisthums Minden; Görges, Yaterl&ndische Ge-
schichten und Denkwürdigkeiten der Vorzeit II; Mithoff, Kunstdenkmale I 145 und lY;
derselbe, Kirchenbeschreibnngen ; Grütter, Arbeiten über den Loingau, Hannoy. Ge-
schichtsbl., 3. Jahrg.
Quellen: Urkunden und Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover ; GrUtter^scher
Nachläse im Stadtarchiv daselbst
Der Flecken Ahlden lag Yonnals hart an der Aller, bis diese sich 1618 Geschichte,
ein neues Bett suchte. Der alte Lauf f&hrt jetzt den Namen .alte Leine*.
Der Bischof Siward, 1120—1140, überlfisst im Jahre 1140 der Nonne Rasmoda
in Wunstorf unter Anderem auch einen Theil der Einkünfte aus seinen Gütern
in .Alethen*. Auch besass er einen bedeutenden Haupthof (curtis, curia) da-
selbst. Der Edelherr Mirabilis beschenkte die Mindener Kirche um 1160 mit
weiteren Gütern in ,Alden', um 1188 erwarb der Bischof Detmar noch 16 Hufen
daselbst, vereinigte dann seine in und um Ahlden belegenen Güter und übertrug
gegen Zahlung jährlicher Einkünfte das Amt eines villicus der Familie Yon
Ahlden. Daneben verpfändete er ihr den Haupthof selbst. Von diesem 1762
im Mannesstamme erloschenen und namentlich in den Aemtem Ahlden und
Rethem begüterten Geschlecht kommen Rottherus de Althen et filius eins
Hartmannus bereits 1198 urkundlich vor. Am 25. Mai 1285 verkauft dei;
Bischof Volquin aus Geldnoth den Gebrüdem von Ahlden die Einkünfte, welche
sie ihm für das Amt des villicus zu zahlen hatten und belehnt sie mit diesen
und dem Haupthofe. Nach dem Lehnsregister des Bischofs Gottfried,
1304—1824, war Konrad von Amheim mit der bischöflichen Vogtei in Ahlden
belehnt. Doch werden bereits in demselben Verzeichniss die Herren von Ahlden
als bischöfliche Lehnsträger der Vogtei aufgeführt; auch trugen sie seit 1870
das den Herzögen von Sachsen -Lauenburg zustehende Gogericht daselbst zu
14
i
-^ 106 8^
Lehen. In den Fehden von 1457—1459 wurde der Ort mit Feuer und Schwert
verwüstet. 1543 umfasste das Amt .tho Olden" die Kirchspiele »Eckel"
(Eickeloh), .Gilthen« (Gilten) und .Olden« (Ahlden). 1592 uberlftsst Herzog
Ernst von Braunschweig und Lüneburg dem Drosten zu Ahlden, Friedrich von
Bothmer, das Amt Ahlden auf Lebenszeit. 1620 ist Johann Behr Drost daselbst.
1632 wurde der Flecken von Pappenheim und TQly «aussgebrandf. 1683 wurde
der ganze Ort durch Nachlässigkeit des Häxthausischen Gesindes vom Feuer
^verzehref^. Am 20. April 1715 wurden 98 Gebäude durch eine Feuersbrunst
in Asche gelegt.
Ahlden war ehedem der Sitz eines zum Bisthum Minden gehörigen
Archidiakonats. Zu ihm zählten 1632 folgende, namentlich aufgeführte Kirchen :
Alden, Schwarmessen, Nienstadt, Bässen, Wahlnigen, Vollingborstell, Dorpe-
marck, Duszhome, Bergen, Winsen, Helen, Wistendorp, Meinerdingi Soltaw,
Hermborg, Bussen und Walsrode. Es umfasste demgemäss die nördliche
Hälfte des Loingaues. Neustadt gehörte zwar ursprünglich zum Archidiakonat
Mandelsloh, dodi wurden 1280 die Synodalrechte über die Kirche zu Neustadt
dem Archidiakon in Ahlden übertragen, der zugleich Domherr in Minden war.
Eine Zeitlang war das Ahldener Archidiakonat mit dem Wunstorfschen ver-
bimden. Von 1263 bis 1279 war z. B. Amoldus de Schinna Archidiakon in
Ahlden und in Wunstorf, desgleichen Gyso Vosz 1291—1309. 1412 war
Hinrick Kercher tho Alden eyn vorwarer des bannes der Costerye tho Minden.
Die Kirche in Ahlden war Johannes dem Täufer gewidmet. 1200 und
1202 wird Ludolfus als Priester genannt und 1241 Johannes als plebanus.
1296 trennte sich das Dorf Eickeloh ab und gründete eine eigene Pfarre. Nach
einem um 1370 geschriebenen Lehnsregister war «dat ganse Kerspel to Alden*
Lehen der Grafen von Hoya. Im XVIL und XVXII. Jahrhundert ist die Wals-
roder Superintendentur dreimal mit der Pfarre verbunden gewesen. 1715 wurde
die Kirche durch Brand zerstört, aber bald danach wieder aufgebaut. In der
Kirche befand sich über der Thür des Amtsstuhles ein Fenster mit den
Wappen des Johann Behr und seiner Gemahlin Marie von Bothmer vom
Jahre 1612, in welchem sie auch eine silberne Giesskanne mit ihren Wappen
und den Bezeichnungen ,J. B.* und ^M. v. B." schenkten. 1751 wird ein in
der südlichen Kirchenmauer befestigtes Epitaph des Friedrich von Bothmer,
geboren 1544, gestorben 1610, erwähnt, welches mit dem Böthmerschen
Wappen «ausgezieret*^ war. In der Sakristei, unter welcher sich das Haxt-
hausische Erbbegräbniss befand, war das Epitaph des 1690 gestorbenen Arnold
Ludwig Haxthausen angebracht imd mit dem Wappen der Familie ^ausgezieret*.
Ausserdem befand sich in der Kirche an der Nordseite ein hölzernes, mit
schwarzem Sammet überzogenes Monument mit dem Wappen derer von Haxt-
hausen. Die Pfarrstelle sowie die Priesterstelle an dem St. Nicolaus-Altar hatte
ehedem der Archidiakon zu besetzen.
In der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts hat auf kurze Zeit auch
ein Kloster in Ahlden bestanden. Der Archidiakon Amoldus de Schinna und
der Pfarrpriester Reinold Reimers (1261—1274), welch' Letzterer der erste
Dechant an demselben wurde, hatten es begründet. Der Bischof Otto von
-^ 107 8^
Minden gab am 29. März 1274 seine Bestätigung. 1280 jedoch wurde das
Kloster nach Neustadt am Rübenberge und 1295 von dort nach Lübbecke bei
Minden verlegt. Der St. Nicolaus-Altar war bei der Gründung des Klosters
eingegangen.
Ahlden gegenüber an der Aller, der jetzigen alten Leine^ lag vormals
die Veste Bunkenburg. In einer Urkunde vom 15. Mai 1310 nennt sich Ritter
Johann von Escherde Vogt in Bunkenburg — «Aduocatus in Bunckenborgh".
In einer Urkunde vom 25. November des gleichen Jahres erscheinen die Ritter
Heinrich von Hodenberg und Konrad von Fulda an der Spitze der Burgmänner
zu Bunkenburg — «castrenses in Bunkenborg*^. Femer heisst es in den um
1340 geschriebenen Bückener Annalen: ,Do buweden se den Hodenhagen
nicht ferne von de Allere bouen der Buckenburg*. Vermuthlich wurde die
Bunkenburg schon im Laufe des XIV. Jahrhunderts zerstört. In den bekannten
Urkunden des XV. Jahrhunderts , in welcher die fürstlichen Schlösser im
Lüneburgischen aufgeführt werden, wird ihrer nicht mehr gedacht. Zu Beginn
des XVn. Jahrhunderts soll Herzog Christian die letzten Reste abgebrochen imd
zum Ausbau des Schlosses verwandt haben. Jetzt ist nur noch ein Theil des
früheren Walles vorhanden.
Am 13. Mai 1344 geloben die Gebrüder Ludolf, Lambert und Otto von
Alden, ,De Kemenaden • de dar Buwet is in vsen hof in Deme Dorpe to Alden.
ane tenerleye vortoch vnde wedd^ersprake" zu brechen, sobald die Herzöge
Otto und Wilhelm von Braunschweig und Lüneburg es fordern. Zu Beginn
des XV. Jahrhunderts hat Herzog Heinrich von Lüneburg ihnen das Schloss
mit Gewalt genommen, es ihnen aber gegen das Versprechen, daraus keine
Fehde oder Räuberei anzufangen, 1414 wieder überlassen. 1422 erklären die
Herzöge Wilhelm und Heinrich von Braunschweig, bei den Herzögen Otto und
Friedrich keine Forderungen «vme Alden willen" zu stellen. Eryke van Alden
soll sein Besitzthum wiedererhalten «vthgesecht de woninghe to Alden dar
schal he nicht buwen*^. 1431 wurde denen von Ahlden ihr Schloss abermals
und zwar diesmal auf immer genommen. Das Gogericht, der Haupthof mit
dem Schlosse, sowie das Obereigenthum der bischöflichen Leute und Güter
wurden in herzogliches Eigenthum umgewandelt und denen von Ahlden ihre
Güter bis auf Böhme, Fulde und Campen entzogen. Während seiner Fehde
mit den Herzögen Wilhelm und Heinrich von Braunschweig (um 1431) behauptete
der Bischof das »castmm Aelden non sine maximis expensis et damnis*.
1433 wird es von dem Herzog Bernhard und dessen Söhnen Otto und Friedrich
in dem Vertrage, welchen sie mit dem Herzog Heinrich schlössen, unter den
derzeit verpfändeten landesherrlichen Schlössern mit aufgeführt. In der Hildes-
heimschen Stiftsfehde wurde das Schloss 1519 dem Herzog Heinrich dem
JtLDgeren vom Herzog Erich zu Calenberg genommen. Von den erhaltenen
Baur^stern ist eines überschrieben: „Dasz Newe Hausz zw Aldenn. A. 49
[1549] zw bauwenn ahngefangenn". 1573 wurde das Vorwerk mit Schilfrohr,
1574 «nd 1575 mit Stroh eingedeckt. Ein Bauregister aus der zweiten Hälfte
des XVI. Jahrhunderts nennt an Gebäuden des Schlosses folgende: das Eorn-
haus im «knickhe*^, das .vorwerck**, den „ Schaff koffenn*, die Scheune beim
-^ 108 8^
»kraudtgarten'*, die Scheune beim Steinwege und die Scheune .ober der
Brack*. Einen Theil des Schlosses hat Herzog Christian 1613 durch seinen
Drosten Johann Behr «gantz new von grund auff bawen lassen*. Er «ist ins
geyierdte mit vielen schoenen giebeln gebawet mit einem tieffen Wassergraben
ynd Walle auch noch einem ausswendigen Graben vmbgeben*. Im dreissig-
jährigen Kriege ist das Schloss «als eine Landes - Festung' von kaiserlichen
Völkern besetzt gewesen, welche es gegen 800 Mann dänischer Belagerer mit
Erfolg vertheidigten. 1694 wurde der Ingenieur Strauss vom Herzog Georg
Wilhehn nach Ahlden geschickt behuf «Palicadirung* des fürstlichen Schlosses.
In diesem Gebäude vertrauerte die unglückliche
Prinzessin Sophia Dorothea nach ihrer 1695 er-
folgten Verbannung ihr Leben und starb hier am
13. November 1726.
Sie schenkte der Kirche zwei silberne
Altarleuchter, ein Ciborium^ einen Kelch, eine
Kanne, die Altar- imd Kanzelbekleidung und
stiftete die Orgel. Sie hatte sich auch einen
eigenen Kirchenstuhl bauen lassen, doch durfte
sie das Gotteshaus nicht besuchen.
1700 wird ein französischer Gärtner-
Meister Assmus Anthoni genannt, . welcher sich
zu Ahlden aufgehalten und den Garten allda
gebauet hat*^.
1788 erfuhr das Schloss im Inneren
mehrere Veränderungen, indem es zu einer Woh-
nung für den Drosten eingerichtet und zugleich
die PfÖrtnerwohnung, die Amtsstuben und das
Gefängniss hineingelegt wurden.
Von der in den Jahren 1846 bis 1848
neugebauten Kirche erweist sich nur der Thurm
und zwar in seinem grösseren unteren Theile als
alt. Er ist besonders auf seiner Ost- imd Nord-
seite aus überaus rohem Mauerwerk hergestellt.
Auf allen Seiten sind unregelmässig vertheilte, recht-
eckige, nach innen sich in Form von Scharten erweiternde Oefihungen an-
gebracht. Ein spitzbogig überwölbter Durchgang befindet sich als einzige Oeffnung
auf der Ostseite.
Zwei Altarleuchter aus Messing von 35,7 cm Höhe zeigen nach gothischer
Art einen reich profilierten, runden Fuss und einen mit drei Knäufen ver-
sehenen, walzenförmigen Schaft.
Die beiden anderen schönen, silbernen Leuchter ohne Zeichen tragen
auf dem runden Fusse eine Krone und darunter die Inschrift .S D 1722* (Fig. 25).
Sie sind ein Geschenk der Prinzessin Sophia Dorothea.
AI tar-n. Kanzel- Die rothdamastseidene , mit Goldborde besetzte Altar- und Kanzel-
bekleidung. bekleidung ist ebenfalls von der Sophia Dorothea geschenkt.
Beschreibang.
Kirche.
Fig. 2Ö.
Kirche in Ahlden; Altarlenchter.
Altarlenchter.
-<-g 109 8^
Das silbervergoldete Ciborium trägt unter einer Krone die gleiche Giboriom.
Inschrift wie die Leuchter und als Zeichen das springende Pferd mit darunter
befindlicher 12 und die Buchstaben J G S* (?).
In der Sakristei befindet sich ein gut gearbeiteter Crucifixus in farbiger Crncifixns.
Behandlung von rund 1 m Höhe aus dem XVIII. Jahrhundert,
Ebendort ist ein schlecht erhaltenes Oelbild mit einer Darstellung des Gemälde.
Abendmahles aus dem Anfang des XVIII. Jahrhunderts aufgehängt.
In dem erwähnten Durchgange des Thurmes steht das mächtige Grabmale.
Hauptstück eines mit zahlreichen Wappen geschmückten Sandsteingrabmals
des 1690 gestorbenen Amoldus Lydovicus De Haxthausen.
Der obere Theil vielleicht desselben Grabmales mit einer verstümmelten
Darstellung des Gekreuzigten mit Jerusalem im Hintergrunde befindet sich
im oberen Theile der inneren Ostwand des Thurmes. An Wappen sind
folgende sichtbar:
v: Werder. v: Bothmer. D: Fresen.
v: Heimbrock. v: Hasberge. v: Zerssen.
v: Landesberge. Der Klover. D: Rehbocke,
v: Mandelslo. v: Warpe. v: Boldessem.
Auf dem alten Kirchhofe steht das Grabmal des Bernhard Gottfried
Spindler, weiland Predigers zu Ahlden, 1814 gestorben.
Eine 0,16 m hohe, silbervergoldete Kanne zeigt imter einer Krone die Kanne.
Inschrift ,17 S. D 22" und die gleichen Zeichen wie das Ciborium.
Eine andere 0,13 m hohe, silbervergoldete, aus dem XVIII. Jahrhundert
stammende Kanne trägt als Zeichen eine Rose und die Buchstaben DB.
ESn 0,25 m hoher, silbervergoldeter Kelch von 0,13 m oberem Durch- Kelch,
messer hat auf dem Fuss einen aufgehefteten Crucifixus, am Becher unter
emer Krone die Inschrift
S. D.
1722.
und die gleichen Zeichen wie das Ciborium.
Die 1721 von der Sophia Dorothea gestiftete Orgel ist 1847 erneuert. Orgel.
Das Schloss oder Amtshaus zeigt im Grundriss die Hufeisenform. Der SchloBs.
frühere Wall ist ganz, der Graben nur zum Theil noch erhalten.
Das mit hohem Satteldach versehene Hauptgebäude hat ein Erdgeschoss
in Backstein. Das in Fachwerk ausgeführte Obergeschoss trägt unter der Vor-
kragung sowie unter dem Dach in den Formen der Renaissance farbig
behandeltes Schnitzwerk. Die Giebel sind mehrfach übergesetzt. Der Nord-
giebel zeigt unter den Vorkragungen gleiches Schnitzwerk. Oben ist unter
einem Stern die 2^ahl 1613 zu sehen, lieber der Durchfahrt befindet sich ein
in Sandstein gearbeitetes, von den Figuren der Pietas und Justitia seitlich
begleitetes Wappen mit folgender Unterschrift:
Von Gottes Gnaden Christian erwehl*
ter Bischof des Stifts Minden Hertzock
zue Bravnschweigk vnd Leuneburgk.
Anno 1613.
-*4 110 g-H
Der südliche d6r beiden in Fachwerk ausgeführten, zweigeschossigen
Hofflügel hat aaf der Hofseite gut geschnitzte Konsolen mit tauförmigem Wulst
und trägt auf den FöDhölzem und der Setzschwelle des oberen Stockweiles
reiches Schnitzwerk. An den unteren Enden der Stiele ist FScherschinuck
angebracht (Fig. 26). In einer der FOllui^n des oberen Stockwerkes befindet
Fig. iE. Bchlo» In Abidenj Horseite.
sich das mit Gold und Farbe behandelte Braunschweig-Lüneburgische Wappen
mit folgender Unterschrift:
Von Götz Bischoff Wilhelm
der Jvnger Hertzoge zv Brvn
ssweig vnd LTuebvrch •
Darunter ist auf der Setzschwelle zu lesen:
Anno Domini
m ccccc 1 XI IX 1579-
-»4 111 8^
B i e r d e.
Litteratnr: Hadenberg, Hodenberger Urknndenbiich; derselbe, Lttnebnrger
Urknndenbuch XY; derselbe, Hoyer Urkundenbuch ; derselbe, Lttnebnrger Lebnregister,
Lenthe^s Archiv IX; Sndendorf, Urknndenbnch der Stadt Lüneburg I; Spilcker, Geschichte
der Grafen von Wölpe; Pfeffinger, Historie I; Manecke II; Holscher, Beschreibung des
Bisthnms Minden; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Mithoff, Knnstdenkmale IV; derselbe,
Kirehenbeschreibungen ; Grütter, Arbeiten über den Loingau, Hannov. Geschichtsbl.,
3. Jahrgang.
In den Jahren 1258 und 1259 stellt der Herzog Albert von Braun-
schweig in yBirdhen' bezw. yBirethe*^ Urkunden aus. 1267 war Conradus de
Hemwide advocatus in Birede. 1282 werden Alverich und Gebhard Schucke
als Burgmänner daselbst genannt. Das Schloss wird, wie Grütter vermuthet,
1289 seinen Untergang gefunden haben.
Das landtagsfähige Gut daselbst mit dem Gräflich Hoyer Zehnten
besassen bis zu ihrem Aussterben 1798 die Herren von Fulde, dann Graf von
Oeynhausen und schliesslich bis zu ihrem Aussterben die von Ende.
Am Ende des XIV. Jahrhunderts wird der Ort als zum Earchspiel
Düshom gehörig, 1489 aber als in der Parochie „Aelden* belegen bezeichnet.
Bezüglich der dem hefligen Vitus geweihten Kapelle sagt Mithoff in seinen
Kirchenbeschreibungen: «Verfallenes hölzernes Gebäude, zum Abbruch bestimmt*^.
Die frühere Veste kennzeichnet sich noch heute als ein zum Theil mit
Bäumen bestandener und mit den Resten von zwei Gräben und zwei Wällen
umgebener Platz in der Bierder Koppel, nahe der Aller und südlich vom Orte.
Böhme.
KapeUe. Herrenhaus.
Litteratnr: Hodenberg, Hodenberger Urknndenbnch; derselbe, LUnebnrger
Urknndenbnch XV; derselbe, Hoyer Urknndenbnch; derselbe, Lttnebnrger Lehnregister,
Lenthe^s Archiv IX; Sndendorf; Vogell, Geschlechtsgeschichte der vonBehr; Manecke II;
Holscher, Beschreibnng des Bisthnms Minden, Zeitschr. f. westfftl. Gesch. n. Alterthnmsk.,
Band 34; Mithoff, Knnstdenkmale IV.
Quellen: Urkunde des Kgl. Staatsarchivs zn Hannover; GrUtterscher.Nachlass
im Stadtarchiv.
JjBS am gleichnamigen Flusse belegene Dorf ist nach Kirchwahlingen Geschichte.,
eingepforrt. Zwischen 1830 und 1352 erhielt Godeko Tomey .den tegeden tor
Bomene' von den Herzögen Otto und Wilhelm zu Lehen. Femer wird der
Ort im Jahre 1407 und 1408 genannt. 1562 lautet die Namensform .Bome*.
1613 begegnet Joachim von Ahlden zur Beume Erbgesessen^
-^ 112 8^
Die Kapelle wurde 1715 von dem Geheimen Rath von Hatlorf erbaut
und 1716 vom Superintendenten Müller zu Schwarmstedt eingeweiht.
In Böhme haben ehedem zwei adelig freie landtagsfähige Höfe bestanden,
der eine war Schaumburgsches, der andere Hildesheimsches Lehen; ihre Be-
sitzer haben öfter gewechselt.
'""'-' \ \ \ \ i 1 i 1 1 J
Flg. 87. Kapelle in BOhme; Onmdriss.
BeBchreibung. Die massive, geputzte, aus der ersten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts
Kapelle, stammende Kapelle ist innen rund, aussen achteckig und mit einem Mansarden-
dache bedeckt (Fig. 27). Der Innenraum wird durch ein geputztes, auf einem
Gesimse ruhendes Brettergewölbe in Kuppelform, welches durch gezogene
Profile gut .gegliedert ist, abgeschlossen. Der rechteckige Vorbau im Westen
mit der Eingangsthür ist an der Vorderseite mit Hausteinen verblendet und
mit einer Freitreppe versehen; von hier aus ist auch die imter der Kapelle
befindliche Gruft der Familie von Amswaldt zugänglich. Die Fenster des Vor-
baues sind rechteckig, die übrigen halbkreisförmig geschlossen und in ebensolchen
Nischen angeordnet. Sämmtliche Fenster haben glatte Sandsteingewände.
Der von zwei seitlichen Säulen begrenzte, hölzerne Altar stammt aus
der Zeit der Erbauung der Kapelle und enthält noch den Schalldeckel der früher
eingebaut gewesenen Kanzel,
Zwei zinnemei auf drei Füssen ruhende Altarleuchter sind in Barock*
formen gehalten.
Die hölzerne Kanzel steht jetzt an einem Pfeiler der Südseite.
Das einfache, auf hohem, massivem Sockel in Fachwerk und zwei Ge-
schossen errichtete, rechteckige Herrenhaus trägt ein Mansardendach« . Auf der
Südseite ist eine Freitreppe vorhanden. Das. Gebäude rührt aus der ersten
Hälfte des XVIII. Jahrhunderts her. . Am Hofeingange . stehen yior Backstein^,
pfeiler mit Sandsteinsockel und Bekrönung; die. beiden mitUeren traget
Altar.
Altarleuchter.
Kanzel.
Herrenhaus.
113
Insehriften mit den Namen des .Johann Philipp von Hattorf" und der .Sophie
Dorothee von Hattorf gebohrne Groten aus dem Hause Sdinega' sowie die
Jahreszahl 1731.
B o t h m e p.
KapeUe. Henrwihaiis.
Litteratnr: Origines Gnelficae; Hodenberg, Hodenberger ürkundenbuch; der-
selbe, floyer Ürkundenbuch; derselbe, Calenberger Ürkundenbuch III und V; derselbe,
Verdener Gesehichtsquellen; derselbe, Lttneburger Lehnregister, Lenthe^s Archiv IX;
Doebner VI; Sndendorf; Yogell, Geschlechtsgeschichte der Herren Behr; Spilcker, Geschichte
der Grafen von Wölpe; Pfeffinger, Historie II; Regenten -Sahl 1698; LUntzel, die ältere
Diöcese Hildesheim; Holscher, Beschreibung des Bisthums Minden, Zeitschr. f. westflU.
Gesch. n. Alterthumsk., Band 84; Eayser, Kirchenvisitation 1897; Manecke II; Meding,
Nachrichten von adelichen Wapen I; Mithoff, Eunstdenkmale IV.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover.
Das an der Leine belegene Dorf ist nach Schwarmstedt eingepfarrt. Geschichte.
Nach demselben hat sich ein noch heute blühendes, 1696 vom Kaiser Leopold
in den Freiherrenstand erhobenes Geschlecht benannt, von welchem ein Ulrich
(de Botmer, Botmere, Botmare, Bothmare) zwischen 1181 und 1185 sowie in .
den Jahren 1187 und 1196 urkundlich begegnet. 1728 hören wir von dem
adeligen Gute des Christian Behr in Bothmer.
Die nur f&r die adeligen Höfe der Herren von Bothmer bestimmte, im
Jahre 1610 der Inschrift gemäss erbaute Kapelle wurde 1822 mit Schwarmstedt
vereinigt, ging bald darauf aber ein und dient gegenwärtig als Speicher.
Das 1596 gebaute Herrenhaus war ehedem mit Dacherkem, der
Treppenthurm mit hoher Spitze und das Gutsgehöft mit Zugbrücke und Graben
versehen.
Die rechteckige, mit einer Gruft versehene Kapelle ist aus Backsteinen Beschreibung,
erbaut, hat hölzernes Hauptgesims und trägt einen viereckigen, hölzernen Dach* Kapelle,
rdter im Westen; Auf der Nordseite sind drei und auf der Südseite vier zum
TheSL arg verfallene Strebepfeiler angeordnet. Die Fenster , sowie die im
Süden liegende Eingangsthür sind mit Korbbögen geschlossen. Ein aus Sand-
stein gut gearbeitetes Wappen über dem Eingange hat die Lapidarunterschrift:
Yä Gottes Gnade Conradt
van Bothmar • Apt vndt Her
vam Havse zv S. ]&Gchael in Lvnae
bvrch. Aö salvtis nostrae • 1610.
Das in Renaissanceformen errichtete rechteckige Herrenhaus aus Fach- Herrenhaus.
weriL mit massivem Westgiebel besteht aus Erd- und Obergeschoss; letzteres
ist vorgesetzt und hat zwischen den Balkenköpfen ein gut erhaltenes Zahn-
schnittgesims aus Holz mit geschnitztem Eierstab imd einer Inschrifti welche
15
-^ 114 8^
an der Südseite durch eine Bretterverschalung verdeckt wird. Der Backstein-
giebel mit angebautem, achteckigem Treppenthurm ist wie dieser mehrfach
durch Sandsteingesimse g^liedert; die Ecken haben Quadereinfassung. Drei
kleine Sandsteinfiguren^ von denen eine die Mitte bekrönt, eine andere in einer
spitzbogigen Nische untergebracht ist, sind auf dem Giebel vertheilt. In dem
mit Pfannen gedeckten Thurm befindet sich eine aus Sandstein gearbeitete
Wendeltreppe. Bei den meistens zugemauerten Oeffnungen herrscht der Korb-
bogen vor. Die Sandsteinthür am Thurm hat Renaissanceformen und die
Inschrift: ,• Ghristvs • spes • nra •*; Darüber das Bothmersche Wappen mit der
Jahreszahl 1596 imd als Bekrönung Christus mit der Weltkugel.
Dopfmark.
Kirche.
Litteratnr: von Hodenberg, LUnebnrger Urknndenbuch VII und XV; Snden-
dorf; Regenten - Sahl 1698; Manecke II; Wippermann, Beschreibung des Bnkki- Gaues;
Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Böttger, Diöcesan- und Gau -Grenzen; Holscher,
Beschreibung des Bisthums Minden; Freudenthal, Heidefahrten; Mithoff, Kunstdenkmale IV;
derselbe, Kirchenbeschreibungen ; Grütter, Arbeiten über den Loingau, Hannov. GeschichtsbL
in den Jahrgängen 2—4.
Quellen: Verzeichniss der kirchlichen Kunstdenkmäler von 1896.
Geschichte. Das an der Böhme belegene Kirchdorf Dorfmark gehörte ehedem zum
Archidiakonat Ahlden im Loingau und bildete vormals mit seinem ; ausgedehnten
Kirchspiel eine eigene Vogtei. Im April des Jahres 1006 übertrug der König
Heinrich IL seinem Kapellan Dietrich neben Anderem ^in pago • • Lainga curtem
quae vocatur Thormarca*.
Der Ort wird dann in den Jahren 1270; 1288 und 1329 genannt.
1378 wurde in Dorfmark Goding und Holting abgehalten. Auch hat
daselbst ein Schloss gestanden. In einem Verzeichniss der Ausgaben und Ein-
nahmen auf Schloss Celle vom 12. November 1381 bis 31. Mai 1382 lesen wir
nämlich: «Dit is dat ik Vricke voged op hebbe genomen, van mynes heren
wegen van LuneC vn des Voghedes w^en tho Tzelle, dat. op dem.e Slothe to
Dorfmarke is vordaen*. Auch hören wir von den .hof luden to Dorfmarke' und
den Kirchspielleuten, sowie von dem «Kerspel to Dorpmarke". Dorfmark hatte
damals Stadtrechte, die aber erloschen, als Soltau 1388 damit begabt wurde.
1475 erscheint «der Cord van der Metzen Kerkhare tho Dorpmarke".
Der adelig freie landtagsfähige Hof in Dorfmark kam von denen von
Jettebruch, welche 1701 oder 1703 ausstarben, an^die von der Wense, weiche
auch Patronatsherren wurden.
Beschreibung. Die mit dreiseitigem, um zwei Stufen erhöhtejn , Cho]:schlusse und
Schiff, hölzernem Hauptgesimse versehene, aus Bruchsteinen errichtete, aussen neuer-
dings mit Putz gequaderte Saalkirche hat eine kleine Sakristei im Norden sowie
-^ 115 8^
eine bogenförmige, geputzte, auf einem Wandgesims ruhende Schaldecke. Das
Dach ist im Westen zur Hälfte abgewalmt. Die Wetterfahne enthält die Inschrift:
Gebaut
A 1708.
Mit Ausnahme von zwei kleineren, flachbogigen Fenstern in der West-
wand sind sämmtliche Fenster und Thüren halbkreisförmig geschlossen. Neue,
gut durchgebildete Emporen sind auf der West-, Nord- und Südseite angeordnet
und laufen im Osten gegen einen triumphbogenartig, m Holz ausgebildeten
neueren Abschluss zwischen Chor und Schiff, lieber der östlichen ThOr der
Nordwand befindet sich eine Inschrift mit der Jahreszahl der Erbauung 1708.
Der viereckige, auf der Nordseite in einiger Entfernung von der Kirche
freistehende, mit einem Zeltdach versehene hölzerne Glockenthurm hat in der
Wetterfahne die Inschrift:
J.M
J.H.M
1.7.5.1
Die Aussenseiten desselben sind mit Brettern benagelt.
Die spätgothische, mit Gold und Farbe behandelte Altarwand ist von Altar.
Hase wiederhergestellt und ergänzt. Der Plan für die Ergänzung ist noch
vorhanden. Sie enthält im Hauptfelde den Gekreuzigten zwischen den Schachern.
Am Fusse des Kreuzes sind mehrere Berittene, die um den Mantel würfelnden
Kriegsknechte und eine Gruppe mit Maria zu sehen. Seitlich vom Mitteltheil
haben je drei Felder Platz gefunden. Die vier oberen grösseren Felder ent-
halten: Christus vor dem Hohenpriester^ die Kreuztragung, die Abnahme vom
Kreuz und den Heiland in der Vorhölle, welche als geöflheter Rachen dargestellt
ist. Die beiden kleineren Felder zeigen die Brustbilder der zwölf Apostel. Die
Gruppe unter dem Miltelschrein stellt Christus betend am Oelberg dar mit den
schlafenden Jüngern, während in der Bekrönung die Auferstehung dargestellt ist.
Zwei 37 cm hohe einfache Altarleuchter haben einen walzenförmigen Altarlenchter.
Schaft mit Knauf und drei Füsse in gothischer Auffassung.
Das Oelgemälde des 1649 gestorbenen Pastors Johannes Wezelius hängt Gemälde,
an der Nordwand im Chor.
Die 1,18 m im Durchmesser haltende Glocke von schlechtem Guss trägt Glocke,
die Lapidarinschrifl:
Dvrchs Fever flos ich
Johann Christoph Havtsch
avs Lvnebvrch gosz mich
anno 1765 den 14 Avgvst,
Die Mitte der Rückseite weist eine fünfzehnzeilige Inschrift auf.
Auf dem Kirchhofe liegt ein zerbrochener Grabstein aus dem Ende des Grabstein.
XVII. Jahrhunderts mit der Bezeichnung des Meisters J. G. S.
Ein silbervergoldeter Kelch mit sanft geschweiftem Becher trägt auf Kelch.
! dem sechstheiligen Fusse einen Crucifixus. Auf den sechs viereckigen Schildchen
des Knaufes sowie darüber und darunter am sechseckigen Stiel ist jedesmal zu
lesen: .Jhesvs*.
15*
[
Das schöne, rtmde Tauf^f&ss aus Messing wird von vier stehenden,
männlichen Figuren getragen. Das Becken ist 51 cm, mit Figur«! 97 cm hoch,
bei 83 cm oberem und 64 cm unterem Durchmesser {Fig. 28).
PIk. SS, Kirche in DorTmark; TanfgefKu.
Am oberen Rande steht in gothischer Schritl:
Neyn • mynsche ■ hyr ■ up • erden ■
mach - ane • de • dope • sellcb • werden •
De • dope - den • raynschen ■ also • vor • clart ■
Dat ■ he - to ■ godde . wort • varet .
Die Schrift schliesst mit einem Drachen. Die Inschrift in der Hitte lautet :
Anno - domyn; • mylesymo - cccc ■ in ■
dem ■ vyf ■ vnde ■ sestigesten • iare •
wart • dusse • dope ■ goten • dat • is -
war .
->4 117 1^
D ü 8 h o r n.
Kirche.
Litteratur: Sndendorf; Hodenberg, LUneburger Urknndenbuch XV; derselbe,
Hodenberger Urknndenbuch; derselbe, Hoyer Urknndenbuch; derselbe, Calenberger
Urknndenbuch VI; derselbe, Verdener Geschichtsquellen; Lüntzel, die ältere Diöcese
HildeBheim; Begenten-Sahl 1698; Pfannkuche, ältere Geschichte des Bisthums Verden;
Wippermann, Beschreibung des Bukki-Gaues; Manecke II; Böttger, Diücesan- und Gau-
Grenzen; Eayser, Kirchenvisitation 1897; Holscher, Beschreibung des Bisthums Minden;
Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Grtttter, Arbeiten über den
Loingau, Hannov. Geschichtsbl., 2. und 3. Jahrg.
Quellen: Urkunde des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; GrUtterscher Nachlass
im Stadtarchiv ebendaselbst
Das ehedem zum Mindener Archidiakonat Ahlden im Loingau gehörige Geschichte.
Kirchdorf hat frOh ein Grotteshaus besessen. In einer zwischen 1223 und 1235
ausgestellten Mindener Urkunde kommt ein Gerhardus sacerdos de Dushome
und m weiteren Mindener Urkunden der Jahre 1250 und 1252, sowie in einer
Urkunde Hermanns von Hodenberg aus dem Jahre 1255 ein Burchard als
Pfarrer in Dushome bezw. Duzhom vor. 1275 begegnen Hermannus et
Volcqwardus Gberhardus in Dushome vicarii. 1321 erwirbt der Pfarrer Johannes
namens seiner Kirche von Albert ProYesting dessen Mindenschen Lehnhof und
Kothe im Orte. Von dem .Eerspelde to Diishora* ist in einem Verzeichniss
der zum Schloss Gelle gehörenden Hebungen aus den letzten Jahrzehnten des
XIV. Jahrhimderts die Rede. In den Fehden der Jahre 1457—59 wurde der
Ort mit Feuer und Schwert verwüstet. 1824 suchte ein grosser Brand den Ort
heim. 1843 erfolgte der Umbau der Kirche. 1851 wüthete abermals eine
Feuersbrunst.
Das massive Schiff mit flacher, geputzter Holzdecke und einem im Beschreibung.
Westen halb abgewalmten Dach hat im Süden eine rechteckige Sakristei mit
darunter befindlicher Gruft und einen durch f&nf ungleich grosse Seiten
gebildeten C!hor.
Der aus Backsteinen gemauerte Altartisch hat auf der Nord- und Süd- Altar.
sdte je zwei flachbogig geschlossene, gothisch profilirte Nischen.
Zwei 40 cm hohe Altarleuchter aus Bronze haben einen walzenförmigen Altarleiichter.
Schaft mit drei Knäufen in gothischer Auffassung.
Zwei schöne, aus Holz geschnitzte, ehemals zu einer Ereuzigungs- Bildwerke.
darstellung gehörige Figurengruppen, von denen die eine die zusammenbrechende
Maria zeigt, sind in den Figuren 29 und 30 wiedergegeben. Sie erweisen sich als
eine gute Arbeit aus der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts.
Eine einfache, silberne Dose trägt unter einer Krone die Bezeichnung: Ciborium.
DLB
J. J.R
1690.
-t-g 118 i-»-
In der Sakristei hfingl das auf Holz gemalte Bildniss eines Pfarrers mit
der Inschrift:
Hennii^s Thomas
Anno 1616. Aetatis,
svae 35.
14 jetzt als Einfriedigung am Kirchhofe au^estellte Grabsteine enthalten
zum Theil die ganzen Figuren der Verstorhenen und räbren aus dem XVII. und
XVm. Jahrhundert her.
E^K. n und 30. Kirche In DÜBbom; FiKurenBTDppan.
Kanzel. Eine gut geschnitzte Renaissancekanzel wird jetzt als Lesepult benutzt.
Kelch. Der einfache, silberrergoldete Eelch hat auf dem runden Fusse den
Gekreuzigten zwischen Maria und Johannes und die Lapidarinschrift:
In • die • Kirchen ■ zt • Düshom Anno : 1650.
Eickeloh.
Grobfcitpelle, Kirche.
LitterntDr: Von Hodenberg, UodenbergerUrkundenbucfa; derselbe, LUnebnrger
Urkundcnbuch XV-, derselbe, LUneburger LehnregiBter, Lenthe'a Archiv IX; Sndendorf;
Spilcker, Geschichte der Grafen von Wülpe; Uegenten-Saibl ]698; Hanecke II; Holscher,
-^ 119 8^
BeschreibuDg des Bisthoms Minden; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Wippermann,
Beschreibnng des Bnkki-Gaues; Pratje^ Altes und Neues X, 261; Mithoff^ KunstdenkpialelV;
derselbe, Kirchenbeschreibnngen; Grtttter, Loingau, Hannov. Geschichtsbl., 3. Jahrg.
Quellen: Grtttterscher Nachlass im Stadtarchiv zu Hannover.
Das Kirchdorf Eickeloh begegnet bereits in der ersten Hälfte des Geschichte:
Xni. Jahrhunderts. Im Jahre 1237 erwirbt Hermann von Hodenberg vom
Kloster Walsrode durch Tausch sechs Hufen daselbst, von denen zwei der
Gräfin Sophie von Osterburg gehört hatten. Hierdurch kam das Dorf bis auf
einen Hof ganz in die Hände der Herren von Hodenberg. Am 6. Oktober 1295
verkauft das nach Läbbecke verlegte, ehemalige Ahldener Kloster dem Ritter
Herbord von Mandelsloh neben Anderem den grossen und kleinen Zehnten zu
Eickeloh. 1296 stifteten Heinrich von Hodenberg, seine Gemahlin Hedwig,
sowie seine Söhne Hermann und Heinrich die Kirche («Basilica') zu Eickeloh
für die ihnen fast ganz gehörigen und bis dahin nach Ahlden eingepfarrten
Dörfer Eickeloh und Hademstorf, da die Ahldener Pfarrkirche durch die Aller
von diesen getrennt war, die Bewohner bei nassen Zeiten nicht hinüberkommen
konnten und, virie die Urkunde sagt, es sich selbst ereignete, dass einige auf
dem Wege zur Kirche in den Fluthen der Aller umgekommen waren. Die von
Hodenberg beschenkten sie reichlich. Der Mindener Bischof gab seine Zustimmung
und setzte zugleich die näheren Verhältnisse der neuen Kirche fest. Es wurden
ihr alle Eingesessenen zwischen Aller und Meisse zugeordnet; sie erhielt eine
selbständige Stellung als Pfarrkirche, musste aber der Ahldener Mutterkirche
jährlich zu Michaelis eine Geldabgabe (»septem fertones bremensis argentj)'
zahlen; im übrigen blieb sie dem Archidiakon in Ahlden unterworfen und
sollten die Eingepfarrten zur Synode nach Ahlden gehen. Das Patronat vmrde
auf ewige Zeiten den Stiftern zugesichert, welche den ausgewählten Pfarrer dem
Ahldener Archidiakon präsentiren sollten. Bei den zwischen 1330 und 1352
von den Herzögen Otto und Wilhelm vorgenommenen Belehnungen erhielten
«De riddere van Hodenberge' «dat dorp al to Ekle . ane enen hof zu Lehen.
1489 wird «Eklo* als in der Parochie «Botzem* (Kirchboitzen) belegen be-
zeichnet. 1776 wurde eine alte geborstene Glocke umgegossen. Die alte, wohl
noch im Wesentlichen den 1296 aufgeführten Bau zeigende Kirche dient jetzt
den Freiherren von Hodenberg als Familienbegräbniss; statt ihrer wurde ein
neues Grotteshaus gebaut und am 19. Dezember 1868 geweiht.
Von dem früheren Herrenhause des adelig freien landtagsfähigen Hofes
derer von Hodenberg ist heute nur noch ein Platz an der Aller in der Eicke-
loher Marsch zu sehen, welcher mit Wall und Graben umgeben ist und die
Burg genannt wird.
Das Schiif der gothischen, im Grundriss rechteckigen, mit massivem Beschreibung.
Hauptgesiros versehenen und in Backstein ausgeführten Grabkapelle wird durch örabkapelle.
eine massive Wand/ welche in der Mitte eine grosse, halbkreisförmig
geschlossene Oeifnung und zu beiden Seiten je einen fiachbogigen Durchgang
aufweist, von dem* erhöhten Chor getrennt. Der letztere, ein rechteckiger
Raun>/ wird von einem Kreuzgewölbe mit rechteckigen Rippen überspannt.
-^ 120 8^
. Der Ostgiebel ist durch spitzbogige Blendnischen g^liedert; darunter befinden
• sich zwei spitzbogigCt gekuppelte Fenster mit darfiberliegender, runder Oeffiiung
in einer zweimal zurückgesetzten Nische. Die Eingangsthür und drei kleine
Fenster in" der Südseite zeigen den Spitzbogen.
Kirche. Die 1 m im Durchmesser grosse Glocke hat zwischen zwei Omamait-
Glocke. streifen am Halse die Lapidarinschrift:
, Soli Deo gloria.
Am Rande ist unter einem Ornamentstreifen zu lesen:
Johann Meyer in Gelle •
herrscha£ftl : Stück- u. Glocken
Gieser goss mich 1776.
Kelch. Ein silbervergoldeter Kelch hat auf dem sechslheiligen Fusse einei
aufgelegten Grucifixus mit der Jahreszahl 1664. Daneben sind zwei Wappen
zu sehen, deren Umschriften lautend
Avgvstvs • Friederich • von • HodeiAerg •
und
Anna • Dorothea -von • örtzen •
Auf dem Knaufe steht: Jhesvs.
Taufbecken. Das aus Messing gearbeitete, alte Taufbecken hat auf dem Boden eine
sehr beschädigte Inschrift und eine Darstellung des Sündenfalls.
Eilte.
Denkmal, Grabgewölbe, Henrenhaiui.
Litteratur: Hodenberg , Hodenberger Urkundenbneh ; derselbe, Lttnebnrger
Urknndenbnch XV; derselbe, Galenberger Urknndenbnch V; derselbe, Hoyer Urkunden-
bnch; derselbe, LUnebnrger Lehnregister, Lenthe^s Archiv IX; Urknndenbnch der Stadt
Lüneburg II nnd III; Sndendorf; Meinardns, Urknndenbnch des Stiftes nnd der Stadt
Hameln; Manecke II; Spiloker, Geschichte der Grafen von Wölpe; Regenten-Sahl IGdS;
Vogell, Geschlechtsgeschiohte der Herren Behr; Holsoher, Beschreibung des Bisthoms
Minden, Zeitschr. f. westf&l. Gesch. n. Alterthnmsk., Band 88 nnd 84; Kayser, Kirchen-
Visitationen 1897 ; Mithoff, Knnstdenkmale IV; Meding, Nachrichten von adelichen Wapen L
Quellen: Schulchronik su Eilte; Urkunden des Kgl. Staatsarchivs su Hannover;
Grütterscher Nachlass im Stadtarchiv ebendaselbst
Geschichte.
D(ia n{^<A Ahlden eingepfarrte Dorf ist an der Aller belegen. Graf
Burchard von Wölpe stellte 1267 »apud villam Elethe in ripa Allere** und
1268 ,in Rypa Allere prope Elthe* Urkunden aus: Zwischen 1330 und 1352
erhielt Eylerd van Alden von den Herzögen Otto und Wilhelm dit-'Haus »to
Elthe' zu Lehen. Bei der 1360 vom Herzog Wilhelm vorgenommenen Neu-
belehnung bekamen «Alle de van Alden . . . To Elten I. hof ', Henric van
Hodenberge ,n. houe to Elte' und Johan van Bordesie ,To Elten ü. hone
-^ 121 H-
vnde Uli. cot*. Um 1368 wurde Albert van Botmere mit einer Hufe Landes
yto Elte' belehnt. 1495 erklart Bartbold von Mandelsloh, dass er mit Ein-
willigung des Herzogs Heinrich dem Heinrich von Dagef&rde und Dietrich
Olemann, Bürgermeister zu Celle, den .tegeden to Elte luttick vnd grot',
welcher zur Burg (Borch) Alden gehört, verpf&ndct habe; er verpflichtet sich,
wenn der Herzog oder dessen Erben die Burg «Alden* wieder von ihm «loszen
vnde fryhenn', seinerseits den genannten Zehnten wieder einzulösen. 1567 über-
geben die Herzöge Heinrich und Wilhelm «die jüngere' dem Balthasar Klammer
9 vor eine widerstattung' eine Hofslelle im Dorf .Elthen*, welche zum Hause
Ahlden gehört, zujr Bebauung. 1620 erbaute sich der Grossvogt Balthasar
Klammer eine Hauskapelle zu Eilte, welche er auch dotirle. Nadi dem Erb-
register des Amtes Ahlden vom Jahre 1667 hatten die von Honstedt das
Patronat inne. 1813 brannte die Kapelle sammt dem Herrenhause nieder.
Nur das letztere wurde wieder aufgebaut.
Der adelig freie landtagsfSliige Hof un Orte war ehedem das Stamm-
haus der nach demselben benannten Familie von Eilte. Die Familie erlosch
1560 mit Dietrich von Eilte, worauf das Gut an den Kanzler Klammer, von
dessen Enkel 1685 an die von Honstedt kam.
Dem 1793 zu Mons gestorbenen Georg Wilh. von Honstedt {st auf dem Denkmal.
Wall nahe dem Herrenhause ein Denkmal gesetzt. Dasselbe trägt als Bekrönung
eine Vase.
Von der Kapelle ist nichts weiter als ein mit Erde bedecktes Grab- Grabgewölbe,
gewölbe übrig geblieben.
Das rechteckige, mit neueren Anbauten versehene, einstöckige Herren- Herrenhaup.
haus ist im Anfange des XIX. Jahrhunderts in Fachwerk auf einem hohen,
massiven Sockel errichtet In der Mitte der Vorder- und Hinterseite sind zwei
Giebel ausgebaut. Die Schmalseiten zeigen den halben Walm. Der alte
Wassergraben ist noch vollständig erhalten.
FallingbosteL
Kirche.
Litteratnr: Janicke ; Sndendorf ; von Hodenberg, Hodenberger Urknndenbuch .
derselbe, LUneburger Urkundenbuch XV; derselbe, Hoyer Urknndenbach ; Urkundenbnch
der Stadt Lüneburg I; Lttntzel, die ältere DiOcese Hildesheim; Regenten-Sahl 1698;
Wippennann, Bukki-Gan; Spilcker, Geschichte der Grafen von Wölpe; Böttger, DiOcesan-
nnd Gan-Grenzen; Manecke II; Kayser, KirchenviBitationen 1897; Holscher, Beschreibung
\ des Bisthams Minden; Frendenthali Haidcfahrtcn I; Mithoff, Knnstdenkmale IV; derselbe,
I Kirehenbeschreibnngen ; Jürgens, ein Amtsbach des Klosters Walsrode, Hannov.
I Gescfaichtsbl., 2. Jahrg.; Grütter, Arbeiten über den Loingan, ebendort, a Jahrg.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Gftttterscher Nachlass
im Stadtarehiv ebendaselbst
16
-^ 122 8^
Geschichte.
Beschreibung.
Altarlenchter.
Glocken.
Das Kirchdorf Fallingbostel am Westufer der Böhme, in landschaft-
licher Beziehung der am schönsten belegene Ort ' des Böhmethaies, gehörte
ehedem zum Archidiakonat Ahlden im Loingau. Er rechnet zu den Ältesten
des Landes, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass es mit dem .Vastullnge-
burstalle' in dem aus dem XI. Jahrhundert stammenden Schriftstück identisch
ist, welches die um 990 auf Befehl Otto's II. festgestellten Grenzen zwischen
Ostfalen und Engem sowie zwischen den Bisthümern Hildesheim und Minden
angiebt. Zur Zeit des Mindener Bischofs Werner, 1153—1170, schenkte der
Edelherr Mirabilis der Mindener Kirche Güter in «Vastelmgeburstolde*.
1293 wird die Parochie «Valingeborstle* genannt. Der Ort kommt dann 1295,
1306, 1337 und 1338 vor. 1339 hören wir von Hermannus de Ottenstene
sacerdos quondam plebanus in Valingeborstelde. 1344 war Conradus plebanus
de Vallingeborstel. 1378/79 ist von dem »rychte van Valingborstele* die Rede.
1402 und 1407 hören wir von dem Vogt Frederik Stalknecht zu FaUingbostel.
Zur Vogtei Fallingbostel gehörten 1543 Düszhom, Meinerdingk, Dorpmarcke und
Valligenborstell. 1549 wurde der alte .Bargfrede' (Amtslagerbuch) an der
Böhme gebaut. Femer wurde 1595 »daß rechte Vogtey - Wohnhauß darin das
Vorwerk mit begriffen ist nebenst dem Herrn -Hauß'^ (Amtslagerbuch) neu
erbaut. Der Vogt Lade erhielt 1552 den «Diestelhof* vor Fallingbostel, den
Zehnten von dem von ihm bewohnten Hofe und die Deilinger Höfe für einen
Jahreszins auf Lebenszeit eingethan. Nach ihm wurde zwischen 1552 und 1595
die Amtsvogtei errichtet und mit einem adeligen Amtsvogt besetzt. 1757 wurde
die Amtsvogtei Soltau mit der Fallingbostelschen vereinigt und 1835 auch das
Klosteramt Walsrode. Sie wurde 1852 aufgehoben. 1774 wurde ein neues
Amtshaus gebaut. Am 9. Januar 1784 brannten das Amts-, Prediger- und
Schulhaus sowie 24 Häuser nieder. 1829/30 wurde die alte Kirche durch einen
Neubau ersetzt. Soweit der von Mithoff auf Tafel I gegebene Grundriss
erkennen lässt, war sie eine gothische Kirche mit dreiseitig geschlossenem Chor,
rechteckiger Sakristei im Nordosten und rundem älteren Westthurm.
Die neue, massive, innen und aussen geputzte, im Osten und Westen
drdseitig geschlossene, einfache Saalkirche hat je fOnf Rundbogenfenster auf
den Langseiten und drei gleiche Fenster in jedem Schluss. Je eine Tbiir
befindet sich in der Mitte im Norden, Osten, Süden und Westen. Das Bauwerk
ist mit Holzgesims und Pfannendach abgeschlossen. Die geputzte Holzdecke
bt in der Mitte gewölbt und über den seitlichen Emporen, deren Stützen die
Decke tragen, flach. Eine einfache Orgel steht im Westen, eine hölzerne
Altarwand mit Kanzel im Osten. Der in einiger Entfernung von der Kirche
stehende hölzerne, viereckige Glockenthurm zeigt in der Wetterfahne die
Jahreszahl 1793.
Zwei 35 cm hohe, frühgothische Altarleuchter aus Bronze zeigen einen
walzenförmigen Schaft mit drei ringförmigen Knäufen. Die drei Fasse slad
als plumpe Thiergestalten ausgebildet.
Die beiden 1,35 m und 1,13 m im Durchmesser grossen Glocken sind
von M. Thomas Rideweg im Jahre 1719 in Hannover gegossen; sie tragen
-^ 123 H-
zwischen zwei Omamentstreifen am Halse den Namen des Giessers und an
verschiedenen Stellen Engelsköpfe.
Der silbervergoldetef 17,6 cm hohe Kelch hat trichterförmigen Becher, Kelch.
kugeligen, mit Maasswerk verzierten Knauf und einen runden Fuss mit auf-
geheftetem Grucifixus. Der Schaft trägt Worte in gothischen Kleinbuchstaben,
deren Zusammenhang nicht deutlich ist. Es ist eine Arbeit des XV. Jahrhunderts.
Ein stark beschädigter, einfacher Taufstein mit rundem Becken und Tanfstein.
achteckigem Fuss wird jetzt im Pfarrgarten aufbewahrt. Er wird der gothischen
Zeit entstammien.
Güten.
Kirche.
Litteratnr: Von Hodenberg, HodenbergerUrknndenbnch; derselbe, LUnebnrger
Urknndenbnch V nnd XV; derselbe, Calenberger Urknndenbuch V: derselbe, Hoyer
Urknndenbuch; derselbe, LUnebnrger Lehnregister; Sndendorf; Urknndenbnch der Stadt
Lflnebnrg II; Pfeffinger, Historie I nnd II; Manecke II; Regenten -Sahl 1698; Spilcker,
Geschichte der Grafen von WOlpe; Vogell, Geschlechtsgeschichte der Herren Behr;
derselbe, Geschlechtsgeschichte derer von Schwicheldt; von Meding, Nachrichten von
adelichen Wapen I; Wippennann, Beschreibnng des Bnkki-Ganes; BOttger, DiOcesan- nnd
Gan-Grenzen ; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Holscher, Beschreibnng des Bisthnms
Minden; Mithoff, Knnstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibnngrn ; Katalog der Bibl.
d. hist. Yer. f. Nieders., Heft 1; Grütter, Arbeiten über den Loingan, Hannov. Ge-
schichtsbl., 2. Jahrg.
Quellen: Verzeichniss der kirchlichen Knnstdenkmäler von 1896; Kirchen-
rechnnngen in Güten; Urkunden nnd Akten des Kgl. Staatsarchivs zn Hannover;
Grtttterseher Nachlass im Stadtarchiv ebendaselbst
Das ehedem zum Archidiakonat Mandelsloh im Mindenschen Loingau Geschichte,
gehörige Kirchdorf begegnet bereits 1242 als selbst&ndige Parochie. Am
10. August dieses Jahres verkauft Hermann Hodo dem Kloster Mariensee den
.indaginem sitam in parrochia Ghiltene (Geltene) iuxta aliam indaginem que
Yocatur Grawithe' (jetzt Grewjede) mit dem Zehnten und allem Zubehör.
1265 wird Luderus de Ghiltene unter den ecclesiarum rectores aufgeführt.
Kirche und Pfarre werden mit ihren Grundstöcken als Mindensches Lehngut
bezeichnet. Am 10. März 1314 verkauft Hermann von Hodenberg dem Kloster
Walsrode die ihm zustehende Hälfte an dem Dorfe « Ghiltene' und überlässt
demselben seinen Antheil am Patronatsrecht ober die Kirche daselbst. 1319 ver-
sichern Propsty Priorin und Convent zu Walsrode dem Heinrich von Hodenberg,
welcher ihnen bei der durch Ableben des Pfarrers Heinrich entstandenen
Pfarrvakanz der Giltener Kirche deren Besetzung durch den Walsroder Kapellan
Bernhard «de Stenlage' zugestanden hat, dass er diese Pfarrstelle bei der
16*
TJF--
Beaclireibang.
Schiff.
Chor.
-t-( 124 fr*-
DftchstfolgfendeD Vakanz allein besetzen solle. Am 29. April 1330 schenkt
Henrich von Hodenberg dem Kloster die ihm zustehende andere Hälfte des
Patronats Aber die Kirche zu .Ghilten Mindensis dioecesis*. 1337 bekommen
die von Schlepegrell vom Kloster Walsrode das Patronat. 1594 werden zehn
Grosehen für den Draht, welcher den Kneppel zur Schla^locke führt, aus-
g^^eben; femer 13 Groschen für den Riemen zur Glocke, von Bremen gebMcht,
sowie sechs Groschen für das Seil zur Glocke. 169Ö wird ein Stundenglas für
den Predigtstuhl angeschafft; es werden 12 Fenster im Thunn gemacht und
drei Thaler weniger ein Ort für SttUde und Bänke ausgegeben. 1598 Ondeo
wir sechs Groschen für einen Riemen in die kleine Glocke verzeichnet. 1602 wird
der Predigtstuht gebessert, 1603
der Thurm neu gemacht und
geflickt, sowie 1604 das Hess-
gewand dreimal geOickt. 1666/67
wird der Thurm zum Theil neu
gedeckt sowie der Hahn gebessert
und 1669/70 die Kirchenubr
reparirt. 1685/86 folgte eine
abermalige £3ndeckung und Aus-
besserung des Thurmes. 1768 er-
halten die Tischler für die an-
gefertigte Kanzel noch neun rthlr.
SO Groschen. 1769 werden für
eine neue .Unie* zum Au&deh^
des Engels 13 Mariengrosdien
vier Pfenn^ bezahlt. 1775 wird
eine ThürüSnung durch die
Thunnmauer gebrochen, 1780 ein
neuer Fussboden in der Sakristei
gelegt, 1781 die Kirche inwendig
und auswendig geweisst und
gestrichen sowie das Dach ge-
bessert. 1782 wird auf da- Nord-
und Südseite je ein Fenster
durchgebrochen, um für die
westliche Querpriedte mehr Licht zu schaffen. 1797 finden wir eine neue Uhr-
scbeibe verzeichnet. Die vorhandene Kirche ist dem heiligen Paulus gewdht;
das Schiff wurde 1766 neu gebaut und 1849 die Thurmspitze erneuert.
In Güten bestanden drei adelig freie landlagsfähige Höfe. Zwei dtr-
selben brachten die von Bothmer im XV. Jahriiundert durch Kauf an sich. Der
dritte ist das Stammhaus derer von Güten. Von dieser nach dem Ort benannten
Familie kommt ein Eckehardus de Gilten 1271 vor. Sie starb 1775 aus.
Die Kirche besteht aus Schiff, Chor mit Sakristei im Norden und Westtbrirm.
Das Schiff ist in Fachwerk errichtet und mit hölzernem Hauptgesims
versehen. Der schmälere €3ior ist aus Ort- and Backstein«! erbaut und hat
Tlg. 11. Kirche In OUten; Fsniter.
-^ 125 8^
dreiseitigen Schluss. Die geputzte Schaldecke ist aber den Seitenemporen flach
gehalten, zwischen denselben aber tonnenf&rmig gewölbt Der flach gehaltene
Theil wird im Schiff von den durchgehenden Emporenstftndem, im Chor von
besonderen S&ulen getragen. Der alte, zum grössten Theil noch erhaltene
Fttssboden im Schiff ist mit kleinen Kieselsteinen gepflastert , welche zu
Ornamenten zusammengesetzt sind. Im C3ior sind nodi drei alte Fenster in
der Form der Fig. 31 erhalten. Ausserdem ist hier an der äusseren Nordseite
ein zugemauertes, spitzbogiges, durch die vorgebaute Sakristei zum Theil ver-
decktes Fenster sichtbar. Zwei weitere, vormals vorhandene Oeffnungen der
Nordseite lassen sich im Inneren noch erkennen. Die Hehrzahl der Licht-
Öffnungen ist flachbogig geschlossen, ebenso die beiden Eingangsthüren an der
Südseite; diejenige im Chor ist mit profiliertem
Sandsteingewände eingefasst und trägt folgende In-
schrift: «Cordt Rodenbörch • Cordt • Peters- 1 •5-56*.
Die Sakristei, von einem Kreuzgewölbe mit Sakristei.
Bimstabrippen und rundem Schlussstein überdeckt,
ist der älteren Nordseite des Chores vorgebaut und
zeigt einen Backsteingiebel, durch spitzbogige Blend-
nischen gegliedert. Die Eingangsthür an der Ostseite
ist mit dem flachen Spitzbogen, die Verbindungsthür
nach dem Chor mit einem Halbkreisbogen geschlossen.
Die Nordwand enthält zwischen zwei Steinkugeln
einen Wappenstein mit folgender Umschrift in
gothischen Kleinbuchstaben : «Anno . Mcccc 1 xxxxii .
Henninch . v& . Ghilten . dem got • ghenedich • sy.'
Die Fensternischen sind innen und aussen spitzbogig
sowie zweimal gegliedert.
Der viereckige Westthurm ist unten aus Ort- Thurm.
steinen, oben aus Backsteinen erbaut, zf igt als Sockel
eine grosse Fase, in halber Höhe einep Absatz und
trägt einen achteckigen Helm. Die Oeffnungen sind
bis auf zwei kleine rechteckige Schlitzfenster flach-
bogig geschlossen und mit Backsteinen ausgemauert
Eine Nbche in der Westseite enthält eine stark ver-
witterte, dem XIV. Jahrhundert angehörende Darstellung der ' Kreuzigung.
Darunter befindet sich unter einer gothisch profilierten Verdachung ein ein-
gelassener Stein mit einem Wappen und der Unterschrift in gothischen Klein-
buchstaben:
Henningh von Güten de olde mccccc vn XVIII.
Die Altarwand mit Orgel stammt aus dem Jahr^ 1820. Altar.
Die beiden 40 cm hohen Altarleuchter aus Messing (Fig. 32) tragen die Altarleuchter.
Bezeichnung: «Hannen • Borstling • zv Gilten • Ao • 1 • 6 • 40.'
Eine schön getriebene, ovale, silberne Oblatendose trägt auf dem Boden ciborion.
die Inschrift:
A. J. V L. W. V. G. Aö. 1704.
lig.Si.
Kircbe In OUton; Altarlenchter
->« 126 8^
Gedenktafel.
Glocke.
Grabstein.
Kanzel.
Kelche.
Die kleinere, theilweise vergoldete, silberne, runde Oblatendose zeigt
einen aufgelegten Cruciflxus und innen das von Bothmersche Wappen sowie
die Buchstaben «J. v. J3/
In die äussere Ostwand des Chores ist eine in Renaissanceformen gut
gearbeitete Gedenktafel aus Sandstein eingelassen. Unter der von zwei Pfeilern
getragenen Giebelverdachung ist in einer im Eorbbogen geschlossenen Nische
der Gekreuzigte mit Maria und Johannes zu sehen. Darunter befinden sich
zwei Wappen mit der Unterschrift:
Cordt von Bothmer • Dorethea von Rheden • C • V • B • eliche Havsfrawe selige.
Darunter lesen wir: ■
Godt dem Almechtigen zvn
Eheren sich vnd den Seinen avch der
gantzen Gemeine zvm Besten
hat Obgemelter • C • V • B • diesen
newen Chor av£f spine
Bekostvng bawen lassen
anno Dni
1595.
Zu den Seiten der Verdachung liegen zwei Engel, von welchen der
eine einen Totenkopf, der andere eine Sanduhr hält; den oberen Abschluss
bildet eine Frauengestalt.
Die 95 cm im Durchmesser grosse Glocke hat Oehre von kreisförmigem
Querschnitt und eine aufgelegte Schnur über dem Schlagringe. Der Mantel
zeigt durch je zwei vertiefte Linien hergestellte, in ungleichmässigen Abständen
von oben nach unten laufende Streifen, welche durch ebensolche Streifen unter-
einander ohne bestimmten Grundsatz verbunden sind. Der Guss ist fehlerhaft.
Von der aus gothischen Kleinbuchstaben bestehenden Umschrift des
stark abgetretenen Grabsteins eines Geistlichen in der Eingangsthür zum Schiff
ist nur noch ein Theil zu lesen: «Anno . domi . m in vigilia bti Jacobi
apli obiit dns Gherardvsi . Ghilte . ple/
Die Kanzel stammt aus der Zeit der Erbauung des Schiffs.
Der grosse, silbervergoldete Kelch mit eingraviertem Wappen am Becher
hat folgende Inschrift:
Christian, von Güten, Erb-Herr, auf Gilten und Wrestädt • d 16^ Aug: 1770.
An der Kirche geschenckt, da der vorige von dieser Familie gestohlen worden.
Gott bewahre femer dafür.
Auf der dazugehörigen Patene ist derselbe Stifter mit seinem Wappen
vermerkt.
Ein zweiter Kelch mit Patene aus demselben Metall trägt ein Doppel-
wappen am Becher unjji die Umschrift:
E. A. V. Bothmer. J. E. v. Sebo. 1770.
j
-♦«8 127 g-t-
Hudemühlen.
Kirche.
Litteratur: Von Hodenberg, Hodenberger Urkundenbuch ; derselbe, LUnebnrger
Urkandenbach XV; derselbe, LUneburger Lehnregister; Urkundenbuch der Stadt Lüne-
burg UI; Doebner VI; Sudendorf; Merlan; Pfeffinger, Historie II; Regenten-Sahl 1698;
Ifanecke II; Neues vaterl. Archiv 1824; Ejiyser, Kirchenvisitationen 1897; Holscher,
Beschreibung des Bisthums Minden; Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchen-
beschreibungen; Zeitschr. d. tust Ver. f. Nieders. 1864» 368 f.; GrUtter, Loingau, Hannov.
Geschichtsbl. 3. Jahrg.
Quellen: Urkunden und Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover ; Grütterscher
Nachlass im Stadtarchiv ebendaselbst; Kirchenbuch im Pfarrarchiv.
Die Geschichte des Fleckens und der Burggemeinde Hudemühlen Geschichte.
knüpft an die Zerstörung der Veste Hodenhagen an, welche die danach sich
benennenden Herren von Hodenhagen, späteren Freiherren von Hodenberg,
erbauten« Die Veste wird 1244 zum ersten Male genannt. Sie lag an der
Bremer Heerstrasse, eine halbe Stunde ostwärts vom heutigen Hudemühlen an
der Meisse im niedrigen und sumpfigen Bruche, welche Lage hauptsächlich zu
ihrem Schutze dienen sollte. Neben der Burg sind des öfteren Pfähle in der
Meisse gefunden worden; dies lässt darauf schliessen, dass hier ehedem eine
Mühle, durch deren Stau die Umg^end der Burg unter Wasser gesetzt werden
konnte, und eine Brücke, welche den Uebergang der Heerstrasse über die
Meisse vermittelte, vorhanden waren. Die Veste war ehedem mit Wall und
Graben umgeben. Jetzt findet man nur noch geringe Spuren alten Gemäuers
auf dem mit Bäumen bestandenen Platze. Neben Anderem sind die Fundamente
eines starken Thurmes von 37 Fuss äusserem Durchmesser und mit neun Fuss
starken Mauern gefunden worden. Westlich vom Haupthof, ebenfalls an der
Meisse, befand sich ein von einem Graben umgebener Vorhof, und dort hat
die Mühle, anscheinend auch eine Schmiede gestanden. Der Landschafts-
direktor Wilhelm von Hodenberg hat in dem Urkundenbuch seines Geschlechts
eine Skizze der vorgefundenen Reste gegeben, und der Senior der Familie
Friedrich von Hodenberg liess 1866 einen Denkstein auf dem alten Burgplatz
errichten. Auf der Veste befand sich auch eine Kapelle. 1253 kommt ein
Eghardus sacerdos Capellanus noster in einer Urkunde Hermann's III. von
Hodenberg, welche «in Hodenhachenn' ausgestellt idt, als Zeuge vor. Am
12. Juni 1289 übertrugen Heinrich I. von Hodenhagen und seine Söhne dem
Herzog Albert von Sachsen und dessen Bruderssöhnen , den Herzögen von
Sachsen -Lauenburg, ihre Veste Hodenhagen zu rechtmässigem Lehen. Bald
darauf, als Albert nach Lauenburg zurückgekehrt war, zog er gegen den
Hodenhagen und zwang Heinrich, ihm denselben zu unterwerfen, was am
27. August des Jahres geschah. Die Veste wurde abgebrochen, um nicht wieder
aufgebaut zu werden. In den Urkunden geschieht ihrer nicht mehr Er-
wähnung, und die Herren von Hodenhagen nennen sich seitdem Edelherren
von Hodenberg.
-^ 128 8^
Nach der Zerstörung des Hodenhagen^s scheinen sie ihren Wohnsitz
zunächst zwischen diesem und dem heutigen Hudemühlen und erst später an
letzterem Orte selbst gewählt zu haben. Die früher beim Hodenhagen befind-
liche Mühle wurde vermuthlich zunächst an die Stelle des heutigen Hudemühlen
verlegt und wird darauf Hermann, als der erste Wohnsitz aufgegeben wurde,
bei dieser Mühle einen neuen Sitz, die spätere Burg, erbaut haben. Zugleich
fand eine Verl^^g der Bremer Heerstrasse vom Hodenhagen weg in der
Richtung auf Hudemühlen statt. Neben dem neuen Sitze siedelten sich
sogenannte kleine Leute an, welche dem Flecken zum Damme oder zur Hude
seine Entstehung gaben, welcher schon zu Anfang des XV. Jahrhunderts bestand,
1360 empfing Lutherd van Hodenberge vom Herzog Wilhelm «den hof
tor Hodenmolen* zu Lehen. Dieser Ausdruck deutete den Wohnsitz an. Als
solcher wird Hudemühlen auch in dem um 1377 abgefassten Wunstorfer Güter-
verzeichniss bezeichnet.
Um 1422 erscheinen Marquard von Hodenberg und seine Gemahlin
Heilewig Elencke als Schenkgeber eines noch erhaltenen Kelches mit Patene
aus vergoldetem Silber. Die 1422 erfolgte Freisprechung von dem weg&k
Landfriedensbruches über Marquard verhängten Banne wird die Veranlassung
zur Schenkung gegeben halben. Der Kelch wurde 1843 aus dem Nachlaas des
letzten Herrn Schenk von Winterstedt zu Scfawachhausen zurückgekauft.
Am 27. Juli 1424 vergleichen sich der Kirchherr zu Ahlden Richard
Oldebuck sammt seinen Kirchspielleuten auf der einen und die Herren von
Hodenberg auf der anderen Seite «van der Gapellen, wegen, de gebuwet is bj
de Hudemolen in dat Kerspel to Eklo': Die Kapelle soll hinfort Filial der Sarche
zu Ahlden sein; die Herren von Hodenberg haben das Recht, einen ihnen
genehmen fronünen Priester für die Kapelle einzusetzen, welcher aber dem
Ahldener Pfarrer unterstellt ist; derselbe soll die Handlungen eines Pfarr-
geistlichen verrichten, wenn die Hudemühlener durch Unbilden der Witterung
oder Kriegsgefahr veriiindert sind, nach Ahlden zu kommen, dagegen den
Herren von Hodenberg und ihren Angehörigen zu Diensten stehen, so oft sie
dessen begehren. Dieser Vergleich, sowie die Dotierung der Kapelle von Seiten
der Familie von Hodenberg mit der Curie zum Kampe, einer Curie zu
Hademstorf und der kleinen Buchhorst wurde im darauf folgenden Jahre vom
Mindener Bischof Wulbrand bestätigt. Die Kapelle, welche zuvor ein «alt ver-
fallenes' Bethäuslein war, wurde 1424 von den Herren von Hodenberg erneuert
und 1426 der heiligen Jungfrau und dem Apostel Thomas geweiht Noch heute
bildet die Burggemeinde die eigentliche, selbständige Ku*chengemeindey während
der Flecken nach Ahlden eingepfarrt ist. Wie vor Alters sind noch heute die
Herren von Hodenberg Patrone.
1429 verpfändet Thomas von Hodenberg den Herzögen Bernhard, Otto
und Friedrich .de helfte des houes to der Hudemölen*. Deshalb wird «Hude-
molen' 1433 unter den «Sloten wekbelden vnde dorpem' aufgeführt, an
welchen jene Herzöge «Pandescoppen' hatten. 1439 erklären die Herzöge Otto
und Friedrich, dem Marquard und Segeband von Hodenberg den ihnen von
Thomas von Hodenberg verpfändeten ,deel der Hudemolen mit erer to
bdiorin^* g^eo Zahlung von 400000 Mark Lüneburgisdier Geldwäbrung
zurückgebeu zu wollen. Als Burg wird Rudemühlen zuerst 1448 genannt. Die
Befestigung war jedoch «eher schon vorher erfolgt. Ihre spätere stattliche
ÄusfQIuiiag erhielt die Bui^ aber erst zu Anfang des XVI. Jahrhunderts.
1469 ordnet der Herzog Otto an, dass die Herren von Hodenbei^ den in der
Erteile aufgerichteten Tau&tein wieder entfernen sollen; der EJipellan soll hin-
fort nur mit j^nwilligung des Ähldener Pfarrers und als ein Kapellan der
Ahldener Kirche Tauf handlungen Tomehmen.
Flg. U. Kirche In Hiiil«müU«ii.
iSne Ansicht des Schlosses giebt Herian und bemerkt: ,Auff dem
Hause seyn drey Adeliche Wohnungen fast in einem Triangel gelegen md ist
dasselbe mit Wall vnd Graben verwahret*. Von den adeligen Höfen wird nach
Hanecke der eine Obristen-, der andere Eammeijunkers- und der dritte
Lientenantshof genannt. Hanecke sah von dem Scbloss noch den Wall und
das Pfarrhaus. Jetzt ist nur noch der erhöhte Platz mit dem noch zum Theil
erhaltenen Graben zu sehen. Am 29. Juli 1767 Qbet^ebt der Pastor Friedrich
Wilhelm Klockenhring .wegen besorgen der Eriegs-Gefahr* dem Siegfried
Wilhelm von Hodenberg einen grossen silhervergoldeten Kelch, eine silber-
vergoldete Weinflasche, eine silberne Oblatenschachtel und einen silbervergoldeten
•Hl
Beschreibung.
Schiflf.
Altarkanzel.
• i
Altarleuchter.
Ciborium.
CmcifixuB.
Gedenktafel.
-«^ ISO >>-
Deckel auf 'dem Oblatenteller : zur '. Aufbewahrung (E[ircheiibuch). 1 768 lassen
die von Hod^nberg ^ihre hiesige alte und sehr baufällige Kirdie grossen Theils
abbrechen^ und durch den Zimmermeister Joachim Gämpeii aus.Eick^öh und
den Mauermeister Lindig aus Soltau «von neuen erbauen und vergrössem*.
1769 wurde der Gottesdienst in derselben wieder eröffnet urid von' den Herren
von Hodenberg der noch vorhandene Altar mit daran befindlichem Predigt-
stuhl geschenkt. - ;i.' .; ..
Die Kirche besteht aus dem Schiff mit östlicher Sakristei üifd. einer iin
Norden angebauten, rechteckigen, zugemauerten Gruft der Herren von Hodenberg.
Das massive, im Osten durch das halbe Achteck geschlossene Schiff
hat hölzernes Hauptgesims und über dem Westgiebel einen viereckigen geputzten
Dachreiter aus Fachwerk (Fig. 33). Von den spitzbogigen Fenstern mit zwei
nasenbesetzten, spitzbogigen Theilungsbögen in dem spätgothischen Sandstein-
masswerk sind drei noch im Chor erhalten. Die Laibungen sind mit Back-
steinen eingefasst und zeigen aussen den doppelt zurückgesetzten Viertelstab.
Die übrigen Fenster, sowie die Eingangsthür auf der Westseite sind flachbogig.
In der Nordseite befindet sich ein zugemauertes, gothisches Fenster und eine
innen sichtbare, spitzbogige Thürnische. Auf der Nord-, West- und Südseite
sind Emporen angeordnet. Der gewölbte Chor wird durch einen halbkreis-
förmigen Triumphbogen von dem durch eine geputzte, bogenförmige Bretter-
decke überspannten Schiffe getrennt. Die Gewölberippen aus Backstein ruhen
auf kleinen Pfeilern. An den Chorecken und zum Theil an der Südseite des
Schiffes sind mit Pfannen abgedeckte Strebepfeiler angebracht.
Hinter dem gemauerten Altare erhebt sich bis dicht unter das Chor-
gewölbe die in Rokokoformen ausgeführte, 1769 von den Herren von Hoden-
berg geschenkte, stattliche, hölzerne Altarwand mit eingebauter Kanzel. Den
Hauptrahmen mit segmentförmiger Bekrönung begleiten zwei glatte, auf hohen
Sockeln stehende, korinthische Säulen mit verkröpftem Gebälk. Ueber der Kanzel
schwebt der heilige Geist in den Wolken in Gestalt einer Taube. Im segment-
förmigen Giebel ist das Auge Gottes sichtbar.
Zwei 36 cm hohe Altarleuchter aus Messing gehören dem Anfang des
XVIII. Jahrhunderts an.
Das silberne, runde Ciborium trägt auf seinem Deckel den heiligen
Geist in Gestalt einer Taube, darunter den Gekreuzigten und die Lapidar-
umschrift: „Hoc • est • corpvs • mevm • qvod • pro • vobis • datvr • in • remissionem •
peccatorvm**; femer die Worte: „H • G • V • C • W • Marqvardt • v • Hoden-
barch - Cristofers • Sohn • 1605 •«
Ein farbig behandelter, dem Ende des XV. Jahrhunderts angehörender
Grucifixus hängt an der östlichen Wand unter der Decke des Schiffs.
Neben der Eingangsthür ist eine aus Sandstein gearbeitete Gedenktafel
eingelassen, welche folgende Inschrift trägt:
Mit den Beystand Gottes
ist diese Kirche vergrosert
von.
Siegf -Wilhelm • Adam Ferdi
-<-8 131 8^
nand • vnd Wemer Anthon
Friedrich • Gevettem • von Ho
denberg • vnte Direction
Siegfried Wilhelms Sohn
Joachim Lvdewig Avgyst
von Hodenberg •
Erbauet den • 20 • July
Anno • 1768.
Adam Lindig • M • Meister.
In die Chorfenster sind kleine bemalte Glasscheiben, welche Wappen Glasmalerei.
enthalten, eingesetzt; sie haben die Bezeichnungen:
1. Cristoffer • v. Hvdenbarg 1587,
2. Lefin • van Hodenberch Christoflfer • seligen • Sohn • 1598 •,
3. Adelheit • von Hodenberch Ortgiesen s. Dochter • Lefin • van
Hodenberch elicke • Hvsfrow •,
4. das Wappen der Elisabeth v. Hodenberg, geborenen v. Marenholz
mit der Jahreszahl 1632 und
5. das Marenholzsche Wappen.
Ausserdem sind eine aus dem Jahre 1587 stammende Auferstehung
und auf zwei weiteren, kleinen, runden Scheiben je ein Evangelist daselbst
zu sehen.
Ein schönes, grosses, farbig behandeltes, an der Nordwand angebrachtes Grabmal.
Sandsteingrabmal ist von einem Giebel bekrönt, in welchem Gott Vater zwischen
den Wolken mit der Weltkugel sichtbar ist. Die halbrund geschlossene Nische
darunter zeigt in der Mitte den Gekreuzigten und zu den Seiten die Sprüche:
I. Joh : 2. Dat Blvdt Jesv u. s. w. und Ephe. L Christvs heft vns erlSset u. s. w.
Unter dem Kreuze knieen zwei weibliche und eine männliche Figur in betender
Stellung. Am Sockel steht die Inschrift:
Ao • 3ni • 1 • 5 • 95 • de • 8 • Jvlii • starf de erbar vnd
ehmtveste, Ordtgise vä" Hvdeberch • d • G • g •
Ao • dm • 1 • 5 • 95 • de • 18 • Jvlii • slarf, de edle vnd
emdogetrike Vrovwe Madlena va Bötmer • d • G • g •
Ganz unten ist zu lesen:
Ao • 1 -5- 77 - Is dvsce Gedechtenisce gemak:
üeber der Bogennische befindet sich der Vers: »Also heft Got de Welt
gelevet u. s. w.". Die angebrachten 16 Wappen sind der Reihenfolge nach
wie folgt bezeichnet:
V. Hvdenb. v. Botmer.
V. Sporken. v. Glvbete.
V. Mvnchvs. v. Cersen.
V. Hitsker. v. Otterste.
V. Elencke. v. Mandels.
V. Langle. v. Sertwit.
V. Alden. v. Svrcen.
V. Davorde. v. Platen.
17*
-^ 132 8^
Grabsteine. Ein farbig behandelter Grabstein ist im Innern des Chors an der Nord-
seite aufgestellt. Derselbe zeigt einen Ritter und eine weibliche Gestalt in
betender Stellung. Von den beiden Wappen ist das eine das Hodenbergsche.
Die zum Theil verdeckte Inschrift lautet:
„Anno • dm • 1542 • am • dage
am • midweke • na • E^dii • starf •
mar • qwart • vi hodebarge • god der
almechtige • si em gnedich.*^
Weitere, jedoch meist verdeckte Grabsteine liegen im Fussboden
des Chores.
Kanne. Eine einfache, sechseckige, zinnerne Kanne hat die Jahreszahl 1659.
Auf einem, aus Silber gearbeiteten, sechseckigen, als Weinflasche
dienenden Gefässe mit Deckel sind die Vornamen der drei Stifter ,C. S., LW.
und J C aus dem Geschlechte Hodenberg vermerkt; femer sieht man das
Hodenbergsche Wappen und die Jahreszahl 1695.
Kelche. Ein schöner, silbervergoldeter, um 1422 verehrter Kelch (s. Geschichte)
mit gothischem Becher und Masswerk am Knaufe hat einen dreieckigen Fuss,
dessen Seiten eine halbkreisförmige Ausbuchtung zeigen. Am Knaufe steht in
Kleinbuchstaben der Name „i«h-e-c*v-s-'. Auf dem Fusse befinden
sich das Hodenbergsche und Klenckesche Wappen.
Die dazu gehörige Patene hat einen vertieft gearbeiteten Vierpass und
die Bezeichnung in gothischen Kleinbuchstaben: ,,Marqvardh • de • Hvdenberghe-
Heylewich • vxcor • eiy".
Der andere schöne Kelch aus demselben Metall hat gothischen Becher,
späthgothisches Masswerk und sechs viereckige Zapfen mit dem Namen
J-h-e-s«v-s am Knaufe, sowie auf dem Sechsblattfusse einen Cracifixus
in aufgelegter Arbeit; daneben sieht man auf der einen Seite den heiligen
Antonius und das Wappen der v. Hodenberg, auf der anderen den heiligen
Georg und das Wappen der v. Münchhausen.
Taufbecken. Auf dem Boden des aus Messing getriebenen Taufbeckens ist eine
Darstellung des Pelikans mit seinen Jungen angebracht.
Wappen. Neben dem Eingange im Westen ist das Hodenbergsche Wappen , in
Sandstein gearbeitet, zu sehen; es hat die Jahreszahl 1598 und die Bezeichnung
in Lapidaren:
Die von
Hodenberg.
Auf einer Holztafel im Innern sind fünf Bronceplatten befestigt; die
mittlere enthält das Wappen derer v. Hodenberg.
Kirchboitzen.
Kirche.
Litteratur: Hodenberg, Hodenberger Ürkundenbuch ; derselbe, LUnebnrger
Urkundenbuch XV; Meinardus, ürkundenbuch des Stiftes und der Stadt Hameln; Suden-
dorf; Spilcker, Geschichte der Grafen von Wölpe; Manecke II; Regenten - Sahl 1698;
-^ 133 8^
B(Sttger, DiOceBan- und Gau - Grenzen ; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Holscher, Be-
schreibung des Bisthums Mind«n, Zeitschr. f. westf. Gesch. u. Alterthumsk., Band 33 u. 34;
Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen ; Grlitter, Arbeiten über den
Loingau, Hannov. GeschichtsbL, 2. und 3. Jahrg.
Quellen: Grütterscher Nachlass im Stadtarchiv zu Hannover.
Das zum Archidiakonat Ahlden gehörige Kirchdorf wird bereits 1203 Geschichte.
genannt. 1226 bestätigt der Erzbischof Gerhard zu Bremen dem Kloster Zeven
die demselben verliehenen Privilegien und Güter, darunter auch „ Botsem . cum
medietate ecclesie **. 1276 begegnet der sacerdos Johannes de Botsem.
1342 kommt der plebanus Ludolfus in Bötzem vor. Das Pfründenverzeichniss
von 1034 erwähnt „eine Gapelle tho Olden Boetzem binnen dem Dorpe und
eine Capelle tho Kerckbotzem; ist de Parkercke**. 1625 kam der Brüggemannsche
Altar aus Walsrode in die Kirche (vergl. Walsrode). Am 2. September 1724
^^Ihete, einer Inschrift der grösseren Glocke zu Folge, eine Feuersbrunst,
^reiche auch den Kirchthurm ergriff und das Geläute vernichtete. 1742 wurde
die Kirche auf zwei Drittel von Westen her erneuert und um 1861 das Schiff
und der obere Theil des Thurmes neu gebaut.
Von der alten Kirche ist nur die untere Hälfte des viereckigen West- Thurm.
thurmes erhalten, welche auf der Nordseite zwei jetzt zugemauerte, rechteckige,
schlitzartige Oeffhungen enthält und aus Findlingen erbaut ist.
Die 1,17 m im Durchmesser grosse Glocke hat zwischen zwei Ornament- Glocken.
streifen am Halse die Inschrift:
M: Thomas Rideweg goss mich in Hannover.
In der Mitte und am Rande befmdet sich je eine zweizeilige Inschrift.
Die letztere enthält das Jahr des Gusses 1725, sowie die im geschichtlichen
Theil gegebene Nachricht
Die kleinere, 92 cm im Durchmesser grosse Glocke trägt zwischen zwei
Omamentstreifen am Halse die Inschrift:
«M: Thomas Rideweg goss mich in Hannover Anno 1725.*'
Ausserdem ist in der Mitte eine dreizeilige und am Rande eine einzeilige
Inschrift angebracht. Sämmtliche Buchstaben sind Lapidare.
Unter dem Sechsblattfuss des einfachen, silbervergoldeten Kelches sind Kelche.
die Namen der Stifter und als Zeitangabe die Zahl 1730 angegeben.
Ein zweiter Kelch aus demselben Metall, welcher auf seinem runden
Fusse einen aufgelegten Grucifixus zeigt, ist in den Formen des XVin. Jahr-
hunderts gehalten.
KipchTxrahlingen.
Skirche.
Litteratnr: Von Hodenberg, LUneburger Urkundenbuch XV; derselbe, Hoyer
Urknndenbnch; derselbe, Hodenberger Urknndenbuch ; derselbe, Lüneburger Lehnregister;
MeiAftrdiiB, Urknndenbach des Stiftes und der Stadt Hameln ; Vogell, Geschlechtsgeschichte
-^ IM %^
der Herren Behr; Sndendorf; Manecke II; Regenten-Sahl 1698 ; Wippermunn, Beschreibung
des Bukki-Gaues; ßöttger, DiOcesan- und Gau-Grenzen; Kayser, Kirchenvisitationen 1897;
Holscher, Beschreibung des Bisthnms Minden; Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe,
Kirchenbeschreibungen; Grütter, Arbeiten über den Loingau, Hannov. Geschichtsbl.,
3. Jahrg. und Stiftung des Klosters Walsrode durch den Grafen Walo, Walsrode 1886.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Verzeichniss der
kirchlichen Kunstdenkmäler von 1896; Kirchenrechnungen und Pfarmachrichten in Kirch-
wahlingen; Grlltterscher Nachlass im Stadtarchiv zu Hannover.
Geschichte. Das ehedem zum Ärchidiakonat Ählden gehörige Dorf besitzt eine
Kirche, welche dem heiligen Kreuze geweiht war. Hier hat bereits in romanischen
Zeiten ein Gotteshaus bestanden, dessen wuchtiger Thurm in seinem grösseren
Theile die Jahrhunderte überdauert hat. Nach einer zwischen 1237 und 1247
geschriebenen Aufzeichnung hatte der Schultheisse zu Hameln vom dortigen
Propste neben Anderem „jus suum in bonis Walige et Himelendorpe" zu
Lehen. Femer heisst es dort: „tale jus, sicut scultetus habuit in curia Walie,
concessit villico'*. 1265 wird Albertus de Walie unter den ecclesiarum rectores
aufgeführt. Zwischen 1330 und 1352 erhielt „Her Roder van der Etzene beyder
dorpe to Walige" von den Herzögen Otto und Wilhelm zu Lehen. 1360 empfing
«Hilmer van der Ecenden tegeden to Kerualinge. den tegeden to Olden Walge**
zu Lehen. Nach der Zerstörung der Bunkenburg verlegten die Burgmänner
den Sitz ihres Gerichtes nach Kirchwahlingen. 1392 hören wir von dem
„gherichte to Walye**. 1434 erkennen die Herzöge Otto und Friedrich dem
Dietrich Rotermund und Erben ihre Schuld von 50 Lübecker Mark in ihrem
Meierhof „to Waly" an. 1445 belehnt der Hameler Propst Graf Ludolf von
Spiegelberg den Dietrich Rotermund und dessen Erben mit dem Meierhof «to
Walinge ''. Dem genannten Propst stand 1454 auch das CoUaturrecht über die
Kirche zu Walie zu, dem Archidiakon zu Ahlden aber die Einführung. 1459 er-
klärt der Kirchherr zu Walie „Her Otte Vulle" sowie die Aelterleute, dass
Werner Behre und seine Gattin Sydeke zum Bau des Chores („tho dem Khore
to huwende"") 50 gute rheinische Gulden in Gold zur Ehre der heiligen fünf
Wunden, unserer lieben Frau und des heiligen Kreuzes gegeben haben, wofür
ihm und seiner Gattin jährlich fünf Messen und. Vigilien mit fünf Priestern in
der Kapelle zu Rethem gehalten werden sollen. Diese Summe hatten die Vor-
steher des heiligen Kreuzes zu Walige 1465 zum ^gebuwe vnde nutt des
hilligen Cruces" verwandt. 1699 wurde der Thurm, nachdem in der Weihnachts-
nacht 1698 die Spitze heruntergeweht war, um 18 Fuss niedriger gemacht.
1701 wurde das romanische Portal auf der Westseite des Thurmes zugemauert
und in demselben ein Erbbegräbniss der von Hedemann angelegt. 1730 Hess
Katharina Dorothea Behr das Erbbegräbniss ihrer Familie erneuern. 1742 zer-
störte ein Brand die Thurmspitze und den angrenzenden Theil des Kirchen-
daches, welche deshalb einer Neuerung unterzogen werden mussten. Der Thurm
wurde um weitere 18 Fuss verkürzt. 1747 wurden die beiden Glocken gegossen.
1783 kam ein neuer Altar an die Stelle des 1513 gefertigten in die Eurche,
welcher 140 Thaler kostete. Ausserdem wurde die Kanzel ausgebessert und
-4 135 S-»-
dem Altar ähnlich bemalt. 1842 stürzte das Choi^wölbe ein und wurde duich
eine geputzte Holzdecke ersetzt. Am 10. April 1901 schlug der Blitz in den
KirchtburiD und brannte denselben aus, wobei auch das Geläute zu Grunde
^Dg. Hier befanden sich nach Manecke zwei freie schriflsässige, aber nicht
landtagsfähige Höfe. Das Patranat tlbte 1454 Graf Ludotf von Spiegelherg,
Propst des S. Bonifatius-Stiftes zu Hameln, später die Landesherrschaft, welche
es'i dem Johann Philipp von Hattorf auf Böhme iJberliess. Dieser legte es za
dem .Gute in Böhme.
Die Kirche besteht aus Schiff, Chor, Sakristei rnid Westthurm. Beschreibung.
Das durch einen breiten, spitzbogigen, unprofilierten Triumphbogen mit Schiff und
dem Chore verbundene Schiff ist aus Eisensteinen, Backsteinen und Findlingen "
erbaut. Es wird von zwei gothischen
Kreuzgewölben aus Backsteinen mit .'J. "
Eimstabrippen und glatten, runden —
Schlusssteinen überspannt. EUn halb- ^
kretsl&rmiger, ungegliederter GuHbogen
trennt die beiden Joche. Die Rippen ,~ .
■werden von Sandsteinkonsolen, welche ^
auch im Chor noch erhalten sind, unter- ^ .
stützt. Der letztere ist im Osten durch "^ .
das halbe Zehneck geschlossen, in Back- ™
steinmauerwerk errichtet und hat jetzt -^■
eine geputzte Holzdecke. Eine Fläche T.
über dem Chore ist mit Mönchen und f* '
Nonnen, das übrige Dach mit Pfannen '"
gedeckt. Sechs pultdachförmig ab- I.
gedeckte Strebepfeiler stützen die Chor- ":
ecken, drei die Nord- und fünf die
Südseite des Schiffes. Die niedrigen
Fenster im Schiff schliessen mit un- .^ :
regelmässig gearbeiteten, flachen Bl^^en,
die Chorfenster, bei denen das Rund- ^ :
und das Viertelstabprofil vorherrscht, '-^'
sind flachbogig geschlossen und sitzen
^ : , . , , , ™ . Fl«, M. Kirche in Kirtliwahllngen i TUüre.
IQ bpitzbogennischen. In den 1 nür-
Ttegel des in Fachwerk ausgeführten,
gc^enannten Brauthauses ist die Jahreszahl 1764 eingeschnitten ; dasselbe wurde
vor die spitzbogige Eingangsthür in der Nordseite gesetzt. Auf derselben Seite
liegt in einer spitzbogigen Nische mit Rundstabeinfassung ein flachbogiger Eingang,
dessen alte Holzthür noch erhalten ist (Fig. 34). In die Emporen an der West-,
Iford- und theilweise Südseite ist ein Stück Renaissancebrüstung eingebaut. An
^inem einfach gehaltenen Kirchenstuhte ist zu lesen: „U B M 1777". In den
Chorwänden sind mehrere rundbogige und flachbogige Nischen angebracht.
Die in Fachwerk ausgeführte Sakristei auf der Südseite ist durch eine SukriBtei.
flachbogige, mit dem Rundstabe profilierte Thür mit der Kirche verbunden.
-** 136 !-t-
Der schwere, aus lageriiafl bearbeiteten Findlingen und einzelnen Eisen-
steinen auf abgeschrägtem Sockel errichtete, romanische Westthurm hat 10,1 m
Süssere Länge und 9,9 m Breite. Eine 0,90 m im Liebten breite, überwölbte
Thurmtreppe fährt in dem 2,3 m starken Hauerwerk der SQd- und Westsäte
nach dem Glocbenstuhl. Auf den drei freien Seiten des Thurmes ist je eine
in einer Rundbogennische liegende, romanische Schallöffnung mit zwei Tlieilui^s-
säulen angeordnet Der zugemauerte, romanische Eingai^; mit darüber befind-
lichem, in tiefer, schräger Laibung liegendem Ereisfenster im Westen, die
Relhemerthür genannt, verschliesst die Gruft der
Familie t. Hedemann. Ausserdem sind mehrere
rechteckige Schlitzfenster |und eine Vierpassöffnung
auf den Seiten zu sehen.
Die Altarwand stammt aus, dem Jahre 1783.
Zwei seitliche, glatte Säulen tragen ein verkröpftes
Gebälk mit segmentfflrmigem, oberem Abschluss.
Unten ist das Abendmahl auf Holz, darüber Chiisti
Auferstehung auf Leinwand gemalt.
Ein 39 cm hoher, gothisdier Altarleuchter
aus Hesüng trägt auf dem Fuss zwei länglich
runde Schildchen mit je einem Wappen und den
Bezeichnungen: .Arendt • t - Honnslede — Drost-
z • Nienborch und Margreta • t • Elte*. Auf beiden
Schildchen ist die Zahl 1594 vermerkt (Fig. 35).
Ausserdem sind noch zwei 3ö cm hohe, gothische
Altarleuchter mit zwei Knäufen am walzenförmigen
Schaft vorhanden.
Ein hölzernes, geschnitztes, farb^ be-
handeltes Grabmal an der Südseite im Chor enthält
in der Mitte mehrere Familienwappen, kriegerische
Sinnbilder und das Wappen des 1726 verstorbenen
Obersten Bodo Ludwig v. Tomey, Auf dem
länglich runden Felde unter der Inschrift sind
14 gemalte Wappen angebracht.
Ein Grabstein zeigt in einer Bogennische den Gekreuzigten zwischen
einem in Brustbildern daifrestellten, betenden Ehepaare und folgende von zwei
Pilastem eingefosste Lapidarinschrift:
, Anno den ist der edle vnd ehmveste Arendt • von - Honstede,
in Gott den Hemn entschlafen dem Got gnedig sei, vmb Christi Jbesv
wiellen amenn".
,Anno • 1 ■ 5 • 6 • 9 • am Tage cantate, ist die edle vnd woltvgentsame
Margreta von • Elten ■ Arendt • von Honstede eliche Havs&aw in Got den
Hern entschlafen der Gott gnedig se vmb Christi Jhesv willen amen*.
Neben der Schrift sehen wir vier Wappen mit der Bezdc^ung:
D. V, Honstede. D. v. Elten.
D. V. Hom. D. V. Zerzen.
i •
-^ 137 H-
Ausllerdem ist an dem Steine ein Meisterteichen angebracht, welches
die Buchstaben Y, 6, H und E erkennen lässt.
Ein räderer Grabstein an der inneren Sftdwand des SchiflFes zeigt in
einer Bogednische ron den Ahnenwappen umgeben einen Ritter und eine
Edclfrau knj^eQd unter dem Gekreuzigten. Darüber stehen in schrfig gestellten
Lapidaren die Worte: »Also heft Godt de Werlt gelevet u. s. w.** und darunter:
,Anno 15... ist er edle vnde emreste Ernst van Alden in Godt den Hern
entalapen dem godt gnedich si*.
Eine weitere Inschrift in gerade gestellten Lapidaren lautet:
„Anno 1574 den 5 Avgysti ist de edle erbare vnde voldvgentsame
Anna van Hi(denbarge Ems van Alden elige Hvsfrvwe in Godt vor-
stolrven der seien Godt gnedich sL"
Der Grabstein des 1424 gestorbenen Ortgis Behr mit dem zubehörigen
Wappen ist im Chor aufgestellt.
Ein weiterer Stein wird jetzt durch den Holzfussboden des Chores
verdeckt. Nach MithoflF lautet die Inschrift:
,anno dn? mccclxiii achte dage na lichtmessen starf eilhard . . • aide . . •".
Der Grtibstein des 1683 gestorbenen Cord Erich Bartels auf dem Kirch-
hofe zeigt <fen Verstorbenen in ganzer Figur und einen geflügelten Engelskopf
in der BekrÖnimg.
Die einfache, hölzerne Kanzel mit Säulchen an den Ecken und Kanzel.
Renaissancegesimse hat ih den FOllungen und am Schalldeckel Formen aus dem
Ende des XVIII. Jahrhunderts.
Der silbervergoldete Kelch mit Patene hat auf dem sechstheiligen Fusse Kelch.
ein Wappen mit der Lapidarinschrift: . Christian Ofner le-SQ**" und dem
gegenüber die Buchstaben I H S. Auf den viereckigen Zapfen des Knaufes ist
der Name jlle^vs zu lesen.
In die Mauer des Chores ist ein zierliches, von zwei Fialen begleitetes, Schränkchen.
roth bemaltes, gothisches Holzschrftnkchen eingesetzt von 95 cm Höhe und
63 cm Breite. Auf der Thür desselben ist in Malerei eine von zwei Engeln
gehaltene Monstranz dargestellt, von einem Schriftband mit den Worten:
,o vere digna hostia'' umgeben. Das Ganze ist eine Arbeit des XV. Jahrhunderts.
Ein gothischer, aus Sandstein gearbeiteter, zum Theil neu hergestellter Tauf stein.
Taufstein trägt auf dem sechseckigen, mit vier S&ulchen ausgestatteten Fuss
ein halbkugelf&rmiges Becken voa 90 cm Durchmesser. Das Becken ist am
Rande mit aufgelegtem Blattwerk versehen.
Meinerdingen,
Kirohe«
Litteratnr; Von Hodenberg, LUnebnrger Urkundenbuch XV; derselbe, Hoden-
berger ürknndenbnch; derselbe, LUnebnrger Lehnregister; Sndendorf; Pratje, Altes nnd
Neues VII und IX; Maneeke II; Regenten -Sahl 16d8; Wippermann, Beschreibung des
18
-<-8 138 S^
Bukki-OaneB; Eayser, Barchenvisitationen 1897; Böttger, Didctsan- ^nnd Gaä-Qrenzen ;
Holschcr, BeBchreibung des BiethnmB Minden; Preudenthal, Heidefahrten; Mithoff, Knofft-
^enkmale IV; derselbe, Kirch cnbeBcbreibnngQn; Grllttcr, Arbeiten Über den Loingan,
HannoT. Geschicbtsbl., 3^ Jahrg.; Jürgens)' ein Amtsbnch des' Klosiers '(f'alsrode, ebeu-
dort, 2. Jahrg. ' , '."''.
Quellen: ' Orlttterscher Nachbisa im Stadtarchiv zu ITannover; Kirchcnbacfa
im Pfarrurchiv. '
Das Dorf Meinerdingen gehörte mit seiner dem heiligen Gwrg geweihten
Kirche vormals zum Bisthum Verden, wurde aber später gegen 'Wolterdingen
an idas Fürstentimm Lüneburg abgetreten und kam so ß.a das Hindener Archi-
diakonat Ahlden. 1251 b^egnet Johannes plebanus de l^eyderdinge. Am
2. Dezember 1269 schenken die Edelherren 'Wedekind und Ludinger Gebrüder
und ihr Vetter Johann von Garrssenbüttel dem Kloster 'Walsrode für die Auf-
nahme von Wedekind's Tochter in das Kloster die Kirche zu Meyderdinghe,
Flg. se, Kirche In UalnerdlnK^n; Gnuidrias
und der Mindener Bischof Gottfried übertrug dieselbe am 6. Oktober 1307 dem
gedachten Kloster. Von dem ,kerspelde to Meynerdinghe" ist gegen Ende des
XIV. Jahrhunderts die Rede. Auf einer 1855 umgegossenen Glocke befand sich'
das Bild des Schutzheiligen. Es war der Inschrift zu Folge eine Marienglocke,-
1507 von Kord van der Heyde gegossen. 1517 erklären Otto und Herbord von
Ahlden, Gebrüder, Söhne Kurts, dass ihre verstorbene Mutter dem Gotteshause
einen Kelch verkauft habe, welchen sie von ihrem Schinuck und Silber-
geschmeide habe machen lassen. 1648 verehrte Lükke Hermann! einen Kelch.
1653 wurde der Altar erneuert. Das 1663 begonnene Kirchenbuch nennt an
Geräthen neben Anderen folgende: einen silbernen, innen vei^ldeten Kelch,
einen 1699 für 14 Mgr. gekauften, zinnernen Erankenkeleh, emen kleinen
zinnernen Kelch vom Jahre 1586, welcher 1699 dem Kanngiesser unter Hinzu-
bezahlung von 26 Mgr. gegen einen neuen Kelch, einen Teller und eine Flasche
g^eben wurde; eine zinnerne Weinflasche von 1590; eine hölzerne Hostiendose;
-«« 139 8^
zwei messibgene Altarleuchter; einen Taufstein; einen alten kleinen Beutel,
woran Christus am KreuK zwischen Maria und Johannes u. A* m. 1705 wurde
die grosse steinerne Taufe vom Chor vor dem Altar weggenommen. 1720 ver-
ehrte der Pastor Johann Christoph Cläre bei seinem Al)gang nach Bui^dorf
einen silbernen, innen vergoldeten Krankenkeldi. 1745 wurde die Kirche innen
geweisst. 1768 schenkte Dietrich Friedrich Dammann, Bü^r und Brauer in
Hamburg, einen neuen Altar und liess den TauTengel neu vermalen und
vergolden; auch schenkte er ein Bild, das Kreuz Christi darstellend. Sein
Halbbruder H. Jungen Peter Meyer liess zur gleichen Zeit die Kanzel neu
vermalen.
Die Kirche, welche der gothischen Zeit angehört, besteht aus Schiff, Beschreibung.
Chor, Westthurm, einer angebauten Sakristei im Süden und einer Vorhalle
im Norden.
■ptg, 57. Klrcho In MetnerdlnBsn.
Das unten aus Feldsteinen, oben aus Backsteinen erbaute, mit dem
schmaleren Chor durch einen spitzbogtgen, ungegliederten Triumphbogen ver-
bundene, aussen und innen geputzte Schiff (Fig. 36 und 37) wird von zwei
Fechteckigen Kreuzgewölben aus Backsteinen überspannt. Die Gewölbe haben
ebenso wie das Chorgewölbe scharf vorgezogene Grate. Der Chorgiebel wird
durch Blendnischen gegliedert. Drei pultdachförmig abgedeckte Strebepfeiler
aus Backsteinen stützen die östlichen Ecken des Chors und die südwestliche
Ecke des Schiffs. Die Fenster sind, abgesehen von einigen neueren, eintheilig
und spitzbogig; in zweien an der Südseite sind die vorgezogenen Nasen im
Bogen noch erhalten. In der Nordseite liegt eine gefaste, spitzbogige Eingangs-
thür mit einer Vorhalle. In der Westwand befindet sich eine grosse, spitzbogige
Oeffnung und in der Nordwand eine flachbogige Nische. Der rechteckige,
18»
-^ 140 8^
Altarlenchter.
GUumuderei.
i^
schmalere Chor ist um eine Stufe erhöht« Emporen mit gut profilierten Kopf-
bftndem sind auf der West- und Südseite angeordnet.
Thnnii. Der hölzerne, quadratische, aussen mit Bohlen verkleidete Westthnnn
ist durch einen kleinen Zwischent)au mit dem Schiffe verbunden und trägt
einen viereckigen Helm.
Zwei 56 cm hohe Altarleuchter aus Messing zeigen nach gothischer Art
einen walzenförmigen, mit drei Knäufen versehenen Schaft und ruhen auf je
drei Füssen.
Zwei kleine, länglich runde, mit Wappen versehene Glasgemälde in
einem Fenster der Südseite haben die Lapidarunterschriften:
lletl,e • Marshalck • vxor • selige •
und
Andreas • v Mandelslo o a s s 1623.
Auf einem Glasgemälde in einem anderen Fenster derselben Seite ist
der Auferstandene sichtbar; die Bezeichnung lautet:
Anneke • to • Vtzing
Der Godt gnedich si.
Kelch. Ein kleiner, silbervergoldeter Kelch
mit zubehöriger Patene trägt auf dem
runden Fusse die Jahreszahl 1720 und die
Buchstaben IFM.
Die Lapidarinschrift des oben mit
dem Doppeladler geschmückten Bronze-
kronleuchters lautet: «Andreas • Lvdewjg •
Tränier — Anna • Elisabet • Tränier •
gebome • Lvdersen • 1733.''
Siegel. Das runde Kirchensiegel zei^t den
St Georg als Drachentöter. In der Um-
schrift ist zu lesen: «Sänct • Gregörivs*.
Der in Weiss und Gold gehaltene,
hölzerne, ausser Gebrauch befindliche Tauf-
engel hängt unten im Thurm. Die mit
Zinn ausgelegte Muschel, welche er früher Fig. SS. Kirche in Meinerdingen; Zinnvmse.
in der Hand hielt, trägt die Inschrift:
«Hans Friedrich Moritz 1729', femer als Zeichen eine Rose und einen geflügelten
Engel mit Pahne und der Zahl 1707.
Der 0,44 m hohe Fuss des einfachen achteckigen Taufsteins steht bei
der Kirche. Das 83 cm im Durchmesser grosse Becken befindet sich m VorbrQck
bei Walsrode.
Vasen. In die beiden Zinnvasen sind die Namen der Stifter und die Jahres-
zahlen 1702 und 1728 eingraviert (Fig. 38).
Kronleuchter.
Tanfengel.
Taufstein.
-*^ 141 8«^
Nopddrebber.
Kapelle.
Litteratnr: Von Hodenberg, Calenberger Urknndenbaeli V; derselbe, LUne-
bnrger Lehnregister; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Orlitter, Loingaiii Hannoy.
GrescfaichtebL, 2. Jahig.
Quellen: YerzeicbniBB der kirchlichen Knnstdenkmller yon 1896; Kapellen-
rechnungen von Korddrebber in Güten.
Das westlich der Leine im ehemaligen Archidiakonat Bfandelsloh Oeachichte.
gel^ene, bis 1869 zmn Amt Neustadt gezählte Dorf gehört jetzt zur Pfarre
Güten. Am 10. Juli 1033 bestätigte der Kaiser KonlnSid ü. die Schenkungen
für das neu gestiftete Kloster St. Martini in Minden, darunter Güter in pago
Loinga im ' Dorfe »Triburin', nach Grütter dem jetzigen Norddrebber.
Am 4. Dezember 1251 schenkte der Graf Konrad von Wölpe dem Kloster
Mariensee das Obereigenthum von Gütern in «Northtreueice" und in ,Suttreuera',
liirelche seiq Vasall Albert von Schwarmstedt dem Kloster verkauft hat Nach
dem Visitatiitasprotokoll vom Jahre 1543 erhielt der Pfarrer von Niedernstöcken
jährlich einen Gulden aus der Kapelle »Nordreber, das er bisweilen dahin gehe
Tnd predige*. 1690 gehörte die Kapelle ziff Parochie Gilten.
Die Kapelle stammt mit ihrer ganzen Einrichtung aus der Mitte des Beschreibung.
XVIIL Jahrhunderts.
Die rechteckige, auf einem Backsteinsockel errichtete Fachwerkkapelle
von 12,5 m äusserer Länge und 7,10 m Breite hat ein im Osten abgewalmtes
Satteldach und einen Glockenstuhl im Westen. Das Innere wird durch eine
bogenförmig gekrümmte, geputzte Holzdecke abgeschlossen. Die auf der Süd-
seite liegende Eingangsthür und sämmtliche Fenster sind mit geradem Sturz
versehen.
Vor einer Sakristeithür ist auf einer Schwelle die Inschrift: «Anno 1757"
zu lesen.
Die mit der Kanzel verbundene, schlicht gehaltene Altarwand steht auf Altar,
einem gemauerten Tisch. Kamel.
Zwei hölzerne Altarleuchter in Barockformen zeigen einen ge- AltarlenchtHr.
wmidenen Schaft.
Ostenholz.
Kirche.
Liitteratur: Sndendorf; von Hodenberg, Lttnebnrger Urkundenbnch XV; der-
selbe, Hodenberger Urknndenbnch ; Manecke II; Meyer, die Provinz Hannover; Holscher,
Beschreibung des Bisthnms Minden; Mithoff, Knnstdenkmale IV; derselbe, Kirchen-
beschreibnngen ; Wippermann, Bnkki-Gau; Grütter, Arbeiten über den Loingan, Hannov.
Geschichtsbl., 8. Jahrg.
Quellen: Urknnde des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover.
H>*8 142 8^
Geschichte.
Beschreibung.
Schiff.
Ostenholz, jetzt Kirchdorf, ist innerhalb des Archidiakonats Ahlden im
Mindener Loingau belegen. Im Jahre 1360 erhielt Heinrich von Hodenberg
vcnn Herzog Wilhelm zu Braunschw6ig und Lüneburg . einen Hof ,to Osterholte"
zu Lehen. Der Ort wird im Jahre 1381/82 zum Kirchspiel Dorfmark gerechnet.
1489 wird das Dorf zur Parochie Düshorn gezählt, wohin es bis 1711 gehört hat
Die Kirche besteht aus Schiff und Westthurm.
Das auf massivem Sockel in Fachwerk errichtete Schiff hat schlichte,
rechteckige Fenster, hölzernes Hauptgesims und ist im Osten durch das halbe
Z^hneck geschlossen (Fig.- 39 und 40).» In den Langseiten liegt je eine Eingangs-
r'mrfß»
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Fig. 31). Ktrehe In Oätcnholz; Grundrisi^.
ITiurm.
Altar.
thür. lieber der Thor an der Südseite hängt eine Holztafel mit dem Vers
Matth: 11, 28 und der Zeitangabe ,den 15*«E October 1724*. Hierüber befindet
sich auf einer Uolztafel eine Spnnenuhr mit dem Spruch:
Mit euch, o Freunde werd ich mich
Von Sonn zu Sonnen schwingen.
Mit euch dem Welten Schöpfer Dank«
Und Preis und Ehre singen.
Unten stehen die Worte: „Von etlichen Wohlthätigen Gliedern der
Gemeine zu Ostenholz angeschafft 1781 '.
Ueber den hölzernen Emporen an der West-, Nord- und Südseite
ist die geputzte Holzdecke flach gehalten und zwischen denselben tonnen-
förmijf gewölbt.
Der Thulm ist unten quadratisch, oben achteckig und mit Brettern
verschalt. Der Helm trägt in der Wetterfahne die Jahreszahl 1724.
Die hölzerne, mit Weiss und Gold behandelte Altarwand zeigt eine von
zwei glatten Säulen getragene, segmentförmige Bekrönung. Die eingebaute Kanzel
ist mit gutem Ornament und Engelsköpfen verziert. Der Schalldeckel zeigt
-»4 143 »-»-
iHusch^tfelffc und'hoeh oben den Gekreuzigten. ' Unten steht- 2u den Seiteil des
'Eanzelfiisses : ...
Christoph Winkehnann.'
Adelheit Catharine Köning.
Anno - 1725.
und der Vers 1. Cor. 11. 28.
Zwei 33 cm hohe Altarleuehter aus Messing zeigen die Formen der Aitarleuchter.
ersten Hälfte des XVllI. JahrbuQderts. ~
Auf einer 10,6 cm langen und 3,5 cm hohen, silbernen, zum Theil Ciborium.
vei^oldelen Oblatendose sind die Namen der Stifter Hans Chrisloffer Maller und
Anna Dorothea Müllers, sowie die Jahreszahl 1726 auf dem Deckel vermerkt. Die
untere Seite trägt als Zeichen das springende Pferd mit darunter befindlicher 12
und die Buchstaben I C S.
FIk. W. KJrcb« in Oiitaohalz; SQdtiaite.
Der 1726 angefertigte, 21,5 cm hohe, silbervergoldcte Kelch mit Kolcho.
zubehöriger Patene zeigt auf dem runden, profitierten Fusse die Spuren eines
aufgehefteten Grudfixus und hat feinen Becher mit leicht geschweiftem Rand,
sowie dieselben Zeichen wie das Ciborium,
Der andere, fast gleich grosse und ähnlich gearbeitete Kelch trägt auf
der Patene die Inschrift: ,E. H. v. D. 1780." und hat als Zeichen das
springende Pferd mit darunter befindlicher 12 und nicht mehr erkennbare
Buclistaben {L V E N?).
Das mit Weiss und Gold behandelte, zugleich als i Lesepult benutzte Taufbecken.
Taufbecken hat auf einem einfachen Sockel einen viereckigen Fuss mit leicht
-^ 144 «H-
geschwungenem Becken. Das Ganze ist mit Engelsköpfen mid Fruchtgehängen
verziert. Auf dem Rande des Beckens stehen die Worte: ,Cord Eoenlng
Maria Elisabeth Boeschen. Ao 1725*.
R e t h e m.
Gebäude auf dem Schlosshofe; Gerichtsgehttnde.
Litteratnr: Merian; von Hodenberg, LUnebnrger Uvkundenbach XY; derselbe,
Hodenberger Urkundenbnch ; derselbe, Hey er Urkandenbnch; derselbe, Galenberger
UrkundenbuchVI; derselbe, Lüneburger Lehnregister; DoebnerlV; Sudendorf; Urkunden-
buch der Stadt Lüneburg II und III; Urkundenbuch der Stadt Hannover; Vogell, Geschlechts-
geschichte der Herren Behr; Manecke II; Regenten-Sahl 1698; Wippermann, Bukkigan;
Havemann; Pfeffinger, Historie II; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Spilcker, Geschichte
der Grafen von Wölpe; Holscher, Beschreibung des Bisthums Minden; Böttger, Diöcesan-
und Gau-Grenien; Neues Hannov. Magazin 1810; Görges, Vaterland. Geschichten und
Denkwürdigkeiten; Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Zeitschr.
d. bist. Ver. f. Nieders. 1878, 49 ff.; Grütter, Arbeiten über den Loiügau, Hannov.
Geschichtsbl., 3. und 4. Jahrg.
Quellen: Akten und Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Grtttterscher
Kachlass im Stadtarchiv ebendasellüst
Geschichte. Die am Zusammenfluss von Alpe und Aller belegene Stadt war vor-
mals einer der Grenzorte des Bisthums Minden gegen das Bislhum Verden.
Zwar wird der OH urkundlich erst 1239 (in seiner heutigen Namensform)
genannt, doch kommt ein Conradus de Rethem bereits 1216 vor.
Um 1270 erhielt Amoldus de Daum von den Grafen von Hoya .in
Rethim 4. mansos quos habuit Bemhardus de Rothe miles, Item ibidem sex
mansos, quos habuit Conradus miles et frater suns** zu Lehen. Der Zehnte
stand 1273 der Mindensr Kirche zu. 1313 verkaufen die Herren von Hoden-
berg ihre Besitzungen in Rethem dem Grafen von Hoya. 1367 wird Rethem
unter die Lünebur^^schen «wicbelde" gerechnet. 1371 befand sich der Magistrat
des Ortes unter denen, welche vom Kaiser in die Rdichsacht erklärt worden«
weil sie im Lüneburg- Sächsischen Erbfolgekriege zu den Braunschweigischen
Herzögen gehalten. 1372 und 1373 wird das Gericht zu Celle und Rethem
genannt. 1382 wird der Ort als Stadt aufgeführt. Am 13. Juli dieses Jahres
erklären Burchard von Lutter, Johann von Escherte, Henning und Ludolf Knigge
sowie Hermann Frese, dass die Herzöge Wenzlaus und Albrecht von Sachsen
und Lüneburg ihnen bis zum 22. März 1383 „Rethem hus vn stat gans* in der
Weise verpfändet haben, dass sie daselbst Vögte der Herzöge sein sollen. Bei
der 1407 von den Gebrüdem von Behr vorgenommenen Erbtheilung bekam
Ortgis neben Anderem «ene koten vppe dem Kerkhoue to Rethem* und den
dritten Theil an dem Hofe ta Rethem. Im dreissigjährigen Kriege hat die
/
-<^ 145 8^
Stadt viel ausstehen müssen. 1653 wurden Dach und Sparrenwerk des Amts»
hauses als allzu hoch und steil niedriger gemacht. Am 18. Oktober 1704
brannten 114 Wohnhäuser und 39 Nebengebäude nieder. Im siebenjährigen
Kriege hat der Ort wiedenmi arg gelitten ; vom 24. August 1757 bis 21. Februar 1758
ist er von Einquartierung nie frei gewesen. Wie bereits zu Merians Zeit theilt
sich das Städtlein in die Bürgerei, Amtsvorburg und Junkcrnvorburg. Das
Siegel des Magistrats zeigt einen Löwen, welcher aufrecht steht und den Rachen
auf^)errty sowie die Umschrift: Signeta Rethen 1634. Die Amtsvorburg stand
früher unter der Jurisdiktion des Amtes; die Junkernvorbuig und die Buten-
thorsche Acht, zu welcher die Stellen vor dem Thore gehörten, standen unter
dem Bunkenburger Junkemgericht zu Wahlingen. Auf der Amtsvorburg stehen
die Grebäude des ehemaligen Amtes Rethem. In der Junkemvorburg lagen
12 adelige Burgmannssitze, welche nach Manecke in folgender Weise vertheilt
sind: Die von Schlepegrell zwei, die von Tomey zwei, die von Behr zwei, die
von Uten einen, die von Spörken einen, die von Möller einen, die von Bothmer
einen, die von Duve zwei. Ausser dem Zugange über die Allerbrücke sind das
Celler- oder Heinholzerthor sowie das Mühlenthor vorhanden. Ein grosser
Brand verheerte am 3. Juni 1834 den grössten Theil des Ortes. /
1311 hören wir von dem Hauptmann (capitaneus) und den Burgmännem
(castellani) zu Rethem. Am 13. März 1314 wird die Burg selbst genannt. Sie
gehörte vermuthlich den Herren von Rethem. 1316 gestatten die auf dem
Schloss wohnenden Gebrüder Johann und Dethard von Riden dem Herzoge
Otto, einige Häuser in Bierde und Campe wieder einzulösen, sobald sie nicht
mehr ,in Castro Rethem* wohnen werden. 1350 wird Ludolf Havekhorst als
früherer herzoglicher Vogt zu Celle und Rethem bezeichnet. 1357 nimmt der
Herzog Wilhelm den Grafen Gerhard von Schauenburg auf sechs Jahre in seinen
Dienst und Schutz. Geräth der Herzog in einen Krieg, so verpflichtet sich der
Graf, ihm 20 Gewaffnete in dessen Schloss ^tho der Nyenstad eder tho Rethem'
zu stellen und ihm im Nothfall mit seiner ganzen Macht zu helfen.. Damals
war also der Herzog zu Braunschweig und Lüneburg Inhaber , des Schlosses.
1371 verpfändet der Herzog Magnus dasselbe dem Bischof Heinrich von Verden,
dem Domkapitel daselbst sowie mehreren Rittern, und gestattet ihnen: «Ok
moget se In Rethem • an • steynwerke • vorbuwen hundert lodyghe mark
Brunswikescher wichte vnde witte." Der Verpfändung seitens der Herzöge
Wenzlaus und Albrecht im Jahre 1382 ist oben bereits gedacht. Die vom Vogt
Ludeke Juncher zu Celle für die Zeit vom 23. November 1382 bis 8. November 1383
gefäbrle Rechnung über Ausgaben auf dem Schloss Rethem erwähnt mehrere
Gegenstände zu dem «groten stenwerk*"; dasselbe wird eingedeckt, auch sind
Zimmerleute dabei beschäftigt, und femer wird ein Tau zur Winde desselben
angeschafft. 1388 wird Rethem unter den der Stadt Lüneburg von der Landes-
herrschaft verpfändeten Schlössern genannt. Erstere hatte in den Jahren 1386
bis 1389 Lambers von Alden, Ludeke von der Hecktlinge und Ortgis Kienkok
nacheinander als Drosten daselbst bestellt. 1389 nehmen Ortgis und Gerhard
Kienkok das Schloss vom Rathe der Stadt Lüneburg in Pfandschaft.
1392 erklärt Ortgis Elencke, mit dem ihm gehörigen Sclilosse Rethem nimmer
19
->« 146 8^
den Herzögen behülf lieh sein zu wollen, um ein Mitglied der Säte zu schädigen,
vielmehr, wenn letzteres gekränkt werde, sich mit seinem Schlosse auf die
Seite der Satesleute gegen seinen Lehnsherrn stellen zu wollen. 1394 beschuldigen
die Satesleute die Herzöge Bernhard und Heinrich, dass sie das Schloss, welches
sie von den bei der Aufrichtung der Säte erhaltenen 50000 Mark von der Stadt
Lünebui^ eingelöst haben, an Leut;e, welche der Säte nicht angehören, verpfändet
haben. Sie ersuchen daher die Herzöge, das Schloss wieder einzulösen oder die
Leute zu veranlassen, die Säte ebenfalls zu beschwören. 1400 verschreiben
dieselben Herzöge der Herzogin Sophie, Gemahlin Heinrichs, Schloss, Haus und
Stadt Rethem zum Leibgedinge. 1405 verpfänden sie das Schloss der Adelheid,
Wittwe des Ortgis Elencke, und deren Söhnen. Sophie erhält als Ersatz das
Schloss Celle. 1426 wurde es von den Herzögen Otto und Friedrich wiederum
an Lüneburg verpfändet, welches zunächst bis 1504 im Besitz desselben blieb.
Bis 1455 hat diese Stadt 2000 Lübecksche Mark an Baukosten für Rethem
verwandt. 1471 belehnte Friedrich der Aeltere die von Ahlden „mit enem
Borchlehne und veer Hove Landes bynnen und vor Rethem belegen",
1475 wurde das Schloss zwar von dem Afterpfandträger des Rathes Johann
von Oppershausen wieder eingelöst, jedoch noch in demselben Jahre dem
Dietrich von Mandelslo und Dietrich von Ahlden verpfändet. Als Pfandinhaber
der Stadt werden genannt: Roleff von Botmer 1487—1491, Diederick von Alden
1492—1496, Ruleff von Hudenberg 1499 und Hinrick Bere 1504. Bald darnach
scheint das Schloss vom Landesherm eingelöst worden zu sein. 1519 wurde
dasselbe in der Hildesheimschen Stiftsfehde vom Herzog Erich von Galenberg
dem Herzog Heinrich von Lüneburg genommen. Doch ist dieser bald darauf
wieder in den Besitz des Schlosses gelangt und verpfändete es abermals an die
Stadt Lüneburg. Es kommen Hinrick von Saldern 1520, Lippold von Stocken 1523,
Cord von Ahlden 1539 und Hermann Schütte als städtische Pfandbesitzer vor.
Kurze Zeit darauf hatte Bruno von Bothmer Rethem inne. 1544 — 1559 war
Dietrich von Mandelsloh städtischer Drost, 1559 — 1567 Jobst von Münchhausen.
1571 jedoch war Jürgen von der Wense fürstlicher Drost in Rethem; dieses
war also wieder eingelöst. Als Burgmänner zu Rethem werden genannt: Die
von Bücken, von Behr, von Tomey und von Ahlden; femer waren es die von
Bamebrock, von Hälsingen, von Schlepegrell, von Honstedt, anscheinend auch
die von Ride, von Eitzen, Haverber und von Fulde; später die von Bothmer
und von Elencke.
Bezüglich des an der Stelle des alten Schlosses errichteten Amtshauses
sagt Merian: „Das Hauss ist ein altes Gebaew ins gevierdte auffgerichtet vnd
in vier Stockwercken bestehend deren eins fast hoch ist vnd sehr dicke Mauren
biss an das Dach hat. Ist aber bey diesem Kriegswesen sehr ruinieret.*
1407 ist von dem „Eerkhoue to Rethem^ die Rede. Rethem besass
anfangs nur eine Kapelle, welche Filial zu Wahlingen war. Am 17. Dezember 1454
genehmigt der Mindener Bischof Albert, dass Werner Behr und dessen Gemahlin
Sydeke einen Altar in capella sancte Marie virginis in suburbio Rethem in
parochia Walie nostre dioecesis in laudem et honorem sancte et individue
trinitatis patris filii et spiritus sancti et ejus matris gloriose virginis Marie et
-«-8 147 ^1-
sancti Georgii martiris de noslro ac venerabilium virorum dominorum nobilis
Ludolfi comitis de Speyg^elberch prepo^U ecclede sancti Bonifacii Hamelensis
antedicti diocesis ad quem collatio parochialis ecclesie in Walie nee non AlberU
Weygewynt Tbesauraü et Archidiaconi in Alden in ecclesia Hindensi ad quem
eiusdem ecclesie in Walie institutio dinoscitur pertinere ac domini Ottonls de
Vtillen ejusdem ecclesie rectoris consensu asserto et volunlate gründen und mit
Gütern zu Stöcken, Alten -Wabltngen und mit einer Geldrente dotieren und
Oberträgt der Familie das Patronatsrecbt der neubegründeten Vikarie. Ueber
das von demselben Bebr der Eircbe zu Wablingen gemachte Geschenk von
50 Gulden siehe Kirchwahlingen. Durch die Reformation ymide die Kapelle
zu einer eigenen Pfarrkirche erhoben. Das Amts-Erbregisler vom Jahre 1609
bezeichnet dieselbe als reparaturbedürftig; sie sei an sich nur klein, von einem
Lüneburgiscben Herzog durch Anl)aoung des
Chores vergr&ssert worden; sie sei von Steinen
gebaut und habe einen platten hölzernen Altar.
In den Jahren 1697—1699 wurde die Kirche
einer Reparatur unterzogen. Die Kosten beliefen
sich auf 1305 Tbaler 18 Mariengroschen. Nach
einem Aktenstück des Jahres 1756 war die
Kirche 90 Fuss lang und 35 Fuss breit. 1765
wurde an der Kirche abermals eine grössere
Reparatur vorgenommen; die Kosten betn^en
rund 722 Reidisthaler. Im Frühling 1828 stürzte
die schon lange baufällige Kirche ein. 1837 begann ^ ^^ ^^_ ,„ ^^^^^. ^^^^^,,
der Neutrau, nachdem ein Theil der Grundmauer
schon vorher gelegt war. Am 3. Februar 1839 wurde die neue Kirche geweiht
(Mittbeilung von Pastor Fabricius),
Das schlichte, aus Fachwerk mit massivem Sockel und Mansardendach Bescbreibung.
errichtete, frühere Amtshaus, jetzt Eigenthum des Herrn von Behr in Hoya, AmtshauB.
zeigt vor der Eintiittsslufe die Jahreszahl 1733.
Auf dem zubebörigen Hofe, dem früheren Schlosshofe, stehen noch die
alten Stallui^en. Die nadi der Hofseite liegende Wand ist aus Fachwerk mit
starken Stfindeni hergestellt. Das Dach wird von Holzkonsolen (Fig. 41)
getragen. Die Aussenwfinde sind aus Backstein hergestellt. Auch ist ein Theil
der alten Mauer noch erhalten.
Das frühere Gerichtsgebäude hat ein massives Erdgeschoss und ein Gerichta-
Obergeschoss aus Fachwerk. Das an den Schmalseiten zur Hälfte abgewalmte gcbäudc.
Dach bt mit breiten Gauben belebt. Die flachbogige Eingangsthür und die
einfiachen, recbteck^^n, in der äusseren Mauerflucht des Erdgeschosses liegenden
Fenster werden von SandsteingewAnden eingefasst. Oben im Giebel des in der
Hitte der Torderseite eingebauten Dacberkers steht die Jahreszahl 1792.
In die Aussenwand eines Hauses auf der Junkemstrasse ist das von Wappen.
Schepegrellsche Wappen mit der Bezeichnung ,A. F. V. S.' eingelassen.
-t-8 148 8^
Sch^w^armstedt.
Kirche.
Litteratur: von Hodenberg, Calenberger Urkundenbuch V; derselbe, Lüne-
burger Urkundenbuch V und XV; derselbe, Hodenberger Urkundenbuch; derselbe, Hoyer
Urkundenbuch; derselbe, Lüneburger Lehnregister; Sudendorf; Urkundenbuch der Stadt
Hannover; Begenten-Sahl 1698; Lüntzel, die ältere Diöcese Hildesheim; Spilcker, Geschichte
der Grafen von Wölpe; Manecke II; Wippennann, Bukkigau; Böttger, Diöcesan- und
Gau -Grenzen; Eayser, Kirchenvisitationen 1897; Holscher, Beschreibung des Bisthnms
Minden; Mithoff, Kunstdenkmale IV; derselbe, Kirchenbeschreibungen; Grütter, Arbeiten
über den Loingau, Hannov. Geschichtsbl., 3. Jahrg.
Quellen: Yerzeichniss der kirchlichen Kunstdenkmäler von 18%; Kirchenbücher
und Kirchenrechnungen in Schwarmstedt; Urkunden des hist. Yer. f. Nieders., siehe
Katalog, Heft 1.
Geschichte. Das frühere, zum Archidiakonat Ahlden gehörige Dorf besitzt eine dem
Siegel gemäss dem heiligen Laurent ius geweihte Kirche aus gothischer Zeit.
Zwischen 1153 und 1170 schenkte der Edelherr Mirabilis dem Moritzkloster
auf dem Werder bei Minden neben Anderem die Kirche in i,Swarmenstidde*,
und der Papst Lucius bestätigte zwischen 1181 und 1185 diese Schenkung.
1221 wird ein Hartwigus de Swarmstede unter den sacerdotes aufgeführt, und
1251 war Gerhardus sacerdos de Swarmsten. Um 1300 wird die .Parochia
Swarmstede" gensmnt. Am 6. Juli 1345 leiht der Rath zu Hannover von
Hartbert von Gramm, Pleban in Schwarmstedt, ein Kapital. Bei den 1360 vom
Herzog Wilhelm vorgenommenen Neubelehnungen bekam Heiir. van Hademe-
storpe den Meierhof ,|to Swarmsten'^. Dieses Gut besass die Familie noch im
XVII. Jahrhundert; später erscheinen die von Lenthe als Inhaber desselben.
1361 wird Olricus de Swarmstede unter den presbiteri genannt. 1368 begegnet
Euerd Beere van Suarmsten. Im Hebungsregister des Vogtes zu Gelle aus den
Jahren 1378/79 wird der Ort unter Winsen mit aufgeführt, wohin er vielleicht
damals gehörte (Grütter). Am 1. Mai 1385 verpfänden die Herzöge Wenzlaus
und Albrecht von Sachsen und Lüneburg den Gebrüdern Brand und Ludwig
von dem Hus Zins und Rente ,in deme Swarmestedeschen Kerspelde* zu Gross-
Grindau, Essel, Buchholz, Jeversen, Südwinsen, Alt * Schwarmstedt und «to
Swarmesteden*. 1489 werden folgende Orte als zur Parochie Swarmsten
gehörig bezeichnet: Ezele, Bokholt, Markeldorp, Olden Swarmstede und Grinde w.
1597 wurde ein Altarlaken von Lüneburg für vier Thaler gekauft. 1598 wurde
eine Thür, wohl die nach Westen führende an der Sakristei, zugemauert.
Ausserdem wurde in diesem Jahre das Gestühl gebaut, wobei die Zimmerleute
Henning Nochwer, Arendt Hardeke und Johann Rust thätig waren. 1602 erhält
der Meister Gerd 14 Thaler dafür, dass er rund umher die Kirche befestigt und
das Dach ausgebessert hat. 1604 wurde das Uhrwerk ausgebessert und 1608
die Kanzel geschenkt. 1655 wurde ein Kelch gebessert, eine neue Zinnflasche
auf den Altar gekauft und vom Goldschmied Dietrich Adam in Celle ein neuer
-0^ 149 »->-
silberner Kelch für rund 34 rthlr. geliefert, 1665 fertigte Jastus Keusser,
Bürger und Orgelroacher zu Celle, eine Oi^el von 11 Stimmen für 160 rthlr.
1668 wird der grosse Kelch vei^ldet und 1695 eine Glocke umgegossen.
1791 oiaaai Thnmno RioHi^ivPff _hi>eta1lpr R\fif\ und privilegirter glockeU giessef
xhe wird augenblicklich nach
P""-^*'"''^.
nover, der Altar, Crucifixus,
r ebendort renoviert,
freie landtagsfShige Höfe, von
li und die SchlQter einen inne
Js denen von Ha vertier gehört.
-WS 150 g-t-
Von der nach dem Ort benannten, früh erloschenen Familie kommt ein
Ritter Albert von Schwarmstedt 1233, 1237, 1242, 1251 und 1259 tbeils im
Gefolge Herraann's m. von Hodenberg, theils als Vasall K
Wölpe vor.
Die gothische Kirche besteht aus ScbifT, Chor, Sakristei und
reibnng. Die dreischiffige, aus Backsteinen erbaute, geputzte
Schiff. ^Fig, 42—44) wird durch einen spitzbt^igen Triumphbogen, von (
Cbor. gt„fg erhöhten , durch das halbe Ächteck geschlossenen, sctuD
getrennt. Leider wird die .innere Wirkung durch die auf allen
gebauten, hölzernen Emporen stark beeinträchtigt. Das breiter
und die schmaleren Seitenschiffe haben vier Joche, deren äv
19,9 m beträgt. Die voi-tretenden Hohlkehlrippen der Kreuzgewfilb
stumpf auf die mit schlichten Sockeln versehenen, quadratischen
aus Backstein und mit einfach profilierten Ecken, während sie an
von Eonsolen getragen werden. Der Chor wird ausser dem eigen«
stabrippen versehenen Gewölbe noch durch ein halbes Ereuzgewöll
kehlrippen, welches sich mit seinem Scheitel gegen den Triumpl]
überspannt; in den Ecken des Chorschlusses sind Reste von mm
vorhanden. Die spateren flachbogigcn Kirchenfenster befinden
alten spitzbogigen, aussen und innen gothisch proßlierten Oeffr
altes, ursprüngliches, jedoch vermauertes Fenster auf der Nordseit«
zeigt drei schmale, gekuppelte, im Kleeblattbogen geschlosseue 0
einer Spitzbogennische. Zwei Vorbauten mit Eiagangslhüren si
Westseite neben dem Thunne angeordnet. Die Strebepfeiler sim
Steinplatten abgedeckt. An einem derselben an der Südseite bt ein
vom Jahre 1771 erhalten. Der Eingang zur Orgelempore führt
Anbau auf der Ostseite.
akristei. Die Sakristei auf der Nordseite hat ein Kreuzgewölbe mit Bi
und ist mit dem Chor durch eine flachbogige Thür, welche de
Viertelstab aufweist, verbunden.
Tbnno. Der viereckige, im Putz gequaderte, aus Ortsteinen anfgel
thurm trägt einen achteckigen, beschieferten Helm und zeigt e
Hauptgesims, sowie zwei flachboglge Schaltöffnungen auf jeder Seil
Altar. Ein mit Farbe und Gold behandeltes, spätgothisches Mitti
Flügelaltars (Fig. 45) enthält Masswerkschnitzereien und in der Mi
vier Figuren Maria mit dem Kinde von Flammenstrahlen umgeben,
irdccke. Eine schwarze, seidene Decke mit Silberkante und zwei sil
Wappen ist bezeichnet:
G. L. V. L.
E. D. H. L. V.
54.
Altarleuchter. Zwei 36 cm hohe, schwere, gothische Altarleuchler aus Mi
einen walzenförmigen Schaft mit einem Knaufe in der Mitte and y
Zwei silberne Altarleuchter von 1821 sind 55 cm hoch.
-*^ 151 8-K
Eine silberne, innea vergoldete, runde Oblatendose von 10,6 m Durch-
messer trägt zwei unter einer Krone vereinigte Wappen und die Unterschrift:
,Ar>. 1714*. Auf dem Boden sind die Buchstaben vermerkt:
A. L. V. E.
S. M. V. B.
Von Zeichen ist nur das spiingende Pferd erkennbar.
Der hölzerne, 1,60 m hohe Crucifixus (F^. 47) gehört dem XVI. Jahr-
hundert an.
Das Brustbild des Pastors Johann Christoph Heideman wird von einem Gemälde,
schön geschnitzten Barockrahmen eingefasst. Ein anderes Gemälde stellt den
1814 gestorbenen Superintendenten Arnold Anton Bacmeister dar.
Auf einer umrahmten Holztafel ist das Wappen der v. Bothmer
zu sehen.
Eine 1,39 m im Durchmesser grosse Glocke hat zwischen zwei Ornament- Glocken,
streifen am Halse eine dreizeilige, auf der Mitte einer Seite eine siebenzeilige
und gegenüberliegend wiederum eine dreizeilige Inscbrifl. Eine Nachricht am
Rande besagt, dass Lvdolf Siegfried von Hannover im Jahre 11)57 die Glocke in
Schwannstedt goss. H. L. Damm in Hildesheim verfert^te 11:119 die kleinere
Glocke von 1,23 m Durchmesser.
-<-8 152 8^
Grabmale. Ein schönes, steinernes, renoviertes Grabmal ist innen in die Nordost-
wand des Schiffes eingelassen. In dem von zwei Pfeilern begrenzten Haupt-
felde knieen, durch den Gekreuzigten getrennt, auf der einen Seite der Vat^
mit acht Söhnen und auf der anderen die Mutter mit fünf Töchtern. Den
Hintergrund füllt eine Ansicht von Jerusalem. Hierüber sind in einer Reihe
acht und auf den beiden Pfeilern je zwei Wappen zu sehen. Dieselben tragen
folgende Bezeichnungen: von Svirssen, von Holttorp, von der Wensse, von
Easzenbrock, die Eniggen, die Friedach, von Staf borst, von Extrem, von
Mandcslo, die Rebocke, von Qverhm, von Dvmstorp. Ueber dem Hauptfelde
ist folgende Lapidarinschrift angebracht:
Dyse Worde hat Johan van Bothmar in
sinem lesten geredet: Here
Jhesv Christ warer Minsch vnd Got
de dv ledest Marter Angs vnd
Spot vor mi am Crvze ock endlick star-
vest vnd mi dines Vaders Hvld
E]rwarvest ick bidde dorch bitter Liden
din dv woldes mi Svnder gnedich sin
Wen ick nv kome in Stervensnot vnd
ringen werde mit dem Dodt.
Unter den männlichen Figuren ist zu lesen:
Im • Jare • 1586 • is • Johan • van • Both-
mar • den • 7 • Janvary • sines
Alters • 85 • Jhar • selichlichen • in •
Godt • entslaffen.
Johan • van • Bothmar • der • Vader: Johan •
Lippolr • Ems.
Gehcrdr • Frederich • Otto • Cvrdt • Levin:
sin • Sons.
Daneben unter den weiblichen:
Im • . . . . Ilse van dem • Werder die
Moder.
Helena • Ilse Anna
Dorothea Anna irhe • Dochter.
Ganz unten aber:
Job: 19: Yck wet dat min Erloser levet u. s. w.
In einer Bogennische der Bekrönung ist der Auferstandene, die Mächte
der Finstemiss überwindend, dargestellt. Daneben befinden sich auf jeder Seile
zwei Wappen, bezeichnet von Bothmar, v. d. Werder, von Zerszen, von Has-
perge. Das Brustbild des seine Arme ausbreitenden Heilandes bildet den
oberen Abschluss. Die Nische des Auferstandenen hat die Umschrift: Ich bin
der • Avferstehvn • vnd • das • Leben • wer • an • mich • glvbet • der • wirt •
lebe, ob • er • glich stvrbe • Johan • am XI.
-<-8 153 8^
Auf dem Fries darüber stehen die Worte:
So • jemandt • min • Wort • wert • hol-
den • de • wert
den • Dodt • nicht • sehen • ewichlick:
Joh • am • 8.
Das Grabmal des im Jahre 1607 gestorbenen Superintendenten Collenius
ist aus Holz gearbeitet und enthält zwei Säulchen und verkröpftes Gebälk. In
der Mitte steht der Qekreuzigte zwischen den Schachern auf Holz gemalt,
darunter eine Figurengruppe. Unten sehen wir die männlichen und weiblichen
Mitglieder der Familie.
Ausserdem sind noch drei weitere, aus Holz gefertigte Grabmale vor-
handen. Eines derselben (Fig. 48) in Renaissanceformen zeigt direkt auf die
hölzerne Rückwand gemalt den Gekreuzigten und darunter den Vater mit vier
Söhnen und die Mutter mit fünf Töchtern. Oben steht der Spruch in Lapidaren:
Das Blvt Jhesv Christi des jSons Gottes, reiniget vns von allen vnseren Svnden •
und unten: Also hat Gott die Welt geliebet u. s. w.
Ein weiteres, farbig behandeltes Grabmal mit der Jahreszahl 1643 stellt
den Gekreuzigten, auf Leinwand gemalt, zwischen einer männlichen und einer
weiblichen Figur in knieender Stellung dar und trägt die Unterschrift:
Her Jesv in dine Hende befehle
Ick mine Sele, du Getrvwcr
Got dv hefst mi erlöset.
Das kleine Barockgrabmal (Fig. 46) des Hans Ernst v. Bothmer,
gestorben am 25. September 1678, ist mit Schnitzereien versehen und bemalt.
Zwei vortretende Säulchen tragen ein Gebälk und als Bekrönung das
V. Bothmersche Wappen.
Die geschnitzte, mit Säulen verzierte, hölzerne Renaissancekanzel mit Kanzel.
Schalldeckel trägt ein Wappen und die Bezeichnung: ^Herr Conradt von Bothmer,
Abt vndt Herr vom Havs zu S. Michael in Lvnebvrch f. f. anno Domini 1608. *
Der Foss ist neu. Am Fries der Kanzel steht die Inschrift aus Matth. 7: «Es
werden nit alle die zv mir sagen'' u. s. w. und die Jahreszahl 1608.
Ein silbervergoldetor, dem XVI. Jahrhundert angehöriger, 0,28 m hoher Kelche.
Kelch mit zubehöriger Patene hat Renaissancebecher, Sechsblattfuss und an den
vortretenden Zapfen des Knaufs die Buchstaben: „J. E. S. V. S. f.*
Der andere, fast gleiche, silbervergoldete, ebenfalls aus dem XVI. Jahr-
hundert stammende, 0,29 cm hohe Kelch mit zubehöriger Patene trägt auf den
sechs vortretenden Zapfen am Knaufe den Namen .Jehsvs* sowie auf dem
sechstheiligen Fusse einen Grucifixus und den heiligen Laurentius in aufgelegter
Arbeit und als Zeichen ein D.
Ein kleinerer Kelch mit einem Grucifixus auf dem Sechsblattfusse hat
an seinem Becher zwei Wappen und die Bezeichnungen: ^Ivo von Bothmer'^
und ^Elisabeth • Agnesa '• v • Hodenberg'', am Knauf jedoch nur fönf viereckige
Zapfen mit den Buchstaben «J. E. S. V. S''. Nach dem Kirchenbuche lebte Ivo
von Bothmer 1618—1682 und seine Gemahlin starb am 19. Oktober 1685.
20
Orgel.
Tanfstein.
Zifferblätter.
-^ 154 8^
Die hinter dem Altartisch sich erbebende Orgel zeigt die Formen des
XVni. Jahrhunderts und Darstellungen . der Himmelfahrt und des Abendmahls.
Das einfache, sechseckige Becken des Taufsteins ruht auf neuem Fussc.
Dasselbe hat an einer Seite ein Wappen und die . Umschrifl; : „Ernest von
Hademstorf Anno 1528**.
Auf dem Eirchenboden liegen zwei hölzerne Zifferblätter, eins mit
der Zahl 1585.
Geschichte.
Stelliehte.
Kirche; Herrenhaiis.
Litte ratur: Origines Guelficae; Merian; Sudendorf; von Hodenberg, LUnebnrger
Urkundenbuch XV; derselbe, Hoyer Urkundenbuch ; derselbe, Hodenberger Ürknnden-
buch; derselbe, Verdener Geschichtsquellen; Vogell, Geschlechtsgeschichte ;der Herren
Behr; Manecke II; Regenten - Sah! 1698; Meding, Nachrichten von adelichen Wapen I,
Böttger, Diöcesan- und Gau -Grenzen; Zeitschr. d. hist. Ver. f. Nieders. 1858; Spilcker;
Geschichte der Grafen von Wölpe; Havemann; Wippermann, Bukkig'au; Freudenthal,
Heidefahrten; Holscher, Geschichte des Bisthums Minden; Mithoff, Knnstdenkmale IV^
derselbe, Kirchenbeschreibungen ; GrUtter, Arbeiten über den Loingau, Hannov. Geschichtsbl.,
2. und 3. Jahrg.; Jürgens, ein Amtsbuch des Klosters Walsrode, ebendort, 2. Jahrg.
Quellen: Urkunden des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Grütterscher Nachlass
im Stadtarchiv ebendaselbst.
Das Dorf Stellichte kommt bereits 1069 als „Steinlaga'* vor und zwar
in der Urkunde, in welcher die Aebtissin Adelheid von Quedlinburg das Gehöft
Soltau unter den Schutz des Herzogs Magnus Billung von Sachsen stellt. Die
Einwohner sollen, wenn der Herzog auf seinen Reisen den Ort berührt, ihm
mit Wagen und Pferden dienen und sein Reisegepäck „de Salto we in AUendorp
vel Steinlaga sine Vdecsineburstalde'* befördern. In späteren Urkunden wird
es Stenlage, Stellage oder Stelleghe genannt; bereits vor 1302 waren die Grafen
von Hoya vom Herzoge Otto mit einem Hofe zu „Stenlage'' belehnt worden.
Hier in Stellichte hart am Landesgebiet des Verdenschen Bischofs stand vormals
eine Grenzveste der Lüneburgischen Herzöge. Im Jahre 1405 beschweren sich
Rath und Stadt Lüneburg, dass die Herzöge Heinrich und Bernhard „dat Slot
eder veste to Steighede "^ haben „nye buwen^ lassen; und in Urkunden des
Jahres 1409 spricht der Herzog Heinrich von „vnse Slot Stelleghe'' und .vnse
slod Stellage*. 1427 wurde das Schloss «Stellege'' sammt zwei Höfen daselbst
seitens der Herzöge Bernhard und Wilhelm dem Bischof und dem Stifte zu
Verden neben vielem Anderen verpfändet. 1470 gestattet der Herzog Ö(to dem
Heinrich Behr, das „Slott Stelgede dat dem Stiebte to Verden pandes steyt"
nach vorher erfolgter Pfandaufkündigung seinerseits einzulösen. Danach soll er
es von ihm zu einem erblichen Lehngut empfangen, und er und seine Erben
mögen dasselbe ^na orer bequemicheit In HoUwergk muren Begrauen vnd
-<-8 155 8^
Beplanken", doch solle das Schloss ihm jederzeit offen stehen. Die Uebergabe
erfolgte im darauffolgenden Jahre. Zugleich kam das mit dem Schloss ver-
bundene adelige Gericht Stellichte, welches früher der Familie von Schlepegrell
gehörte, in den Besitz der Herren von Behr. Es ivurde 1852 aufgehoben.
1493 belehnt der Herzog Heinrich den Ulrich Behr «mit der veste vnd horch
to Stelgede*. Nach einer von Dietrich Behr, Ulrichs Sohn, 1567 veranlassten
Au£zeichnung hatten dieser und sein Bruder Heinrich, Landdrost zu Hoya, zu
.Stelligt, Hoya vnd Huszlem* über 10000 Thaler verbaut. 1704 Hess Johann
Georg Wilhelm Behr das alte massive Schloss, welches vorhin etwas weiter als
jetzt auf dem Burgplatze zurückstand und bei Merian wiedergegeben ist,
abbrechen und baute das neue Wohnhaus nahe am Schlossgraben, welcher
dasselbe von dem Vorhof und von den Vorwerksgebäuden trennt. Ein Theil
der alten Keller der vormaligen Burg ist wieder benutzt, das Uebrige aber
verschüttet.
1475 gestattet Reymbertus Sindorp, des Mindenschen Bischofs General-
Vikar und -Offizial in geistlichen und weltlichen Angelegenheiten, dem Heinrich
and Johann Behr „famulis nostre diocesis*^ auf ihrem Wohnsitz (habitatione) zu
«Stelgede' durch einen geeigneten Presbyter .in altari portatili temporibus
debitis' Messe lesen zu lassen. Femer erlaubt der Verdener Bischof Berthold
im Jahre 1479, dass Heinrich Behr, famulus seiner Diöcese, .in laudem et
honorem omnipotentis Dei beateqqe deigenetricis virginis Marie ac beatorum
Georgii et Christofori marlirum et sancli Jodoci confessoris'^ am gegenüber
liegenden Ufer der Lehre .ante et prope habitationem suam Stellige in loco
nostre diocesis* eine Kapelle errichte.
Das Schloss gehörte, als auf dem linken Ufer der Lehre belegen, zur
Diöcese Minden, die auf dem durch den Bach vom Schlosse getrennten Platz
errichtete Kapelle dagegen zum Verdener Boden; doch wurde sie durch eine
besondere Vergünstigung des Bischofs mit Genehmigung des Visselhöveder Pfarrers,
in dessen Sprengel der Platz lag, von der Verdener Kirche eximiert. 1574 be-
stimmt Dietrich Behr in seinem Testament, dass die von ihm gebaute Kirche
zu Stellichte von seinen Söhnen und Nachkommen .in bauwlichen wesen''
unterhalten werden solle. Femer fügt er zu den bereits von seinem Bruder
Heinrich zur Ehre Gottes gegebenen 1000 Thalem noch weitere 1000 Thaler,
welche zinsbar angelegt werden sollen. Von den mindestens 100 Thaler betragen
sollenden Zinsen soll ein gelehrter Mann, der zu Stellichte ein Pastor sein
könne, besoldet und unterhalten werden. Derselbe solle in der Woche dreimal
in der Kapelle predigen, und was einem Pastor gebühre, thun. 1610 Hess
Dietrich Behr die kleine Kapelle abbrechen und statt ihrer eine grössere
erbauen, wie dies zwei rechts und links von der Orgel hängende Inschrifttafeln
darthun (vergl. Beschreibung).
1643 liess Johann Friedrich Behr eine Glocke giessen^ 1702 wurde die
bis dahin nach Walsrode gehörige Kirche zur Pfarrkirche erhoben. 1704 baute
Johann Georg Wilhelm Behr ausserhalb am Thurme der Kirche ein neues
Begrdbnissgewölbe und hoch ein zweites ausserhalb an der Südseite. Um die
Mitte des XVIII. Jahrhunderts wurde das Dorf auf Ansuchen der Herren von Behr
20*
-t^ 156 S-1-
in allen geistlichen Dingen nach Stellichte gelegt, jedoch mit dem Vorbehalt,
dass die Eingesessenen nach wie vor alle Lasten, Bau- und Reparaturkosten
unverändert tragen müssten.
Erwähnt sei noch, dass ein dominus Bemardus de Stenlage 1319 als
Kapellan des Klosters Walsrode begegnet.
Eine im Jahre 1901 in dem Thunnknauf untergebrachte Urkunde giebt
davon Nachricht, wie in diesem Jahre die fast noch unberührte Kirche unter
Schonung der erhaltbaren, alten Heile und genauer Anpassung der neu herzu-
stellenden an die vorhandenen Kunstformen durch den Professor Karl Mohrmann
aus Hannover wiederhergestellt wurde. Das Aussenmauerwerk wurde sorgfältig
ausgebessert und an den gerissenen Stellen verankert, die beiden Weststrebe-
pfeiler wurden vergrössert, die Sandsteintheile nachgearbeitet oder erneuert.
Flg. M. Kllclis In Btelllchta; Onuidttw vor der Wled«rbentsllaaK 1901.
Dachkonstruktion und Dachdeckung wurden ausgebessert, die Thunnspitze
erhielt eine Kupferverkleidung und eine neue Eisenspitze mit Wetterfahne und
Blitzableiter; alle Theile der Thurmspitze sind den alten Formen genau nach-
gebildet. ]fa alten Tburmknauf wurde nichts gefunden.
Altar, Kanzel, Patronatsgestühl, Taufhecken, Chorscbränke, Gedenktafdn
ond Grabmäler, Orgel und Orgelempore und Holzdecke sind in den reichen
Holzschnitzereien sorg^tig wiederhergestellt, die Malereien aufgefrischt und
ergänzt worden, die zum grossen Theil wurmstichige Decke ist durch einm
Doppelboden von oben befestigt. Die Holzfenster sind in der alten Foroa
erneuert, sechs Fenster mit dem vorhandenen Antikglas verglast, drei Fenster
mit einfacher (nicht vorhandener) farbiger Glasmalerei versehen. Der einfarbqre
Wandanstrich ist dem ersten Anstrich entsprechend wiederhergestellt. Der
Fussboden ist erneuert. Die glasierten Chorfliesen sind den alten nachgebildet,
die noch brauchbaren, alten Chorfliesen sind im Thurm verl^t. Die ursprüi^lkh
-t-§ 157 S«-
angelegten, später aber zi^ebauten Wandgänge sind oeben dem Bfittelgang bei
dem Gestühl wieder eingerichtetf das Gestühl und der PEarrsland dem alten
nachgebildet.
Neu hergestellt sind folgende Gegenstände, die nach vorhandenen nach-
gebildet werden konnten: Chorstufen aus Granit, Chorstufenbrüstungen, Altar-
brOstungen, gestickte Altar- und Kanzelbekleidungen, ein Crucifiz, Lederpolsterung
im Patronat^estOhl und im Pfarrsfand, vier äussere ThQren und ein Windfang
mit den Beschlägen, zwei Tafeln zur Erinnerung an die Wiederherstellung,
zwei Nümmertafein, ein Opferstock im Tburm, zwei Holzdecken, eine Treppe
und die Bälgekammerverkleidung.
Flg. so. Kirche In BCalUchta; Nordsslte.
Bei dieser Wiederherstellung bal sich als wahrscheinlich et^ben, dass
die allen Kapellenmauern bei dem Bau der Kirche im Anfang des XVII. Jahr-
hunderts etwa 5 m hoch beibehalten sind und nur etwa 2 m hoch neues
Mauerwerk hergestellt worden ist. Der Thurm dagegen ist um 1610 neu auf-
geführt. Die Thurmform ist nicht mehr genau die alte von 1610. Unter dem
Kupfergeäms fand sich ein profiliertes, farbig bemaltes, verwittertes Holzgesims,
dessen Wiederherstellung wegen der ßist völligen Verstümmelung nicht möglich
war. Am Gestühl fand sich die Jahreszahl 1611. Die Wiederherstellung wurde
im Februar 1901 b^onnen und im Oktober 1901 beendet-, als Bauleiter war
unter Professor Hohrmann der Architekt R. Ph.Bromme thätig.
-^ 158 H-
Beschreibnog. Die im AnGange des XVII. Jahrhunderts in den Formen der Renaissance
und des begionendeti Barock erbaute Kirche ist mit ihrer fast vollständig
erhaltenen und einheitlich durchgefahrten, inneren Ausstattung ein gutes Beispiel
der um 1600 errichteten Gotteshäuser, Dem wenig ansprechenden Aeusseren
steht eine vorzügliche Innenwirkimg gegenäber, indem hier die reich geschnitzten
Stücke der Einrichtung von den einfach gehaltenen, weissen Wänden und der
bescheidenen Holzdecke sich vortheilhaft abheben.
Schiff. Die Kirche besteht aus SchifT und Westthurm und enthält zwei Grab-
Cbor. gewölbe. Das in Backsteinraauerwerk mit Sandsteinsockel und hölzernem
Hauptgesims erbaute
Schiff (Rg. 49 und 50) rjT, , ..-,.' ', . , , y
ist im Osten dreiseitig ■-' ' ' ' ^~^ ■ '
geschlossen. Pultdach- '
förmig abgedeckte
Strebepfeiler befinden
sich an den Langseiten
des Schiffes und am
Chor. Der Innenraum
der Saalkirche wird
durch eine gerade,' farbig
behandelte Holzdecke
abgeschlossen; die letz-
lere ist durch Leisten in
rechteckige, in der Mitte
durch vergoldete Ro-
setten oder geflügelte
Engelsköpfe ausgezeich-
nete Füllungen getheilt,
welche wiederum in
kleinere Felder von ver-
schiedener Form zerl^
werden. Unter derDecke
bildet ein zierlichesHolz-
, gesims mit Zahnschnitt
und Konsolen den Ueber-
gang zur Wand. Die in
der Südseite lie-
gende Eingangs-
li (ü Ih ""T»«!: thür, in Barock- '^^ '^-'■-> > ^^fi > > >' i i l U *
formen ausSand-
Vig. 51. Ktrche In Btelllchta; -tain rraophaitof Flg. bt. Kirche Id Btellichte;
ThörUlbang der Bödthür. ^'^'" gearoeiiei, Fenster.
hat eine mit
Flachomament gezierte Laibung (Fig. 51) und ein von zwei glatten Säulen
getragenes Gebälk, dessen durchbrochene, mit Figuren geschmückte Verdachung
das V. Behrsche Wappen zeigt; in seitlichen Nischen sind die Apostel Petrus
und Paulus zu sehen. Die zweitheili^en, nindbogigen Fenster mit Sandstein-
gew&nden sitzen in halbkreisförmig geschlossenen, abgefasten Backstetnnischen
{Fig. 53). Der um Tier Stufen erhöhte, als Chor ausgebildete östliche Theil
des Schiffes wird durch
eine reiche, in Holz aus-
^(ührte Brüstung mit
grossem Eielbc^ndurch-
gang von dem Schiff
getrennt; einige Holz-
füllungen der Chor-
schranke sind in Fig. 53
bis 57 wiedergegeben.
Diese eigenartige Einrieb-
tong, welche in der Er-
innerung an den mittel-
alterlichen Lettner und
Triumphbogen entstand,
ist wohl das interessan-
teste Stück des Gebäudes.
An der Westseite des
Schiffes zu beiden Seiten
des Thurmes ist je
eine Gruft angelegt. Ein
grösseres Grabgewölbe
liegt im Chor vor dem
AUar, zwei kleinere be-
finden sich im Schiff vor
den Chorstufen und hinter
dem Eingang zur Kirche.
Die im Chor au^estellten,
für den Patron bestimmten
Stühle, welcheanderRück-
wand halbkreisförmig ge-
schlossene Fällungen und
E^lasterstellangen auf-
weisen, haben eine mit
Säulen verzierte Brüstung.
Einfacheres Gestühl be-
findet sich im Schiff und
hinter dem Altar der
Pfarrstand.
Der durch eine halbkreisförmige Oeffnung mit dem Schiffe verbundene Thm
viereckige Westthurm aus Backsteinmauerwerk hat Sandsteiiisockel und flach-
bt^ig überwölbte Schallöffnungen und Fenster mit hohem Stich. Das flaclio
Zeltdach und der untere viereckige Theil des Aufbaues haben Schieferdeckung;
hh8 160 8^
Altar.
Altarlcnchter.
Ciborien.
Gedenktafeln.
die mehrfach gegliederte Spitze ist mit Kupfer bekleidet. Unterhalb derselben
sind Tier Wasserspeier über Eck angebracht; die Wetterfahne enthftlt die
Jahreszahl 1614. Am miteren Theile des Thurmes befindet sich auf der West-
seite in geschmiedeten Zahlen die Zeitangabe 1608. Der schöne Westeingang
ist von einem Sandsteingewände in Renaissanceformen eingeEasst
Die hölzerne, in ihren Abtheilungen mit Gemülden ausgestattete Altar-
wand trägt auf der Predella eine Darstellung des Abendmahles und seitwärts
die Einsetzungsworte, im Hauptfelde eine Darstellung der Kreuzigung und auf
dem Gesimse zwei Figuren mit Wappenschilden, deren Bezeichnung lautet:
»Johan Behr 1610*" und „Maria v. Bothmer 1610^ Der Altar enthält seitlich
zwei Säulen und wird von einem durchbrochenen Giebel bekrönt.
Zwei 31 cm hohe Altarleuchter aus Messing haben einen walzenförmigen
Schaft mit mehreren scharf profilierten Knäufen.
Ein schön gearbeiteter, silberner Oblatenbehälter in Buchform ist mit
Kette und Ring zum Anhängen eingerichtet. Auf der äusseren Seite des Deckels
steht in lapidaren:
Zv . Gottes . Ehr
machen • lies Johan • Bher
Dann folgt das Behrsche Wappen und darunter die Inschrift:
In • die • Stellichter • Kirch,
• 1 • 5 • 9 • 0 •
Im Innern sehen wir einen eingravierten Grucifixus zwischen den
Inschriften :
»Avgvslinvs accipite • hoc • in • pane qvod • pependet • in crvcc*.
und:
«Chrysostomvs sensvs • fallere potest • verba • Christi • fallere • non •
possvnt.*
Eine andere, einfache, runde, silberne Oblatcndose mit Goldrändern
enthält die Namen:
G : D : W :. Behrn :•
• :• H : Behrn •:•
•:• 1743 •:•
Die Inschrift auf der Tafel rechts von der Orgel lautet:
,Aö Christi. 1450, Henricvs Behr Henr. fil. Wem. nep. Wer. pron.
sacellvm hie voto pio primvs p. aetate cadvcvm Thcodoricvs Behr
Joan. fil. Theod. nep. Vir. pron. Henr. abnep. dirvi novvmq fvndilvs
praesenti forma opere suptvoso in honorem, individvae trinitatis f. f.
ario Christi 1610.«
Die Inschrift links von der Orgel lautet:
«Durch Gottes segen hülff vnd raht
Mich Diettrich Behr erbauwet hat
Als Tausend iahr nach Christi gburtl
Sechshundert Zehn geschriben wurtt
Der Herr nach sein verheisen thuc
Das Abrahamss segen vff ihn ruhe.'
-^ 161 8^
Die Zahl 1450 ist, wie oben zu ersehen, unrichtig, auch die Angabe
der Voreltern fehlerhaft
An der Südwand hängt ein grosses, stark zerstörtes Gemälde im halb- Gemälde,
kreisförmigen Rahmen, welches die Himmelfahrt darstellt.
Die im Jahre 1621 gegossene Glocke hat 99 cm Durchmesser und unter Glocke,
dem Omamentstreifen am Halse eine Lapidarinschrift und zwei Wappen.
Eine Holztafel stellt auf einem länglich runden, von acht Wappen Grabmäler.
umgebenen Felde die Auferstehung der Todten dar und hat die Umschrift:
.Spricht der Herr: Ich wil ewere Gräber auflhü, u. s. w. Ezech. 37.**
•
Die Unterschrift lautet:
»Der weiland Wol Edler gestrenger vnd Vester Frantz Joachim
Spörke auf Moltzen vndt Emendorf Erbgesessen, ist in diese Welt
gebohf alss man geschriben 1600. Achte tage vor Martiny vndt von
dieser Welt gescheiden • Zv Stellichte den 27. February . 1637, seines
Alters gewesen 36 • Jahr • 3 • Monat vnd • 14 • Tage."
«
Die Wappen sind bezeichnet: D. Sporken, D. Behren, D. Sporken,
D. V. Dagevord, v. d. Wense, D. v. Heinbrock, D. v. Munnichhausen, D. v. Berge.
Ein schönes, grosses, mit Figuren und Säulen geschmücktes, hölzernes
Grabmal enthält folgende Inschrift:
Theodoricvs Behr
Joan - fil: Theod: nep: Vir: pron:
sibi
nato
4. Decembr: ao. Christi 1575. hör. 9. vesper:
jam. denato
2. Decembr. ao. Chpsti. 1632. hör. 6. vespert:
aetatis. 57. demtis. 2. dieb. et. 3 hör.
et dehvmatv.
8. Janvarii. ao: Christi. 1633:
nee non.
Dvlciss: conivgib:
Elisae Magdal: Dorotheae
Botmariae Assebvrgiae
obiit
6. Jan. äo. 1607 vesp.
vixit
an. 23. m. 10. d. 21.
Mortalitatis.
monvmentvm
aetemitatis
memoriam
viws. P.
21
Darunter steht auf einem kleinen Feld(>:
Ossa vestra
germinabvnt.
Esa. 66.
und ganz unten:
Äiio
Christiano
■ M ■ D G ■ XV .
Die Grabmäler des im Jahre 1700 gestorbenen Friedrich Behr und des
1664 gestorbenen Johann Behr sind in Fig. 58 und 59 wiedenregebeD.
Flg. »I und GS. Klrclio in SIelllchte; GrabniHler.
Innen an der Ghorwand ist ein Grabstein aufgerichtet, • welcher in
erhabener Arbeit einen betenden Ritter in einer Bogennische und folgende
Lapidarumschrift zeigt;
»Aiio ■ 1585 ■ den • 13 ■ Novembris den ■ Abendt vmb - 8 ■ Vhr • ist
der ■ gestrenge • edle ■ vnd • enivheste - Vlridi ■ Behr ■ in Godt •
sehglich ■ entsclilafen."
Zwischen der Inschrift sind acht Wappen sichtbar.
Die schöne, aus Holz geschnitzte Kanzel an der Nordseite des Schiffes,
deren Ecken mit Säulen besetzt sind, ist vom Chor aus zugänglicli {Fig. 62).
Am oberen Rande steht in Lapidaren; .EvangeUvm virtvs dei in saivtem öni
I
I
J
-^ 163 8^
credeli*; am unteren Rande: .Verbvm Domini manet in aeteravm". Die In-
schrift am Bande des reich gearbeiteten, kronenartig ausgebildeten Schall-
deckels lautet:
yAd legem ad testimöivm'
und
,2. Petri. 1. Wihr haben ein festes prophetisches Wort, vnd ihr
th^ wol das ihr dar avf achtet.*
Ein silbervergoldeter, spätgothischer Kelch hat auf dem Sechsblattfusse Kelch,
einen aufgelegten Grucifixus. Auf den sechs vortretenden viereckigen Zapfen
am roasswerkverzierten Knauf ist zu lesen: j^Jhesvs', darüber am sechseckigen
Stiel derselbe Name und unter dem Knaufe: , Maria 6*.
Die mit kunstvoll geschnitztem Gehäuse ausgestattete Orgel (Fig. 60) Orgel.
hat die mit ^Dieterich Behr* und „Dorothea • B • y • d • Assebürgk bezeichneten
Wappen und die Inschrift: ,Anno domini 1.6.1.0", sowie ganz unten den
Namen des Meisters M • Märten • de • Mare • Orgelmacher.
Das äusserst reich aus Holz geschnitzte Taufbecken ist viereckig und Taufbecken.
mit abgestumpften Ecken versehen. Dasselbe hat als Umschrift: „Galat. 3.
Wie viel vnser getavffett sein, die haben Christvm angezogen.*, und auf vier
Felder vertheilt: ,Eph. 4. Ein Herr — ein Glaub, ein Taüffe — ein Gott vnd
Vater* u. s. w. Die Taufschale besteht aus Messing; im Boden desselben sind *
Adam und Eva in getriebener Arbeit dargestellt; Der Deckel des Taufbeckens
ist kronenartig aufgebaut. Das Ganze ruht auf vier Füssen. Das Becken ist
in Fig. 61 dargestellt ; im Hintergrunde sieht man den hölzernen Ghorabschluss
und einen Pfeiler des oben genannten Durchgangsbogens.
Ueber der Thür des in neuerer Zeit vollständig umgebauten Herren- Herrenhaus,
hauses befinden sich zwei Wappen mit der Bezeichnung: „ Johann Georg
Wilhelm Behr*^ und »Charlotte Justine von Nettelhorsten'', dazwischen die
Jahreszahl 1703. Der Burggraben ist unversehrt erhalten. Ueber einem alten
Eellerfenster steht (unter der neueren Bretterverkleidung) die Inschrift
«Olrick Behr 1585\
Suderbruch.
Kirche.
Litteratnr: Sudendorf; Hodenberg, Calenberger Urkundenbuch V; Spilcker
Geschichte der Grafen von Wülpe; Wippermann, Bukkigau; Büttger, Diöcesan- und Gau-
Grenzen; Kayser, Kirchenvisitationen 1897; Holscher, Beschreibung des Bisthums Minden,
Zeitschr. f. westf. Gesch. u. Alterthumsk., Band 34; Mithoff, Kunstdenkmale I; derselbe,
Kirchenbeschreibungen.
Quellen: Urkunde nnd Akte des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Verzeichniss
der kirchlichen Kunstdenkmäler von 1896.
21*
Geschichte.
Ohismalerei.
Grabstein.
Kelch.
-'-S 164 g^
Suderbruch gehörte bis zum Jahre 1859 zum Amt Neustadt am Rüben-
berge und ist im ehemaligen Fürstenthum Calenberg belegen. Der catalogus
parochiarum vom Jahre 1632 rechnet das Dorf als , Sunderborg' zum Archi-
diakonat Mandelsloh. Die frühere Kirche war der heiligen Catharina geweiht.
1240 schenkte der Mindener Bischof Wilhelm dem Kloster Mariensee das
Obereigenthum über den Zehnten in „Suderbroke*" bezw. Sutherbroke, welchen
ihm der frühere Lehnsträger Graf Konrad von Wölpe resigniert hatte. Am
6. Januar 1320 verpfänden der Herzog Otto und seine Söhne dem Grafen
Günther von Kefemberg, dem Bischof Otto von Hildesheim, den Grafen Otto
von Hoya und Siegfried von Regenstein die Schlösser Neustadt und Wölpe
nebst Zubehör, ausbenommen neben Anderem «dat Suderbruch'' (Suderbrok).
1341 war Willehelmus rector ecclesiae in Suderbroke. Auch werden in diesem
Jahre die Kirchen Vorsteher in « Suderbrocke ' genannt. 1543 besass die Kirche
zu .Surbrock*' einen Kelch und zwei Messgewänder. 1851 wurde das bisherige,
in Fach werk errichtete Gotteshaus abgebrochen, um einem Neubau Platz zu
machen, welcher 1853 vollendet wurde. Bis 1869 hat der Ort zur Inspektion
Neustadt am Rübenberge gehört und wurde dann der Inspektion Schwarmstedt
zugetheilt. Das Patronat hat sich bisher stets in den Händen der Besitzer der
von Bothmerschen Güter in Bothmer, Güten und Schwarmstedt befunden.
Ein aus der alten Kirche herübergenommenes kleines Glasgemälde zeigt
das Wappen der von Bothmer.
Der Grabstein des 1705 gestorbenen Pastors Johannes Meyer liegt auf
dem Kirchhofe. Auf der Mitte des Steins ist ein Oelbaum sichtbar.
Ein silberner, theilweise vergoldeter Kelch hat einen aufgelegten Cruci-
fixus auf dem runden Fusse; er zeigt die im XVIII. Jahrhundert übliche Form.
Wa 1 s p o d e.
Kirche; Klosterchor; Kloster; Bathhaiis.
Litteratur: Origines Guelficae; Leibniz, Bcriptores reram Brunsvicensiuin ;
Merlan; Rethmeier, Chronik; Pfeffinger, Historie I; von Hodenberg, Lüneburger Urkunden-
buch V und XV; derselbe, Hodenberger Urkundenbuch; derselbe, Hoyer Urkundenbach;
derselbe, Yerdener Geschichtsquellen; Urkundenbuch der Stadt Braunschweig II; Suden-
dorf; Urkundenbuch der Stadt Lüneburg I und III; Urkundenbuch des Stiftes und der
Stadt Hameln; Yogell, Geschlechtsgeschichte der Herren Behr; Grütter, der Loingan, alt-
deutsches Recht und Gericht im Loingau, Markgenossenschaften und Holzgerichte im Loin-
gau, yolksthümliche Ueberlieferungen im Loingau, Hannov. Geschichtsbl., 2. Jahrg.; der-
selbe, Amtvoigteien im Fürstenthum Lüneburg, Aemter und Gerichte im Fttrstenthnm
Lüneburg, ebendort, 3. Jahrg.; derselbe, Stiftung des Klosters Walsrode 1886; Jürgens,
eine Arbeit über den Loin-Gau, ein Amtsbuch des Klosters Walsrode, Hannov. Geschichtsbl.,
2. Jahrg.; Spilcker, Geschichte der Grafen von Wölpe; derselbe, Neues vaterl. Archiv 1825;
Regenten - Sahl 16d8; Manecke II; Wippermann, Bukkigau; Böttger, Diöcesan- und Gau-
Grenzen; Holscher, Beschreibung des Bisthums Minden* Havemann; Kayser, Kirchen-
-^ 165 8^
yisitationen 1897; Freudenthal, Heidefahrten; Görges, vaterländische Geschichten und
Denkwürdigkeiten III; MithofT, Kunstdenkmale lY; derselbe, Kirchenbeschreibungen;
Bettinghaus, zur Heimathskunde des Lüneburger Landes; Neues Hannov. Magazin, 1810,295;
Doebner, des Bildschnitzers und Malers Hans Brüggemann Geburtsort, Repertorium für
Kunstwissenschaft, 1901.
Quellen: Urkunden und Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover; Grtttterscher
Nachlass im Stadtarchiv zu Hannover; Stadtarchiv zu Waisrode, No. 18 Akte No. 1.
Zwischen der ersten Erwähnung des Klosters und der frühesten Nach- Geschichte,
rieht über den Ort liegen fast volle 400 Jahre. Es ist daher anzunehmen, dass
sich die am Zusammenschluss von Fulde und Böhme gelegene Stadt aus kleinen
Verhältnissen heraus innerhalb dieser Zeit entwickelt hat und ihre Entstehung
der geistlichen Stiftung verdankt.
Um*s Jahr 1361 oder 1366 geschieht der Stadt, welche damals noch
Dorf war, zum ersten Mal Erwähnung. Zu jener Zeit wurde in der Streitsache
zwischen dem Bremer Erzbischof und dem Herzog Magnus dem Frommen über
die Wahl seines Sohnes Albrecht zum Erzbischof von Bremen zu Waisrode eine
Zusammenkunft festgesetzt, welche auch stattfand, aber zu keinem Ergebniss
führte. Während des bald darauf ausbrechenden Erbfolgekrieges. 1369—1389,
hatte der «Ort sehr zu leiden. Um 1377 wurde er von Mannen der von Veitheim
vom Schlosse Gif hom überfallen und ausgeraubt. Während der Feindseligkeiten
der von Behr, von Mandelsloh, von Elencke und Weyhe, welche in das Erzstifl
Bremen eingefallen waren, wurde der Ort 1381 durch die Erzbischöflichen unter
dem Stiftsvogt von Langwedel, Friedrich Schulte, in Asche gelegt.
1383 erhielt der Ort von den Herzögen Wenzlaus und Albrecht Stadt-
rechte, welche 1450 bestätigt wurden, und die Erlaubniss, das neue Weichbild
zu befestigen. Aus der Urkunde geht hervor, dass bereits damals ein Rath und
ein stadtähnliche Verfassung vorhanden waren. Die Bürger erhalten Braun-
schweigisches Recht in der Weise, wie die Bürger zu Gelle es hatten. Auch
bestimmten die Herzöge, dass das Goding und Holting fortan draussen vor der
Brücke abgehalten werden sollen.
1392 wird in dem Verzeichniss der zur Säte gehörigen Schlösser und
Weichbilder auch das Weichbild Waisrode genannt. In den Jahren 1457 — 1459
erlitt auch Waisrode allerlei Drangsale. Am 25. Januar 1486 verordnete der
Herzog Heinrich der Mittlere der Stadt einen steten, festen, ewigen, bleibenden
Rath, welcher aus zwei Bürgermeistern und sechs Rathmännem bestand.
1626 fiel das Tillysche Volk unvermuthet in die Stadt. Die Langestrasse
wurde von einem Thor zum anderen abgebrannt und die Stadt selbst aus-
geplündert. 120 Wohnhäuser, darunter auch das Rathhaus, sanken in Asche.
1660 wurde es wieder aufgebaut.
Am 12. Dezember 1747 suchte ein furchtbarer Sturm den Ort heim,
wobei nicht nur grosser Schaden an Gebäuden angerichtet wurde, sondern auch
viele eine völlige Zerstörung erfuhren. Bei dem grossen Brande am 6. Juli 1757
sanken 226 Wohnhäuser mit den Nebengebäuden in Asche. Auch das Rathhaus
wurde abermals ein Raub der Flammen. 1760 wurde es nach den Plänen des
HHg 166 8^
Landbaumeisters Vick wieder aufgebaut. Am 10. Februar 1795 riss die
angesehwollene Böhme die eben neuerbaute steinerne Brücke in die Fluthen.
Am 12. März 1850 brach abermals eine Feuersbrunst über die Stadt
herein. In den Jahren 1852— -1860 wurde das Rathhaus vergrössert und
umgebaut. Thore waren von jeher vier vorhanden : das Hagenthor, das Brückenthor,
das Langestrasse- oder Bremerthor, sowie das Moor- oder Rotenbui^er Thor.
Sie waren mit Zugbrücken und Schlagbäumen versehen und enthielten Wacht-
Stuben für die Mannschaften.
Das allgemeine Landgericht für das Land; sowie das besondere für die
Bürger fanden auf dem Klosterhofe statt. 1282 begegnet ein Halto de Wals-
rode als Zeuge, und 1289 werden Hermannus, Johannes, Hinricus et Halcus
fratres dicti de Walsrode genannt.
Am östlichen Ende der Stadt, durch den früheren Kirchhof von dieser
getrennt, liegt das uralte, einst Johannes dem Täufer und der Jungfrau Maria
geweihte, nur für Nonnen bestimmte Kloster von der Regel des heiligen
Benedict. Fromme Sagen umwehen auch hier die frühe Gründung des Klosters.
Nur eine Nachricht dringt erhellend in das bestehende Dunkel: Am 7. Mai 986
schenkte König Otto, als nachmaliger Kaiser Otto IIL, auf Bitten der Aebtissin
Mechthild zu Quedlinburg und des Grafen Wale dem Kloster „Rode", welches
dieser und seine Gemahlin Odelint zur Ehre Gotte «nouiter* gebaut hatten, das
von ihm bis dahin dem Grafen Wale zur lehnbaren Nutzung überlassene Dorf
„Zitowe**, ,in pago Zirimudis dicto et in comitatu Geronis Gomitis' belegen.
Das Kloster bestand also bereits, und zwar war es kurz vor dem angegebenen
Zeitpunkt gegründet worden. Wir werden daher wohl nicht fehl gehen, wenn
wir, Grütter's Ausführungen uns anschliessend, das Jahr 969, vielleicht das
Jahr 968 als Stiflungsjahr ansehen. Der erste Ort, welcher dem neugegründeten
Kloster geschenkt wurde, ,Zitowe", erhielt als Schenkung des Stifters den
Namen »Walestorpe*, jetzt Wohlsdorf im anhaltschen Amte Köthen an der
Ziethe, wie das Kloster als seine Stiftung »Walesroth* genannt ist.
1176 erwarb das Kloster die Kirdie zu Walsrode, welche nach einer
Urkunde vom Jahre 1197 Johannes dem Täufer gewidmet war. 1251 wird
Euerhardus Capellanus de Walsrode genannt. Am 29. November 1255 schenkt
der Mindener Bischof Wedekind, zu dessen Diöcese das Kloster gehörte, diesem
das Obereigen thum des Zehnten zu »Walesrode". Am 2. Dezember 1269
schenken die Edelherren von Garssenbültel dem Kloster die Kirche zu
Meinerdingen. Diese Schenkung wurde im Jahre 1307 vom Mindener Bischof
Gottfried vervollständigt, indem er die Kirche ausdrücklich dem Kloster als nahe
bei demselben belegen übertrug, mit dem vollen Rechte sowohl weltlichem wie
geistlichem, um durch den Propst oder dessen Kapellane die kirchlichen
Sakramente dort verwalten zu lassen. 1293 wird die Parochie Walsrode
genannt. 1310 erwarb das Kloster von den Herren von Hodenberg durch Kauf
die Dörfer Steimke und Glashof sowie Lehen und Patronat über die Kirche zu
Steimke. Am 10. März 1314 verkaufte Hermann von Hodenberg dem Kloster
die ihm zustehende Hälfte des Dorfes Gilten und übertrug demselben zugleich
seinen Antheil am Patronat über die dortige Kirche. Die andere Hälfte des
-^ 167 8^
Patronats schenkte ani 29. April 1330 Heinrich von Hodenberg in dankbarem
Andenken an die ihm und seiner Gemahlin verliehene Brüderschaft und an die
ihm auf dem KlosterkircI;ihof eingeräumten Begräbnissplätze. Im Jahre 1337
schliessen Propst, Priorin und Konvent mit Konrad Haverber i;nd den Gevettem
von Schlepegrell über die von dem Geschlechte derer von Schlepegrell her-
gegebenen Güter des Altars St. Nicolai zu Walsrode einen Vergleich, in welchem
dem Propst und Konvent die Besetzung des Altars mit einem Kapellan ein-
geräumt wu-d imd die Familie von Schlepegrell das Patronat über die Kirche
zu Güten erhält. Die Eingriffe der im Jahre 1383 mit Stadtrechten versehenen
Büi^er in die Rechte des Klosters veranlassten die Herzöge Wenzlaus und
Bernhard, am 30. November 1386 einen Schutzbrief zu erlassen, welcher dem
Kloster alle Rechte und Privilegien in der Stadt bestätigte. 1390 wird eine
.Capella Corporis Jhesu Christi'' genannt, nach Grütter eine Grabkapelle in dem
neben der Aebtissinwohnung stehenden Gebäude, welche zum Theil noch
erhalten ist und jetzt als Wagenremise und Komlager dient. 1396 scheint das
Kloster durch Mannen der Stadt Lüneburg geplündert und gebrandschatzt,
worden zu sein.
„Des mydwekensz in den pinKsten** des Jahres 1482 traf das Kloster
das Unglück, mit der Kirche in Folge eines Blitzschlages durch Feuer verheert
zu werden, wobei alle Möbel sowie sämmtliche Briefschaften und Privilegien
bis auf die Kopiare und einige wenige Originale vernichtet wurden. Dem Ein-
fluss des Propstes Gerhard von Zerssen, welcher zugleich herzoglicher Kanzler
zu Celle war, wird es zuzuschreiben sein, dass sich Herzog Heinrich ^der Mittlere
des Klosterbaues annahm und dem Kloster 1486 gegen die Uebergriffe der
Stadt seinen Schutz angedeihen Hess. Und Heinrich wiederum wusste 1496 den
Kurfürsten Johann von Brandenburg zu veranlassen, dass für den Wiederaufbau
des Klosters in dessen Landen eine Kollekte veranstaltet wurde. 1489 werden
als zur Parochie Walsrode gehörig aufgezählt: Vtzingh, dat vorwerk, Gresebeke,
Vulle, Syuerdingh, Odestmgh, Westerharlingh, Iddesingh, Ebbingh, Benfeit,
Nunningh, Borch, Cordingh, Huntzingh und Jerningh. Am 4. April 1490 wird
eine ewige, täglich „vor dem Altar belegen in dat Norden vor dem Chore in
unser Kerken to Walsrode gebeten der van Hudenberge altar" zu haltende
Messe gestiftet. Am 31. März 1496 wird der Sonntag nach Johannis des
Täufers Geburt zum Weihefeste des Hauptaltars der nach dem Brande wieder
aufgebauten Parochialkirche des Klosters zu Walsrode bestimmt. Die Zer-
störung der Kirche durch den Brand vom Jahre 1482 war keine vollständige
gewesen. Nur das Kirchendach, der Thurm und das letzte östliche Gewölbe
waren beschädigt. Auch scheinen die Umfassungsmauern den Brand überdauert
zu haben.
Die Kirche bestand nach Mithoff, welcher Grundriss und Querschnitt
abbildet, aus einem im Lichten 26,65 m langen und 13,14 m breiten Langhause
und einem an der Nordseite um 2,05 m in der Breite eingezogenen, im Osten
funfseitig gestalteten und im Lichten 11,83 m langen Chor. Das Langhaus
war durch vier Säulen mit schwachen Kämpfern in zwei gleich breite Schiffe
getheilt und mit überhöhten kuppelartigen Gewölben zwischen halbrunden
-^ 168 g^
Längs- und Quergurten überdeckt. Das eingestürzte Chorgewölbe war durch
eine einfache Holzdecke ersetzt worden. Die Kirche enthielt ein Begräbniss-
gewölbe. Auch der yormals neben der Kirche an der Klosterseite gelegene
Kreuzgang war in älterer Zeit ganz mit Begräbnissgewölben ausgefüUt. Unter
Anderem hatten die Herren von Hodenberg zu Hudemühlen dort ein besonderes
Erbbegräbniss.
Am 23. August 1506 wird das Einweihungsfest des Hauptaltares von
Sonntag nach des heiligen Johannes Enthauptung auf Sonntag nach Johannis
des Täufers und des Hodenberger Altares Symonis et Judae von Sonntag nach
Jacobi auf Sonntag vor Maria -Magdalena verlegt. Im Jahre 1518 trat das
Kloster in die Brüderschaft des Hospitals St. Spiritus in Saxia de Urbe ein.
Am 5. August 1523 schliessen Propst^ Rath und Aelterleute mit dem Meister
Hans Brüggemann — wie Doebner im Repertorium für Kunstwissenschaflf
1901, nachweist, in Walsrode geboren — einen Vertrag: er soll für den Früh-
messen-Altar ein Altarblatt fertigen, im Haupttheile die Himmelfahrt Mariae
mit den 12 Aposteln, in den beiden Flügeln und dem Fusse den Patron
St. Johannes den Täufer sammt den anderen Patronen, welche sie begehren
werden, enthalten. Mit der Vergütung von 55 Gulden erklärt sich Brüggemann
auch für den Fall einverstanden, dass Sachverständige nach Vollendung der
Arbeit deren Werth höher einschätzen sollten, da er als Walsroder Kind geboren
sei und seine Eltern dort begraben habe. Auf der Rückseite der von Doebner
mitgetheilten Urkunde steht von zwei verschiedenen Händen XVII. und
XVIII. Jahrhunderts geschrieben: «Fürschriebung des Altares Anno 1523*" und
, Diese Taffei ist nachgehends nach Kirchboizen zum Altar verkauffet''. Diese
Tafel kam 1625 nach Boitzen in die Kirche; in Kirchboitzen, dessen Kirche
1861 neu gebaut wurde, ist der Altar jedoch nicht mehr vorhanden. Ein
Kirchensiegel vom Jahre 1527, das einzig erhaltene aus der Zeit vor der
Reformation, zeigt das Bild der Jungfrau Maria mit dem Christkinde. Das
Kirchensiegel, wie es seit der Reformation gebraucht wird, zeigt Johannes den
Täufer. Die Reformation wurde 1528 eingeführt. Der erste lutherische Prediger
war Henning Kelp, 1528 — 1575. Mit der Reformation kam auch die Super-
intendentur nach Walsrode. 1532 werden ein grosses vergoldetes Kreuz, ein
vergoldetes Sakramentshaus, vier silberne Ampeln^ zwei kleine silberne Kreuze,
füuf Kelche mit Patenen und zwei kleine silberne Röhre genannt. Diese
Kleinodien sind jetzt nicht mehr vorhanden. 1573 wurde die Kirche gedeckt,
1575 der Altar auf dem Chore von Caspar und Hermann vom Rade vermalt.
In dem gleichen Jahre wurde die Orgel umgelegt. Die genannten Maler
schmückten die Decke mit Gemälden, darstellend die Dreieinigkeit; Gott Vater
und Sohn thronen nebeneinander in den Wolken, die Füsse auf den Erdball
als Schemel gestellt, während über ihnen der heilige Geist in Gestalt einer
Taube erscheint. 1583 wurde die Orgel ausgebessert und 1598 ein neuer
Predigtstuhl gefertigt.
Im Jahre 1600 wurde der Thurm, welcher zuvor mit „Spondack*
bedeckt war, gebessert und mit Kupfer belegt, sowie der Knopf von neuem
vergoldet. 1621 goss Thomas Symon, ein Glockengiesser aus Lothringen, die
-^ 169 8^
damals grösste Glocke um. 1625 erhielt der Orgelmacher Adolphus Campenius
zu Hannover den Auftrag, die Orgel zu erneuern und chormässig zu stimmen.
1626 wurden Kirche und Kloster von den Schaaren Tilly's geplündert, auch
wurden die Güter des Klosters gegen Vermachung eines Deputats eingezogen
und der fürstlichen Kammer überlassen. Die Aebtissin Salome Daldorf,
1620—1631, verehrte einen vergoldeten Abendmahlskelch zum Klosteraltar.
1633 wird die Kirche als baufällig bezeichnet und 1639 drohte das ganze
Kirchengebäude auseinander zu weichen, Uhr und Glocke wurden aus dem
Thurm entfernt. Da die Orgel in den Kriegszeiten arg gelitten hatte, so ward
dem erwähnten Campenius 1639 abermals der Auftrag zu Theil; dieselbe zu
bessern. Doch ging derselbe in der Ausführung schlecht und betrügerisch zu
Werke. 1647 nahm darum Justus Keyser eine weitere Ausbesserung vor.
1640 legte Berend Knust, Rathsmauermeister zu Bremen, für 234 rthlr. sieben
grosse Pfeiler an die Kirche und reparierte dieselbe auch sonst. In demselben
Jahre liess Peter Stratemann auf seine Kosten eine Uhr auf den Thurm setzen.
1644 wird gesagt, dass die hohe, unumgängliche Nothdurft erfordere, dass der
grosse, unten an der Kirche stehende Thurm abgetragen werde. 1648 schenkte
der Amtmann Carolus Dieterichs einen silbervergoldeten Kelch mit Patene.
1659 musste der verfallene Thurm abgenommen werden. Statt seiner wurde
ein niedriger Thurm auf dem Kirchhof gebaut^ in welchem man die Glocken
aufhing. 1672 umgab man den Altar auf dem Chore mit einem Gitterwerk;
die Säulen und Knöpfe hatte Cord Dreier gefertigt. 1677 verehrten Barthold
Gerber, Kanonengiesser, und seine Gattin Adelheid Magdalena Schillings eine
zinnerne Weinkanne. 1684 wurde das Dach über dem Chor neu aufgebaut.
1687 fertigten der Meister Karl Pi'öschen und sein ältester Sohn Henning in
Walsrode auf Kosten der Elisabeth Twieten, Wittwe des Bürgermeisters Christoffer
Schillings, einen Beichtstuhl mit ihrem und ihres Gatten Wappen. 1690 schenkte
Edna Juliana von Damm eine silberne Kapsel oder Schachtel. 1691 wird von
dem Fürstlich Braunschweig-Lüneburgischen Hofrichter Werner Hermann Spörken
in Vorschlag gebracht und f&r gut angesehen, dass die alten zum Theil bau-
und niederfälligen Klostergebäude abgetragen und dafür ein Gebäude aufgeführt
würde, worin sämmtliche 12 Konventualinnen wohnen könnten. 1693 gründete
und begabte Rudolph von Hodenberg einen Altar an der Nordwand. Ein
zwischen 1693 und 1695 angefertigter Auszug aus dem Corpus bonorum erwähnt
einen alten, aus gegossenem Glockengut gefertigten Taufstein ohne Jahreszahl
mit den erhabenen Darstellungen der Empfängniss, der Geburt, der Gefangen-
nehmung, der Geisselung, der Ausführung, der Kreuzigung, des Begräbnisses,
des Grabes Christi mit der Erscheinung der Engel und Besuchung der Weiber,
der Auferstehung, der Offenbarung und Himmelfahrt Christi. Der Deckel war
1656 von Salome Kokes verehrt worden. 1695 schenkte Gesche Schnitze,
Wittwe des Hans Meier, ein grosses ausgetriebenes und ein kleines messingenes
Becken. In den Jahren 1699/1700 wurde die Kirche geweisst.
1702 wurde die hart an der Mauer belegene Kanzel etwas vorgerückt
und mit den vier Evangelisten, Kragsteinen und anderem Zierrath geschmückt.
Das Schnitzwerk fertigte Heinrich Conrad Bartels in Celle. Als bei dem
22
-^ 170 8^
neunwöchigen Trauergeläute aus Anlass des 1705 erfolgten Ablebens des Herzogs
Georg Wilhelm zu Celle die kleine Klosterglocke zersprang, liess sie die Aebtissin
von Stolzenbui^ auf ihre Kosten durch eine neue ersetzen. 1705 wurde femer
eine gründliche Ausbesserung der Orgel vorgenommen. 1706 schenkten die
Kinder des weiland Diakons Dietrich Günther eine silberne, inwendig vergoldete
Kanne. 1710 lieferte der Bildhauer und Maler Conrad Ritterhoff, wohnhaft zu
Smoke bezw. Thedinghausen, einen neuen Kanzeldeckel. 1717 befiehlt Herzog
Georg, dass mit dem Abbruch des alten und der Erbauung des neuen Kloster-
gebäudes der Anfang gemacht werde, was 1719 geschah. An Stelle des alten
zweistöckigen Wohnhauses entstand der .lange Gang'', welcher 1720 bezogen
wurde und für sechs Konventualinnen eingerichtet war. 1729 wurde ein neues
Wasch- und Brauhaus sowie eine neue Klostermauer zu bauen begonnen. Das
Inventar vom Jahre 1730 nennt an Gebäuden zum Kloster gehörig:
1) Das Aebtissinhaus, welches aber wegen vollständigen Verfalles nicht
bewohnbar sei,
2) das neue Klostergebäude oder Konventualinnenhaus, von sechs Kon-
ventualinnen bewohnt,
3) einen alten Stall oder Wohnhaus (Grabkapelle?), welchen die Aebtissin
hn Gebrauch habe,
4) die Holz-y Torf- und Wagenscheuer, worin die Konventualinnen ihre
Feuerung aufheben,
5) das alte Wasch- und Brauhaus, »welches neue gebauet wird und ietzo
abgebrochen ist*.
Ausserdem standen auf des Klosters Grund und Boden noch sieben Privat-
gebäude.
1737 wurde das Klosterthor renoviert, 1745 liess der Oberamtmann
Philipp von Hagen den alten Hochaltar durch einen auf seine Kosten gefertigten
ersetzen. Um die Mitte des XVIII. Jahrhunderts wurde das Dorf Stellichte auf
Ansuchen des Herrn von Behr in allen geistlichen Dingen nach Stellichte gelegt,
jedoch mit dem Vorbehalt, dass die Eingesessenen nach wie vor alle Lasten,
Bau- und Reparaturkosten unverändert tragen müssten. 1775 wurde der Thurm
des Klosterthores ganz und letzteres bis aufs Mauerwerk heruntergenommen
und von Neuem wieder aufgeführt. 1786 wurde der auf dem Kirchhof stehende
Glockenthurm vom Jahre 1659 beseitigt und auf Kosten der Stadt- und Land-
gemeinde der jetzt noch stehende Kirchthurm aufgeführt.
Besonders unruhige Tage sollte das Kloster in der Franzosenzeit sehen.
In den Jahren 1812/13 wurden die bei der Aufhebung des EJosters geraubten,
meist zu geistlichen Zwecken bestimmten Effekten sammt dem Mobiliar durch
den französischen Receveur Lehmann öffentlich verkauft. Nur wenige fanden
sich, bewogen durch private Vorstellungen des Landraths und Klosterkommissairs
von der Wense, sowie durch seine Aufforderung in dem 50. Stück der Hannover-
schen Anzeigen vom Jahre 1814, bereit, einen Theil des an sich gebrachten
Klostereigenthums zurückzugeben. Namentlich war der Chor seiner zum Gottes-
dienst nothwendigen Geräthe beraubt worden. Erst 1814 konnten die Damen
-^ 171 8^
in's Kloster zurückkehren. Um einen grösseren Raum für die Gemeinde zu
schaffen, wurde 1817 der Bau einer neuen Prieche genehmigt. Am 18. August 1835
wurde dann endlich auch das EHosterarat aufgehoben, und damit schwand der
letzte Schimmer einstiger Grösse. 1845 wurde der theilweise Umbau der Kirche
beschlossen. Als aber der Konsistorialbaumeister Hcllner den Vorschlag machte, eine
ganz neue Kirche zu bauen, trat man dem bei. Der Neubau wurde 1847 in Angriff
genommen und währte bis zum Jahre 1850. Der Thurm und der Klosterchor
wurden beibehalten. Der letztere war vor dem Neubau mit der Stadtkirche
durch eine grosse Oeffnung verbunden, vor welcher die Damen in ihrer Kirche
erhöhte, durch Vorhänge nach Belieben abzuschliessende Sitze hatten. Dies
wurde bei dem Neubau geändert. Die nördliche Klosterchor\vand wurde neu
hergestellt, durch zwei Durchgänge mit der Stadtkirche verbunden und mit
Fenstern versehen. Die somit für sich abgeschlossene Klosterkirche wird jetzt
nur bei der Wahl und Einführung der Aebtissinnen und der Einführung der
Ghanoinessen, sowie bei der Feier des Abendmahls und den Begräbnissen '
benutzt. Um am Gottesdienst der Gemeinde Theil nehmen zu können, müssen
die Damen jetzt durch ihre Kirche hindurch in die Hauptkirche gehen, wo ihnen
ein bevorzugter Kirchenstuhl auf dem Chore eingeräumt ist.
Ueber die Vogt ei erfahren wir in den auf uns gekommenen Nachrichten
erst 1228 Näheres. In diesem Jahre belehnt Graf Iso von Wölpe, Bischof zu
Verden, auf Bitten der verwittweten Herzogin Helene von Lüneburg deren Sohn
mit der Vogtei »Walesrothe*, welche dieser jedoch wiederum dem Sohne
Bernhards von Wölpe als Lehen übertragen solle. 1237 erwählen Propst und
Konvent, «multis malorum insultibus compulsi'', den Herzog Otto von Braun-
schweig und dessen Söhne zu «Tutores Dominos et defensores'^. 1386 erhält
der Herzog Wenzlaus von Sachsen und Lüneburg von der Verdener Kirche die
Vogtei zu Walsrode.
An der Spitze der Verwaltung des Klosters stand anfangs ein Propst
für die weltlichen und eme Priorin für die geistlichen Angelegenheiten. Am
22. Juli 1529 aber Hess sich der Herzog Ernst vom Propst Johann Wichmann
die Administration und Verwaltung des Klosters abtreten und ernannte ihn zum
Vorsteher und Verweser desselben. Eine Zeit lang hat Wichmann dem Kloster
in dieser Eigenschaft noch vorgestanden. Dann traten fürstliche Amtmänner
an seine Stelle und eine Domina an die der Priorin. Neben der Domina wird
1614 eine Priorin und vom Jahre 1495 bis 1655 eine Subpriorin genannt.
Seit 1704 werden Klosterkommissaire von der Ritterschaft bestellt. Von 1734
an wird die Domina Aebtissin genannt. 1835 wurde das Amt aufgehoben und
mit der Amtsvogtei Fallingbostel verbunden.
Ueber die inneren Verhältnisse des Klosters sei Folgendes bemerkt:
Am 12. Juli 1399 wurde wegen der althergebrachten «annua pensio* der
.seculares puelle in eodem monasterio ciun ceteris monialibus commorantes*^
ein geschärfter Befehl erlassen. Am 23. Mai 1475 erliess der Herzog Friedrich
der Aeltere die Vorschrift, dass das Kloster verschlossen bleiben und der Propst
dasselbe vor jedem Thore von aussen und die Priorin von innen zuschliessen'
und einen bestellen solle, welcher diejenigen ein- und auszulassen habe, welche
22*
-^ 172 $*■
eine Eriauboiss vom Propste und der Priorin halten. Ferner bestimmte er,
dass alle Klosterdameo im .Remter* essen, stets zmn Chore geben mid das
Kloster nicht zum Besuche ihrer Freunde auf acht Tage verlassen sollen. Die
Zahl der statt der or^rünglichen .vii^nes de online sancti Benedict! abbatis*
dort Torhandenen .canonicae Reguläres* ist vor 1483 auf 24 edle Kloster-
jui^rauen and nicht vom Adel angegeben. Kurz vor Ostern 1482 stellte Amia
von Nassau, Herzogin zu Braunscbweig und Lüneburg die strenge Regel des
Fig. W. Kirche in WslBtode; Waslaelte.
Benedictinerordens wieder her und schaffte die canonicae reguläres ab.
1494 hatte sich die Zahl der Mitglieder auf mehr als 80 erhöht. 1518 waren
ausser der Priorin 31 Elosterschwestem, 5 Novizen und 20 Laiensdiwestem,
1625 34 Choigungfrauen und 16 Konverse vorhanden. 1691 befanden sich mit
der Domina 12 Konventualinnen im Kloster, von denen fünf im Elostergebfiude
wohnten, während die übrigen ihre eigenen erkauften oder erbauten Hauser
hatten. 1699 bestimmte der Herzog Georg Wilhelm von Celle, dass die Stellen
im Kloster künftig für die Töchter der adeligen Landsassen des Ffirstenthums
-^ 173 8^
Lüneburg allein verbleiben sollten, eine Bestimmung, welche durch Georg
Ludwig 1711 eine Erneuerung erfuhr. Das Kloster besteht xur Zeit als welt-
liches Fräuleinstift.
Der yiereddge, in der unteren Hälfte aus Findlingen mit Eckquader- Beschreibung.
einfassung, in der oberen aus theilweise ausgemauertem, aussen mit Schindeln l^irche.
bekleidetem Fachwerk errichtete Westthurra der Stadtkirche zeigt hölzernes ^"^™-
Hauptgesims und einfache Oeffnungen (Fig. 63). Im Inneren des unteren
Theiles ist auf der Nord- und Südseite je ein korbbogig geschlossenes zu-
gemauertes Fenster zu sehen. Ein ebenso geschlossenes Fenster mit Sandstein-
gewände ist über der flachbogigen Eingangsthür an der Westseite angebracht.
Darüber steht auf einem Quader die Inschrift: «Anno 1786". Dieselbe Jahres-
zahl ist in der Wetterfahne enthalten, während ein hölzernes Zifferblatt auf der
Westseite die Zahl 1787 aufweist. Der mit Kupfer belegte Helm geht in
geschwungener Linie in's Achteck über und trägt eine achteckige offene Laterne.
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Flg. 64. Kirche In Walsrode; GlockenlnBchrtft.
Auf der oberen Westprieche der Stadtkirche steht eine nicht mehr Altarwand.
benutzte Altarwand in ausgeprägten Regenceformen aus dem Jahre 1745
(siehe Geschichte).
Auf. der darunter befindlichen Priecbe hängt an der Thunnwand eine Gedenktafel.
1659 aus Holz gefertigte Tafel. Dieselbe zeigt oben eine Darstellung der
Kreuzigung mit Jerusalem im Hintergrunde unter schwer bewölktem Himmel,
von reichbehandeltem Barockomament umrahmt. Die darunter befindliche In-
schrift feiert das «Ehrengedächtnis'' der ersten drei lutherischen Prediger:
1. des Henning Eelp, 1498 geboren, derselbe führte 1528 die lutherische
Lehre ein und dankte 1575 ab,
2. des Jacobus Kelp, seines Sohnes und Nachfolgers, 1540 geboren^
1606 gestorben,
3. des Joan Kelp^ seinem Vater 1603 beigeordnet, 1576 geboren und
1659 gestorben.
Ganz unten befindet sich der Spruch 1. Corinth. 16, 13.
-^ 174 8^
Glocken.
Grabmale.
Rlostercfaor.
Altar.
Altarleuchter.
Die 1,40 m im Durchmesser grosse Glocke trägt am Halse zwischen
Riemchen, deren unterstes schönes Blattwerk zeigt, eine zweizeilige Inschrift in
gothischen Kleinbuchstaben (Fig. 64), enthaltend die Jahreszahl 1437 und den
Namen der Glocke ,,Maria". Auf dem Mantel ist das Hochbild der Maria mit
dem Kinde und die Umschrift «santa> Maria", auf der gegenüberliegenden Seite
das Hochbild des Johannes mit dem Lamme und die Bezeichnung ,,sante • Johanes'
angebracht. Der Rand weist als Verzierung einen mit Äkanthusblättem um-
wundenen Stab auf.
Die andere, 1,17 m im Durchmesser haltende Glocke ist der Lapidar-
inschrift am Halse gemäss 1727 von M. Thomas Rideweg in Hannover grossen.
Am Rande stehen die Worte: „Gott rufiEl durchs Wortes Schall bis an der
Welt ihr Ende mein Thon rühr aller Hertz das sich zu Gott stets wende.* Auf
dem Mantel ist eine vierzeilige Inschrift angebracht.
Im Inneren der Kirche befinden sich an der Ostwand des Thurmes zwei
eingemauerte Grabmale in Sandstein, den Verstorbenen in lebensgrosser Figur
zeigend. Das erste ist dem Pastor Primarius Gabriel Meier, gestorben 1679,
gewidmet, das zweite dem Rvdolphvs Lodeman, Pastor Primarius und Super-
intendent, 1714 gestorben. Beide Grabmale zeigen gute Ausführung und trafen
fein gearbeitete Bekrönungen.
Der in Backstein errichtete, rechteckige, höher liegende Klosterchor fügt
sich an die Südseite der Stadtkirche an (Fig. 65). Eine schlichte Bretterdecke,
welche mit Fruchtgehängen, Muschelwerk und anderem Zierrath in den Formen
der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts bemalt ist, schliesst den Innenraum
ab. Das Dach ist abgewalmt und trägt im Westen einen mit Kupfer belegten
Dachreiter. Von den durchgehends spitzbogigen Fenstern ist das mittlere, grosse
der Ostseite dreitheilig und zeigt wie die beiden zweitheiligen der Südseite
Backsteinmasswerk. Die Wetterfahne enthält die Jahreszahl 1775.
Der an der Südseite stehende, in Regenceformen aus Holz geschnitzle
Aebtissinsitz trägt ein Wappen mit der Bezeichnung: «Anna Elisabeth von
Luttermann angenommen Ostern 1751.*
Die hölzerne, in Regenceformen gehaltene Altarwand trägt ein ver-
kröpftes, von zwei Säulen getragenes Gebälk, auf welchem zwei Engelsfiguren
angebracht sind. Unten befinden sich drei Wappen mit den Bezeichnungen:
1. Dorothea Eleonora von Ompteda.
zur Conventualin angenommen den 6. October. 1741.
2. Ilse Gatharina von Ahlden.
zur Conventualin angenommen den 24 Decemb. 1742.
3. Helena Frederica Hinriette von Wallmo.den.
zur Conventualin angenommen den 25 Septem: 1743.
Die seitlichen, aus Rankenwerk gebildeten Endigungen enthalten je eine
länglich runde Inschrifttafel mit je einem Spruch aus Johannes. Die Bekrönung
zeigt von Wolken umgeben auf einem dreieckigen Schilde den Namen Jehovah
in hebräischer Schrift.
Zwei 0,44 cm hohe Altarleuchter aus Messing zeigen nach gothischer
Art einen walzenförmigen Schaft mit drei Knäufen.
-*-i 175 S->-
lo einer Nische der Südwand über dem Sitze der Aebtissin steht auf Bildwerke,
einem mit Vierpässen geschmückten Sockel das mit Ausnahme der Füsse aus
anem Stück Eichenholz geschnitzte Bild des Klosterstiflers in blauem Gewände
und rothem Hantel. Die Rechte hält ein Schwert mit herumgewundenem
Tr^emen, die Linke ein Kirchenmodell. Das Ganze zeigt die au^eprSgten
Formen der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts.
Fig. Ci. Kloster In W&Urods.
Unter dem Bilde ist eine Tafel mit einem Wappen und folgender
Lapidarinschrift angebracht:
Illustris princeps Walo de Ahnbolt,
Comes in Ascania ■ Dominus in Bemborg
fundator huius monastery
anno 986.
Ein kleines, aus einem Stück Holz geschnitztes, bemaltes und theilweise
vergoldetes Bildwerk auf dem Altar stellt das heilige Abendmahl dar.
-^ 176 8->-
Cracifixns. Ein an den Händen beschädigter, auf dem Boden des sogenannten
langen Ganges aufbewahrter, hölzerner Crucifixus von 1,80 m Höhe hängt an
einem Kreuze, welches die aufgemalte Jahreszahl 1693 trägt. Das ursprüngliche
natürliche Haar fehlt jetzt. Der höchst interessante Körper gehört in die zweite
Hälfte des XV. Jahrhunderts.
Gemälde. An der Südwand hängen neben mehreren neueren die Oelgemälde
folgender Aebtissinnen :
Dorothea Magdalena von Stoltzenberg, gestorben 1737.
Christiana Veronica von Pvfendorflf, gestorben 1765.
Dorothea Eleonora von Ompteda, gestorben 1775.
Sophie Anne Dorotee von Hinvber, gestorben 1803.
Auch hängt dort eine auf Holz gemalte, schlecht erhaltene Darstellung
von Christi Gebet am Oelberge, anscheinend dem XVIII. Jahrhundert angehörend.
Glasmalereien. Die Fenster der Ostwand enthalten beachtenswerthe, dem Ende des
XV. Jahrhunderts angehörende, zum Theil erneuerte Glasgemälde. Dieselben
bilden den Hauptschmuck des Chores. In dem mittleren grossen Fenster sehen
wir den Gekreuzigten zwischen Maria und Johannes, in dem kleineren zur Linken
Johannes den Täufer mit dem Lamm, in dem gleich grossen zur Rechten einen
Abt mit dem Krummstab unter einem reichbehandelten Baldachin mit der
Unterschrift :
«Santvs bendicktvs. Mcccclxxxni Jar.'
In die beiden Fenster der Südseite sind 16 Wappenscheiben von An-
gehörigen des Klosters, grössere Scheiben mit bildlichen Darstellungen, darunter
eine mit der Jahreszahl 1490 (Fig. 66) und ein kleines rundes Glasbild eingesetzt ;
letzteres zeigt einen Engel, wie er eine Jungfrau davon abhält, sich in das
unten fliessende Wasser hinabzustürzen. In den kreisförmigen Oeffnungen des
Masswerks sind ein Städtewappen (Thor mit drei Thürmen und schreitendem
Löwen), sowie Gott Vater in den Wolken zu sehen.
Glocken. Im Dachreiter über dem Klosterchor hängen zwei Glocken mit fein-
gearbeiteten Ornamenten. Die eine, 0,58 cm im Durchmesser grosse Glocke ist
1643 auf Kosten des Johann Friedrich Behr (siehe Geschichte) gemacht. Die
andere, 0,65 cm im Durchmesser grosse Glocke wurde 1743 von Christoph
Weidemann gegossen.
Grabsteine. E^lf stark verwitterte, dem XVII. und XVIII. Jahrhundert entstammende,
mit Wappen versehene Grabsteine werden auf dem Klosterkirchhof aufbewahrt.
Die Sandsteinpfosten am Eingang desselben tragen als Bekrönung grosse Kugeln
mit der Jahreszahl 1751.
Reliquien- Ein kleines, zweiflügeliges Reliquienschränkchen an der Nordwand ist
schrank, mit gothischen Verzierungen versehen und enthält zwei, der ersten Hälfte des
Xiy. Jahrhunderts angehörende Figuren, Christus mit geöffneten Malen und der
Siegesfahne dem ungläubigen Thomas erscheinend. Die Reliquien sind in
kleinen, viereckigen Kästchen untergebracht, welche die entsprechenden Namen
tragen und schachbrettförmig angeordnet sind.
-*4 177 g-t-
föl riafacber Sdirank zeigt in der Bekrönung ein geschnitztes Wappen Schrank,
mit der BexskimxiDg: .JnUaiie Wilhehnine fViderique von Bothmer zur Conven-
tnalin angenommen UichaeU 1772.'
Plg. «t. KloMer in WkliTode; GUimktsreL
Das Elostersieget toh spitzovaler Form zeigt den mit zottigem Felle
bekleideteD nnd mit einer MAtze bedeckten Johannes, wie er, in der eriiobenen
Rechten einen Krug in on^^estürzter Lage haltend, Christus tauft, welcher, die
Rechte zum Sefen eilioben, bis zur Hälfte des Leibes im Jordan steht.
I^ UmschrUt lautet: ,f S Honasterü • in • Walsrode f *.
-Ng 178 8^
Stickerei.
Uhr.
Wappen.
Eine durch Streifen von roihem Sammet unterbrochene Altardecke zeigt
in guter Stickerei und in den Formen des XVI. Jahrhunderts den Gekreuzigten
zwischen Maria und Johannes.
Das Uhrgehäuse an der Westwand zeigt auf den drei freien Seiten je
ein in Holz geschnitztes Wappen mit den Bezeichnungen:
«Anne Justine von Wersebe aufgenomen Michaeli 1780*,
„Eleonore Louise Friederique Leopoldine von Dreves angenommen
Michaelii 1790»
und in der Mitte der Vorderseite:
«Henriette Eleonora Friderica von Pufendorf zur Conventualin
angenommen Michaeli 1768 "•
Das letzte Wappen ist auch mit der gleichen Beseichnung auf eine
Füllung der Vorderseite gemalt.
Eine hölzerne, mit Weiss und Gold behandelte Tafel enthält 16 runde,
auf Blech gemalte Wappen von Aebtissinnen. Das Ganze wird durch das
geschnitzte Wappen der von Uslar bekrönt. Die unter letzterem befindlicfaey
aus Lapidaren bestehende Inschrift lautet:
Anne Sophie Dorothea von Uslar
in diesem adlichen Kloster zur
Conventualin angenomen Michaeli 1777.
Darunter steht auf der Tafel selbst:
Nach der Reformation Lutheri sindt
im Kloster
Walsrode nacheinander als Domina
oder Abbatissinnen
gefolget
Die Unterschriften der einzelnen Wappen lauten:
1-
Anna Behr.
7. Anna Magdalena .
Gestorben 1548.
von Jettebnwii.
2.
Anna von Weihe.
Erwählet 1631,
3.
nsabe Surborg.
Gestorben 1656.
4.
Giessel Klencke.
8. Magdalena Klencke
Erwählet 1574
Erwählet 1656.
Gestorben 1615.
Gestorben d. 20. Dec: 1671.
Alt 74 Jahr.
Alt 71 Jahr.
5.
Elisabeth von Ehlte.
9. Friderique von Fulda.
Erwählet 1615.
Erwählet 1672.
Gestorben 1620.
Gestorben d. 26 Oct: 1689.
6.
Solome von Daldorf.
10. Margaretha Elisabeth
Erwählet 1620.
von Estorf.
Gestorben d. U. Jun. 1631.
Erwählet d. H. Dec: 1689.
Alt 81 Jahr.
Gestorben 1692.
-n8 179 «H^-
11. Dorothea Magdalena
von Stoltzenberg.
Erwählet d. 21. Jun: 1692.
Confirmiret u. beeidiget
d. 5. Juli. 1692.
Gestorben d. 8. Nov: 1737
Alt 90 Jahr.
12. Christiana Veronica
von Pufendorf.
Erwählet d. 18. Jan: 1738.
Confirmiret u. beeidiget
d. 30 Jan: 1738.
Gestorben 1765. d. 21 Feb:
Alt 75 Jahr.
13. Dorothea Eleonora
von Ompteda.
Erwählet d. 21. Mart: 1765
Confirmiret u. beeidiget
d. 3. Apr: 1765.
Gestorben 1775. d. 8 Jan:
Alt 68 Jahr.
14. Sophie Anne
Dorothea von Hinüber
Erwählet d. 21. Febr: 1775.
Confirmiret u. beeidiget
d. 14 Mart: 1775.
Gestorben den2^ Julii. 1804
Alt 73 Jahr.
15. Henriette Christine
Eleonore Friderike
von Pufendorf.
Erwählet und beeidiget
den 28*?5 Februar 1806
Gestorben den 31 Oct:'1832.
Alt 82 Jahr.
16. Louise Caroline
Marschalck.
Erwählet u. beeidiget
den 12*?H Decemb: 1832.
Gestorben den 29 Sept: 1862
Alt 72 Jahr.
Auf einer anderen Holztafel sind die Wappen auf länglich runde
PorzeDanschilder gemalt und tragen die Bezeichnungen:
17. Caroline Louise 18. Therese von Plato
von Düring Erwählt Erwählt, d^ 23:: Mai, 1871.
d. 14« Novs 1862, bestätigt Bestätigt, und, beeidigt,
und, beeidigt, d:: 30= Dec« 1862. d= 27= JuU 1871.
Gestorben, d= 3= April 1871 Gestorben, d= 18= März 1899
Alt, 66, Jahr. Alt, 77, Jahr.
Ausserdem sind noch die aus Holz geschnitzten Einzelwappen der
.I&dewig Sophie Caroline von Gadenstedt, aufgenomm^i 1777", und der
Aebtissin Sophie Anne Dorothea von Hinüber mit der Jahreszahl 1776 vorhanden.
Den Mittelpunkt des Klosters bildet der sich an den Elosterchor Kloster.
anfugende, den Klosterkirchhof einschliessende sogenannte lange Gang, bestehend
aus einem einstöckigen Ost- und Südflügel (siehe Fig. 65). Das Dach ist mit
zahlreichen Gauben belebt. Das Gebäude enthält sechs Wohnungen und ein
Gastzimmer. Im Osten stehen die Aebtissinwohnung und drei Nebengebäude,
von denen das neben der ersteren belegene mit der 1390 genannten Kapelle
(siehe Geschichte) identisch sein dürfte. Es wird jetzt durch eine Fachwerkwand
in zwei Theile getrennt und zeigt innen eine grosse Anzahl zugemauerter Fenster,
welche im Flachbogen, einmal im Spitzbogen geschlossen sind. Auch sind
mehrere Spitzbogennischen an den Wänden angebracht. Der wahrscheinlich
als Grabgewölbe dienende Keller wurde durch flachbogige Oeffnungen erhellt.
23*
HHi 180 g^
Die Ostwand zeigt jetzt zwei neuere Durchfahrten. Dieses, sowie das daneben
stehende Gebäude sind nicht mehr im Besitz des Klosters.
Im Süden befinden sich
1. Der Remter, auch Speisehaus genannt, 1475 erwähnt. Das aus
Backsteinen errichtete Erdgeschoss ist älter als das aus FachweriL
bestehende und mit übergesetzten, verschalten Giebeln versehene
Obergeschoss. Es dient als Wohnung für eine Dame.
2. Das Brauhaus, 1730 gebaut, jetzt als Wohnung für den Wärter
dienend.
3. Ein Wohnhaus mit übergesetzten Giebeln. Den Raum unter den
Vorkragungen füllen abgerundete starke Bohlen.
Im Westen steht das von Bothmersche Wohnhaus mit übergesetzten
Giebeln. Es dient als Wohnung für zwei Damen und zeigt auf der Rückseite
das von Bothmersche Wappen.
Die Sandsteinpfosten des nordwestlichen Eingangsthores zum Kloster
werden von zwei Vasen bekrönt, an deren Fuss sich die Zahl 1780 befindet.
RAthhaus. Das einfach gehaltene, auf massivem Sockel in Fachwerk errichtete, an
den Schauseiten in Putz gequaderte Rathhaus hat hölzernes Hauptgesims und
ein abgewalmtes Dach. Der schlanke, zierlich geschwungene Helm des sechs-
eckigen, liurchbrochenen, mit Schindeln behängten Dachreiters ist mit Kupfer-
blech gedeckt. In der Wetterfahne stehen die Zahlen 1383 und 1897. Das
Ganze zeigt abgesehen von dem im XIX. Jahrhundert erfolgten Erweiterungsbau
im Norden (siehe Geschichte) die Formen der Mitte des XVIII. Jahrhunderts,
Siegel. Auf dem Rathhause wird eine Anzahl von Siegeln aufbewahrt, unter
denen wir das alte Stadtsiegel und folgende mit Jahreszahl versehenen auf!Qhren:
Siegel des Krameramtes zu Walsrode 1674,
, des Bäckeramtes zu Walsrode 1741,
, des Amtes Rethem und Walsrode 1744,
j, der Schloss-, Huf- und Nagelschmiede in Walsrode 1762,
9 des Glaseramtes zu Walsrode 1789,
• des Tischleramtes zu Walsrode 1794.
We n s e.
Kapelle.
Litteratur: Merian; von Hodenberg, Lünebnrger Urknndenbnch XV; derselbe,
LUncbnrger Lehnregister, Lenthe's Archiv IX; Manecke II; Holscher, BeBchreibnne^ des
Bisthums Minden; Freudenthal, Heidefahrten; Mithoff, Kunstdenkmale lY. Ueber die Familie
J
-Ng 181 1^
•iehe Medisg, Nachrichten yon adeliehen Wapen I; Havemann; Pfeffinger, Historie II;
Hodenberg, Hoyer ürknndenbnch; YogeU, Geschlechtsgeschichte der Herren Behr; Snden-
dorf ; Hefiter, Wappenbnch.
In dem innerhalb des Archidiakonats Ählden belegenen, nach Dorfmark Geschichte.
dngq>farrten Dorfe befindet sich auf dem adeligen Hofe eine im Jahre 1869
erneuerte Kapelle, in welcher der Pfarrer aus Dorfinark alle vier Wochen
Gottesdienst zu halten hat. Zwischen 1330 und 13^2 erhielt Johan van Wense
von den Herzögen Otto und Wilhelm .twene houe to Wense' zu Lehen. Hier
stand zuvor das Stammhaus der Familie von der Wense, von welchem Merian
dne Ansicht giebt und Folgendes bemerkt: ,Ist bey diesem Kriegswesen
angezuendet vnd das beste gebaeuwe davon eingeaeschert worden/ Es ging
also im dreissigjährigen Kriege in Feuer auf. Jetzt ist nur noch der Platz, wo
es ehedem stand, und der Graben, welcher es umgab, zu erkennen. 1673 wurde
der KapeDe die Kanzel verehrt und 1674 der Altar gefertigt, welcher 1869
erneuert wurde.
Die im Grundriss rechteckige, mit einer bemalten, bogenförmig gekrfimmten Kapelle.
Bretterdecke versehene Kapelle von 17,3 m äusserer Länge und 9,3 m Breite Beschreibung,
wurde nach einer Inschrift im Jahre 1869 erneuert. Die Ghorecken werden
durch zwei, die Nord-, Süd- und Ostseite durch je einen Strebepfeiler gestützt,
unter dem um vier Stufen eriiöhten, östlichen Theile liegt das Grabgewölbe der
Familie von der Wense. Emporen sind auf der Westseite und theilweise auf
der Süd- und Nordseite angebracht. Die Vorderseite des Ghorgestfihls zeigt
in den Füllungen die bildlichen Darstellungen der Propheten.
Der aus Holz geschnitzte, 1674 gefertigte und 1869 ausgebesserte Altar Altar,
wird von zwei glatten Säulen begleitet und ist farbig behandelt Auf der
Predella befindet sich eine Darstellung des Abendmahls, darüber der Gekreuzigte
zwischen Maria und Johannes und im oberen Theile die Auferstehung.
Das in die äussere Südwand eingelassene, aus Sandstein gearbeitete, Grabmale,
jedoch beschädigte Grabmal des 1572 gestorbenen Georg von der Wense zeigt
(len Verstorbenen in der Rüstung und betend in einer Bogennische. Ausserdem
sind noch acht Wappen sichtbar. ESne ähnliche Ausfilhrung hat das Grabmal
der Hadalena von der litt, der THttwe des Jürgen v, d. Wense.
Zwei einfache, rechteckige Sandsteinplatten in der äusseren Westseite
mit je acht Wappen sind der 1637 gestorbenen Dorotheen v. d. Wense, geborenen
V. Altmanshoven und dem 1641 gestorbenen Wilhelm v. d. Wense zum Andenken
gesetzt
Das schöne, aus Holz geschnitzte, bemalte Epitaphium des Friderich
Wilhelm v. d. Wense wurde im Jahre 1695 in Halberstadt angefertigt. Es
enthält in der Mitte den Gekreuzigten mit zwei männlichen und einer weiblichen
Figur in knieender SteDung. Der rechteckige Rahmen wird aus aneinander
gereihten Wappen gebildet, deren Hauptwappen die der Familien v. d. Wense
und V. Amelvnisen sind. Die äussere freie Endigung zeigt schweres und volles
Ornament, in welchem oben und unten eine Inschrifltafel angebracht ist.
-Hg 182 8^
Kftnsel. Die farbig behacfdelte, höherae Kanzel, deren Ecken mit S&ulen besetzt
sind, zeigt an der Vorderseite das v. d. Wensesche Wappen und darunter die
Jahreszahl M . D C . L XX m. Am oberen Rande steht:
»Fürchte Gott vnd halte seine 6el)ot*»
Der Schalldeckel gehört derselben Zeit an, die Umschrift lautet:
,Luc X . V XX Vni Seelig • sind • die • das • Wort • Gottes • hören • vnd bewaren*.
Das geschnitzte Eanzelgelftnder setzt sich auch als Brüstung zwischen Chor und
Schiflf fort
\
i
DIE
HANNOVER.^
HERAUSGEGEBEN
IM AUPTKAGE DER PROVINZIAL-KOMMISSION ZUR ERFORSCHUNG UND
ERHALTUNG DER DENKMÄLER IN DER PROVINZ HANNOVER
VOK
Dr. PHIL. CARL WOLFF,
8TADTBADRAT.
III. REGIERUNGSBEZIRK LÜNEBURG.
2. UND 3. STADT LÜNEBURG.
BEARBEITET VON
FRANZ KRCGRR, UND I)R. WII.HKLM RRI.MECKE,
ARCHITKKT BTADTAOCHIVAB.
MIT Xll TAFELN UND 190 TEXTABBILDÜNGEW.
HANNOVER.
SELBSTVERLAG DER PROVINZIALVERWALTUNG.
THEODOR SCHUI-ZES BUCHHANDLUNG.
1906.
HKXTT S UND 4S J>E» 0£:S.A.M.XlVE:RKiaS.
l^
yyo^,
HARVARD
UNIVERSITY
LIBRARY
Berichtignngen.
Seite 61 Zeile 5 von unten lies: Lüne mit Adendorf, Thomasburg, Reinstorf mit Wendhansen,
Neetze usw.
„ 71 „ 12 „ „ „ schon im 15. Jahrhundert (statt im 16. Jahrhundert).
„ 78 „ 19 lies: 1857 (statt 1865).
„ 137 gehören Zeile 3 und 4 vor Zeile 1 und 2.
n 174 Zeile 6 fiige hinzu: Das Konventssiegel fuhrt einen betenden Mönch in knieender
Haltung unter einer Verkündigung Maria ; Umschrift: „S. COVET'
1 HILGHEDALE PMüSTTES ORDIS'.''
„ 427 n 15 von unten lies: Salzwedel (statt Stendal).
Hofbnchdmckerei Gebrüder Jänecke, flannover.
Vor^wort.
|er Arbeitsplan für die Aufnahme der Kunstdenkmäler in der Provinz
--^> Hannover ist bereits im ersten Heft des Gesamtwerkes ausführlich mit-
geteilt worden. Nach demselben sollen vorchristliche Denkmäler nur Aufnahme
finden, wenn ihre Bedeutung eine solche ist, daß sie im Rahmen dieser Arbeit
nicht entbehrt werden können. Angaben über Lage, Größe, Natur, Bevölkerungs-
verhältnisse, über ethnographische und frühere poUtische und kirchliche Zustände,
über Handel und Verkehr, Straßen und Wege sowie über das Kunsthandwerk
sollen in der Einleitung möglichst beschränkt und stets nur soweit gegeben
werden, als sie zum Verständnis der Denkmäler unerläßlich sind. Es bleibt
vorbehalten, derartige zusammenhängende, die ganze Provinz betreffende An-
gaben im Schlußbande des Werkes zu machen. Alle Denkmäler werden auf-
genommen, welche dauernd in der Provinz vorhanden sind, gleichviel in welchem
Besitze sie sich befinden. Die Beschreibung erfolgt auf Grund der geschicht-
lichen Angaben imd der technischen und stilistischen Merkmale in mögUchst
knapper Form; Mitteilungen über diesen Rahmen hinaus sowie Eingehen auf
wissenschaftliche Streitfragen werden vermieden. Inschriften werden nicht
sämtlich, aber in möglichst großer Zahl gegeben. Das Bauernhaus ist von der
Bearbeitung ausgenommen. Unser Denkmälerverzeichnis soll umfassende
wissenschaftUche Untersuchungen vermeiden, nur dasjenige geben, was auf
Grund örtlicher Untersuchung und des Quellenstudiums als feststehend zu be-
trachten ist, es soll eine Sammelstelle der kunstgeschichtlichen QueUen und eine
Grundlage für weitere Arbeiten bilden und femer geeignet sein, Material zu
Uefem zu einer umfassenden, aUgemeinen deutschen Kunstgeschichte.
Nun beansprucht das alte Lüneburg mit seinen vielen Kunstdenkmälern
unter den Städten der Provinz Hannover eine besondere Beachtung. Bei der
Fülle und Bedeutimg des hier vorhandenen Stoffes war es geboten, die Denk-
mäler und ihre Geschichte so eingehend zu behandeln, wie es der Arbeitsplan
irgend zuließ, ähnlich wie dies bei der Aufnahme der Denkmäler in Goslar im
-o*8 IV 8^
zweiten und dritten Heft geschehen ist In dankenswerter Weise hat die Stadt
Lüneburg einen Zuschuß zu den Herstellungskosten gegeben, so daß es möglich
war, eine würdige und vornehme Veröffentlichung zustande zu bringen.
Wie seinerzeit in Goslar, so ist es auch hier gelungen, zwei mit der
Geschichte und den Denkmälern der Stadt vertraute Bearbeiter, die Herren
Stadtarchivar Dr. Wilhelm Reinecke und Architekt Franz Krüger, beide
in Lüneburg, zu gewinnen. Dr. Reinecke hat die Einleitimg, die Geschichte der
Denkmäler, das Ortsverzeichnis und das Künstlerverzeichnis, Krüger alle Be-
schreibungen, ferner den Abschnitt Wohnhäuser und Straßen und die übrigen
Verzeichnisse geliefert. Die Figuren 1—3 sind nach alten Stichen des
Lüneburger Museums, Figur 40 nach einer alten Zeichnung im Archiv,
Figur 139 nach einer Aufnahme des Architekten Wilhelm Matthies in
Bardowiek, die Figuren 62, 67, 69, 79, 81, 89—94 und 102 nach Aufnahmen
des verstorbenen Photographen Lühr in Lüneburg wiedergegeben. Die zeichne-
rischen Aufnahmen und die Aufnahme zu Figur i^5 hat Architekt Krüger, die
übrigen photographischen Aufnahmen Photograph Riege in Lüneburg geliefert.
Die Druckstöcke hat die Kunstanstalt L. Hemmer in Hannover, die Licht-
drucktafeln die Kunstanstalt G. Alpers jun. in Hannover, den Druck die Hof-
buchdruckerei von Gebrüder Jänecke in Hannover besorgt.
Da es mir bei meiner jetzigen Stellung in der Stadtverwaltung von
Hannover zu meinem großen Bedauern wegen umfangreicher Dienstgeschäfte
nicht möglich ist, mich den Kunstdenkmälem im einzelnen noch weiter zu
widmen, so trete ich mit dieser Lieferung von der Herausgabe und Bearbeitung
des Werkes zurück, an welchem ich mit besonderer Liebe und Hingabe seit
dem Jahre 1899 tätig gewesen bin. Allen, welche mit mir gemeinsam im
Interesse unserer Denkmäler, ihrer Auf Zeichnung und Pflege gearbeitet haben, sage
ich an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank mit dem Wunsche, daß das be-
gonnene Werk rüstig fortschreiten und glücklich zu Ende geführt werden möge.
Als Mitglied der Provinzialkommission zur Erforschung und Erhaltung der
Denkmäler in der Provinz Hannover sowie des für die Herausgabe des Buches
eingesetzten besonderen Ausschusses ist es mir zu meiner Freude noch vergönnt,
mit dem schönen Unternehmen auch femer in Verbindung zu bleiben.
Hannover, 20. Jimi 1906.
Carl Wolff.
Inhaltsverzeichni s.
Seite
Eiiileitang 1
I. Kirchen, Kapellen und Stiftmi^n.
Die Michaoliskirche 23
Die Cyriakakirche 58
Die Johanniskirche 61
Die Lambertikirche 124
Die Nikolaikirche 131
Die Marienkirche und das Barfüßer-
kloster 159
Das Kloster Heiligental 170
Die Gamisonkirche 174
Die Ratskapelle zum heiligen Geist 175
Fricdhofskapellen 176
Das Hospital zum heiligen Geist bei
der Sülze 182
Der Lange Hof 187
Der Gral und sonstige Stiftungen . 188
U- Weltliche Bauwerke.
Das herzogliche Schloß 195
Das Rathaus 197
Andere städtische Bauwerke. . . . 297
Kaufhaus und Kran ..... 298
Seite
Das Glockenhaus 303
Der ehemalige Schütting 306
Das Kalandshaus 307
Die Garlopenwohnungen 307
Das ehemalige Wandhaus und das
Stadtgefängnis 310
Die drei Mühlen 311
Der sogen. Abts Wasserturm . . . 316
Die Saline 317
lU. Wohnhftiiaer und Straften .... 320
Die Steinbauten 322
Giebelhäuser 327
Reihenhäuser 361
Backsteinbauten im 18. Jahrhundert 373
Fachwerkhäuser 379
Haustüren 418
Zimmertüren 420
Sonstige Denkmäler 420
Brunnen 426
Denkmäler in öffentlichen Samm-
lungen 427
IV. Die Befestigung 431
-.-i.
Ortsverzeichnis.
Seite
Adenbruch 69
Adendorf 61, 180
Altena 137, 310
Amsterdam 78
Anklam 17
Antwerpen 78
Arendsee in der Mark 179
Artlenbnrg 34
Avendorf 34
Ayignon 66
Bardengan 15, 61
Bardewik 2, 5, 24 f., 26, 59, 61, 64 f., 133 f.,
160, 179, 194, 198, 219, 275, 431, 434
Basel 14, 37
Beetzendorf 61
Bergen 27
Berlin 22, 256, 290, 427, 430
Bleckede 34, 61, 135
BOhmsholz 183
Boltersen 34
Braunschweig 3, 5, 12, 17, 26, 36, 41, 159,
199, 212 f.
Bredenwlsch 192
Bremen .... 12, 38, 159, 161, 164, 430
Bueckenberg, Bnkenborg (BUckeburg) 164, 343
Bütlingen 34
Bursfelde 37
Celle 4, 30, 38, 41, 161, 197, 428
Dänemark 11, 40, 65
Dahlenbnrg 27
Dandorf 212
Diepholz 128
Dierkshausen 162
Difltorf 178
Dithmarschen 125, 220
Dömitz 222
Drage 84
Dresden 219, 427
Bberhertz 104, 358, 429
Ebstorf 29, 178, 276
Elbe 34, 222
Heite
Elbmündung, Departement der .... 166
Embsen 61
England 40
Erfurt 164
Fallingbostel 34
Fliegenberg 34
Fosselde 212
Gerdau 27
Göttingen 206
Goslar 159
Gottorp 112
Halberstadt 162
Hamburg 12 f., 22, 29, 35, 41, 72 f., 74, 77 f.,
80, 83, 123, 135, 137, J42, 159 f., 161, 163,
165, 201, 210f., 212, 217, 219, 222, 255,
298 f., 306, 332, 369, 427, 429 f.
Hannover 12, 42, 60, 55 f., 80, 83, 129, 137 f.,
141, 196, 219, 298, 427.
Harburg 15, 164
Hasenburg 434
Havelberg 164
Haverbeck 162
Heiligental 171, 173
Helmstedt 299
Herzogenbusch 78
Hildesheim 37, 64, 159, 161
Hittbergen 27
Holland 137, 153
Holstein 164, 221
Hoopte 34
Hoya 128
Husum 164
Isenhagen 178
Island 210
Italien 26, 161
Kampen 42, 153
Kircbgellersen 162, 171
Kirchwerder 34
Köln a. Rh 24, 59
-^ vn 8^
Seite
Kopenhagen 219, 427
Kreitenkule 33
Leipiig. 209, 222
Lesekp 221
Levoste 9
Lindonberg 124
Lübeck 11 f., 17, 35, 38, 41, 59, 63, 72, 77 f.,
80 f., 103, 132 f., 161, 165, 199, 201 f., 206,
212, 221 f., 313
Lüne 10, 14, 26, 28 f., 61, 65, 136, 161, 171 f.,
178, 192, 198, 276, 311, 316, 327, 422
Luhe 221
Luthmenhof 32
Magdeburg 60, 69, 165
Mainz 37
Mecklenburg 3, 132, 184, 222
Medingen 29, 34 f., 172, 178, 275
Meißen 5
Melbeck 182
Modestorf 2, 61 f., 63 f., 160, 17 J, 202, 432
Mölln 222
Nahrendorf 27
Neetze 35, 61
Nicolaihof 134
N'iederdeutschland 159, 161, 182
Norwegen 24
Nürnberg 15
Oberdeutschland 182
Obermarschacht 34
Ochtmissen 32, 177, 434
Oedeme 180
Oldenbrügge, Goh 61
Oldenstadt 34 f., 178
Oldesloe 3
Osnabrück 35
Palästina 26
Paris (164), 166, 196
Passau . . . * 162
Philippsburg 104
Quedlinburg 24
Eatzeburg 27, 3;'), 63, 221
Reinfeld 63 f., 65, 178
Reinstorf 61
Reppenstedt 434
Ricklingen 30
Beite
Rom 59, 64, 179, 200
Rotenburg 179
Rote Schleuse 434
Sachsen 159, 161, 164
Salzwedel 219, 427
Sankt Dionys 137
Schaale 12, 221
Schamebeck .... 29, 132, 134 178 f., 388
Schnellenberg 42, 434
Schwerin 11, 63 427
Seeve 35
Siebelingsborstel 171
Siebeneichen 164
Sigmaringen 219, 427
Soest 218
Soltau 34, 434
Stade 159
Stadthagen 65
Stecknitzkanal 12
Stendal 44
Stockte 34
Stralsund 17
Tespe 34
Thomasburg 61
Tiergarten . 183
Tostedt 34
Uelzen 29, 35, 38, 68, 171, 429
Ungarn 25
Veerßen 27
Velpke 299
(Venedig) 209
Verden 23 f., 25, 28, 35 f., 37 f., 60 f., 62 f.,
64, 66, 68, 72, 126, 131, 160 f., 162, 171 f.,
179 f., 202, 818
Vögelsen 434
Wendhausen 61
Wichmannsburg 35
Wienbausen 178, 219
Winsen a. d. Aller 9
Winsen a. d. Luhe . . 34, 160 f., 171, 222
Wismar 12, 222
Wittenberg 4
Zeltberg 171
Zerbst 202
Zollenspieker 221 f
Verzeichnis der Abbildungen.
1 Lüneburg um 1580
2 — 3 Lüneburg nach Brnn-Hohenberg (1574) und Merian.
(Nach 1650)
4 Siegel der Stadt Lüneburg
5 Michaeliskirche; Grundriß
6 — 7 „ Südseite und Querschnitt
8 „ Backsteinglieder
9 „ Nordseite
10 „ Blick ins Mittelschiff
11 „ Kanzel
12 Johanniskirche; Grundriß
13 — 14 ^ Südseite und Querschnitt
15 „ Blick vom Sande auf den Turm
16 „ Turmgiebel
17—18 „ Friese am Chor
19 „ Fries im Chor
20 „ Blick ins Mittelschiff
21 „ Hauptaltar
22 ^ Altar im nördlichen Seitenschiff
23 „ Altar im südlichen Seitenschiff
24 „ Altarleuchter
25 „ Chorgestühl, Teil
26—27 „ Wange vom Chorgestühl
28 n Grabmal des Fabian Ludich
29 „ Grabmal Hartwig Stöterogges
30 ^ Grabmal Nikolaus Stöterogges
31 „ Grabmal Lüdolfs von Dassel
32 „ Kronleuchter im Chor
33—34 7) Marienleuchter, Ansicht und Grundriß . . .
35 r) Kronleuchter im südlichen Seitenschiff. . .
36—37 n Schränke in der Sakristei. Teile
38 n Taufkessel
39 „ Taufstein. . . ,
40 Lambertikirche; Grundriß
41 Nikolaikirche; Grundriß
42 ri Pfeilergrundriß
43 „ Querschnitt
44 r» Blick ins Mittelschiff
45 n Krypta
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04 IX «H-
Fignr
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101
102
Nikolaikirche; Eingang zur Krypta
„ TUrgitter
n Grabmal des Heinrich Yiskule
r, Gemälde im Chor
„ Stickereien
Giebel der Stadtbibliothek (ehemaliges Franziskaner-
Kloster)
Ehemaliges Franziskaner-Kloster; Grundriß, Schnitte und
Schlußsteine
Architektur im Hofe des ehemaligen Franziskaner-
Klosters
Stift St Benedikt
Dachreiter vom Heiligengeist-Hospital; Gesamtansicht
und Einzelheiten
Stift Boter Hahn; Rotehahnstraßc 14—19
Rathaus; Grundriß in Höhe der Laube
^ Blick in die Laube
j^ Querschnitt durch die Laube
n Querschnitt durch die Säle
y, Fenster und Kapitellornamente in der Laube ....
,, Wandmalerei in der Laube
y, TUr zum alten Archiv
n Wandschrank in der Laube
jy Fußboden in der Laube
J^ Teil vom Ratsstuhl in der Laube
y, Glasmalerei in der Laube
jy Grundriß. Ansichten und Decke der Körkammer
„ Altes Archiv
^ Ansicht vom Markte
r, Gitter in der Halle am Ochsenmarkte
,, Grundriß des Obergeschosses am Markte
^ Blick in den Fürstensaal
^ Kamine im FUrstensaal
r, Wandverkleidung im Fiirstensaal
,, Kronleuchter im FUrstensaal
n Wandverkleidung im Vorzimmer der Ilatsstubc . . .
r) Friese in der großen Batsstube
„ Bekrönnng der vorderen Bankwange in der großen
Ratsstube
7, Die Justitia an der Tür zur Laube in der großen
Ratsstube
„ TUr zum Vorzimmer in der großen Ratsstube. . . .
„ Stutze der Tür Figur 93
<n Tür zur Sülfmeister-Körkammer
7, Tür in der großen Kommissionsstube
^ Wandverkleidung im Standesamt
„ Kamin in der Sülfmeister-Körkammer
yy Decke in der Sülfmeister-Körkammer
„ Giebel des Kämmereigebäudes
f, Ansicht vom Marienplatz
yy Ratssilber
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154
:;l
Stuckdecke
Kran und Kaufhaus
Kaufhaus; Giebel an der LUnerstraße
„ Ostseite
Kran
Glockenhaus; Ansicht und Grundriß
„ Querschnitt
Reitende Dienerstraße 9—17; (Garlopenhäuser)
„ „9; Medaillon
Ratsmllhle; Ansicht und Grundriß
„ Querschnitt
Lüner Mühle; Ostseite
Wasserturm der Abtskunst
Saline; Querschnitt durch das Siedehaus Nr. 7 . .
Am Sande 49; Grundriß und Schnitte
Auf dem Kauf 9
r, V Ti 9; Portal
Am Berge 35; Hofgiebel
n r) 3o;
n D ob
An der Münze 8; Giebel
Am Berge 5; Giebel
Grapengießerstraße 45; Giebelprofil
^ 45; Kamin
An der Münze 7
Am Sande 53; Giebel
„ „ 49; Giebel
r, ri 8? Haustür
„ „ 46; Giebel
An der Münze 4
Große Bäckerstraße 9; Portal
„ „ 30; Portal
Grapengießerstraße 3; Treppe
15
Am Markte 5; Stuckdecke
Salzstraße 19; Giebel
Lünertorstraße 4
Am Sande 1
Am Ochsenmarkt 1; Giebel
„ „ 1; Portal
Untere Schrangenstraße 4
Am Sande 31; Haustür
r, ^ 31; Zimmerdecke
Bardowickerstraße 32
Am Berge 37; Portal
„ „ 37; Hofarchitektur
Grapengießerstraße 7; Hofarchitektnr
Am Berge 37; Fensterpfosten
Graalstraße 1; Wappen
Lünerstraße 21
An der Münze 8A und B; Ansicht und Teilzeiclmungen
Neue Sülze 8
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T
Tafel
XI
->« XI «•<-
Figur
155 Schröderstraße 16
156 Am Berge 27; Portal
1Ö7— 158 Pfarrhäuser der Johanniskirche; Ansicht und Grundriß .
159 Untere neue Torstraße 1
160 „„ „ 19; Portal
161 Salzstraße 28
162 Große Bäckerstraße 15; Flügelbau
163 ^ „ 15; Giebel
164 „ ri 15; Schrank in der Diele
165 Hinter der Bardowickcr Mauer 7
166 „ „ „ „8; TUrsturz
167 j) j) T» til2
168 Banmstraße 3
169 Am Berge 13; Fachwerk in der Durchfahrt
170 Grapengießerstraße 13
171 „ 45; FlUgelbau im Hofe
172 n 45; Fensterpfosten
173—174 Am Kreideberg 7; Ansicht, Grundriß, Schnitt. ,
175 Lünerstraße 5; Hintergebäude
176 Bei der Nikolaikirche 3
177 Untere Ohlingerstraße 8; Giebel
178 „ V 40
179 Papenstraße 1; TUrsturz
180 Salzbrückerstraße 53A— 63; Neuer Hof
181 Am Sande 31; Hintergebäude
182 Untere Schrangenstraße 9
183 Obere Schrangenstraße 5
184—185 Im Wendischen dorf 3; (Viskulenhof) Grundriß und Ansicht
186 Am Werder 6
187 Auf dem Meere 14; Schwelle
188 „„ „ 17; Schwelle
189—191 Am Sande 40, 41 und Am Berge 15; Dacherker
192 Am Berge 18; Dacherker
193 Große Bäckerstraße 2; Dacherker
194 Am Berge 15; Haustilr
195 Katzenstraße 2; Haustür
196 Auf dem Meere 14; Haustür
197 „ „ „ 17; Haustür
198 Schröderstraße 7; Haustor.
199 Im Wendischendorf 5; Haustür
200 „ „ 23; Haustür
201 Graalstraße lA; Zimmertür
202 Neue Sülze 27; Portal
203 „ n 27; Wandverkleidung
204 Brunnenbecken am Sande
205 Blick auf den Bardowicker Wall
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420
423
424
426
433
Tafel
XU
--^l^'
Sachverzeichnis.
(Die stärker gedruckten Seiten beziehen sich auf Abbildungen.)
Altäre 25, 27, 28, 40, 41, 44, 50, 55, 56, 57,
58, 60, 70, 71, 77, 93—99, 125, 132 f., 141,
148, 163, 175, 177, 191, 428 f.
Altarleuchter 51, 99, 277 f.
Aquamanile s. Gießgefäße.
Bauhof 305.
Befestigung 60, 318, 432 f
Beischläge 209, 216, 231, 340, 425, 428.
Bildwerke 52, 56f, 91, 123, 130f., 149f.,191,
218, 258, 286, 290 f, 318, 425.
Brunnen 426.
Burg 1, 2, 4, 5, 24, 26, 174, 195 f.
Bücher 56, 76, 123, 158.
Bürgereidkästen 277, 290 f.
Dacherker 279, 392, 413 f.
Dachreiter 182, 185, 258.
Denkmäler 8f., 42, 45, 47, 51f., 91, 103—113,
128, 150, 154, 170, 175, 313, 318.
Eisenarbeiten 42, 56, 147, 178, 246 f.
Emporen 146.
Friedhöfe 60.
Friedhofskap eilen; Gertrudenkapelle 176 f.,
Antoniikapelle 177 f., Kapelle auf dem
Neuen Friedhofe 178.
Friese 86, 87f., 91, 143f., 147, 228, 279, 287-,
305 f.
Fußböden 232, 235, 241, 260, 278.
Gemälde 42,51,77,95,99,130,148, 150f., 158,
217, 220 f., 252 f., 257 f., 259,262, 272 f., 429.
Gießgefäße 295.
Gilden 18, 19, 60, 76, 125, 132, 176.
Gitter s. Eisenarbeiten.
Glasgemälde 80, 81, 102,132,141,215, 232 f.,
238, 283, 287.
Glocken 27, 42, 51, 68 f, 103, 137, 153, 187,
201, 303.
Gotteskasten 154.
Grabsteine 45, 51, 52, 113f., 142, 155.
Gruft 24, 25, 27 f., 30, 44 f., 51, 133, 145.
Hanse 12, 13.
Hausmarken 114, 389, 394, 400.
Häuser; Glockenhaus 21, 303 f., Garlopen-
wohnungen 307 f., Kaufhaus 21, 298 f.,
Kaiandhaus 307, Münze 369, Prediger-
häuser 376, 400, Eatsapotheke 343, Scharf-
richterhaus 328, Schütting 306 f., Wand-
haus 310.
Altenbrückertorstraße (6) 414. — Auf
der Altstadt (5) 343, 409, (8) 380, (12) 421,
(16) 421, (32) 358, (35) 409, (40, 41, 42) 361,
(43) 331, 340, 380, (44) 343, (46) 421, (52)
380. — Apothekenstraße (5) 415, (10) 409.
- Große Bäckerstraße (2) 9, 416, (5) 332,
(6) 358, 409, (7) 374, 421, (9) 343, (10) 340,
(12) 340, (13) 340, 421, (14) 417, (15) 331,
380, (18) 358, 383, (19) 385, (20) 385, (24)
385, (26) 331, 361, (27, 28) 421, (30) 345.
— Kleine Bäckerstraße (4) 420, 421, (11)
421, (14) 421. — Hinter der Bardowicker
Mauer (7) 385, (8) 386, (9) 409, (12) 388. —
Bardowickerstraße (8) 347, (9) 347, (29),
421, (32) 362. — Baumstraße (1) 415,
(3) 388. — Am Berge (5) 332, (7) 347, (8)
421, (13) 389, (15) 414, 419, (18) 416 (25)
390, (27) 374, (33) 409, (35) 331, (36) 421,
(37) 179, 364, (40) 421, (44) 347, (46) 421,
(51) 421. — An den Brodbänken (6) 347,
(8) 340, (10) 421. — Burmesterstraße (10)
409. — Conventstraße (2) 421. — Glocken-
straße (1, 2) 366, (5, 6, 7) 409. — Graal-
straße (1) 366, 421, (1 A) 201. — Im
Grimm 32. — Grapengießerstraße (2) 361,
(3) 347, (4) 411, 421, (5) 340, 390, (7) 373,
422, (9) 422, (11) 422, (12) 392, (13) 392,
(14) 411, (15) 347, (17) 348, (27, 28) 348,
(30) 411, (38) 422, (45) 332, 392, (46) 422. —
-*^ xin 8^
HHuser; Auf dem Harz (4,5,6) 411.— Heiligen-
geiststraße (7)367, (8) 367, (10) 358, (12) 422,
(20) 367, (27) 358, (34) 348, (39) 348, (40)
348, (41)348, (40)411. — Bei der Johannis-
kirche (2, 3, 4) 376, (13) 358. — Katzen-
straße (2) 419. — Auf dem Kauf (1) 411,
(9) 327, (13) 349, (14) 422, (17) 342, (19)
422, (Eckhaus) 422. — Kaufhausstraße
(1) 349. - Koltmannstraße (9 A, 9B) 411. —
Am Kreideberge (7) 394. — LUnerstraße
(3) 352, 411, (5) 394, (7) 421, (8) 422, (9)
369, (13) 422. — LUnertorstraße (1) a52,
(4) 352, (21) 369. - Marienplatz (1) 422 -
Am Markte (2) 422, (5) 349. — Auf dem
Meere (12) 422, (13) 350, (14) 411, 419,
(17) 411, 419, (21) 369, (27) 422, (35) 422,
(36) 340. — Bei der Michaeliskirche (4)
350, (7) 350. — An der Münze (4) 342,
(7) 333, 342, (8) 331, (8A u. B) 369, (15)
354. — Neue Straße (7) 411, (11) 414,
(IIA) 414, (13—23) 422. — Neue SUlze
(6) 373, (11) 422, (22) 397, (26) 370, (27)
422, (30) 424, (31) 397, (32) 397, (33) 425,
(36) 425. - Obere Neuetorstraße (1) 377,
(19) 377. — Bei der Nikolaikirche (3) 397. -
Am Ochsenmarkte (1) 354. — Obere Oh-
lingerstraße (10) 399, (13) 399. — Untere
Ohlingerstraße (7) 399, (8) 399, (13) 425,
(28) 415, (40) 400. - Papenstraße (1) 400.
— Reitende Dienerstraße (5) 400, (7) 310,
(9—17) 307 f. — Ritterstraße (4) 411. —
Rosenstraße (5) 415, (10) 327. — Rote-
hahnstraße (6) 370, (7) 374, (14—19 Roter
Hahn) 192 f (20) 400. — Rotestraße (1)
4J5, (6) 371. — Salzbrückerstraßc (24)
400, (42) 412, (53A-63) 400, (65) 425. —
Salzstraße (an den Vierorten) (15) 412,
(17) 373, 400, (18) 401, (19) 350, (28) 371.
— Salzstraße (am Wasser) (2) 401, (3)
371. — Am Sande (1) 352, (2) 354, (4)414,
(6 u. 7) a50, 412, (8) 337, 342, (12) 358,
(13) 350, (15) 342, (16) 358, (20) 350, 401,
(27) 414, (30) 401, (31) 359, 401, (36) 340,
(40) 413, (41) 414, (46) 340, (48) 361, (49)
324, 335, (50) 329, 402, (53) 22, 333, 342. —
Schlägertwiete (5C)403, (6)403. — Obere
Schrangenatraße (2) 412, (5) 404, (12) 350. —
Untere Schrangenstraße (Ecke) 373, (4)
356, (7) 412, (9) 404, (13) 358, (15) 425,
(17) 425. — Schröderstraße (4) 404, (6)
425, (7) 420, (12) 404, (16) 373. - Schul-
straße (2) 425. — Am Stintmarkt (4) 425. —
In der Techt 403. — Im Timpen (1) 412. —
Viskulenhof 406. — Wandfärberstraße
(4) 425, (6) 406, (7) 406. — Im Wendischen-
dorfe (3) 406, (5) 420, (23) 406, 420, (27)
342. — Am Werder (6) 406, 426. — Am
Wüstenort (2) 408, (6) 426, (11 u. 12) 412.
Heizungen 199, 222, 235, 337.
Hospitäler; St. Benedikt 26, 180-182, zum
I gr. heiligen Geist 182—187, Gotteshäuser
' 192, Graal 188—191, der lange Hof 187 f.
Roter Hahn 192—194, Nikolaihof 194,
Lazarett in der breiten Wiese 191 f.
Hostiendosen 52, 114, 274, 276 f.
Kaland 19, 66, 307.
Kamine 235, 241, 247, 249 f, 256, 258, 278,
286, 332 f, 402, 425, 429.
Kannen 55, 123, 276.
Kanäle 12.
Kanzeln 41, 42, 52, 78, 130, 141.
Kapellen; Annenkapclle 67, 133, Antoni- oder
Krämerkapelle 70, Allerheiligenkapelle
66 f, 133, Barbarachor 67 f, Bartholomäus-
kapelle 67, Cecilienkapelle 70, Dreifaltig-
keitskapellc 67, 133, Dreikönigckapelle 67,
Elisabethkapelle 66 f., Erasmikapelle 68,
Fronleichnamkapelle (Laffertsche Ka-
pelle) 70, 90, (irablegungskapelle 68,
Jakobikapelle 26, Johanniskapelle (Dassel-
sche Kapelle) 67, 92, Kaldaunenkapelle 58,
Lange Kapelle 58, Leonhardikapelle 70,
Marienkapelle 67, 133, Nikolaikapelle (van
der Mölenkapelle) 66 f., 93, Ratskapelle
zum heiligen Geist 175 f., 198, St. Ursula-
kapelle (Kapelle der elftausend Jungfrauen)
9, 67, Witzendorf kapeile 70.
Kelche 40, 54, 74 f., 114 f., 155, 275 f.
Kirchen; Cyriakskirche 20, 28, 58-61, Gar-
nisonkirche 174 f., Johann iskirche 9, 15,
61-123, Lambertikirche 21i 124-131,147,
153, Marienkirche (BarfUßcrkirche) 154,
159—170, Michaeliskirche 28—58, Nikolai-
kirche 20, 21, 131—159.
Kirchengestuhl 72, 77, 81, 92, 100 f., 119,
150, 153.
Kirchturme 29, 31, 44, 49f., 59, 68f., 72f.,
86, 91 f., 127, 183, 136 f., 139, 148.
Klosterhöfc 178—180.
Klöster; BarfUßerkloster 20, 154, 159-170,
Benediktinerkloster 2, 4, 20 f., Franzis-
kanerkloster s. BarfUßerkloster, Kloster
Heiligental 20, 21, 170—174, Kloster LUne
26, Kloster Scharnebek 134.
Kran 301 f.
Kreuzgänge 30, 381.
Kronleuchter 54, 115 f., 130, 241, 255f., 278.
Kruzifixe 51. 55, 123, 150, 276.
-^ XIV 8^
Krypta 8. Graft.
Landwehr 434.
LichtpntzBchere 277.
Löffel 297.
Maßwerk 89, 91 f., 93, 143, 226, 241, 252.
Monstranz 275.
Museen; Lüneburg 9, 18, 42, 47, 50, 57, 158,
159, 187, 191, 427 f. — Hannover 42, 50,
55f ., 255. — Berlin 430. — Hamburg 430. —
Bremen 430.
Mühlen 88, 35. 89, 311 f.
Münzen 277.
Orgeln 42, 46, 54f., 78, 80, 119f., 130, 142.
Paramente 121, 155 f., 274.
Pokale 291f.
Rathaus 21, 175, 197—297.
Ratssilber 13, 17, 21, 223, 256, 290—297, 430.
Reliquienbehälter 27, 41, 55f., 121f., 274.
Rüstzeug 208.
Saline 2, 3, lOf., 13f., 16f., 32, 124, 317f.,
430.
Särge 42, 145.
Schloß 195—197.
Schalen 277, 291 f.; s. auch Waschbecken.
Schränke 119, 187, 215, 230f., 246f., 383,
425, 428 f.
Schulen 12, 31 f., 58, 63.
Schüsseln s. Schalen.
Siegel 16, 22, 39 f., 162, 174.
Silberschatz s. Ratssilber.
Stifte s. Hospitäler.
Stickereien 216 f., 241, 243, 273, 388 8. auch
Paramente.
Taufbecken 27,42,61, 77 f., 122f., 141, 158.
Tische 232, 241.
Treppen 145, 170, 197, 260, 327, 329, S47,
350, 356, 421, 422.
Türen 57, 170, 207, 228 f., 241, 247, 255, 262,
264 f., 279 f., 282, 284, 287, 290, 327, 331,
338, 342, 350, 352, 359 f., 366, 368, 374,
418 f., 421, 429.
Türklopfer 47, 338, 352.
Trinkhorn 291.
Uhren 73, 119, 187.
Valvationstabellen 277.
Waschbecken 236, 295 f.
Wälle s. Befestigungen.
Wandleuchter 119, 154 f., 252, 256, 262.
Wand- und Deckenmalereien 9, 81, 91,
216 f., 221, 228, 236 f., 247, 249, 255, 257,
262 f., 286, 350, 366, 421, 422.
Wappen 17, 41, 51 f., 54, 57, 81, 90, 92 f., iXi,
98, 102 f., 122, 151, 153 f, 157, 235, 238,
241, 262, 279, 290 f, 309, 330, 345, SfA,
362, 367, 370, 401, 403, 424.
Wasserleitungen 316.
Wasserturm 316.
Webereien s. Stickereien und Paramente.
Wein kann en s. Kannen.
Wendeltreppen 50, 91f., 144, 164, 235, 247,
260, 280, 331, 352, 358, 368, 388, 421, 429.
Ziegeleien 29, 30, 69, 164, 198, 209.
Künstlerverzeichnis.
A. C. B., GoldschmiedsBtempel 55.
Ambrosins, EiBBenmacher 217.
Amman, Jost, Maler 219.
Andreaszen, Joan, Baumeister 210.
Andresz (Andreas), Snitker 203, 215 f.
Anger, Organist 80.
Augnstin, Snitker 164 f.
Bach, Johann Sebastian 78.
Barchmann, Sivert, Grapengießer 122, 129.
Barchmann (Bargmann), Valentin, Glocken-
gießer 154, 310.
Benc (Benhe), Henning, Snitker 130, 212.
Benthem, Johan van, Steinhauer 164.
Berigel, Michael, Orgelbauer 80.
Betemann, Bertram, Glockengießer 69.
Blekesche, die, Malerin 215.
Böhm, Georg, Organist 78, 80.
Bonn, Otto Heinrich von, Oberlandbau-
me ister 49.
Borchmann, Oberbaumeister 196.
Borne, Lucas upm, Maler 209.
Borne, Peter up dem, Maler 209, 218, 263.
Brandt, J. H., Maler 300.
Bremer, Hinrik, Mauermeister 29.
Brillo, Bildhauer 142.
Broning, Johann, Mauermeister 29.
Brugenatz, Wamike, Snitker 77.
Brullo, M., Bildhauer 154.
Brnnswik, Konrad van, Zimmermeister 176.
Bubeling, Meister Kaspar, Orgelbauer 130.
Buckendal, Johann, Snitker 77.
Burmester, Maler 42, 223, 257 f.
Burmester, Evert, Sohn Warnekes, Snitker 77.
Burmester, Joachim, Maler 297 f.
Burmester (Buermester), Wameke, Snitker
77, 100, 164 f., 216, 223, 283.
Glasen, Mauermeister 376.
Clauws, Mester, Steinhauer 209, 222.
Clovestene, Maler 204.
C'oler, Märten, Steinhauer 77, 209, 210, 343.
Cord, Meister, Kissenmacher 217.
Crotogino, Joseph, Baumeister 31.
Grusen, Frau Olrik, Kissen Wirkerin 216.
Debo, Bauinspektör 138.
Dehnicke, Johann, Schwerdtfeger u. Kupfer-
stecher 300.
D. J. K., KUnstlermarke 54.
Dirick, Kupferdecker 73.
Ditmer, der braune. Malergesell 255.
Dorszen, Johan, Maler 216.
Dropa siehe Tropa.
Elers, Hans, Snitker, 164.
Ellenbarch, Jochim, Snitker 164.
Eptzenrad, Hans, Maler 204.
Fabel, Hans, Kistenmaker 77.
Fischbach, Maler 228.
Frese (Friesze), Daniel, Maler 21, 73, 81, 95,
130, 210 f., 212, 217 f., 220 ff., 282, 246,
255, 262 f., 272, 286.
Gar(ven), Albert, Snitker 77.
Gerd siehe Suttmeier.
G. F. K., Goldschmiedsstempel 115.
Gronouw, Glaser 205.
Gronouw, Hans, Glasmaler 141.
Gronouw, Hinrik, Glasmaler 203.
Häseler, Johann Philipp, Stadtbaumeister
100, 128, 130, 299.
Hagen, Hans van dem, Glaser 202.
Haue, Gerd, Maler 78, 81, 165, 216.
Hans,Meister,Malerod.Gold8chläger77,148,207
Hans, Meister, Steinhauer 73.
Harbord, Jürgen, Snitker 77.
Hartig, Gelbgießer 54.
Hartmann, Hugo Friedrich, Maler 224.
Hartwig, Caspar, Snitker 78.
Hase, C. W., Baurat 138 f., 142.
Heemskerk, Märten van, Maler 219.
Heineke(n), Andreas, Glockengießer 69,
103, 154.
Helfreich, Philipp, Kupferdecker 211.
Helfrich, Hans, Kupferdecker 221.
Hermen, Mester, Zinngießer 72.
11. G. K., Goldschmiedsstempel 114, 123.
H. H. S., Glockengießer 69.
Hinrick, Mester, Molemester 207, 302.
Hoen, Bartelt, Glasewerker 164.
Hoiers (Hoigers), Dirick, Orgelmacher 80,
163, 165.
Holste, Stadtbaumeister 74, 138, 235.
Hom, Plans, Maler 77.
H. P., Architekt 178.
H. P., Orgelbauer 120.
Jacob, Meister, Snitker 76, 78.
Jacop, Meister, Uhrmacher 73.
Jagouw, Gort, Maler 163, 207, 217.
Jagow, Jochim, Maler 81, 165.
-^ XVI 8-^
Johansen, Jasper, Orgelmacher 78, 80.
Kampen, Hinrick van, Glockengießer 69,
103, 137, 154, 166.
Kampf, Stadtbaiimeister 139.
Kiltenhof (Kyltenhoff), Hans, Maler 206, 216 f.
Kleimann, Arnold, Glockengießer 103.
Klinghe, Gerd, Glockengießer 69, 103, 129, 1 54.
Knöt, Jacob, Snitker 215.
Köler siehe Coler.
Krumradt, Liitke, Snitker 216.
Laflfert, Hans, Goldschmied 291.
Lange, Evert, Snitker 164.
Langelo, Liitke, Maler 255.
Levenstede, Hinrik, Maler 173.
Malz, Heinrich, Snitker 78.
Man, Matz, Orgelmacher 80.
Märten, Maler 216.
Märten, Meister, siehe Coler und Rose.
Martens, Peter, Baumeister 210.
Maske, Stadtbaumeister 138.
Meiger, Hans, Grapengießer 77, 154.
Merten, Zimmermann 206.
Meshusen, Hans, Maler 207.
Meyer, E., Hoforgelbauer 80.
Moller, Clawes, Ingenieur 316.
Molmester siehe Hinrick.
Münster, Dietrich von, Glockengießer 69.
Niegehoff, Clav es, Orgelbauer 78.
Niegehoff, Hinrik, Orgelbauer 78.
N. M., Goldschmiedsstempel 54.
Ohmes, Hermann, Maler 205.
Olrichs, Hans, Wappenstecher 73.
Olricus (Ulricus), Meister, Glockengießer
27, 42, 61, 141, 158.
Omes, Hinrik, Maler 217.
Paris (Paries), Hinrich von, Mauermeister
164, 210.
Penz, Maler 219.
Perinetti, Jacob, Stuckateur, 196.
Petersen, Andreves, Snitker 77.
Planerd, Johan, Baumeister 81.
Polman, Berendt, Snitker 208.
Rapup, Christoffer, Snitker 77.
Rechten, Nicolaus, Orgelbauer 80.
Reimers (Reymers), Hinrik, Maler 206 f., 215.
Reinstorf, Hans, Mauermeister 29.
Rembrandt 153.
Ripe, Lorenz, Mauermann 209.
Ripe, Paul, Ratsmauermann 208 f.
Roggenbuck, Christoph, Steinhauer 222.
Roese, Lutke, Zimmermann 164.
Rose (Roesze), Märten, Ratszimmermann
164, 208 f.
Roose, Dieric, Glockengießer 137.
RoBsi, Domeniko Antonio, Mauermeister 196.
Ruest, Frans van der, Deckenmacber 217.
Rüge, Hans, Schlosser 247, 261.
Sceidel, Hermen, Tischler 215.
Schaper, Hans, Snitker 215.
Schnaase, C, Baumeister 133.
Schröder, Eduard, Maler 223.
Schröder, F. N., Uhrmacher 187.
Schröder, Hans, Maler und Bildhauer 130,
210 f., 212.
Schultz, Georg, Stadtbaumeister 213, 243 f., 247.
Scoeuweshuesen, Hinrich, Bildhauer 164.
Servest, Peter van, Mauermann 202.
Smedeken, Andreas, Orgelbauer 142.
Smedt, Christoffer, Snitker 77.
Snitteker (Snytker), Cord, Snitker 72, 205.
Soest, Albert von, Bildensnider 21, 51 f.,
105, 110, 112, 164 f., 218 ff., 264 f., 266,
268, 270, 272, 427, 429.
Solls, Virgil, Maler 219.
Soltau, Maler 427.
Sonnin, E. G., Baumeister 74, 135, 142, 310,
317, 376.
Spetzler, Stadtbaumeister 74, 83, 137, 178.
Stapel, Glaser 206.
Steffens, Johannes, Organist 78.
Stehn, Georg, Lautenspieler 163.
Stein, Georg, Orgelbauer 142.
Stelwagen, Friedrich 80.
Stern, Buchdrucker 158.
Suttmeier, Gerd, Snitker (Gerd de Snitker)
21, 110, 163, 215 f., 218, 220, 264 f., 266.
Testorpe, Swibert, Maler 217.
Teygeler, Dytmar, Maurer 199.
THP., Goldschmiedsstempel 52.
Tonnies, Kupferdecker 164.
Tostede, Diderik, Schlosser 215.
Tropa (Dropa), Mathias, Orgelbauer 42, 54, 80.
Tyle, Maler 77.
Tyle, Meister, Kunstschlosser 203.
Ulricus siehe Olricus.
Voß, Johann, Glockengießer 69, 103.
Voß, Paul, Glockengießer 69, 103, 129, 137,
163 f., 177.
Vredis, Jodocus, Bildner 428.
Wille, Goldschmied 115.
Winter, Peter, Glasewerker 207, 209.
Wou, Gerhard von, Glockengießer 42, 51,
129, 153.
Wulbrandt, Ludewig, Kircbentiscbler 81.
Wulf, Albert, Steinhauer 209.
Wulf, Gerd, Glaser 204.
Ziegner, Johann Christian, Glockengießer
103, 129, 154, 178, 187, 191.
Einleitung.
Literatur: U. F. C. Manecke, y,Kurze Beschreibung und Geschichte der Stadt
Lüneburg^, 1816| mit guter Obersicht der älteren Literatur (Neudruck des Werkes in desselben
Verfassers ^Topographisch- historische Beschreibungen der Städte, Aemter und adelichen
Gerichte im FQrstenthum Lüneburg^, 1858, S. 1—114); Jürgens, „Geschichte der Stadt Lüneburg^
Hannover 1891, mit Literaturverzeichnis fQr die Zwischenzeit und Quellennachweis S. 116 ff. ;
Görges, „Geschichte der Stadt Lüneburg^ (Führer durch Lüneburg und Umgebung, neueste
Auflage 1905). Im übrigen wird für die Angabe der Quellen und Literatur auf die nach-
folgenden baugeschichtlichen Einführungen verwiesen.
Die Stadt Lüneburg (öS® 15' n. Br., 10 • 25' ösÜ. L. v. Gr.) liegt 17,25 m (Marktplatz)
aber dem Meeresspiegel an der schiffbaren Ilmenau, einem linken Nebenflusse der Elbe, der etwa
18 km oberhalb Hamburgs in den Strom einmündet Knotenpunkt der Bahnlinien Hamburg-Frank-
fiirt a. M. und Berlin-Bremerhafen, Ausgangsstation der Bahnen nach Lübeck und Bleckede.
Lüneburg ist Sitz einer Königlichen Regierung, deren Verwaltungsbezirk mit den Grenzen der
früheren Landdrostei bzw. des ehemaligen Fürstentums zusammenfällt, eines Landratsamts fUr
den Landkreis Lüneburg, eines Landgerichts, einer Eisenbahn -Betriebsinspektion und einer
Landesbauinspektion; Standort des 2. Hannoverschen Dragoner-Regiments Nr. 16; Provinzial-
Heil- und Pflege-Anstalt; Solbadeanstalt Kirchen: 3 evangelische, 1 katholische, 1 Synagoge.
Schulen: Johanneum (Gymnasium und Realgymnasium), Schullehrerseminar, Präparanden-
anstalt, Höhere Mädchenschule mit Lehrerinnenseminar, Mittelschule, Heiligengeistschule I,
n, m. Schule der römisch-katholischen Gemeinde, der israelitischen Gemeinde, Handelsschule,
Gewerbliche Fortbildungsschule, Landwirtschaftliche Kreiswinterschule, Provinzial-Hufbeschlag-
Lehrschmiede. Einwohnerzahl am 1. Dezember 1900: 24693, davon evangelisch 28603,
katholisch 873, Juden 130, nach dem vorläufigen Ergebnis der Volkszählung am 1. Dezember 1905:
26554 Einwohner
^er Name Lüneburg (älteste Schreibweise „Luniburc", „Lhiuniburg"), in Geschichte,
seiner Stammsilbe noch nicht hinreichend erklärt, sagt ims zuverlässig
das eine, daß die Stadt gleich vielen blühenden Gemeinwesen, deutschen
und außerdeutschen, einer Burg ihre Entstehung verdankt. Der „Kalkberg",
der diese Burg trug, ist noch in seiner jetzigen Trünunergestalt ein Natur-
denkmal vornehmster Axt. Aus den mächtigen Ablagerungen einer jüngeren
Gletscherwelt, aus denen die ganze norddeutsche Tiefebene sich aufgebaut hat,
ragt seine Zechsteinkuppe als Stück des Urgebirges der Landschaft, ein
gewachsenes Monimient, empor. Seit streitbare Männer ihn erschauten, muß
der Ealkberg mit seinen jähen Hängen einen Zufluchtsort für kriegerische Tage
1
geboten haben, und wenn die Sage seine Höhe mit der Verehrung eines Götzen-
bildes in Zusammenhang bringt, so hören wir daraus einen Nachklang alt-
germanischer Zeit, der uns verrät, daß der Berg auch als vorchristliche Kult-
stätte Bedeutung hatte.
Die Erbauung der Lüneburg, eines festen Schlosses auf dem Platze der
alten, bis dahin vermutlich nicht ständig bewohnten Volksburg, wird Hermann
Billung zugeschrieben, der als Markgraf und Herzog von Sachsen auf dem
Kalkberge seinen Herrensitz nahm und in unmittelbarer Nähe, noch innerhalb
der Burgmauern, ein Benediktinerkloster zu Ehren des Erzengels Michael
gründete. Die älteste Urkunde des Klosterarchivs, vom 13. August 956, nennt
zum ersten Male den Namen Lüneburg und ist für die Anfänge der Stadt auch
in anderer Hinsicht bemerkenswert. Auf Fürbitte des Markgrafen gibt König
Otto L dem jungen Kloster seine Huld zu erkennen, indem er ihm den Zoll bei
der Lüneburg, „der aus den Salinen gewonnen werde", zum Geschenk macht
Siedelung imd Sülze, in ihrer Geschichte kaum zu trennen, zeigen sich
schon bei ihrer ersten Begegnung miteinander vereint. Die Zechsteinbildung,
wie sie im Kalkberge zutage tritt, setzt sich in unterirdischen großen Stein-
salzlagem fort, und ihnen entspringt eine starke Solquelle, deren Ausbeute, mehr
oder weniger kundig, gewiß schon manches Jahrhundert im Schwange war,
bevor der Salzzoll vom Könige verschenkt wurde. Die Burg mit ihrem Schutze
und die Sülze mit ihrem Gewinn — zwei treffliche Lebensbedingungen für eine
aufstrebende Bevölkerung, deren Machtbereich freilich mit Naturnotwendigkeit
bis zu der wichtigen Wasserstraße, der nahen Ilmenau (Elmenouwe), nach Osten
vorgeschoben werden mußte. Eine alte Gohbrücke überspannte den Fluß, dort
lag auch eine größere Ansiedelung, der Ort Modestorpe, seit Errichtung des
Bistums Verden Stätte einer Taufkirche und eines Archidiakonates. Die Ver-
schmelzung Lüneburgs mit Modestorf vollzog sich, wie wir glauben dürfen,
alsbald nach der Zerstörung Bardewiks durch Heinrich den Löwen (1189), wie
denn der Untergang dieses älteren, angesehenen Handelsplatzes Lüneburg von
einer allzu nahe wohnenden, imbequemen Nebenbuhlerin befreite.
Die jenem Ereignisse voraufgehende Überlieferung ist für die Geschichte
der Stadt wenig ergiebig. Die Billunger Herzöge, vielfach als Herzöge von
Lüneburg bezeichnet, büeben ihrem Hochsitz auf dem Kalkberge bis über den
Tod hinaus getreu und ließen sich in der Klosterkirche von St Michael beisetzen;
während ihrer Lebenszeit hatten sie und ihre weifischen Nachfolger um das
angestammte Schloß manch heißen Strauß zu bestehen. Das Ilmenaugebiet
bildete die Grenze zwischen den Sachsen und Wenden und mußte* schon deshalb
beständig feindlichen Überfalls gewärtig sein, und nicht minder gefährlich als die
Bedrohungen von dieser Seite war ein Anschlag König Heinrich IV., dem es im
Juli 1071 gelang, die Lüneburg, obschon nur für wenige Wochen, mit einem
Aufgebote auserlesener schwäbischer Ritter zu besetzen. Aus den Jahren 1134
und 35 wird berichtet, daß Kaiser Lothar wiederholt in Lüneburg weilte; nicht
lange darauf eroberte Albrecht der Bär im Kampfe gegen die Weifen das
Sachsenland, indem er sich ebenfalls des Gastrums auf dem Kalkberge, von
dessen Besitz die Herrschaft Lüneburg abhing, vorübergehend bemächtigte (1139).
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Heinrich des Löwen lange Regiemngszeit hatte für die Entfaltung der
Stadt, wo der Herzog mit Vorliebe Hof hielt und die Großen des Landes um
sich versammelte, unschätzbare Bedeutimg, ging doch die Fürsorge des Fürsten
soweit, daß er die Schließung einer Saline in Oldesloe durchsetzte, weil die
Lüneburger sich über deren Konkurrenz bei ihm beklagt hatten. Jüngere Chronisten
sagen geradezu, daß Lüneburg erst durch den großen Weifenherzog aus einem
Dorfe zur Stadt erhoben worden sei, eine Behauptung, die zwar den Tatsachen
keineswegs entspricht, denn schon im Jahre 959 wird Lüneburg urkundlich eine
Stadt genannt, und in gleich zuverlässiger Weise erzählt Thietmar von Merseburg
zum Jahre 1013 von einem gewaltigen Erdrutsch, der „die Stadt" heimgesucht habe.
Es ist bekannt, daß Herzog Heinrich nach der Zertrümmerung seiner
Herrschaft durch Friedrich Barbarossa auf seine Eigengüter beschränkt wurde
und Kaiser Friedrich U. in einem Reichslehnsbriefe von 1235 eben diese Allode,
das Castrum Lüneburg und die Stadt Braunschweig, mit dem gesamten Zubehör
an Land und Leuten zu einem Herzogtum verschmolz. Eine Teilung des Territoriums
trat im Jahre 1267 ein, und Lüneburg war fortan die Hauptstadt eines besonderen,
gleichnamigen Fürstentums. Die Herzöge residierten im alten Billungerschlosse
auf dem Kalkberge, und die Stadt hatte nur Nutzen davon, denn wie Otto das Kind
war der ganze Alt-Lüneburgische Zweig des Weifenhauses städtefreundlich. Eine
lange Reihe herzoglicher Verf assungs- und Handelsprivilegien förderte die Selbst-
verwaltung der Gemeinde und ihren Wohlstand, und die Schrecknisse des Pestjahres
1350 wurden unter dem „gar gnädigen Regimente" Wilhelm des Edlen schnell
verwunden. Bezeichnend dafür ist es, daß die Zahl der Neubürger in den drei
nächstfolgenden Jahren eine in drei Jahrhunderten einzig dastehende Höhe erreicht
hat. Nur zu bald sollte die friedUche Entwicklung der Stadt ein Ende nehmen.
Herzog Wilhelm starb auf der Lüneburg im November 1369 ohne männUchen
Nachwuchs. Er hatte zu seinem Mitregenten und Nachfolger den Junker Magnus
aus der braunschweigischen Linie seines Geschlechts ernannt und durch diese
Anordnung die Ansprüche seines Tochtersohnes Albrecht von Sachsen- Wittenberg
mißachtet, obgleich dieser von seinen Oheimen, den Kurfürsten Rudolf und Wenzel,
vor allem aber von Karl IV. imterstützt wurde. Die Bürgerschaft Lüneburgs hatte
dem Braunschweiger gehuldigt, nicht aus Nachgiebigkeit, sondern im vollen
Bewußtsein ihrer für die Erbfolge ausschlaggebenden Haltung nur gegen schwer-
wiegende Zugeständnisse. Alle die teuer erkauften Privilegien, die die Grund-
lage bildeten für das Emporblühen der Stadt, mußte Magnus anerkennen imd
bestätigen. Aber schon in den ersten Monaten des neuen Regiments kam es
zwischen Magnus und dem Lüneburger Rat zum Konflikt. Der Herzog hatte in
einer Fehde mit Mecklenburg den kürzeren gezogen und wollte sich am Lüne-
burger Salinbesitz mecklenburgischer Prälaten schadlos halten. Dazu versagte
der Rat, der die Verantwortung für das Sülzwesen längst zu seinen wichtigsten
ObUegenheiten zählte, die Einwilligung, habe doch Magnus selber es verbrieft,
daß jedermanns Gut auf der Saline unangefochten bleiben solle. Der Herzog
dachte den Eigenwillen seiner Untertanen bald zu brechen imd war in seinen
Maßnahmen weder zaghaft noch wählerisch. Nach einem vergeblichen Versuche,
die Stadtgemeinde gegen ihre Obrigkeit aufzuhetzen, und einem mißlungenen
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Anschlage auf einige Mitglieder des Rates forderte er zur Beschwichtigung seines
Unmutes ein ungeheures Sühnegeld. Darauf zwang er den Rat, die Schlüssel zu den
Toren und Türmen der Stadt herauszugeben, imd besetzte diese Werke so lange, bis
im August 1370 Rat imd Bürgerschaft auf alle in den letzten Jahren von ihm
imd Herzog Wilhelm erwirkten Freiheiten und Gerechtigkeiten förmlich ver-
zichteten. Das schirmende Kalkbergschloß wandelte Magnus in eine Zwingveste
um. Er nahm eine starke Besatzung auf, beschaffte Wurfgeschütze und Kriegs-
maschinen, ließ das Burgtor schließen und nutzte sogar den Giebel der Kloster-
kirche zu einem Angriffswerk, indem er Erker für Geschosse imd Armbrüste
daran anbretchte.
Eins war nach solchen Vorgängen gewiß: gelang es Magnus, sich gegen
die Ansprüche der Sachsen -Wittenberger in seiner Herrschaft zu behaupten, so
war es lun die gesunde Fortentwicklung der Stadt Lüneburg vorerst geschehen.
Während nun der Rat darauf denken mußte, die Teilzahlungen des
Sühnegeldes beizubringen, kamen verschärfte Erlasse des Kaisers mit der
Mahnung, dem Braunschweiger Herzoge, der den sächsischen Fürsten wider-
rechtlich ihr Land vorenthalte, zu entsagen imd vielmehr Letzteren, als den
rechten und natürlichen Erbherren, zu huldigen. Die kaiserlichen Mandate
trafen den Rat in der empfänglichsten Stimmung. Herzog Magnus hatte seine
Gewalt mißbraucht; die Entwindung der städtischen Gerechtsame konnte leicht
als offener Treubruch aufgefaßt werden, der die Stadt ihrerseits aller Ver-
pflichtungen gegen den tyrannischen Herrn enthob. Um ganz sicher zu gehen,
hielten die Ratmannen eine Umfrage bei rechtsverständigen Herren und Marmen;
erst als die Antworten dahin lauteten, die Lüneburger möchten auf des Kaisers
Gebot mit Ehre imd mit Recht den Herzog Magnus verlassen, tat der Rat unter
kluger Benutzung von Zeit und Umständen den entscheidenden Schritt Er
sandte eine Botschaft an die Schützlinge des Kaisers und knüpfte Verhandlungen
darüber an, wie Jene sich zu den Privilegien der Stadt stellen würden, wenn
ihnen die Herrschaft Lüneburg zufalle. Das Entgegenkommen der sächsischen
Herzöge war außerordentlich groß und zeigt am deutlichsten, wie hoch sie die
Stellungnahme der Landeshauptstadt für die bevorstehenden Kämpfe um die
Erbfolge einschätzten. Unter den Zugeständnissen, die am 6. Januar 1371 in
Wittenberg urkundlich festgelegt wurden, und die eine neue Epoche in der
Geschichte der Stadt bezeichnen, befand sich die „besondere Gnade^', daß das
Haus und die Burg zu Lüneburg von Rat und Bürgerschaft gebrochen und auf
dem Kalkberge in ewigen Zeiten keinerlei Bau oder Wohnung wieder errichtet
werden dürfe.
Wie ernst es mit diesem Vorhaben gemeint war, erwies sich wenige
Wochen später. Am 31. Januar schickte der Lüneburger Rat an Magnus, der
sich in Celle aufhielt, einen Absagebrief. Am folgenden Abend, dem Abend
vor Lichtmeß, pflegte die Einwohnerschaft Lüneburgs die Vesperandacht in der
Michaeliskirche zu besuchen, weil dort zu Ehren des Reinigungsfestes Maria
reiche Ablaßverleihungen zu gewinnen waren. In diesem Jahre nun ordnete
der Rat an, daß in der Schar der Frauen und Jungfrauen, als Mägde ver-
kleidet, bewaffnete junge Burschen einhergehen, und daß sich gleichzeitig die
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Bürger unauffällig zu zweien oder dreien einfinden sollten, mit voller Rüstung
unter ihren weiten Mänteln. Eine kleine Gruppe erhielt den Auftrag, unter
irgend einem Vorwand an der oberen Schloßpforte Einlaß zu erbitten, den
Pförtner sogleich niederzumachen und, verstärkt durch die nachdrängende wehr-
hafte Menge, die Burg zu besetzen. Die List gelang. Das oberste Haus wurde
schnell besetzt, der Schloßhauptmann erschlagen und die Besatzung entwaffnet
Nach Erzählung des Chronisten kam in der Nacht darauf ein Bote des Herzogs
Magnus am f\iße des Kalkberges an. Er machte sich durch Zuruf bemerkbar,
um den Burghauptmann vor einem Überfall der Lüneburger zu warnen imd
ihm für den nächsten Tag Entsatz anzukündigen. Aber die höhnende Antwort
gab ein Bürgerposten mit Steinwurf und Büchsenschuß. Da schrie der Bote
klagend auf „o wehe, o wehe, vorlaren is de crone der herschop van Luneburch" !
Der Einnahme des Schlosses folgte unverzüglich die Zerstörung bis auf
den Grund, und für Herzog Magnus bedeutete der Verlust der Landeskrone in
der Tat den Verlust seiner Liineburger Herrschaft Aber langwierige Kämpfe
waren zu bestehen, ehe das Fürstentum ziun Frieden gelangte. Der Braunschweiger
gab keinen Augenblick die Hoffnung auf, die abtrünnige Hauptstadt wieder-
zugewinnen. Nach Verlust des KaJkberges zog er sich in sein Stammland
zurück, um hinreichende Streitkräfte zu sammeln, indes Herzog Albrecht seinen
dauernden Aufenthalt in Lüneburg nahm und dort seitens der Büi^erschaft
tatkräftige Hülfe fand. Die Geldmittel des jungen Fürsten waren nur gering,
und die ganze Last des Krieges fiel eigentlich der Stadt allein zu. Wenn es
galt, Bundesgenossen zu werben, Söldnertruppen zu mieten, Besatzungs-
mannschaften auszurüsten und zu verpflegen: immer mußte der Lüneburger
Rat aushelfen, und die städtischen Finanzen haben unter den Folgen dieser
übergroßen Inanspruchnahme lange Jahrzehnte schwer geütten.
Magnus sorgte dafür, daß er nicht vergessen wurde. Eine Abteilung
seines Heeres drang am 22. März bis in die nächste Nähe Lüneburgs vor und
brannte fast das ganze Bardewik nieder, und daß man sogar nach dem Abschlüsse
eines Waffenstillstandes, der bis ziun Martinsfeste dauern sollte, vor seinen
Anschlägen auf der Hut sein mußte, bewies die Gefangennahme einer Kriegs-
schar von 60 Mann, die im Dienste Lüneburgs gekämpft hatte und an
Braunschweig vorüber in ihre Heimat Meißen zurückkehren wollte.
Am 13. Oktober erheß Karl IV. gegen Herzog Magnus die Reichsacht,
und schon waren Truppen ausgerüstet, um unter kaiserlichem Banner gegen den
Geächteten vorzurücken. Schmerzhcher als je mußte der Herzog in dieser
Notlage den Verlust Lüneburgs empfinden. Wie, wenn es ihm glückte, die
wohl befestigte Stadt im Versehens wieder in seine Gewalt zu bringen! Der
Herzog von Sachsen hatte sich entfernt, vielleicht war die Stadt wegen der
Waffenruhe ohnehin weniger geschützt, ein kecker Gewaltstreich mochte, wenn
überhaupt, gerade jetzt gelingen. Es ist nicht überUefert, von wem der Flau,
Lüneburg nächtlicher Weile zu überrumpeln, ausgegangen ist Magnus nahm
persönlich an dem Abenteuer nicht teil. Daß aber die Vorbereitung und Durch-
führung des wohlbedachten Unternehmens nur mit seiner stillschweigenden oder
ausdrücklichen Billigung erfolgen konnte, unterliegt keinem Zweifel. Der Bruch
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des Waff enstiUstandes ist nicht eben hart zu beurteilen. Die Lüneburger Bürger-
schaft steckte wegen der Niederreißung des Michaelisklosters, das mit der
Herzogsburg ein gleiches Geschick hatte teilen müssen, im Kirchenbanne, und
diese Erwägung hätte auch ängstliche Gewissen beruhigt
Es war in der Nacht vom 20. auf den 21. Oktober, am Kalendertage
der Heüigen Ursula und der Elftausend Jungfrauen, als ein Korps von 6 bis 800
gewappneten Rittern und Knechten sich in der Niederung zwischen Kalkberg
und SiÜze, im Westen der Stadt, zusammenfand. Alle die Reisigen waren Anhänger
des Herzogs Magnus, viele aus den vornehmsten Adelsgeschlechtem des Landes.
Die Stadt war durch Wälle befestigt, aber gerade in der Mitte zwischen Kalk-
berg und Sülze, wo ein kleiner Bach, die Gumma genannt, in die Stadt ein-
mündet, scheint der Wallgürtel, auch in späterer Zeit noch, durch einen Ein-
schnitt unterbrochen gewesen zu sein. Am Festungsturm Fredeke gelang es dem
Feinde, Leitern an die Stadtmauer zu legen, und die ganze Schar kam über die
Befestigung hinweg glücklich in die Stadt hinein. Der Cbeifall war sehr behut-
sam ins Werk gesetzt, dennoch konnte er um so weniger ganz imbemerkt bleiben,
als die Lünebinrger vom Bischof von Minden gewarnt waren. Die ersten, die
sich dem Feinde entgegenstellten, waren Mitglieder des Rates; sie hatten ver-
mutlich selber auf der Wacht gestanden. An ihrer Seite kämpften die wenigen
Bürger, die schnell genug herbeieilen konnten, und unmittelbar da, wo die
„instiginge", das Einsteigen, geschehen war, fand das erste heftige Scharmützel
statt Es fielen auf städtischer Seite der Ratmann Clawes Garlop, ein Sülf-
meister und ein Bürger. Ihrer Übermacht vertrauend drangen die Ritter nun-
mehr in das Innere der Stadt vor, dem Rathause entgegen. Der Weg ging die
Salzbrückerstraße hinauf, durch die Techt, eine Strecke auf der Altstadt, dann
auf dem Meere hinab bis an den Marienplatz. Aber je lauter der Waffenlarm
erscholl, lun so schneller verbreitete sich die Schreckenskunde von der Über-
listung der Stadt, um so stärker wurde die eiligst zusammengeraffte kämpfende
Bürgerschar. Der Feind konnte nicht unaufhaltsam vorrücken, vielmehr kam
es an mehreren Stellen des bezeichneten Weges zu hitzigen Gefechten. An der
Kapelle des Benediktstiftes wurde der Ratmann Gheverd van der Molen getötet
beim St. Jürgensblock auf der Altstadt fielen ein SüUmeister und zwei Bürger,
und nun hatten auch die Herzoglichen ihre ersten schweren Verluste. Inzwischen
hatte sich ein Fähnlein rüstiger Bürger imter dem Stadthauptmann Ulrich von
Maltitz, gen. von Weißenburg, auf dem Neuenmarkte geordnet aufgestellt und
warf sich den Anstürmenden entgegen, beim Zusammenstoß nahe der Lieb-
frauenkirche wiurde Bürgermeister Hinrik van der Molen tötlich am Kopfe
verwundet
Nun begann der Morgen zu grauen — die Nacht war sehr düster gewesen —
und der Feind wurde auf dem Meere ein gut Stück zurückgedrängt. Doch die
Bürger hatten Unglück. Es galt, den Wachtposten auf der Stadtmauer eiligst
einen Befehl zu überbringen, und Bürgermeister Hinrik Viscule machte sich
persönlich auf, den gefährlichen Gang zu wagen. Vermutlich wollte er den
kürzesten Weg durch die Untere Ohlingerstraße nehmen, er geriet jedoch in die
Hände des Feindes, wurde erkannt und erbarmungslos niedergestochen. Einem
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erneuten Vorstoße des Gegners mußte die Bürgerschaft weichen, der Tod
80 vieler ihrer angesehensten Vertreter mochte eine Entmutigimg hervorrufen;
als es lichter Tag wurde, waren die Herzoglichen siegreich bis auf den Markt-
platz gelangt.
Der nächste Akt des blutigen Dramas ist in seinem Verlaufe nicht völlig
klar. Am meisten Wahrscheinlichkeit hat folgende Überlieferung für sich. Der
herzogliche Hauptmann, Siegfried von Saldem, springt auf eine der Fischbänke
und fordert die Bürger auf, die Schlüssel ziun Rathaus und zu den Toren abzu-
liefern, um weiteres unnützes Blutvergießen zu vermeiden. Der Befehlshaber
der bürgerlichen Streitkräfte stellt sich, als ob er bereitwillig auf diesen Vor-
schlag eingehe und die Mahnung zum Frieden bei den Seinen befürworte. Man
laßt die Waffen ruhen und Ulrich von Weißenbinrg reitet zwischen den Parteien
hin und her, anscheinend eifrig bemüht, die Ergebung der Stadt zu vermitteln,
in Wirklichkeit nur, um Zeit zu gewinnen. Denn während die Ritter die Türen
zum wohlgefüllten Weinkeller der Stadt aufbrechen und mancher seinen Durst
im Übermaße stillt, ordnen sich auf dem Sande die Bürger zu neuem Kampfe,
und es wird ein schlauer Plan eingefädelt, wie man mit Benutzung der Straßen-
züge die Eindringlinge am sichersten überwältigen kann. Als die Vorbereitungen
erledigt, die Bürger zur Fortsetzung des Waffenganges bereit sind, verkündet
Ulrich dem übertölpelten Feinde: von Ergebung könne nun nicht mehr die Rede
sein, erst wolle man sich ordentlich raufen — und schon rückt von den Brod-
bänken herauf die städtische Streitmacht an. So begann auf dem Marktplatze
ein neues Kampfgetümmel. Der wackere Weißenburg fiel nach verzweifelter
Gegenwehr als einer der Ersten, aber auch die Herzoglichen verloren mehrere
ihrer Führer. Ob ihre Widerstandskraft wirklich durch Trunkenheit geschwächt
war, genug, daß die Bürger die Oberhand bekamen und ihre Widersacher in die
Bäckerstraße hineindrängten. Hier sausten von allen Seiten Steine und sonstige
Wurfgeschosse aus den Fenstern hernieder, denn auch die Frauen wollten sich
in ihrer Weise an der Wahrung der städtischen Freiheit beteiligen.
Auf dem Sande blieben die Feinde eine Weile ungestört. Sie kühlten
ihr Mütchen, indem sie etliche Häuser aufbrachen und plünderten, andere in
Brand steckten. Da trat unversehens eine Verwirrung ein, vermutlich weil die
Bürger von verschiedenen Seiten her ihren Angriff wieder aufnahmen, und als
der Ruf erscholl, das Rote Tor sei offen, suchten die Herzoglichen schleunigst
jenen Ausweg zu erreichen. Die Streiter teilten sich, die einen entwichen durch
die Rote Straße, die anderen liefen die Hl. Geiststraße hinauf. Diese wurden am
Hl. Geistkirchhofe zum Stehen gebracht, und es bheben der Hauptmann
Siegfried von Saldem und sein Sohn Johann, viele wurden gefangen. Erstere
kamen nicht besser weg. Das vermeintlich offene Rote Tor war durch den Rat
wohl verwahrt, und die Geängstigten nahmen nun in wilder Flucht ihren Weg
an der Stadtmauer entlang in der Richtung auf das Sülztor und den Platz der
Instiginge. Während die verfolgenden Bürger den Fliehenden hart auf der
Ferse blieben, marschierte von St. Lamberti her eine bewaffnete Menge heran,
vom und im Rücken also drohte das Verderben. Zum Überfluß war die fortan
sogenannte Ritterstraße am oberen Ende auf Anordnung des Rates von dem
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Sülzvolke besetzt und mit Wagen fest verbarrikadiert Weitaus die meisten der
Herzoglichen fielen beim nunmehrigen Entscheidungskampfe, der Bannerherr
Heiniich von Homburg wurde gefangen genommen. Auch von der Bürgerschaft
mußte noch mancher den Tod für die Vaterstadt sterben, u. a. am Turme
„Van baven" der Ratmann Heinrich vom Sande.
Der Sieg gehörte den Lüneburgem, und nicht ein einziger von den Ein-
gestiegenen soll entschlüpft sein. Im ganzen wurden auf der feindlichen Seite
54 Tote, 522 Gefangene gezählt, Verluste, denen gegenüber die Zahl der gefallenen
Lüneburger nicht allzu erheblich war; immerhin werden fünf Angehörige adliger
Geschlechter genannt, die für die Dauer des Krieges in den Sold der Stadt
getreten waren, der Heldentod zweier Bürgermeister imd dreier Ratmannen wurde
bereits erwähnt, außerdem starben nach einer im Stadtarchiv erhaltenen gleich-
zeitigen Liste 22 „gute Bürger".
Die Leichen der Herzoglichen sollen drei Tage lang unbestattet geblieben
sein, dann wurden sie in zwei Massengräbern an der Südseite des Johannis-
kirchturms beigesetzt Von den Gefangenen wurden alle, die auf einer Liste
des Rates als Straßenräuber vermerkt waren, auf dem Marktplatze hingerichtet
Heinrich von Homburg erhielt im Februar 1372 seine Freiheit zurück, die große
Mehrzahl der Gefangenen erst beim Friedensschlüsse im Herbst des folgenden
Jahres.
Wir haben die beiden großen Ereignisse von 1371, den Fall des Weifen-
schlosses und die stürmischen Vorgänge der Ursulanacht, an dieser Stelle ein-
gehender behandelt, weniger deshalb, weil die doppelte Katastrophe für den
Verlauf des Erbfolgekrieges und die fernere Landesgeschichte von hoher Be-
deutung geworden ist, auch nicht, weil der Ruhm Lüneburgs und die Kunde
von dem mannhaften Verhalten der Bürgerschaft sich weit über die Grenzen
des Fürstentums hinaus verbreiten mußte, vielmehr in der Erwägung, daß die
Kenntnis der Waffentaten jener Zeit für das Verständnis einer ganzen Gruppe
von Kunstdenkmälem der Stadt unerläßlich ist.
Der Opfermut der in der Ursulanacht gefallenen Bürger verlangte, daß
man ihr Andenken späteren Geschlechtem in dankbarer Ehrung überlieferte.
Die vornehmsten Toten, die beiden Bürgermeister und die drei Ratmannen,
erhielten daher, jeder an dem Platze, wo er von Feindeshand bezwungen war,
einen würdigen Denkstein. Am Turme Fredeke wurde das Bildnis des Klaus
Garlop in Stein gehauen an der Stadtmauer angebracht Die Hand des
Dajgestellten trug eine zerbrochene Fahne; eine lateinische Inschrift bedeutete:
„Im Jahre des Herrn 1371 ist an dieser Stelle Herr Nicolaus Garlop getötet:
seine Seele ruhe in Frieden!" Das obere Eckhaus der Unteren Ohlingerstraße
am Meere wurde durch einen hohen Stein geschmückt, der z. Zt in der Nicolai-
kirche angebracht ist und das Bild eines in einer Nische knieenden Mannes
darstellt (Fig. 48) ; darunter standen die Worte, ebenfalls lateinisch: „Im Jahre 1371 in
der Nacht der elftausend Jungfrauen ist Heinrich Viscule hier von den Feinden
niedergestoßen. Jesu, Sohn Gottes, erbarme Dich meiner!" Ein entsprechendes
Denkmal zierte die Mauer des Langen Hofes und fraglos auch die übrigen im
Laufe der Darstellung bezeichneten Orte. Die Wappenschilder der gefallenen
j
Bürgermeister und Ratsherren wurden in der Hauptkirche der Stadt am nord-
östhchen Pfeiler des Chors angebracht, in ihrer Nähe die erbeuteten Fahnen
und andere Siegeszeichen. In der Verlängerung der nördlichen Seitenschiffe zu
St. Johannis wurde eine große Kapelle angebaut zu Ehren der Hl. Ursula imd
der elftausend Jungfrauen, deren hülfreicher Mitwirkung man den Sieg vom
21. Oktober wesentiich zuschrieb. Derselbe Tag wurde zu einem Gedenkfeste
der Stadt erhoben. In allen Gotteshäusern Lüneburgs sollte hinfort alljährlich
für die Gefallenen gebetet und von den Predigtstühlen herab auf die hohe
Bedeutung des Tages hingewiesen werden; reiche Spenden flössen aus den
Mitteln der Sülfmeister, der Kämmereikasse und privaten Stiftungen zusammen,
um am Ursulatage zur Erinnerung an die Rettung Lüneburgs unter die
Geistlichkeit, unter Arme und Kjanke verteilt zu werden. Hauptmomente der
stürmischen Zeit wurden im Bilde festgehalten. Das Lüneburger Museum besitzt
eine Bilderchronik des 16. Jahrhunderts, welche die Ereignisse von Herzog
Wilhelms Tod bis zur Instiginge auf sieben Folioblättem farbig darstellt. Das
Kostüm der handelnden Personen, der Maßstab, die ganze Auffassung des Künstlers
deutet auf ältere Vorlagen, und es ist eine plausible Vermutung des jüngst ver-
storbenen Dr. Graeven, daß diese Vorlagen in Wandgemälden zu suchen sind, die ehe-
mals einen Saal des Rathauses geschmückt haben. Von den Deckengemälden der
Rathauslaube aus dem 15. Jahrhundert zeigt das eine noch jetzt, wie Herzog Magnus
aus der Hand des Lüneburger Boten den Absagebrief entgegennimmt. Eine in Holz
geschnitzte Figur an einem Giebel der Großen Bäckerstraße dankt der Sage,
die den Kern der geschichÜichen Begebenheiten bald mit einem reizvollen
Phantasiegewande umspann, ihren Ursprung; sie verewigt das Bild des tapferen
Bäckers, der in der Ursulanacht 22 Feinde erschlug. Auf dem Johanniskirchhofe,
wo die beiden schon erwähnten Massengräber gegraben wurden, befand sich
bis ins 19. Jahrhundert hinein ein großer Leichenstein, auf dem nebeneinander
22 Striche eingemeißelt waren. Man hat die Zeichen vielfach mit der Zahl der
vom Bäcker Erschlagenen in Verbindung gebracht, wahrscheinlicher ist es, daß
sie ein Denkmal an die 22 „guten Bürger" bildeten.
Elindrucksvoller als die geschriebene Überlieferung geben alle diese Er-
innerungszeichen kimd, daß die Bürgerschaft die Abwehr der herzoglichen
Tyrannei als ihren Freiheitskrieg auffaßte — der Kampf um die Erbfolge des
Fürstentums Lüneburg bedeutet für die Stadtgeschichte ihre Heldenzeit.
Die Fehde zwischen Magnus und den sächsischen Herzogen setzte sich
nach dem mißlimgenen Überfall Lüneburgs fort, aber Magnus gewann Haupt-
stadt und Herrschaft nicht zurück. Er fiel im Treffen bei Leveste von
der Hand eines Grafen von Schauenburg, der mit Lüneburger Gelde zu Albrechts
Bundesgenossen gewonnen war. Darauf kam ein Ausgleich zustande, wonach
das Land abwechselnd von den sachsen-wittenbergischen und den braunschwei-
gischen Fürsten regiert werden sollte. Albrecht heiratete die Witwe des Herzogs
Magnus. Später begann die Fehde von neuem und wurde nimmehr zugunsten
der Weifen entschieden; Lüneburg jedoch verstand es trotz seiner Niederlage
in der Schlacht bei Winsen a. d. Aller (1388), die mit Blut und Gut erstrittene
Selbständigkeit zu behaupten und zu festigen.
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Die Tage der friedlichen Entwicklung kamen freilich nicht wieder.
„Wie das Rebhuhn unter dem Habicht", um den Vergleich eines Chronisten zu
gebrauchen, so mußte die edle Stadt Lüneburg vor Herzog Magnus, seinen
Kindern und Kindeskindem auf der Hut sein, und der große Streit, den die
Stadt im fünfzehnten Jahrhimdert durchzukämpfen hatte, der sogenannte
Pralatenkrieg, ging in seinen Ursachen bis auf die Anfänge des Erbfolge-
krieges zurück.
Wir erinnern uns, daß der Rat die Einziehung von Sülzgut mecklen-
burgischer Prälaten verhindert und dadurch den Zomesausbruch des Herzogs
Magnus heraufbeschworen hatte. So war der nachfolgende Freiheitskampf ge-
wissermaßen eine Verteidigimg der Saline gewesen, und alle Geldopfer, die
fernerhin für die Erweiterung der städtischen Gerechtsame, zumal den Ausbau
der Handelsprivilegien, für den Schutz des Gemeinwesens durch verstärkte Be-
festigungsanlagen, für Geschütze und Söldner, für Pfandschaften und Darlehen
an die Herzöge, für die kostspielige Teilnahme an einem Hansekriege und für
andere kriegerische Verwicklungen gebracht werden mußten, kamen mittelbar
oder unmittelbar dem heimischen Salzverkehr zugute. In gerechter Würdigung
solcher Sachlage steuerten die Sülzprälaten — unter diesem Titel wurden die
zahlreichen geistlichen Salinbegüterten zusammengefaßt — wiederholt erhebliche
Teilsummen ihres Reingewinnes zu den Ausgaben der Stadt bei; das hinderte
jedoch nicht, daß Lünebinrgs Schuldenlast um 1450 auf rund 600000 lüb. Mark, mehr
als 2 V2 Millionen Mark heutigen Geldes, anwuchs. Der Rat sah aus diesem auf
die Dauer unhaltbaren Zustande keinen anderen Ausweg als die erhöhte Be-
steuerung der Sülzbegüterten, die sich im Jahre 1445 verpflichten sollten, die
volle Hälfte ihrer Einkünfte, zunächst auf vier Jahre, zur Deckung der Stadt-
schulden abzuführen. Vielleicht wäre auch diesem Begehren willfahrt, wenn
nicht der Propst von Lüne, Dietrich Schaper, der als vormaliger Ratssekretar
von Lüneburg in dem Rufe stand, mit den Angelegenheiten der Stadt wohl
vertraut zu sein, gegen die Forderungen des Rates Stellung genommen und.
durch ungerechte Anschuldigungen die Mehrzahl der Sülzprälaten auf seine Seite
gebracht hätte. Als der Rat nicht säumte, gegen Schaper und seine Anhänger
vorzugehen, wurde der Propst nur um so feindseliger, und er verstand es, sich am
römischen Hofe Bundesgenossen zu erwerben. Ein Prozeßverfahren, das von
dort aus gegen den Rat eingeleitet wurde, führte im Jahre 1452 zur Verhängimg
des Kirchenbanns, und die Gesandtschaften, welche die betroffene Stadtobrigkeit
zu ihrer Rechtfertigung und zur Berufung an den päpstlichen Stuhl ausschickte,
erfuhren dort die schnödeste Abweisung. Nun griff auch der Rat zu einem Zwangs-
mittel, indem er die Salingüter der unfügsamen Prälaten bis auf weiteres einzog und
im übrigen gegen die Entscheidung des Papstes an ein künftiges allgemeines
Konzil appellierte. Da wurde im Herbst 1454 an vielen Orten des Herzogtums
und in den benachbarten Hansestädten eine Bulle Papst Nicolaus V. ange-
schlagen, die das Verhalten des Rates bedingungslos verurteilte, den Bann
erneuerte und der Lüneburger Bürgerschaft aufgab, innerhalb 30 Tagen die
bisherigen Ratmannen ihres Amtes zu entsetzen. Es fehlte in Lüneburg jener
Zeit nicht an unzufriedenen Elementen. Ein Teil der Ratsmitglieder war
-<^ 11 8^
unbeliebt, die erwähnte Kassation des Sülzgutes wurde vielfach mißbilligt, die
Einstellung alles kirchlichen Lebens schreckte die Gläubigen, auch gab es Ehr-
geizige, die einen Sitz im Ratsstuhle oder gar eine Umgestaltung des Stadt-
regiments im demokratischen Sinne erstrebten. So kam es nach dem Beispiel,
das Lübeck einige Jahrzehnte zuvor gegeben hatte, zunächst zur Bildung eines
aus 60 Mitgliedern bestehenden Bürgerausschusses, einige Wochen darauf, am
23. November 1454, zur Abdankung des alten und Einsetzung eines neuen Rates.
Die persönUche Freiheit der bisherigen Ratmannen und die Unantastbarkeit
ihres Vermögens wurde trotz eidlicher Versprechungen nicht respektiert, alle
Abgedankten mußten Einlager halten und die vier Bürgermeister in das Ge-
fängnis w^andem; einer von ihnen, Johannes Springintgud, erfuhr eine so schlechte
Behandlung, daß er nach vierteljährlicher Haft in dem nach ihm benannten
Turme verschied.
Die Amtszeit des neuen Rates, der sich in keiner Hinsicht vor dem alten
hervortat, vielmehr die Position der Stadt durch finanzielle Zugeständnisse an
den Herzog und beständige Rücksicht auf die Prälaten noch mehr schwächte,
dauerte nur zwei Jahre. Dann war das Vertrauen der Bürgerschaft erschöpft.
Auf ein kaiserhches Mandat gestützt, zwang die Gemeinde unter Mitwirkung
der zmneist interessierten Hansestädte den neuen Rat, die Privilegien der Stadt
und die Torschlüssel herauszugeben, und der alte Rat wurde feierlich in sein
Amt wieder eingeführt Der Prälatenkrieg war damit noch nicht erloschen.
Zv^ar gelang es dem Bischof von Verden am 1. August 1457, eine sog. Sülz-
konkordie aufzustellen, nach welcher die Salingüter entweder durch eine einmalige
namhafte Zahlung für alle Zeiten von der Inanspruchnahme durch den Rat
befreit oder bis zur etwaigen Ablösung mit einer entsprechenden jährlichen
Abgabe belastet wurden, aber es dauerte lange Jahre, bis alle Sülzprälaten sich
dieser Vereinbarung unterwarfen. Die Sache des alten Rates konnte erst als
gewonnen gelten, als im Dezember 1462 durch König Christian I. von Dänemark
sowie die Bischöfe von Lübeck und Schwerin ein Schiedsspruch verkündet wurde,
der den zähe verfochtenen Standpunkt der Stadtobrigkeit billigte. Nun erst
wurden die Ratmannen auch aus dem Kirchenbanne, der inzwischen so oft
erneuert und widerrufen war, daß er seine Wirkung gänzlich eingebüßt hatte,
förmhch gelöst.
Lünebiurg war auf der Höhe seiner Entwicklung angelangt Unter dem
bewährten Regiment des alten patrizischen Rates gewann die Stadt, zumal in
den letzten Regierungsjahren des greisen Herzogs Friedrich (f 1478) und in den
nächstfolgenden Jahrzehnten, als Heinrich der Mittlere noch nicht zum Manne
herangereift war, eine solche Unabhängigkeit, daß die nominell fortbestehende
herzogliche Hoheit kaum mehr in Betracht kam.
Rat und Bürgerschaft leisteten ihren fürstlichen Herrn erst dann die
Huldigung, wenn die Privilegien der Stadt von neuem anerkannt waren. Dank
diesen Privilegien besaß Lüneburg gegen eine jährliche Abschlagszahlung Exemtion
von den Landessteuern, eine ausgedehnte Zollfreiheit im ganzen Fürstentum,
wichtige Vorrechte für den Salzvertrieb und das einkömmliche Stapelrecht; der
Rat versah die hohe und niedere Gerichtsbarkeit, sorgte für den Ausbau des
2*
-^ 12 8^
bedeutsamen Lüneburger Stadtrechts, übte die Münzhoheit, schloß Bündnisse
und Vertrage mit auswärtigen Mächten und sicherte sich den Rückhalt einer
achtbaren miUtärischen Macht, die zum Teil aus der wehrfähigen Bürgerschaft
bestand, ziun Teil aus Söldnern imter berufsmäßigen EaupÜeuten. Im Bunde
der Hansestädte nahm Lüneburg den Platz ein, den es durch seine Geschichte,
seine Lage, seine weit reichenden Handelsbeziehimgen und seinen Wohlstand
verdiente. Vom Kalkberge aus wai* die erste Eroberung der slawischen Lande
durch Hermann Billung ausgegangen; ebendort hatte Heinrich der Löwe einen
Mittelpunkt seiner Macht, als er jene Gebiete für alle Zeiten dem Deutschtum
einfügte und damit die Vorbedingung schuf für die Existenz und das Gedeihen
der Ostseestädte. Lüneburg, mit der Elbe und Nordsee durch eine schiffbare
Wasserstraße von jeher unmittelbar verbunden, stand seit Eröffnung des Steknitz-
kanals (1395) in direkter Wasserverbindung auch mit Lübeck imd der Ostsee;
und als die Benutzung dieser Straße allerlei Unzuträglichkeiten zeitigte, waren
die Lüneburger kühn und hartnäckig genug zur Anlange \md Unterhaltung der
Schaalf ahrt, eines für die Holzzufuhr der Saline unentbehrlichen Kanals von der
Elbe bis in den mecklenburgischen Schaalsee, imd an Lüneburg lag es nicht,
daß dieser Kanal sein Endziel Wismar niemals erreichte. Die unmittelbaren
Handelsbeziehungen zu dem Vorort der Hanse, zu den anderen wendischen
Städten imd zu Hamburg ergaben als natürliche Folge, daß Lüneburg mit dieser
Städtegruppe beständige und nahe Fühlung hielt, die zumal in den Münzvertragen
von großem praktischen Wert war; andrerseits sah sich die Stadt territorial
mehr auf Braunschweig und Hannover angewiesen, und auch dieses Verhältnis
wurde wiederholt durch Sonderbündnisse, unter Zuziehung der anderen sog.
„overheideschen'' Städte, bekräftigt So wurde Lüneburg das berufene Bindeglied
zwischen den wendischen Seestädten und den sächsischen Binnenstädten des
Hansebundes, ein Moment, das in der Geschichte der Hanse oft und deutlich
hervortritt. Der Salzhandel Lüneburgs ist für die Betätigung des Hansebundes
von erheblicher Bedeutung gewesen. Die Wohlhabenheit der Stadt zeigte sich
darin, daß Lüneburg in gleicher Höhe wie Bremen und Braunschweig zu den
Auflagen des Bundes beizusteuern hatte.
Der politischen und wirtschaftlichen Stellung der Stadt nach Beendigung
des Prälatenkrieges entsprach die Regsamkeit ihres geistigen Lebens. War das
Gymnasium Johanneum schon 1406 gegründet, so plante man zwei Menschen-
alter später die Errichtung einer Universität in Lüneburg, und am 8. August
1471 verlieh der Kaiser Rat und Bürgern in Anerkennung ihres wissenschaft-
lichen Strebens die Gnade, eine juristische Fakultät zu begründen mit dem Rechte,
Promotionen vorzunehmen. Leider schweigen sich die Quellen darüber aus, an
welcher K3ippe das Unternehmen in letzter Stunde noch scheiterte. Lüneburg
ist die einzige Stadt der Braunschweig-Lüneburgischen Lande, die schon im
fünfzehnten Jahrhundert eine Druckerei in ihren Mauern hatte.
Im sechzehnten Jahrhundert, als die Machtfülle der weltlichen Fürsten
auch im Lande Lüneburg erstarkte, bUeben schwere Konflikte zwischen den
Herzögen imd ihrer übermächtigen Hauptstadt nicht aus. Dank der treuen
Stütze, die der Rat wie von alters an der Bürgerschaft besaß, gelang es jedoch,
H>nJ 13 8^
wenn auch nur unter großen Geldopfem, die Privilegien der Stadt nicht nur
aufrecht zu erhalten, sondern durch die käufliche Erwerbung der heizoglichen
Vogtei (1576) noch zu erweitem. Eine vorübergehende Trübung des guten
Einvernehmens zwischen Rat und Bürgerschaft hatte die Reformationsbewegung
im Gefolge, die sich im ganzen doch ohne nachhaltige Störungen, insbesondere
ohne Schwächung der eigenartigen kirchlichen Selbständigkeit der Stadt, vollzog. *
Die evangelische Lehre gelangte zum Siege im Jahre 1530; an der maßvollen
Überleitung der alten in die neuen Verhältnisse gebührt ein großes Verdienst
Urbanus Rhegius, dem Verfasser der Lünebiu:gischen Kirchenordnung.
Zweifellos ist „das glänzendste Jahrhundert der Welt" die glänzendste
Periode auch in der Vergangenheit Lüneburgs gewesen. Aber der Boden, der
auf allen Gebieten wirtschaftlichen Lebens das üppigste Wachstum erzeugte,
ließ an Fruchtbarkeit doch schon bedenklich nach, lange bevor der dreißigjährige
ICrieg seinen verheerenden Gang antrat. Während die heimische Fürstengewalt
inuner kräftiger emporstieg, ging es mit dem hansischen Städtebunde allmählich
aber unaufhaltsam abwärts, und schlimmer als die Verschiebung des Welthandels
niachte sich der Umstand fühlbar, daß die Sülze, die Hauptquelle des Wohl-
standes der Stadt, infolge verschärfter Konkurrenz, nicht minder der Teuerung
des Brennmaterials und mancher anderen Umstände nicht imstande war, ihre
Leistungen auf der alten Höhe zu behaupten. Wieder geriet die Stadt in
Schulden, die aus den laufenden Mitteln nicht zu bestreiten waren, die Bürger-
schaft mußte mehrfach mit außerordentlicher Beihülfe einspringen, und wieder
erwachte eine Afißstimmung gegen das Ratsregiment, gegen dessen aristokratische
Zusammensetzung eben vor Ausbruch des großen Krieges eine lebhafte Agitation
anhub. Die nächste Folge war eine Ei^änzung des Rates durch fünf bürgerliche
Mitglieder im Jahre 1619, und der regierende Herzog war bei der Neugestaltung
der Dinge mit seiner Vermittlung, die seinen Einfluß nur stärken konnte, gern
und gleich zur Hand gewesen.
Von den Schrecknissen des dreißigjährigen Krieges ist Lüneburg nicht
verschont geblieben. Die Stadt galt als wohl befestigt, der Zufluß einer zahl-
reichen schutzsuchenden Landbevölkerung hatte jedoch den Ausbruch der Pest
zur Folge, die in kaum drei Jahren, von 1625 — 27, sechs- bis achttausend
Menschen dahinraffte. Der Handel stockte, zumal das Salz fand so geringen
Absatz, daß von den 54 Siedehäusem der Saline zeitweise nur 15 im Betrieb
waren; das Land ringsum wurde weit und breit verwüstet, die Lieferung von
Proviant an kaiserliche und antikaiserliche Truppen wollte nicht aufhören,
namhafte monatliche Kontributionen in bar, vom Dezember 1627 — 36 allein
an Tilly 118000 Taler, schwächten das Vermögen der Bürgerschaft auf das
äußerste. Als im Jahre 1636 Sturm imd Plünderung durch ein schwedisches
Belagerungsheer mit 34000 Talern abgekauft werden mußten, reichten die vor-
handenen Barmittel nicht mehr aus; Gold, Silber und Geschmeide wurden ein-
gesammelt, und ein Teil des Ratssüberschatzes für 4500 Taler nach Hamburg
verkauft. . Folgenschwerer jedoch als all dieses Ungemach wurde die Aufnahme
einer schwedischen Besatzung am 14. August des letztgenannten Jahres. Nach
allem was voraufgegangen war, mußte sie der Stadtobrigkeit als unabwendbar
->*8 14 g^
erscheinen, dennoch gab sie den Anlaß, daß die Mehrheit der Bürgerschaft, die
wie schon bemerkt dem gewiß nicht mehr einwandsfreien patrizischen Regiment
unmutig gegenüberstand, sich vom Rate lossagte und den Herzog geradezu auf-
forderte, in die Angelegenheiten der Stadt abermals einzugreifen. Am 7. September
1637 kapitulierte die schwedische Besatzung des Kalkberges unter dem Obersten
* Stammer vor den Truppen des Herzogs Georg, am 13. Dezember desselben Jahres
wurde das Ratskollegium nach einer Untersuchung seiner bisherigen Tätigkeit
des Amtes enthoben. Zwar erfolgte am 21. Mai 1639 die Wiedereinsetzung, da
der Interimsrat, ganz wie im Prälatenkriege, es nicht vermocht hatte, der
wachsenden Zerrüttung des städtischen Haushalts abzuhelfen, aber der Rezeß,
der an jenem Tage von den beiden Herzögen Friedrich und Georg im Kloster
Lüne ausgefertigt und von der Stadt anerkannt wurde, bedeutete nichts weniger
als den endgültigen Sturz der hergebrachten Stadtverfassung und die Preisgabe
der privilegierten Sonderstellung Lüneburgs, der „angestammten uralten Erb-
und Landstadt", wie sie von den Herzögen fortan mit Recht genannt werden
konnte. Von den neun Artikeln des R^ezesses, die sich sämtlich mehr oder weniger zu-
gunsten der fürstlichen Landeshoheit aussprechen, ist für die Ohnmacht des Rates
am bezeichnendsten der fünfte, nach welchem der Kalkberg, da er „vorhin nicht
gebührlich verwahret", der Stadt, die sich seit der Zerstörung des Weifenschlosses
in seinem Besitz behauptet hatte, wieder genommen wurde und in die Hand
der Herzöge zurückkehrte, zu dem ausgesprochenen Zweck, ihn zu befestigen.
In der Tat, Lüneburg hat sich als selbständige politische Macht nicht
ferner betätigen können, die äußere Geschichte der Stadt fällt weiterhin zusammen
mit der des Fürstentums. In wirtschaftlicher Beziehung hatte das Gemeinwesen
am Ausgang des dreißigjährigen Krieges keineswegs den tiefsten Stand erreicht.
Mit der Ausbeute der Saline ging es, teils mit, teils ohne Verschulden der Be-
teiligten, immer weiter bergab, bis im Jahre 1799 eine Umgestaltung des gesamten
veralteten Betriebes von Grund aus vorgenommen wurde. Lüneburg behielt im
18. Jahrhundert und in den ersten Dezennien des neunzehnten größere Bedeutung
nur als Stapelplatz und durch ein ausgebildetes Speditionswesen. Eine der Haupt-
handelsstraßen vom Norden in das innere Deutschland führte über Lüneburg.
Die Waren erreichten die Stadt auf dem Wasserwege, um von hier aus auf
Frachtwagen weiterbefördert zu werden, und manch einträglicher Gewinn ergab
sich aus diesem mehr oder weniger lebhaften Durchgangsverkehr, der in der Periode
zwischen den Friedensschlüssen zu Basel und Luneville, imoi die Wende des
18. Jahrhunderts, einen letzten achtbaren Aufschwung nahm. Das deutlichste
Bild von dem Rückgang des wirtschaftlichen Lebens seit Beginn des dreißig-
jährigen Krieges gewähren die Bevölkerungsziffern. Im Jahre 1620 hatte Lüne-
burg nach Jürgens 14000 Einwohner, 1680 nur noch 11000; im siebenjährigen
Kriege, der der Stadt nebst anderen Drangsalen eine mehrmonatliche Besetzung
durch die Franzosen unter dem Herzog von Richelieu brachte (1757), ging die
Zahl von 9400 auf 8500 zurück, und von den 2148 Wohnhäusern standen am
Ausgange des Krieges 243 leer.
Kaum begann die Einwohnerschaft, sich von den „hochbeschwerlichen,
nahrlosen" Zeiten etwas zu erholen, als das Jahrzehnt der französischen Fremd-
-*4 15 8^
herrschait die kargen Hülfsmittel der Stadt völlig aussog. Um so jubelnder
wurde das verhaßte IJoch abgeschüttelt, als die Preußen und Russen zur Be-
freiung herannahten. In den Straßen Lüneburgs und vor den Toren der Stadt
erstritten die Verbündeten am 2. April 1813 ihren ersten glorreichen Sieg.
In der unvergleichlichen modernen Entwicklung der deutschen Städte,
wie sie im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts eingesetzt hat, ist
Lüneburg nicht zurückgeblieben, obgleich seine Bevölkerung kein so rapides
Wachstum aufweist wie etwa im benachbarten Harburg. Die Einwohnerzahl
betrug im Jahre 1815 rund 11000, um 1860 war der Stand von 1620 wieder
erreicht, 1880 fanden sich 19000 Seelen, und am 1. Dezember 1905 wird die
Zahl 26 000 überschritten sein. Den veränderten Verkehrsverhältnissen hat
Lüneburg sich sehr glücklich angepaßt, denn im großen Eisenbahnnetz bildet
die Stadt einen wichtigen Knotenpunkt, wahrend die Ilmenau als Wasserstraße
ihren Wert behalten hat —
Versuchen wir, mit wenigen Strichen auch.die inneren Zustände der Stadt innere
bis zum Beginne ihres Verfalls zu kennzeichnen. Zustände.
Die Einwohnerschaft war nach ihrer überwiegenden Mehrheit von Haus
aus langobardisch-sächsischer Abkunft, und die heimatliche Landschaft, zumal
das umliegende Gebiet des Bardengaues, lieferte in erster Linie auch die Ein-
wanderer, die im 13. und 14. Jahrhundert das Lüneburger Bürgerrecht erwarben
imd in der Stadt ansässig wurden. Der Kern der Bevölkerung, die Bürgerschaft,
gliederte sich in ihren oberen Schichten in drei Stände, die Sülfmeister, die Brauer
und die Kagelbrüder. Die Sülfmeister, d. h. die Eigentümer oder die Besieder
der Sülzpfannen, bildeten das Patriziat der Stadt und vermieden es, sich mit den
anderen Ständen zu vermischen. Noch zu Anfang des 17. Jahrhunderts wurden
Lüneburg und Nürnberg als die einzigen deutschen Städte gerühmt, in welchen
die „virginitas patriciae dignitatis" sich ungeschwächt erhalten habe. Die Sülf-
meister hatten einen entsprechenden Vorrang vor ihren Mitbürgern dadurch, daß
der Besitz von Sülzgut oder die Besiedung einer Sülzpfanne seit Anbeginn der
Lüneburger Stadtverfassung die Vorbedingung für die Ratsfähigkeit war. Die
Besetzung der Ratsstellen, deren Zahl in der älteren Zeit schwankte, seit etwa
1300 die 24 m'cht mehr überstieg, geschah durch Kooptation auf Lebenszeit.
Das Ratskollegium mit vier Bürgermeistern an der Spitze war das Organ der
Stadtgemeinde für alle Zweige der Verwaltung, eingeschlossen die Gesetzgebung,
die obere imd niedere Rechtssprechung, die militärische Führung mit der Für-
sorge für die Sicherheit der Stadt, die Vertretung der Gemeinde nach außen hin.
Die ungemein vielseitigen Geschäfte wurden in der Weise geführt, daß je zwei
Ratmannen für einen bestimmten Zweig der Verwaltung abgeordnet wurden.
Beispielsweise gab es im Jahre 1386 je zwei Kämmerer, Richter, Weinherren,
Bierherren, Vorsteher für den Gästeschoß, für den Marstall, für das Bauamt und
das Ziegelhaus, für den Pram und die Holzhude, für die Hospitäler, für die
Kirchen von St. Johannis und St. Cyriak, für die Weide, für das Badewesen,
außerdem je zwei Ratmannen als Beigeordnete der zwölf Innungen. Die
Ämter wurden alljährlich neu besetzt. Zwölf Ratmannen pflegten in den
Urkunden aufgeführt zu werden, die durch das Stadtsiegel beglaubigt
wurden;*) es waren die „consules actu regeotes", die jeweilig regiereodea Rat-
mannen unter zwei regierenden Bürgermeistern, deren einer daa Wort fährte.
Waren die Befugnisse der Stadtobrigkeit in der ältesten Periode durch den herzog-
Uchen Vogt beschränkt, so kam die Amtsgewalt des Rates in der Blütezeit der
Stadt, als im zielbewußten Streben ein fürstliches Hoheitsrecht nach dem andereo
erworben war, einer völlig unabhängigen Regierung gleich. Aus der Reihe der
Sülimeister wurden naturgemäß auch die höheren Beamten der Saline gewählt,
der oberste unter ihnen, der Sodmeister, und die mit polizeilichen Befugnissen
ausgestatteten Barmeister, insbesondere Vorsteher des Hauses, in welchem die
Sulzpfannen gegossen wurden.
Ihrer beherrschenden Stellung entsprechend, genossen die Salzjunker
nach außen hin wie innerhalb der Stadtgemeinde eines hohen Ansehens, und
die Bürgerschaft schenkte ihrer Obrigkeit volles Vertrauen. Wiederholte
Versuche der Fürsten, gegen den Rat Stimmung zu machen, schlugen fehl So
heißt es im Jahre 1436 in einem Antwortschreiben der Qilden und Einwohner
an die Herzöge Otto und Friedrich: „Wir habmi unsem ehrhchen Rat, der sich
um sotane Sachen zu bekümmern pQegt und uns gleich wie sich selbst schützt
... So ist es zur Zeit unsrer Vorfahren gebalten, und Lüneburg hat dabei
bislang mit Gottes Hülfe seinen Bestand gehabt" Ein gegen den Rat gerichteter
Beschwerdebrief Heinrich des Mittleren (1517) an die Werke, Qilden und ganze
Gemeine von Lüneburg wurde uneröffnet dem Rate übergeben, bei dem sie,
*) Das Stadtsiegel wurde nm 1250 erneuert, ohne dafi wesentliche Verlnderongei»
der Zeichnung vorgenommen würen; wir sehen in beiden Siegelbildero und anch im Stadt-
Flg. 1. Dai Blegal der 8Udt LDneboTK-
sekret ein dreitUrmiges Stadttor mit dem Wappenschild des FUratentnms LUnebni^
offenen Torbogen.
-^ n %^
die Adressaten, „als ihrem Haupte in der Stadt mit Leib und Gut zu bleiben
gedächten." Von Aufstanden und Unruhen, wie sie Braunschweig, Anklam,
Stralsimd, Lübeck und andere Hansestädte schon im 14. Jahrhundert heim-
suchten, blieb Lüneburg bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts ganz verschont,
UQd als der Prälatenstreit mit der Niederlage der Aufrührer endete, saßen die
Patrizier fester im Sattel als je zuvor. Der Einfluß der Sülfmeister wurde
erhöht durch ihren Reichtum. Der Anteil an der Ausbeute der Saline vererbte
sich von Geschlecht zu Geschlecht imd sicherte dem Inhaber eine feste Ein-
nahme, die bedeutend war, so lange die wertvollen Handelsprivilegien der Stadt
Gültigkeit behielten. Eine Ansprache, die einer der hervorragendsten Lüneburger
Burgermeister, Nikolaus Stoketo, im Jahre 1484 an den herzogUchen Kanzler
und seine Rate richtete, gibt davon Zeugnis. Der Bürgermeister weist stolz
darauf hin, daß hierzulande die Städte ein gut Teil kraftvoller seien als
etwa im inneren Deutschland; durch Gottes Gnade gäbe es in Lüneburg über
30 namhafte Bürger, deren jeder eines Grafen Gut besitze; damit lasse sich zur
Not schon etwas ausrichten. Daß die alten Ratsgeschlechter, wenn das Wohl
oder Wehe der Stadt es erheischte, sich unbedenklich zu schweren persönlichen
Opfern bereit fanden und durchweg ausgezeichnet waren durch einen hohen
gemeinnützigen Sinn, ließe sich durch zahlreiche Beispiele bis in die Zeit der
deutschen Freiheitskriege hinein belegen. — Es erscheint nur natürUch, daß, wo so-
viel Wohlhabenheit herrschte, auch die Pflege der Kunst tatkräftige Förderung
fand. Der weitberühmte Lüneburger Ratssilberschatz besteht in der Hauptsache
aus Geschenken, welche die Stadt von ihren Patriziern erhalten hat, imd wir
wissen, daß es imter den Lüneburger Goldschmieden nicht an Meistern fehlte,
die imstande waren, derartige Aufträge mit vollendeter Kunst auszuführen. Die
Wappenschilder der ehemaligen Ratsfamilien begegnen in den Straßen der
Stadt vielerorts noch heute, und das Äußere und Innere ihrer Wohnhäuser läßt
noch jetzt erkennen, wie feinsinnig sie sich auf das Leben und leben lassen
verstanden haben. Die Söhne dieser Häuser erhielten nsich dem Besuch der
lateinischen Schule und der Universität den Abschluß ihrer Erziehung auf
großen Auslandsreisen, der beste Schutz der künftigen Machthaber gegen jede
Kirchturmspohtik. Die Sülfmeister hielten sich dem Adel gleich und vsrurden
als EdeUeute anerkannt; Eheschließungen mit den altadeUgen Geschlechtern
des Landes waren nichts Seltenes. Ein kaiserliches Adelsdiplom holten erst die
jüngeren Familien ein, ziuneist im 17. Jahrhundert. Rittermäßig war auch das
äußere Auftreten der Salzjunker. Sie übten sich in Waffendienst und Turnieren,
und niemand vnnrde in den Kreis der Sülfmeister aufgenommen, der nicht zuvor
die Kope geführt hatte. Der Tag der Kopefahrt in der Fastnachtszeit war das
vornehmste Belustigungsfest der Stadt. In langem Festzuge mit Musikanten,
Spaßmachern, allegorischen Gestalten und allerhand Mummenschanz ritten die
prächtig gekleideten Sülfmeister durch die Straßen, in ihrer Mitte der neue
Sülfmeister auf einem feurigen Hengst, der vor ein mit Steinen gefülltes Faß,
die sog. Kope, gespannt war imd offenbar nur durch einen gewiegten Reiter im
Zaum gehalten werden konnte. Auf einem freien Platze der Saline war ein
mächtiger Holzstoß errichtet; hier wurde das Faß unter dem Jubel des Sülz-
3
-^ 18 H-
Volkes verbrannt, dann begaben sich die Herren als Gäste ihres jungen Genossen
zum üppigen Einführungsmahl. Die letzte Kopefahrt, in einem gleichzeitigen
Aquarell des Lüneburger Museums dargestellt, hat im Jahre 1629 stattgefunden.
Viele der alten Ratsgeschlechter sind schon im 15. Jahrhundert im
Mannesstamme ausgestorben, die Hoyer, Dicke, Abbenborg, Grabow, Springintgud,
Sodmester, Hout, von Braunschweig, von Erpensen, von Sankenstede; andere
folgten im 16., zumal um die Mitte des Jahrhunderts, nach, als wollten sie den
Niedergang der Stadt nicht mehr erleben: die ScheUepeper, Lange, Viscule,
Gaxlop, van der Molen; im 17. Jahrhundert erloschen die Familien Schomaker,
Düsterhop, Semmelbecker, im 19. Jahrhundert die Töbing und Stöterogge, und
bis zur Gegenwart haben sich von den ehemaligen Patrizierfamilien nur erhalten
die von Brömbse, von Dassel, von Döring, von Laffert und von Witzendorff.
Anzeichen des Verfalls, Verschwendung, Übermut imd Ausschweifungen, be-
gannen erst gegen Ausgang des 16. Jahrhunderts unter den Sülzjimkem sich
breit zu machen, wie es zu gehen pflegt, gerade dann, als die Vermögensver-
hältnisse mit den überspannten Lebensansprüchen nicht mehr Schritt hielten.
Es war der Anfang vom Ende, aber auch dieses noch ist bezeichnend dafür,
was der Patrizierstand für Lüneburg geleistet hat: mit dem Sturz des aristokra-
tischeUiRegiments war auch die Freiheit und Selbständigkeit der Stadt unwieder-
bringlich dahin.
Im Vergleich zu den Sülfmeistern hatten die Brauer und Kagelbrüder
nur geringe Bedeutung. In wichtigen Angelegenheiten, zumal bei den außer-
ordentUchen Geldbewilligungen, konnte der Rat nicht umhin, die Bürgerschaft
um ihre Meinung zu befragen, und wiederholt kam es zur Bildimg von mehr
oder weniger langlebigen Bürgerausschüssen. Wir haben Grund anzunehmen,
daß solche Ausschüsse sich vorzugsweise und seit dem ausgehenden 16. Jalir-
hundert wohl ausschließlich zusammensetzten aus Mitgliedern des w^ohlhabenden
Brauerkollegiums und aus Kagelbrüdem — diese so genannt nach ihrer Kapnze,
ihres Zeichens Kaufleute im weiteren Sinne. Sprecher der Bürgerschaft war um
1580 der Chronist Jürgen Hammenstede, der Ältermann der Brauergilde.
Merkwürdig genug hatten die übrigen Güden und Zünfte in Lüneburg
keinerlei Anspruch auf Teilnahme an der Stadtverwaltung, bis sie durch den
Rezeß von 1639 als vierter Stand anerkannt wurden und nunmehr ihre Vei^
treter zur Mitberatung wichtiger städtischer Angelegenheiten abordneten. Es wäie
sehr verfehlt, daraus den Schluß zu ziehen, daß Handwerk und Gewerbe im
mittelalterlichen Lüneburg geringere Bedeutung gehabt hätten als in Städten
mit demokratischer Verfassung. Eher ist das Gegenteil der Fall. Die Be-
tätigung der Berufsgenossenschaften war auf ihrem eigensten Gebiete vielleicht
mn so wirksamer, je weniger sie durch poUtische Ränke gestört wurde. Wie
Lüneburgs Zunfturkunden in ihrer reichen Mannigfaltigkeit beweisen, war das
Zunftwesen daselbst vom 13. bis ins 17. Jahrhundert außerordentlich entwickelt.*)
Als die ersten hatten sich die Krämer, Hoken, Bäcker, Pelzer, Schuster,
*) Vcrgl. Bodemaniiy Die älteren Zunfturkunden der Stadt Lüneburg (Quellen und
Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens, Band I), Hannover 1883.
->^ 19 8^
Knochenhauer, Gerber, Schmiede, Kannengießer, Weber und Schröder zu einer
Innung zusammengeschlossen; hinzu kamen die Goldschmiede, die Riemen-
Schneider und Beutler, die Tischler, die Maler und die Glaser. Letztere drei
Gewerke waren lange Zeit in einer gemeinsamen Innung vereinigt, 1524 trennten
sich von den |Tischlem oder Kuntormakem die Maler und Glaser, und diese
wiederum lösten ihren Bund im Jahre 1595. Nur die Mitglieder einer Innung
hatten das Recht, Waren zur Schau auszulegen. Zu Ämtern oder Gilden waren
außer den Brauern und Kagelbrüdem die Bader, Gewandschneider, Garbrater,
Böttcher, die Schiffer (Böter- und Eichenschiffer, Enterlöper und Haberführer),
Barbiere, Seiler, Hutmacher, Zimmerleute, Maurer, Rotgießer, endlich die
Stell- imd Rademacher zusammengetreten. Mit den gewerblichen Interessen
waren die religiösen Bedürfnisse eng verknüpft. Alle diese Genossenschaften
hatten bis zur Reformation ihren Schutzheiligen und zu dessen Verehrung
einen eigenen Altar, wenn nicht eine besondere Kapelle in einer der
Stadtkirchen.
Von den rein geistlichen Brüderschaften war die vornehmste imd reichste
der Kaland, der regelmäßige Andachtsübungen in der Johanniskirche abhielt,
daneben aber eine rege Geselligkeit im nahen Kalandshause pflegte. Der Kaland läßt
sich bis ins 13. Jahrhundert zurück verfolgen, seine Auflösung geschah 1532.
Die Stadtobrigkeit, kraft ihres Bestätigungs- und Aufsichtsrechtes jeder-
zeit befugt, in die Wirksamkeit der einzelnen Korporationen einzugreifen,
verstand es, eine Harmonie herzustellen zwischen genossenschaftlicher Freiheit
und staatlicher Einheit. In wirtschaftlicher Beziehung ließ sich der Rat eben-
sosehr die Sorge für die Lebensfähigkeit der Produzenten angelegen sein wie
das Wohl der Käufer und Konsumenten. Charakteristisch in letzterer Hinsicht
sind die Artikel der ZunfferoUen über die Meisterprüfungen, wovon einige Bei-
spiele hier am Platze sind. Wer (seit 1400) in das Werk der Goldschmiede
Aufnahme finden wollte, mußte drei Meisterstücke unter Aufsicht anfertigen,
1) einen durchbrochenen goldenen Pingerring mit Drachenköpfen, 2) ein Paar
eingelegte („amlegerte") Dolchringe mit Schwibbogen und Tierchen darin, 3) eine
eingelegte Verlobungsspange mit eingegrabener Schrift. Auch vom Maler wurden
drei Meisterstücke verlangt (1595): erstiich eine hölzerne Schüssel aus geputztem
Golde, zum anderen eine in Ölfarbe auf eine Tafel gemalte „histori", fünf Quartir
hoch und eine Elle breit, zum dritten eine Landschaft von Wasserfarben,
anderthalb Ellen breit und eine Elle hoch. Ein angehender Maurermeister wurde
von den Bauherren geprüft; er mußte mit dem nötigsten Hülfspersonal persönlich
einen neuen Giebel aufführen, ein Kellergewölbe ziehen, eine Kammer auf-
mauem oder etliche Gewölbe schließen (1570). Wer sich als Tischler (snitker)
selbständig machen wollte, hatte im Hause des Ältermannes aus eigenem Holze
ebenfalls drei „Stücke Werkes" herzustellen, nämlich ein viertüriges Schapp mit
doppelten Fugen, in der Mitte eine auf beiden Seiten gefaßte Klappe für Schenk-
geschirr („schenkeschyve"), ein durchgezogenes Gesims („dorgetagen wyntberch'')
mit Distellaub beschnitzt und eine mit Füßen versehene Truhe (1498). Was
an solchen Arbeiten erhalten ist, zeugt am besten von der hohen technischen
Ausbildung der alten Lüneburger Innungsmeister.
3*
-^ 20 H-
Wichtig für die Unabhängigkeit und Sicherheit der Stadt war die Pflicht
der Zünfte, für die Verteidigung der Wälle und Mauern und erforderlichenfalls
für den Schutz der Straßen einzutreten.
Das Büd, das wir uns von der Einwohnerschaft der vorreformatorischen
Städte zu machen haben, gewinnt seine eigenartige Färbung durch das starke
Kontingent der Geistlichkeit, deren Vertreter nicht zu den Bürgern gehörteiL
Ihre Zahl war auch in Lüneburg recht erheblich. An den Kirchen und KapeUen
neben dem Hauptgeistlichen die große Schar der Vikare und Benefiziaten, dazu
an Ordensgeistlichen die Benediktiner von Sankt Michaelis, die Barfüßer des
Liebfrauenklosters und die Prämonstratenser vom Kloster Heiligental. Die Be-
deutung der Ritterfamilien, die gleichfalls außerhalb der Bürgerschaft standen,
trat nach der Zerstörung des Kalkbergschlosses stark zurück; lebhaftere Be-
ziehungen des Landadels zur Stadt ergaben sich erst nach Umwandlung des
Michaelisklosters in eine Ritterakademie (1655). —
Denkmäler. Nichts ist geeignet, die einzelnen Epochen in der Entwicklung Lüneburgs
besser zu illustrieren als die im nachfolgenden versuchte Geschichte der hervor-
ragendsten Baudenkmäler der Stadt.
Der ersten großen Blütezeit, dem 14. Jahrhundert, entstammt das Gottes-
haus von St. Johannis mit seinem weit über die Heide hinwegschauenden Turm.
Die Kirche schHeßt den größten Platz der Stadt, den Sand, im Osten ab und
ist bis auf den heutigen Tag der beredteste Ausdruck für den Bürgerstolz und die
Kraft der Generation, die in der Straßenschlacht von 1371 für die Freiheit der
Vaterstadt ihr Blut vergoß. Hinter St. Johannis, als der Hauptpfarrkirche, war
die Bedeutung der ältesten Pfarrkirche St. Cyriak am Fuße des KaJkberges schon
vor Ausbruch des Erbfolgekrieges so sehr zurückgetreten, daß ihre Preisgabe
nach der Zerstörung der Herzogsburg offenbar kein sonderliches Opfer darstellte.
Längst hatte sich das Schwergewicht Lüneburgs nach der Ilmenau verschoben.
In der Nähe des Neumarktes wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts die Nicolaikirche erbaut, auch sie nach einem höchst imposanten Bau-
plan, der freilich niemals auch nur annähernd zur Ausführung gelangt ist Die
Vorwehen des Prälatenkrieges mußten sich für das Fortschreiten des Baues um
so hemmender fühlbar machen, als in eben jener Zeit auch das Michaeliskloster
samt der zugehörigen Kirche unter opferwilliger Mitwirkung der Bürgerschaft
von Grund aus neu erstand. Von der Eigenart Lüneburgs als der Salzstadt und
der beherrschenden Stellung des Salzwerkes in ihrem Wirtschaftsleben zeugte die
Lambertikirche, die zur Saline in den engsten Beziehungen stand und deren
Turm im 15. Jahrhundert in gleicher Höhe wie der von St Johannis
emporragte.
Sehen wir von den Kapellen ab, so sind andere städtische Gotteshäuser
fernerhin nicht entstanden. Da^ erklärt sich zimi Teil durch die ungewöhnliche
Ausdehnung der Johanniskirche, zum Teil gewiß auch dadurch, daß der Pralaten-
krieg eben gegen die Geistlichkeit bis hinauf zum Papst durchgefochten werden
mußte. Als der Sieg endlich errungen war, säumte man nicht, dem Bürgermeister
Springintgud zu St. Johannis ein ehrenreiches Begräbnis zu sichern und über
seiner Ruhestatt eüie prunkvolle Kapelle zu errichten, aber der Monumentalbau^
-^ 21 8^
der diese Periode städtischen Aufschwungs recht eigentlich zum Ausdruck bringt,
ist nicht eine Kirche, sondern ein Profanbau, das Rathaus der Stadt. In der
Ratslaube mit dem kleinen Archivgewölbe und der Alten Kanzlei, in der Kör-
kammer, dem Furstensaal, im Kämmereigiebel und auch im Büchsen- oder
Glockenhause sind uns die Denkmäler der Zeit von etwa 1460 — 1500 überliefert,
und welche Pergamenturkunde wüßte uns so anschaulich den Geist und das
hohe künstlerische Vermögen des damals blühenden Geschlechtes vor Augen
zu führen!
Die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts hat den Renaissancemittelbau
des Rathauses mit der Großen Ratsstube Gerd Suttmeiers und Meister
Alberts von Soest nebst den allegorischen Gemälden Daniel Frese's geschaffen,
und wie haben Auftraggeber und Künstler es verstanden, auch in diesem einzigen
Räume ihrem Wohlvermögen, ihrem vollendeten technischen Können, ihrem feinen
Kunstgeschmack ein bleibendes Denkmal zu setzen!
Die letzte bauliche Leistung der Stadt vor dem großen Kriege war die
Wiederherstellung der gotischen Rathausfassade mit ihren „fünf Türmen", d. h.
einem mittleren Glockenturm und je zwei seithchen Fialen, wie alte Lüneburger
Stadtansichten sie uns vorführen. Naich hundert Jahren bedurfte die Fassade
einer abermaUgen Emeuenmg, die nach VoUendung des benachbarten, von
Georg Wilhelm für die Herzogin Eleonore d'Olbreuse erbauten Schlosses in An-
griff genommen und in den Formen, wie sie imganzen bis heute erhalten sind,
im Jalire 1720 fertiggestellt wurde. Gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts ist
das Kaufhaus entstanden, da es sich als notwendig erwies, für den zunehmenden
Durchgangsverkehr weitere Lagerräume zu schaffen, als das alte Kaufhaus sie
bieten konnte; für die Zeit bis zur Vollendung des Baues sollte das einstöckige
Außenkaufhaus südlich der Warburg dienen. Zu anderen Neubauten fehlte
den beiden Jahrhunderten des Niederganges das Bedürfnis, mangelten noch mehr
die Mittel. Nicht einmal daß man die von den Vätern ererbten Bauwerke vor
dem Verderben schützen konnte. Im Jahre 1801 wurde die Kirche des Prämon-
stratenserklosters Heiligental auf Abbruch verkauft, 1818 die zum ehemahgen
Franziskanerkloster gehörige Marienkirche niedergelegt; im Jahre 1839 ver-
schleuderte man die wertvolle Rüstkammer als altes Eisen, 1860 verkaufte der
Magistrat die Lambertikirche ebenfalls auf Abbruch, und das nämliche Schicksal
drohte fast imabwendbar auch der Nicolaikirche. Der letzte beklagenswerte
Schritt auf dieser Bahn war die Veräußerung des bis dahin durch alle Fährnisse
glücklich geretteten Ratssilberschatzes, dem keine andere Stadt des deutschen
Vaterlandes Gleichwertiges an die Seite zu setzen hatte. Nach einem ein-
heUigen Ratsbeschlusse vom 5. November 1476 sollte keines der zur Ehre der
Stadt dem Rate geschenkten Kleinodien von Silberwerk jemals wieder ver-
äußert, verschenkt oder weggegeben werden, vielmehr sollten alle Stücke zu
ewigen Zeiten auf dem Rathause bleiben, es wäre denn, daß der Rat imd die
Stadt durch die äußerste Not gezwungen würde, sie anzugreifen. Zweifellos
würde dieser Beschluß auch nach vier Jahrhunderten noch respektiert sein,
wenn man ihn maßgebenden Orts gekannt hätte. Bedauerlicherweise war mit
den Bauwerken der Stadt auch das Stadtarchiv in Verwahrlosimg geraten und
-^ 22 8^
niemand war da, der als Hüter der axchivalischen Schätze jenen Ratsbeschluß
seiner Vergessenheit entziehen und ihn für die Erhaltung auch des Silberschatzes
hätte geltend machen können. Der im Jahre 1850 durch das Verdienst
W. F. Volgers gegründete Altertumsverein hatte nach kurzer lobenswerter Wirk-
samkeit sein Arbeitsfeld brach liegen lassen, als sein Gründer die lange be-
wahrte geistige Spannkraft unter der Last des Alters allmählich doch einbüßte,
und der Museumsverein für das Fürstentum Lüneburg konstituierte sich erst am
4. Februar 1878, vier Jahre nachdem die Ratskleinodien in das Berliner Museum
für Kunst imd Gewerbe überführt waren.
Kein so vollständiges Bild des Auf- und Absteigens der Stadtgeschichte ge-
währen Lüneburgs Privatbauten. Nur wenige Bürgerhäuser mit rein gotischer
Fafisade sind erhalten, imd eines der ältesten imter ihnen, Am Sande 53, ist streng
genommen als städtisches Gebäude zu bezeichnen, da es ursprünglich als einer
der drei von Ratswegen verpachteten Hamburger Bierkeller diente. Die an-
sehnlichsten Privatbauten Lüneburgs entstammen dem zweiten und dritten
Viertel des 16. Jahrhunderts, und das ist ebenso bezeichnend wie die Tatsache,
daß auch in der Folgezeit, bis in den dreißigjährigen Krieg hinein, und wiederum
in der Zeit von etwa 1740 bis 1800 noch manches ansehnliche Bürgerhaus
entstanden ist. Wir ersehen daraus die Bestätigung dafür, daß der Wohlstand
Lüneburgs seine höchste Blüte im 16. Jahrhundert erreichte, seitdem be-
trächtlich abnahm, aber nach einem Aufschwung im 18. Jahrhimdert erst unter
dem Druck der Fremdherrschaft ganz dahinschwand.
Seit Gründung des Museumsvereins ist auch in der an Kunstaltertümem
immer noch reichen Heidestadt für die Denkmalpflege viel geschehen. Davon
zeugt das im Jahre 1891 eröffnete Museumsgebäude mit den reichen Sammlungen
des Museumsvereins, dem im Januar 1904 unter dem Vorsitz des Oberbürger-
meisters ein zweiter Verein an die Seite getreten ist, mit der besonderen Auf-
gabe, die Baudenkmäler der Stadt zu schützen. Nach Wiederbesetzung der seit
dem Tode des verdienten Lüneburger Geschichtsforschers Johann Heinrich
Büttner (1746) nicht mehr fachmännisch versehenen Stelle eines Stadtarchivars
ist 1899 auf dem Boden des ältesten Gebäudes der Rathausgruppe, unter
Schonung des ältesten Mauerwerkes der Stadt, ein neues Archivgebäude errichtet
Es birgt neben etwa 20000 Originalurkunden und einem beträchtlichen Bestand
an Akten, Stadtbüchem imd kostbaren Handschriften, u. a. die Münzstempel
der Stadt, die Siegelstempel der Innungen und, was hier zumeist interessiert,
eine bemerkenswerte Fülle von Zeichnungen imd Plänen zu baulichen und
anderen Kunstwerken aus Lüneburgs Vergangenheit. Manch neuen zuverlässigen
Anhaltspimkt hat das Archiv zu den nachfolgenden geschichtlichen Einführungen
gegeben, aber zu reich fließt der Born, als daß wir erwarten dürften, ihn ganz
erschöpft zu haben. Jedes Jahr der fortschreitenden Ordnungsarbeiten wird
ergänzenden Aufschluß bringen — das sei vorweg gesagt, ehe wir das zusammen-
fassen, was die Forschung zurzeit mitteilen kann.
I. Kirchen, Kapellen und
Stiftungen.
Die Michaeliskirche.
Quellen: Chronicon Sancti Michaelis Luneburgensis ed. Weiland, Monumenta
Germaniae, Scriptores XXm. 391 — 99 ; Chronicon Lnneburgicum vemacula Saxonum inferiornm
dialecto ed. Leibniz, SS. Brunsvicensia illu^tr. ni. 172 ff. ; de fnndatione qvaniDdam Saxoniae
ecclesiarnm (ib. I. 260 f.); Necrologium monasterii Sancti Michaelis ed. Wedekind, Noten zu
einigen Geschichtschreibern des deutschen Mittelalters lEL 1 ff. (vergl. daselbst I. 403 ff.,
n. 267 ff.) ; Johannis Buschii libri IV. de reformatione monasteriomm complurium per Saxo-
niam (Leibniz, 1. c. in. 852 ff.) ; LUneburger Urkundenbuch, herausgegeben von W. y. Hoden-
berg, 7. Abt, Urkundenbuch des Klosters St. Michaelis zu Lüneburg (bis 1500); Gebhardi,
Collectanea (Kön. Bibl. zu Hannover) Bd. I, V, VI u. a.; Sudendorf, Urkundenbuch zur
Geschichte der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg, 10 Bände, 1859 ff.
Literatur: Bertram, Das evangelische Lüneburg oder Kirchen-Historie der Stadt
Lüneburg (1719); Gebbardi, J. L. L., Dissertatio secularis de re literaria coenobii
S. Michaelis (1755) ; Gebhardi, L. A., Kurze Geschichte des Klosters St Michaelis in Lüneburg
(verfaßt 1771, veröffentlicht 1857); Manecke, U. F. C, Kurze Beschreibung ... § 3 bzw.
Topographisch-historische Beschreibungen S. 8 ff. (daselbst in den Anmerkungen ausführlicher
Nachweis über die ältere Literatur); Wedekind, Noten I. 224 ff., U. 60 ff., 286 ff., 326 ff.);
V. Weyhe-Eimke, Die Achte des Klosters St Michaelis zu Lüneburg (1862); Volger, Die
Kirchen in Lüneburg (Lüneburger Johannisblatt 1857 bzw. Lün. Blätter S. 115 ff.) ; Wrede,
Einführung der Reformation im Lüneburgischen (1887) S. 146 ff.; Mithoff, Kunstdenkmale
und Altertümer im Hannoverschen (1871), IV. 157 ff.; Görges, Die Schulen des Michaelis-
klosters in Lüneburg, I. Die Ritterakademie, U. Die Michaelisschule (Jahresberichte des
Johanneums zu Lüneburg 1901 u. 2); Hosmann, Sigismund, Fürtreffliches Denck-Mahl der
Göttlichen Regierung, bewiesen an der . . . GtUdenen Tafel ... (5. Aufl. 1718); Graeven,
Die drei ältesten Handschriften im Michaeliskloster zu Lüneburg (Zeitschrift des Historischen
Vereins für Niedersachsen 1901, S. 276 ff.); derselbe, Heinrichs des Löwen siebenarmige
Leuchter (ib. 1902, S. 449 ff.).
Die Geschichte der aus einer Klosteranlage hervorgegangenen Michaelis- Geschichte,
kirche läßt sich von der vielbewegten Geschichte dieses Klosters nicht trennen.
Um 950 entstanden, ist das Michaeliskloster eine Gründung Hermann
Billungs und seines Bruders Amelung, Bischofs von Verden. Es lag auf dem
->^ 24 «--
Kalkberge, unterhalb der herzoglichen Burg, mit dieser durch eine besondere
Befestigung geschützt. Nach alter Überlieferung ist der Stiftung des Michaelis-
klosters eine ähnliche Stiftung voraufgegangen, denn schon der Ludolfinger
Otto, Vater König Heinrich I., soll im Jahre 906, gemeinsam mit Bischof
Wikbert von Verden aus Wittekinds Stamm, „auf dem Berge von Lüneburg"
ein Kloster für Wühelmiten, sog. „witte papen" des Augustinerordens, errichtet
haben.
Hermann Billung sicherte der jungen Gründung die wertvolle Gönnerschaft
des sächsischen Königs- imd Kaiserhauses. Die älteste Urkimde mit dem
Namen Lüneburg enthält eine Schenkung Otto L für das zu Ehren des Heiligen
Michael erbaute Kloster: die dort dem Herrn dienenden Kleriker erlangen zum
Seelenheil des Königs und der Königin freie Verfügung über den Lüneburger
Salzzoll (956). Wenige Jahre später (959 April 9) zog der König das gesamte
Eigengut eines aufsässigen Großen ein — Höfe, Häuser, Hörige, Land und
Äcker, Wiesen und Weiden, Wald und Gewässer — und schenkte alles „dem
Heiligen Michael und seiner in Lüneburg erbauten Kirche^', welch letztere in
ihrer Urgestalt damals also schon bestanden haben muß. Zwei andere
Schenkungsurkunden Ottos sind aus seiner Kaiserzeit, beide vom 1. Oktober 965
und bis auf den entscheidenden Satz fast wörtlich gleichlautend. In der einen
gewährt der Herrscher „den Brüdern in Lüneburg, die Gott und dem Heiligen
Michael dienen", den fünften Teil des Marktzolls daselbst, in der anderen den
zehnten Teil seiner Zollerträge aus Münze und allen anderen Nutzungen in
Bardewik. Endlich verfügte Otto (967), daß auch die Hälfte vom Nachlaß de«
Grafen Wichmann, eines Neffen Hermann Billungs, dem Kloster in Lüneburg
zufallen solle.
Als Erbauer des Klosters wollte Herzog Hermann auch darin begraben
werden. Es geschah nach Überfühnmg seiner Leiche aus Quedlinburg „in
medio monasterio", richtig verstanden „mitten in der Klosterkirche", wo er
mitsamt seüier Gemahlin HUdegard ehrenvoll beigesetzt wurde. Seinem Beispiele
sind sämtliche Nachfolger billungschen Stamms und mit wenigen Ausnahmen
auch die Lüneburger Herzöge aus weifischem imd sächsischem Geschlecht
gefolgt, St. Michaelis zu Lüneburg wurde für ein halbes Jahrtausend das
Mausoleum des regierenden Herzogshauses.
Was Hermann Billung begonnen, baute sein Sohn Benno (973 — 1011)
mit gleichem Eifer aus, nicht aber ist die Ansicht stichhaltig, daß Er erst das
Michaehskloster begründet habe. Diese Ansicht stützt sich vomehmUch auf die
dem Vorstehenden in keiner Weise widersprechende Erzählung des Chronisten,
daß Herzog Bernhard es war, der aus dem Panthaleonskloster in Köln a. Rh.
einen frommen Mann mit Namen Lüder als Abt berief und damit die Ordens-
regel des Hl. Benedikt zur Einführung brachte. Herzog Bennos Beisetzung
erfolgte in der Krypta vor dem Marienaltar, neben ihm ruhte sein Bruder, Graf
Lüder. Bernhard IL (t 1059) fand vor dem Kreuzaltar seine letzte Ruhestätte;
mitten in der Klosterkirche wurde Herzog Ordulf (f 1071) mit seiner Gemahlin
Wulfhilt, einer Tochter Olav des Heiligen von Norwegen, beigesetzt, und auch
der letzte männliche Sproß billungischen Geschlechts, Magnus (f 1106), nebst
-«-8 25 8^
seiner Witwe, Sophie von Ungarn. Einige der lateinischen Grab- und Denk-
inschriften, insbesondere die auf Herzog Hermann und seine beiden Sohne, sind
uns im Wortlaut überliefert*)
Merkwürdig spät erst soll die Einweihimg der Klosterkirche geschehen
sein, nämlich mehr als hundert Jahre nach erfolgter Stiftung. Man wird jedoch
annehmen müssen, daß uns der Weiheakt nur für ein jüngeres, vermutUch
erweitertes Gotteshaus überliefert worden ist, das an Stelle eines älteren erbaut
wurde; erscheint es doch wenig glaubhaft, daß die Weihe deshalb so lange
versagt geblieben sei, weil Hermann Bülung im Kirchenbanne gestorben war.
Die ünterkirche, die am 12. März 1048, zur Amtszeit des Abtes Albuin, eingeweiht
wurde, sollte zu Ehren der Dreifaltigkeit und des Heihgen Kreuzes dienen;
außer dem Hochaltar für die Jungfrau Maria wird ein Gregor- und Ambrosius-
altar an der Südseite, ein Gecilienaltar an der Nordseite erwähnt. Nach
acht Sommern, am 1. Oktober 1055, vollzog Bischof Sigibert von Verden die
Weihe der oberen Kirche, wieder zu Ehren der Dreifaltigkeit, des heiligen Kreuzes
imd der Jungfrau Maria, Namenspatron aber und Schirmherr des Hochaltars
blieb der Erzengel Michael, der „Fürst der himmlischen Heerschar", dem die
Apostel Petrus und Paulus und der erste Märtyrer, Sankt Stephanus, als Patrone
des Altars rechts vom Hochaltar bzw. des Nordaltars zur Seite gestellt wurden.
Im Verein mit der BiQungischen Herzogsburg hielt das Kloster die östliche
Grenzwacht für das Deutschtum und Christentum, da war gewiß nicht ohne
tiefere Bedeutung derjenige zimi obersten Schutzheiligen gewählt, dessen Bild
den Kriegern derzeit als Siegesbanner vorangetragen wurde. Ein vierter oben
schon erwähnter Altar wurde zu Ehren des heiligen Kreuzes und des
EvangeUsten Johannes geweiht.
Hören wir von den Königen fränkischen Stammes nicht, daß sie für das
Benediktinerkloster in Lüneburg irgend ein Interesse gezeigt hätten, so erfreute
sich die Billungerstiftung der besonderen Gunst Kaiser Lothars von Supphnburg.
Als dieser im Mai 1134 mit Tochter und Schwiegersohn in Lüneburg weilte,
besuchte er auch den Abt Anno und bestätigte die Verleihung vom zehnten Teil
des Markt- und Münzzolls zu Bardewik. Beim nächstjährigen Besuche gewährte
er dem Abt, der seinen Herrscher bald darauf nach Italien begleitete, bedeutsame
Vergünstigungen, um dadurch „mannigfaltigen Nöten" der Lüneburger Kirche
abzuhelfen. Zahlreiche Abteilehen waren in die Hände von Freien gelangt; der
Kaiser gab sie dem Kloster zurück mit der Anheimgabe, daß künftig kein Abt
irgend ein Benefizium an einen Nichtministerialen verleihen dürfe (Bestätigung
Otto des Kindes 1225). Die Pflichten und Ansprüche des Klostervogts wurden
genau umgrenzt; er hatte dreimal jährlich zu Gericht zu sitzen, und unter keinen
Umständen sollte ein Untervogt ihn vertreten, wohl aber wurde er angewiesen,
auf Wunsch des Abtes einen genehmen Sendboten zu ernennen, um nach An-
ordnung des Prälaten der Familia des Klosters Recht zu verschaffen. Kloster-
leute soUten weder mit Einquartierung noch mit Auflagen, Beden oder Gespann-
dienst belastet werden, die Ministerialen des Klosters, deren Schar sich aus den
*) Wedekind, Noten lU, 107 ff.
->^ 26 8^
angesehensten Geschlechtem von Stadt und Land zusammensetzte, desselben
freien Rechts genießen, wie des Kaisers eigene Ministerialen.
Verursachte die Elroberung Lüneburgs durch Albrecht den Bäxen dem
Kloster keine nennenswerte Einbuße, so konnte es nicht ausbleiben, daß die
große Zeit Heinrich des Löwen der frommen Stiftung auf dem Kalkberge manchen
Gewinn brachte. Von den Äbten jener Periode finden wir namentlich Marquard
(1158—70) sehr häufig in der Umgebung des Herzogs, auch wenn dieser nicht, wie
er es damals mit Vorliebe tat, in Lüneburg Hof hielt. Abt Bertold nahm an
der Pilgerfahrt Heinrichs nach Palästina teil und fand unterwegs seinen Tod.
Auf Geschenke des Herzogs werden wir noch zurückkommen. Die Bestätigung
des Markt- und Münzzolls von Bardewik, die der Herzog vom Kaiser Friedrich
erwirkte (1172), verlor mit der Zerstörung der alten Handelsstadt (1189) unerwartet
schnell ihre Bedeutung, ein Verlust, der sich doppelt fühlbar machte, weil die
Bestätigung statt eines Zehntels der Zollerträge ein Fünftel überwiesen hatte.
Auf ein Aufblühen des Klosters deutet die Erbauimg einer Kapelle nahe der
Herzogsburg, die am 13. Dezember 1157 durch den Verdener Bischof, ebenfalls
zu Ehren der Hl. Dreifaltigkeit und der Jimgfrau Maria, unter dem Namen
Jacobikapelle geweiht wurde, jedoch der besonderen Verehrung des Ordensstifters,
des Hl. Benedikt, vorbehalten war. Ein Hospital zum Hl. Benedikt soll schon
drei Jahrzehnte früher gestiftet sein, imd es ist zu vermuten, daß die Kapelle
mit dem Hospital verbunden wurde. Auch die Gründung des Klosters der Bene-
diktinerinnen in Lüne erheischt an dieser Stelle eine Erwähnimg, da sie von
einem Mönch des Michaelisklosters ausging und von den Äbten, zumal den beiden
letztgenannten, tatkräftig gefördert wurde. Die Lüner Pröpste wurden bis
zum Jahre 1270 dem Mönchskonvent von St. Michaelis entnommen, ein Aus-
druck der Abhängigkeit, in welcher das Nonnenkloster ein Jahrhundert hindurch
verharrte. In jene Periode gehört auch die Weihe eines Apostelaltars, der auf
persönliches Verwenden Herzog Heinrichs errichtet und am 20. Juni 1179 geweiht
wurde, endlich die am nächsten Tage folgende Einweihung einer vom Kloster
abhängigen Marien- und Johanniskapelle auf dem Kalkberge, wohl einer Burg-
kapelle, über die sonstige Nachrichten nicht vorliegen.
Von den Söhnen Heinrich des Löwen erhielt Wilhelm das Allodium
Lüneburg, und das enge Verhältnis des Fürstenhauses zum Schloß und Kloster
auf dem Kalkberge, das durch des Vaters lange Abwesenheit und seine Bei-
setzung im Dom zu Braimschweig gelockert zu werden drohte, war damit wieder-
hergestellt Durch Wilhelms Vermittlung erneuerte Papst Innocens IIL dem Abte
von St. Michaelis die Befugnis, Gewänder für den Gottesdienst einzusegnen und
an hohen Festtagen eine Bischofsmütze, die Infula, zu tragen (1205), ein Vorrecht,
das die Lüneburger Äbte schon früher besessen aber durch die Mißgunst einer
ungenannten regierenden Frau verloren h^^tten. Wilhelms Begräbnis erfolgte
nach altem Brauch mitten in der Klosterkirche (1213). Deren romanische Gestalt
bewährte sich nicht als sonderlich lebenskräftig. Wie die Schenkung einer Salzrent«
durch Herzog Johann (f 1277) und die Ablaßbriefe zahlreicher Erzbischöfe
und Bischöfe von 1280/86 bekunden, waren die Klostergebäude damals schon
in hohem Maße emeuerungsbedürftig. Die Herstellung, mehr ein Neubau von
-^ 27 8^
Grund aus, wurde unter den Auspizien Herzog Otto des Strengen und seiner Gemahlin
Mechtild von Bayern in Angriff genommen, wie der Chronist sagt „nicht ohne
große Anstrengungen und Ausgaben des Abtes und seiner Mönche, mit den
frommen Gaben von Rittern und Knappen und anderen guten Menschen'^ Um
den Bau in den gewünschten Verhältnissen diu:chführen zu können, wurde im
Jahre 1301 durch eine Ablaßverheißung des Bischofs von Ratzeburg noch einmal
die öffentliche Mildtätigkeit aufgerufen und Bonifaz VIII. inkorporierte dem
Kloster zur Erhöhung seiner Einkünfte die Pfarrkirchen zu Bergen, Dahlenburg,
Gerdau, Hittbergen, Nahrendorf und Veersen (1302).
Im Oktober 1303 war die Krypta („sive capella") unter dem Chore so weit
gediehen, daß sie eingeweiht werden konnte. Sie enthielt drei Altäre und wurde
der Jungfrau Maria gewidmet; der Mittelaltar umschloß die heiligsten Reliquien
des Klosters, unter anderem Haar und Stücke vom Gewand Maria; der zweite
und dritte Altar .gehörte allen heiligen Jungfrauen bzw. allen Bischöfen imd
Bekennern. Die Weihe der Oberkirche begann am 18. September 1305 und
nahm drei Tage in Anspruch. Am ersten wurde das Kirchengebäude und der
Hochaltar geweiht, zu Ehren des Hl. Michael, an den beiden nächsten Tagen
die übrigen acht Altäre. Das Fest der Kirchweihe büeb auch fernerhin dem
Remigiustage (Oktober 1) vorbehalten, an welchem das alte Kloster im Jahre 1055
seine Weihe empfangen hatte; seither hatte sich die kirchliche Feier mit dem
großen Lüneburger Michaelismarkte zu fest verknüpft, als daß man auf die
Vorteile einer solchen Verbindung hätte verzichten mögen.
Die neue Michaeliskirche sollte gar nur zwei Menschenalter den Kalk-
bei^ zieren. Der kriegerische Ausbruch des in der Einleitung dargelegten Erb-
folgestreites führte nicht nur zur Beseitigung der herzoglichen Burg (1371 Februar 1),
sondern auch zur Abtragung des Benediktinerklosters, war doch die hochgelegene
Klosterkirche zu einer offenkimdigen Gefahr für die Sicherheit der Stadt dadurch
geworden, daß Herzog Magnus sich nicht scheute, den Giebel des Gotteshauses
zu durchbrechen, ihn mit Erkern zu versehen und diese durch Geschütze und
Armbrüste für den Angriff herzurichten. Wurde aber das Herzogsschloß als
Zwingburg nach Kriegsrecht zerstört, so erfolgte die Entfernung des Klosters
zweifellos weniger gewaltsam. Schon wochenlang vor der Einnahme des Kalk-
berges bestand auf selten der Bürgerschaft der Plan, den Mönchen von der
Burg im Innern der Stadt einen Bauplatz für ein neues Münster anzuweisen,
und ob nun der derzeitige Abt, Johann von Schlepegrell, sich mit der Verlegung
des Klosters sogleich aussöhnte oder nicht, gewiß ist, daß ihm Zeit genug
gelassen wurde, wertvolle Mobilien und den gesamten Klosterschatz in Sicher-
heit zu bringen. Eine Glocke vom Jahre 1325, die Meister Olricus gegossen
hatte, ein hervorragendes Stück mittelalterlichen Erzgusses, wurde herunter-
genommen imd später im neuen Kirchturm wieder aufgehängt; das Taufgefäß
desselben Meisters wurde ebenfalls gerettet,*) auch wird ausdrücklich berichtet,
daß die Kleinodien des Klosters, zumal die Reliquien in ihren kostbaren Behältern
und andere für den Gottesdienst gebrauchte Prunkstücke, femer die Rechts-
*) Mithoff gibt 8, 165 nach Gebhardi eine Abbildung nnd Beschreibung der Döpe.
4*
■^ 28 H-
Urkunden, Privilegien, Briefe, Bücher und sonstige Wertobjekte in gute Obhut
genommen wurden. Schwerlich hätte man es auch gewagt, den Frieden der
Fürstengruft durch rohe Gewalttat zu stören. Die fürstlichen Gebeine wurden
mit großem Kirchengepränge in feierücher Prozession in die nahe Gyriakskirche
überführt, um dort bis zur Vollendung der neuen Michaeliskirche ihren Platz zu
behalten, und der Zeitpunkt, an welchem die Überführung von statten ging, ist
vielsagend genug: es war um Mitte Juni, ja erst am Laurentiustage, dem
10. August, soll die letzte Messe auf dem Kalkberge gelesen sein — die Ab-
tragung der Bauhchkeiten hatte also Monate gedauert, und die Nachricht, daß
das Kloster am 1. Februar zugleich mit der Burg demoliert worden sei, ist
unhaltbar.
Immerhin mußten sich Abt imd Konvent mehrere Jahre hindurch ohne
ein eigenes Heim behelfen. Sie fanden Unterkunft im verwandten Ordenskloster
zu Lüne und in Lüneburger Bürgerhäusern. Erst am 25. November 1373 hatte
sich der Sturm des Krieges soweit beruhigt, daß die Herzöge Albrecht und
Wenzel von Sachsen- Lüneburg, im Namen auch der Braunschweiger Herzöge
Friedrich und Bernhard, und wie sich versteht im vollen Einvernehmen mit Rat
und Bürgerschaft von Lüneburg, die förmliche Übertragung eines neuen Bau-
geländes vornehmen konnten. Der neue Bauplatz hieß „die hohle Eiche" (de
hole Eek) und lag innerhalb der neuen Stadtmauern unweit der alten Bloster-
siedelung östlich am Fuße des Kalkberges; er wurde dem Benediktinerkonvent
abgaben- und lastenfrei unwiderruflich ausgeantwortet, und seitens der Herzöge
wurde eine Bausumme von 100 Mark reinen Silbers hinzugefügt; zugleich erhielt
das Kloster alle den Herzögen als Patronen der Gyriakskirche gebUebenen Rechte
als Ersatz für die verlorene Schloßgemeinde.
Mit der Beschwichtigung kirchlicher Bedenken, vielleicht auch mit dem
Entwurf der Baupläne und Beschaffung des Baumaterials vergingen abermals
mehrere Jahre; erst am 14. Juli 1376 vollzog Bischof Heinrich von Verden die
feierUche Grundsteinlegung. Drei Jahre später war die Kxypta vollendet, die
man mit ihren drei Altären dem Muster der alten Kluft nachbildete. Von der
größeren Krypta wird schon 1394 eine kleinere unter der Sakristei gelegene
Krypta mit einem Marienaltar unterschieden, bald auch eine Abtskapelle imter
dem Hochaltar (1412); ihre Entstehung ist w^ohl dem Bedürfnis nach mehreren
Sakristeien zuzuschreiben, da die Kluft bis zur Fertigstellung der oberen Kirche
von den Mönchen als eigentliches Gotteshaus benutzt wurde. Der Einzug in
die Klostergebäude geschah im Sommer 1388. Von der oberen Kirche wurde
zunächst die vordere, nach Osten liegende Hälfte in Angriff genommen und
deren Einweihung mit dem Hochaltar und einem Marienaltar auf dem Chor
am 10. August 1390 ausgeführt. Das offizielle Kirch weihfest behielt seine
Verbindung mit dem Michaelismarkte, es soUte tauch fernerhin zw^ar nicht am
1. Oktober, wohl aber am ersten Sonntage nach Michaelis, also einem annähernd
gleichen Termine, begangen werden (Erlaß des Verdener Bischofs von 1408
September 13). Nach einer Pause von 19 Jahren erst wiu'de der Bau fortgesetzt
und nun in einem Dezennium zu Ende gebracht; am Tage der Oberführung des
Hl. Benedikt, am 11. Juli 1418, stand das Gotteshaus bis auf den Turm
->^ 29 8^
vollendet da. In den nächsten hundert Jahren wurde die Kirche durch zahl-
reiche Kapellen mit neuen Altären mannigfach ausgestaltet, in welcher Weise,
darüber gibt der 6. Band der Gebhardischen Sammlungen manchen, hier zu
weit führenden Aufschluß. Über die Leitung und technische Ausführung des
Baues liegen nur dürftige Angaben vor. Am 12. März 1379 nahm der Kloster-
konvent einen gewissen Hinrik Bremer als Maurermeister an,*) der seine Be-
zahlung vom „Baumeister^' des Klosters empfing, einem der Kapitularen.
L. A. Gebhardi weiß mitzuteilen, daß der Lüneburger Rat (1376) die Bau-
ausführung übernommen, zwei Ratmannen, Henrich Sothmeister und Brand
von Zerstede, zu Aufsehern ernannt und zur Herstellung der Steine den Ziegelhof
vor dem Altenbrücker Tore angelegt habe, Nachrichten, die nicht genügend
verbürgt und an sich unwahrscheinlich sind. Es gibt urkundliche Belege dafür,
daß das Einvernehmen zwischen dem Klosterkonvent und dem Rate in den
nächsten Jahrzehnten nach Wegräumung des alten Klosters keineswegs ungestört
war, die Verstimmung der durch den Gewaltakt der Bürgerschaft angeblich um
30000 Goldgulden geschädigten Mönche mochte doch nachhaltiger wirken, und
gerade der Neubau gab Anlaß genug zu allerlei Konflikten. Am 16. und
17. Oktober 1406 wurde unter Vermittlung der Äbte von Uelzen und Schamebeck,
des Hamburger Dekans Werner Miles sowie der Pröpste von Ebstorf, Lüne
und Medingen Friede geschlossen. Bürgermeister und Ratmannen verpflichteten
sich, an erster Stelle die Portführung des Klosterbaues nach bester Möglichkeit
zu fördern, während Abt und Konvent ihrer Bautätigkeit zugunsten eines
Anfsichtsrechts der Stadtobrigkeit allerlei Beschränkungen auferlegten. Das
Kloster war jenerzeit noch nicht völlig ummauert, aus den Vertragsartikeln
ergibt sich, das der Rat auf der Ummauenmg bestand. Insbesondere nach
Osten hin, wo das Baugelände durch Ankäufe noch erweitert wurde, hielt der
Rat eine Mauer für wünschenswert, damit aus den Wohnhäusern der Mönche
keine Wege in die Stadt führten, und auch nach Norden wurde, wie es scheint,
nicht die kleinste Pforte genehmigt. Nach Süden hin lagen an der Straße
Klosterhäuser und Buden, die an Bürger vermietet wurden, diese wiederum
durften keinen Ausgang nach dem Kloster hin behalten, und die Fenster der
Rückfront mußten mit Gittern versehen werden, die ein Durchsteigen ausschlössen.
Allen zum Hauptbau des Klosters und zur Mauer nötigen Kalk versprach der
Rat brechen zu lassen und kostenfrei abzugeben.
Die Erbauung des groß angelegten, aber unvollendet gebUebenen Turmes
war ein Werk eines der ausgezeichnetsten Äbte des Klosters, Balduins von
Wenden (1419—41), seit 1434 zugleich Erzbischof s von Bremen. Am 21. Mai 1430
schlössen Abt, Prior, Küster und Kämmerer mit dem Bürger Hans Reinstorf
einen Vertrag ab, worin dem Letztgenannten unter Mitwirkung des Bürgers
Johann Broning die Oberaufsicht beim Bau des Glockenturmes übertragen wurde,
und durch zahlreiche Leibrentenverträge jenes sowie des nächstfolgenden Jahres
wurden nahmhafte Barmittel für den Bau beschafft Die Anlage eines be-
*) £inen „Bremere, lapicida^ erwähnt das älteste Stadtbuch z. J. 1346, ein Hinrick B.
tritt als BUrge auf 1383.
-<-8 30 iK-
souderen Ziegelhofes für die baulichen Bedürfnisse des Klosters, des sogenannten
Abtsziegelhofs, fällt in jene Zeit.
Der ganze Gebäudekomplex scheint von vornherein in denselben großen
Verhältnissen angelegt zu sein, wie sie noch heute zu erkennen sind. Von
einzelnen Häusern werden neben der Abtskurie (aestuarium 1395) erwähnt ein
besonders eingefriedigter Prioratshof (1432), die Wohnxmg des Küsters und
Schatzmeisters (1449), ein Schlafhaus für die gemeinsam wohnenden Mönche
(1412), Baderäume (Bademeister 1412, Wasserleitung 1442). Die Klostergebäude
schlössen sich an die Nordseite der Kirche an, und zwar in zwei Flügeln, die
durch ein Quergebäude rechtwinklig verbunden waren; in der Mitte lag der
IQosterfriedhof , rings vom Kreuzgang eingefaßt. Die Gesamtkosten der Anlage
müssen sehr beträchtlich gewesen sein, und es ist wohl außer Frage, daß die
Stadt wesentlich dazu beisteuerte. Die freiwillige Gebefreudigkeit war durch
päpstUche Ablaßbriefe vom April 1379 imd Mai 1400 angefeuert; durch besonders
reiche Gaben zeichneten sich aus die Mutter des Abtes Ulrich von Berfelde,
die einen Altar stiftete (1390), Johann Steenberg, ein Geistlicher, der 100 Mark
in Gold zum Bau des Turmes spendete (1430 März), ein Knappe, Henning von
Noberdenhusen (f 1441), der 90 Mark aussetzte zur Herstellung eines Estrichs
(pavimentum) in der Kirche.
Unverändert erhielt sich dasIQoster die Gunst des herzoglichen Hauses.
Auch die Herzöge von Sachsen-Lüneburg, Ktuiürst Albrecht (gest vor Eick-
lingen 1385) mit seiner Gemahlin, Katharine von Anhalt, und Kurfürst Wenzel
(t 1388) wurden nach ihrem Tode aus dem Kriegslager in die Gruft von
St Michaelis überführt. Die Herzöge Bernd und Hinrik bestätigten alle von
ihren Vorfahren, die im Münster von St. Michael „ore bigraf ghekoren" hätten,
dem Kloster erteilten Privilegien (1389 Februar 5), und Herzog Bernd erwählte
gleichzeitig in urkundlicher Form sein eigenes Grab im Michaeliskloster, „wo
seine liebe Mutter, seine Hausfrau und deren Eltern beigesetzt seien". Von
Bernhards Söhnen erwies sich .Herzog Otto (f 1446) als ein besonderer Gönner
des Klosters, er sowie seine Neffen Bernhard IL (f 1464) imd Otto (f 1471)
wurden mit ihren Frauen ebenfalls zu St. Michaelis bestattet; sein Bruder,
Herzog Friedrich der Fromme (f 1478), war der erste, der seine Grabstätte in
Celle wählte und damit die Lüneburger Fürstengruft außer Gebrauch setzte.
Erst in der Reformationszeit geriet das Kloster, das dem Eindringen der
lutherischen Lehre zimächst zähen Widerstand leistete, in einen schweren
Konflikt mit dem regierenden Herzoge, ja in große Gefahr, mit zahlreichen
anderen Erlöstem des Landes dem Schicksal der Säkularisation zu verfallen.
Gefahr drohte auch von selten der Stadtbevölkerung, denn es kam Fastnacht
1532 zur Erstürmung der lOosterkirche durch die Wollwebergesellen, nachdem
im Sommer 1530 Verordnete des Rates und des Bürgerausschusses vergebens
die Abstellung der katholischen Bräuche gefordert und den Besuch des Michaelis-
gotteshauses für alle nicht zum Kloster gehörigen Einwohner der Stadt ver-
boten hatten. Gleichwohl zelebrierte Abt Boldewin von Mahrenholtz, ein über-
zeugter Anhänger des alten Glaubens, noch am Michaelistage 1532 auf dem
Hochaltare, dessen Benutzung dem Abte vorbehalten war, eine feierliche Messe,
->^ 31 8^
um freilich im selben Jahre noch zu erleben, daß die Mehrzahl seines Konvents,
unter Führung des Priors Herbord von Holle, vor dem Kreuzaltar das Abend-
mahl in beiderlei Gestalt nahm. Wenige Tage später, am 13. Dezember, starb
Boldewin; der Schmerz über den unerwarteten Abfall seiner Klosterbrüder hatte
ihn getötet Sein Nachfolger, der bisherige Prior, hatte die außerordentlich
schwierige Aufgabe, den Fortbestand des Klosters nach zwei Seiten hin, gegen
Herzog Ernst und gegen den Lüneburger Rat, zu verteidigen. Es ist ihm
gelungen, indem er sich mit der Stadtobrigkeit gegen den Herzog verbündete
und eine Art Schutzhoheit des Rates, die er selber anrief, klug benutzte; die
Abneigung des Urbanus Rhegius gegen die Einziehung der Klostergüter imd das
Interesse des Lüneburgischen Adels an der Erhaltung der lOosterpf runden kamen
ihm dabei zu statten. ÄußerUch gelangte der Obergang zum protestantischen
Bekenntnis auch dadurch zum Ausdruck, daß der größere Teü des Konvents im
Jahre 1533 das Mönchsgewand mit „langen, ehrUchen Priesterröcken" vertauschte,
nur wenige bUeben bis an den Tod in ihrer Ordenstracht.
In der imnatürhchen Gestalt eines protestantischen Männerklosters, mit
Ehelosigkeit, gemeinsamem Leben, Gesang von Vespern und Metten, beharrte
St Michaelis bis über den dreißigjährigen Krieg hinaus, nachdem ein Versuch
des Generals Tilly, auf Grund des Restitutionsedikts den Benediktinerorden in
seinen ehemaUgen Sitz wieder einzuführen, fehlgeschlagen war (1629). Erst im
Jahre 1655 wurde die Klosterverfassung, deren völlige Umänderung einige der
Konventualen selber für notwendig hielten, aufgelöst, und Herzog Christian
Ludwig wandelte das Kloster im Einklänge mit den Wünschen der Lüneburger
Ritterschaft um in eine Schule für den ansässigen Adel des Fürstentums (Haupt-
rezeß vom 17. Oktober 1655 bzw. 7. Januar 1656). Die Ritterschule, mit
welcher die noch zu erwähnende Partikularschule Hand in Hand ging, trat an
Stelle der bisherigen inneren Klosterschule und wurde aus den vereinigten Ein-
künften der Abtei und des Klosters unterhalten. Ein Gymnasium illustre mit
erweiterten Lehrzwecken nach Art einer Universität, das unter der Gönnerschaft
des Herzogs im Jahre 1660 daneben eingerichtet und vorzugsweise für den
Besuch auswärtiger Schüler berechnet war, konnte sich nicht halten und ging
1686 wieder ein. Der inneren Umwandlung folgte der Abbruch der alten
Klosterhäuser und die Errichtung eines nach Nordosten hin ausgedehnten Neu-
baus im ersten und zweiten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts; 1715 war das
sogenannte Akademische Gebäude vollendet, 1716 das Haus des Ausreuters,
der die Landbesitzxmgen des Klosters verwaltete. Baiuneister war Joseph
Crotogino, ein Italiener. Um 1750 wurde das dreifache Dach der Kirche herunter-
genommen und durch ein einziges ersetzt (vollendet 20. Dezember 1751), im
nächsten Jahrzehnt (1764) trug man das spitze Zeltdach des Kirchturms ab und
krönte die erhöhten Turmmauem durch die noch vorhandene Latemenkuppel.
In den achtziger und neunziger Jahren desselben Jahrhunderts wurde die
Kirche, wie noch auszuführen sein wird, im Innern all ihrer bis dahin bewahrten
hervorragenden Kxmstschätze entkleidet. Umfassende Herstellungsbauten werden
namens der Königlichen Klosterkammer seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts
ausgeführt.
-^ 32 8^
Die Aufhebung der Ritterakademie, so genannt seit 1692, erfolgte durch
Gesetz vom 6. August 1850 zum 1. Oktober jenes Jahres; das gesamte Ver-
mögen des ehemaligen Klosters wurde dem allgemeinen Hannoverschen Kloster-
fonds überwiesen.
Auf die interessanten Besitzverhältnisse des Klosters, für welche ein
reiches Urkundemnaterial vorUegt, näher einzugehen, ist hier nicht der Raam,
wir müssen uns mit einigen kurzen Hinweisen begnügen. Auch ohne urkundliche
Belege würde es einleuchten, daß das Kloster in der Nähe seines eigensten Grund und
Bodens, also auf Lüneburgischem Gebiete im engeren Sinne, sich festzusetzen
verstand. An der Ausbeute der Saline als des ältesten und ergiebigsten industriellen
Werkes der Stadt waren die Benediktiner sowohl als Pf anneneigentümer wie als
Rentner sehr wesentlich beteihgt. Nach den Ablosungsbriefen der Jahre 1458 — 75
wurden Pfannen- und Chorusanteüe des Klosters mit der ansehnlichen Summa
von mehr als 38000 lüb. Mark von dem vertragsmäßigen Jahrgelde zur Tilgung
der Stadtschulden befreit. Femer befand sich ein großer Teü des in imd um.
Lüneburg liegenden Geländes im Eigentum von St MichaeUs. Sogar auf dem
rämnlich beschränkten Plateau des Kalkberges gelang es dem Kloster, seinen
Grundbesitz zu vergrößern, indem es nicht lange vor der Zerstörung den an
die Kurie des Abtes angrenzenden Burgmannshof derer vom Berge ankaufte (1354).
Zahlreich waren die Erwerbungen im Grimm, jenem ländlich bebauten Vorort,
der sich nach Westen hin unmittelbar an den Kalkberg anlehnt und ursprüng-
lich ganz an Burgmannen vergeben war. So überließen die Schwerin dem
Kloster vier Katen daselbst, deren eine als Bordell gedient hatte („unam casam
seu kot cum suis pertinentiis in qua pulcre mulieres seu publice antea babitant
cum omni jure et proprietate^S 1343), ein Haus an der Reppenstedterstraße (1343),
ein freies Haus (1355), Haus und Hof (1362); xmd ähnliche Entäußerungen
geschahen seitens der Burgmannenfamilien Grote, Kind, von Ödeme, von Meding.
Das Vogteirecht und Servitium über das ganze klösterliche AUod im Grinun
hatte Herzog Otto schon im Jahre 1309 dem Abte Thomas verliehen, aus Dank-
barkeit für dessen Verdienste um seine Söhne. Andere Erwerbungen deuten
darauf hin, daß das Kloster bemüht war, seinen Grundbesitz über den Grimm
hinaus, zumal nach Nordwesten und Norden hin zu erweitem und abzurunden.
Als Verkäufer treffen wir auch hier zumeist Mitglieder der alten Burgmannen-
geschlechter. Für die beträchtliche Pfandsumme von 550 Mark übernahm das
Kloster im Jahre 1426 von der FamiUe vom Berge ein Gehölz innerhalb der
Landwehr bei Ocht missen, die sog. „Luthmen" samt einem wüsten Hof, dem
Luthmenhof ; nur der letztere wurde 1481 für 100 Mark wieder eingelöst Eän
anderes Klostergehölz, „des abbetes holt'' genannt, lag auf dem Zeltberge, es
wurde gemäß einem Vertrage zwischen Rat und Sülfmeistem auf der einen,
Abt und Konvent von St. Michaelis auf der anderen Seite im Jahre 1396 nieder-
gehauen ; während die Nutzung des Hauholzes gegen eine Zahlxmg von 1000 Marie:
im wesentlichen der Stadt bzw. der Saline zugute kam, bUeb der Grund und
Boden unter der Einschränkung, daß er in Ackerland verwandelt wurde, im
Eigentum des Klosters. Die Stadt nahm deshalb ein Interesse an der Entfernung
des Waldes, weil derselbe in einer voraufgegangenen Fehde den Truppen des
H>^ 33 8^
Feindes als Rückhalt gedient hatte. Auch die Kreitenkule beim Kreitenberge,
1408 an Heinrich Viskule verkauft, gehörte bis dahin dem Kloster. Weniger
beträchtlich als vor dem Neuen und dem Bardewiker Tore war der Landbesitz des
Klosters vor den östlichen und südlichen Toren der Stadt. Innerhalb des
ummauerten Stadtgebietes lag der Besitz des Klosters gleichfalls vorwiegend in
seinem engeren Bereich, in der Altstadt ein durch Vermächtnis (1344) erworbenes
Wohnwesen und zwei Burgmannenhöfe, auf dem Meere zwei der Stadt zins-
pflichtige Häuser. Die klösterlichen Haus- und Grrundrenten mögen unberück-
sichtigt bleiben; es sei nur erwähnt, daß der Lehnsinhaber der herzoghchen
Lachskule in der Ilmenau zur Fastenzeit von alters zwei Lachse an das Kloster
abliefern mußte (bestätigt 1389). Die untere Mühle an der Ilmenau, die seither
sogenannte Abtsmühle, machte Heinrich der Löwe dem Kloster am 1. November 1147
ziun Geschenk, als er in Lüneburg sein durch einen xmglücklichen Sturz vom
Tische verlorenes Söhnchen erster Ehe vor dem Kreuzaltare zu St. MichaeUs
begraben ließ. Sein Enkel, Herzog Otto, bestätigte die Schenkung und ergänzte
sie durch Übertragung der Mühlenvogtei (1234). Die Mühle befand sich im
14. Jahrhundert gegen Zinsabgabe im Lehnsbesitz der Ratsfamilie van der Molen,
wurde aber ungeachtet der Schenkungsurkunden, welche nur das Halsgericht
dem Herzoge vorbehielten, durch die herzoghchen Amtleute und Vögte mit Hof-
dienst und anderen Unpflichten belästigt, bis auf die Klage des Abtes Daniel
Herzog Wilhelm und sein Präsumtivnachfolger, Junker Ludwig, die Ansprüche
des Klosters abermals feierUch bestätigten (1365).
Noch ist einer für die geistige Wirksamkeit des Klosters bedeutsamen
herzoglichen Schenkung zu gedenken. Wahrscheinlich war mit St Michaelis
seit seinen ersten Anfängen eine Schule verknüpft für Söhne vornehmer Eltern.
Gebhardi nimmt sogar an, die Stiftung Hermann BUlungs sei eigens „zur
Er2dehung tüchtiger Missionarien imd zur Schule für wendische Kinder" ins
Leben gerufen. Gewiß ist, daß der Wendenfürst Gottschalk, der auf einem
Eroberungszuge im Jahre 1066 seinem Bekehrungseifer zum Opfer fiel, im
Kloster auf dem Kalkberge seine Ausbildung erfahren hatte („liberaUbus
erudiebatur studiis") ; dort traf ihn die Kunde von der Ermordung seines Vaters
(1032). Die Fortdauer dieser Beziehungen wird durch die Nachricht verbürgt,
daß Gottschalks Sohn, König Heinrich (f 1126) in der Klosterkirche von
St. Michael begraben wurde und Herzog Pribislav, der später auf einem Lüne-
burger Turnier ums Leben kam und neben jenem Könige seine letzte Ruhestatt
erhielt, im Michaeliskloster die Taufe empfangen hatte (1164). Auch die vier Söhne
Herzog Otto des Strengen wurden (um 1309) im Kloster erzogen. Daneben gab
es, wie sich versteht, zu St. MichaeUs eine IQosterschule im engeren Sinne,
bestimmt, für den Eintritt in den geistUchen Stand vorzubereiten. Aber auch
außerhalb des Klosters gab es eine Schule; es war die „Untere Schule" („scolae
inferiores"), so genannt nicht wegen geringerer Leistungen, etwa als Vorschule,
sondern wegen ihrer Lage unterhalb des Michaelisstifts, „vor der Burg", nach
Gebhardi am Fuße des Kalkberges, während ja das Kloster mit dem Schlosse
im Castrum vereinigt war. Die Schule war herzoghch, bis sie durch
Herzog Otto, eine Sohn Otto des Strengen, ebenfalls dem Michaeliskloster
^^ 34 ?•<-
übertragen wurde. Die Bestatigungsurkunde seines Bruders, Herzog Wilhelms,
vom 13. Januar 1353, gibt nähere Auskunft darüber. Das Kloster erhielt
danach das Aufsichtsrecht samt allen anderen bis dahin herzoglichen Rechten,
Freiheiten und Einkünften, insbesondere bekam der Abt die Fürsorge für einen
geeigneten Rektor. Aus eben jenen Einkünften — und das war die Gegenleistung
des Klosters — sollten alljährlich kirchliche Gedächtnisfeiern für die verstorbenen
MitgUeder des Herzogshauses begangen werden. Um die Ausführung dieser
Absicht zu sichern, versprach der Herzog weder innerhalb noch außerhalb
Lüneburgs eine andere öffentliche oder private Schule einzurichten oder zu
dulden, welche der Unteren Schule Abbruch tun und den Besuch des Kirchen-
chors von Seiten der Schüler schwächen könne. Ein Vertrag von 1378 belehrt
uns, daß der damalige Rektor, Herr Sander Plighe, die Schule vom Abt, Prior,
Küster und Konvent mietete und zwar auf weitere vier Jahre, gegen eine
Jahresmiete von 36 Mark; Abt und Kapitel waren verpflichtet, dem Rektor in
Ausübung seines Amtes behülflich zu sein. Die Einrichtung einer von der
Stadtverwaltung zum mindesten stark begünstigten öffentlichen Schule durch
die nach Lüneburg übergesiedelten Prämonstratenser von HeiUgental entfachte
zwischen den beiden beteiligten Klöstern einen heftigen Konkurrenzkampf, in
welchem die Benediktiner unterlagen; die Folge war die Gründung einer
besonderen Stadtschule, des Johanneums (1406). Die einstige Untere Schule
hat unter der Bezeichnung „Partikularschule", „schola maior", „Michaelisschule",
bis zum Jahre 1818 fortbestanden.
Die Besitzungen des Klosters außerhalb der städtischen Landwehr er*
streckten sich, von wenigen Schenkungen abgesehen, räumlich nicht sehr weit;
auch hier ist das Bestreben unverkennbar, das nähere Gut dem entfernteren,
zusammenliegendes dem zerstreuten vorzuziehen. KlösterUcher Besitz, Kloster-
rechte und Klosterabgaben, die durch Schenkung oder Vermächtnis, durch Kauf,
Tausch und Pfandschaft, Leibrenten- und Präbendenverträge, Brüderschafts-
verleihungen oder auf welchem Wege sonst St. Michaelis zugefallen waren, finden
sich vomehmUch im Landkreise Lüneburg, alsdann im früheren Amte Medingen
und im Landkreise Winsen. Aus den anderen Kreisen des ilegierungsbezirks
sind allenfalls die ehemaligen Ämter Bleckede und Oldenstadt zu nennen, während
die Ämter Tostedt, Soltau und FaUingbostel ganz zurücktreten und andere
überhaupt nicht in Frage kommen. Von den 78 gegenwärtig bestehenden Land-
gemeinden im Landkreise Lüneburg waren, wenn wir das EndjaJir des Urkunden-
buches von St. Michaelis, das Jahr 1500, zugrunde legen, 43, in denen das
Kloster Fuß gefaßt hatte ; von größeren Ortschaften des Bezirks schieden aus
nur der ehemals Lauenburgische Flecken Artlenburg, die Dörfer Obermarschacht,
Tespe, Avendorf (früher auch Lauenburgisch), Bütlingen und Boltersen, bis auf
das letztgenannte auffallenderweise sämtlich an der Elbe oder in nächster Nähe
des Stromes gelegen. Unter den 75 Landgemeinden des Kreises Winsen verteilen
sich Besitz und Einnahme des Klosters auf 26 Ortschaften, und es ist gewiß
kein Zufall, daß von zehn ausscheidenden größeren Dörfern wiederum genau die
Hälfte (Drage, Fliegenberg, Hoopte, Kirchwerder und Stockte) dem unmittelbaren
Eibgebiete angehört. Ähnlich ist das Verhältnis beim früheren Amte Medingen
H>^ 35 8^
im Kreise Uelzen, wo von 96 Landgemeinden an 33 das Kloster interessiert war,
was bei nur sieben unter den 125 Gemeinden des Amtes Oldenstadt nachweisbar
ist Untersuchen wir die Lage der dem Michaeliskloster irgendwie verbxmdenen
Ortschaften nach rein geographischen Gesichtspunkten, so läßt sich leicht erkennen,
daß die Klostergüter überwiegend dem Gebiete zwischen Seeve und Neetze
angehörten und das Ilmenautal stark bevorzugt wurde. Die Ilmenau hatte als
Wasserstraße noch größere Bedeutung als heute, denn sie wurde bis Medingen,
ja bis Uelzen hinauf, für den Gütertransport benutzt. Bei der Lage des Land-
besitzes von St. Michaelis um so begreiflicher, daß das Kloster darauf bedacht
war, die Schiffahrt des Flußes ungestört zu erhalten. Laut Urkunde von 1332
verpflichtete sich ein Ritter von Schwerin mit seinem Sohne, eine Mühle in
Wichmannsburg abzubrechen xmd zwischen Lüneburg und Medingen nicht wieder
aufzubauen, damit die Schiffahrt keine Behinderung erleide; im Einvernehmen
mit den Herzögen traten Vater und Sohn all ihr Recht an der Ilmenau den Klöstern
St Michaelis und Medingen ab.
Die Angaben über die gesamten Jahreseinnahmen des Klosters sind kaum
miteinander in Einklang zu bringen, auch wenn die mannigfachen Schwankungen
und Veränderungen im Besitz klar vorgeführt werden könnten. Papst Bonif az VQL
schätzte die Einnahme auf höchstens 1000 Mark reinen Silbers (1302); nach Aussage
des Abtes Werner betrugen sie nicht über 500 Talente Lün. Denare (1327), und
im Jaiu^ 1384 bekundete das Domkapitel zu Verden, das Kloster habe auch in
seiner besten Zeit niemals mehr als 41 Mark 10 Schilling Lün. Münze an Zehnten
entrichtet In jedem Falle ist die Michaelisstiftung nicht nur das älteste, sondern
auch das reichste Kloster des ganzen Fürstentums gewesen. Einkünfte und
Lasten des Klostergutes waren nach einer päpstlichen Bestatigimg von 1401
gemäß uralter Satzung zwischen Abt imd Konvent geteilt, offenbar zu
gleichen Teilen.
Klagen über Beeinträchtigung der Klosterfinanzen durch Ein- und Über-
griffe Unbefugter, Krieg und Fehde, Betrug und Entlaufen von Klosterleuten
sind häufig, und auch an Gegenmaßregeln der Päpste, Könige und Herzöge
fehlt es nicht Gregor IX. stellte in zwei Originalbullen von 1229 und 40 die
Personen und den Ort des Klosters mit allen gegenwärtigen und zukünftigen
rechtmäßigen Besitzungen unter des Hl. Petrus imd des päpstlichen Stuhles
Obhut; das gleiche tat Alexander IV. unter besonderer Betonung der Freiheiten
des Klosters (1266), desgleichen, aus besonderem Anlaß, Urban V. (1369) und
Urbaai VI. (1384); Bonifaz IX. gab den Bischöfen von Ratzeburg und Lübeck
sowie dem Hamburger Domdechanten den Auftrag, St. Michael zu Lüneburg
vor den vielfältigen Belästigungen und Unbilden geistlicher und weltlicher Macht-
haber zu schirmen (1395); Martin V. betraute den Domdechanten von Osnabrück
mit dem Versuch, die dem [Kloster entfremdeten Güter dem rechtmäßigen Eigen-
tümer zurückzugewinnen (1418). Eine umfassende Besitzbestätigung (erneuert
durch Friedrich IIL 1442) erging sodann von Kaiser Sigismund (1436), der vor
anderen Lüneburger Klöstern dem Michaeliskloster die Freiheit vom weltUchen
Gericht, von gerichtlichen Auflagen, von der Pflicht der Herberge, der Stellung
von Pferden, Hunden, Jägern, Knechten und anderen im Fürstentum Lüneburg
5*
->^ 36 8^
beliebten Servitien bei Strafe von 50 Mark feinen Goldes neu zusicherte, und
indem er die Klöster unter seinen eigenen Schutz nahm, sie zugleich dem Schutz
der Lüneburger Stadtobrigkeit anbefahl. Der jüngste kaiserhche Schutzbrief, aus-
gestellt durch Ferdinand 11., datiert vom 6. Oktober 1623.
Wesentiich für den ganzen Charakter und das Ansehen des Lüneburger
Michaelisklosters waa* die Zusammensetzung seines Konvents. Er bestand vorzugs-
weise aus Sprößlingen der im Lande ansässigen, z. T. auch auswärtigen adligen Ge-
schlechter, denen sich in geringerer Zahl Söhne aus Patrizierfamihen hinzugesellten.
MitgUeder des Kapitels im Jahre 1364 waren z.B. neben Abt xmd Prior die adligen
Mönche v. Melbeck, v. Ödeme, v. Zesterfleth, Grote, v. Remstedt, v. Broke, v. Reden,
Slepegrelle, Ribe, Schack, v.Ylten, Kind, v.Saldem, sodann Dietrich Schiltsten aus der
Lüneburger und Eggeling vame Kerckhove aus der braunschweigischen Ratsfamilie.
Die Zahl der Mönche schwankte. Nach einer Verfügung des Abtes Thomas von 1309
sollte sie einschließlich der Novizen, jedoch ausschüeßlich des Abtes 24 nicht
überschreiten. Die Wahl des Abtes, in ältester Zeit ein Vorrecht des Herzogs,
wurde später Sache des Konvents und sollte frei sein. So erkannte Herzog Wilhelm
(1368) an, daß den Klöstern seines Herzogtums Lüneburg von alters freie Wahl
der Äbte bzw. Pröpste zustehe und er selber sich keineswegs befugt halte,
die Erwählten, sofern sie nur geeignet seien, zu verwerfen; die Präsentation
habe freilich zu erfolgen, aber nur deshalb, damit nicht Ungeeignete und Aus-
wärtige die Leitung des Klosters in die Hände bekämen — landsässigen Ge-
schlechtem also war die WaMfähigkeit zum Abte vorbehalten. Für den Todes-
fall des Abtes Werner hatte sich der Papst die Auswahl einer geeigneten Persön-
lichkeit angemaßt, und er beharrte formell auf seinem Anspruch, als er die
Wahl Ulrichs von Berfelde annullierte, dann allerdings seinerseits für eben
denselben entschied (1384). Die Beförderung des Priors Boldewin von Wenden
zmn Abt (1419) erfolgte durch direkten Erlaß des Papstes, während spätere
Wahlen (z. B. 1477, 85, 1532) in gewohnter Weise durch den Konvent geschahen
und der Verdener Bischof seine Bestätigung erteilte.
Mit der aristokratischen Zusammensetzung des Klosterkonvents wurde
es erklärt, daß die Mönche, obwohl sie sich zum Benediktinerorden bekannten,
dennoch durch die strenge Ordensregel des Hl. Benedikt nicht gebunden sein
wollten. Gegen Ausgang des 13. Jahrhunderts muß das Leben der Mönche
sogar höchst anstößig gewesen sein, denn die Herzogin Matilde wurde von
Bischof Konrad von Verden ersucht, mit ihrer weltlichen Macht der Kirchenzucht
zu Hülfe zu kommen: „wie er von vielen und häufig erfahre, gäben die Mönche
vom Kalkberge wenig auf ihre Ehrbarkeit acht, noch kümmerten sie sich irgendwie
um seine Gebote; unbesorgt um ihre Ordensregel streiften sie bei Tag und bei
Nacht durch die Straßen und nach Belieben auch außerhalb der Stadt mnher,
so daß es wohl angebracht sei, wenn der Vogt und die herzogHchen Diener die
Betroffenen festnähmen und einsperrten". Eine Ursache des Ärgernisses scheint
darin gelegen zu haben, daß die Klosterpfründen vielfach reifen Jünglingen über-
tragen wurden, die für den Beruf des Mönchs gar nicht oder nur ungenügend
vorbereitet waren. Dem suchte Abt Ulrich von Uten abzuhelfen. Er ordnete
nämUch an (1350), daß hinfort nur Knaben unter zwölf Jahren im Kloster
-^ 37 8^
Aufnahme finden und erst nach zwölfjähriger Schulzeit und drei weiteren Probe-
jahren fähig sein sollten, selbständig eine der erledigten Pfründen zu genießen.
Die Zahl der Pfründeninhaber sollte nur 18 betragen, nändich 14 Priester, drei
Diakonen und einen Subdiakon, und ihre Ergänzung aus sechs jüngeren der Schulzeit
erwachsenen Anwärtern vor sich gehen. Viel Nutzen scheint die Verordnung
nicht gebracht zu haben, denn schon nach dem Tode Ulrichs, der wie sein
Vorganger das Kloster in Schulden zurückgelassen hatte, erging abermals eine
bischöfliche Mahnimg: die Mönche sollten sich im Essen und in ihrer Kleidung
mäßigen.
Eine Sonderstellung beanspruchte das Kloster namentlich in der großen
vom Baseler Konzil ausgehenden Reformbewegung. Als um die Mitte des
15. Jahrhunderts Mainzer Visitatoren die Benediktinerklöster der Erzdiözese besucht
und auch in Lüneburg manches Besserungsbedürftige gefunden hatten, trat auf
die Vorstellung des Abtes und der Konventsmitgheder, daß sie alle rittermäßigen
Standes und durch Konstitutionen der Päpste Lmocens UI. und Bonifaz XIL
bevorrechtet seien, Papst Nicolaus V. selber für St Michaelis ein. Er gab dem
Bischof von Verden anheim, die erfolgten Maßnahmen zu untersuchen, notwendige
Verbesserungen einzuführen, ungerechte Forderungen aber abzuweisen, und einer
der Kardinäle erneuerte gleichzeitig im Namen des Papstes die Erlaubnis, daß
die Mönche wegen des rauhen Lüneburger Klimas, zur Abwehr von Krankheiten
und mit Rücksicht auf den Mangel an Fischen leinene Kleider tragen bzw. an
gewissen Wochentagen Fleisch essen dürften. Das Vorgehen der Visitatoren
wurde vom Verdener Bischof für ungerechtfertigt erklärt, sie selber mit Ex-
kommunikation bedroht, falls sie sich nicht fügen würden. Nach solchen
Vorgängen war es kein Wunder, daß der Anschluß des Klosters an die Burs-
felder Union nur mit äußerstem Widerstreben erfolgte, obschon Herzog Otto
persönlich mit großer Energie dafür eintrat. Visitatoren waren in diesem Falle
die Äbte von St Godehard und St. Michael in Hildesheim, die mit ihrem Geleite
im Gefolge des Herzogs in Lüneburg einzogen. Die Bürgerschaft stand auf
Seite der widerstrebenden Mönche, es kam zu bewaffneten Unruhen, der Herzog
selber mußte fliehen, und es bedurfte des ganzen Einflusses besonnener Rat-
mannen, auch die stark bedrohten Hildesheimer Äbte in Sicherheit aus der Stadt
zu schaffen (Oktober 1470). Wenn einige Wochen später die Union dennoch
angenonmien wurde, so war das nur ein äußerUches Zugeständnis an den Herzog,
dem es nichts nützte, daß er der Lüneburger Stadtobrigkeit das Versprechen
abnahm, zur dauernden Durchführung der Reform Hülfe zu leisten. Kaum war
Otto — wie schon erwähnt der letzte Herzog, der zu St. Michael seine Beisetzung
fand, — gestorben (1471 Januar 9), als Bischof und Abt im Bunde die Union wieder
fallen Ueßen; und die Kundgebung eines päpstlichen Kommissars von 1478 sowie
deren Bestätigung durch Innocenz VUI. (1489) beweisen, daß das Kloster seinen
Willen durchsetzte.
Das Michaeliskloster, im engen Verein mit der herzogKchen Residenz
emporgewachsen, das älteste Kloster im Fürstentum Lüneburg, dem die an-
gesehensten Adelsgeschlechter des Landes ihre Söhne, sei es zur dauernden
Aufnahme, sei es für begrenzte Zeit zur Erziehung und zum Unterricht zu-
->^ 38 8^
schickten, mußte bei dem großen Einfluß, den die hohe Geistlichkeit im Mittel-
alter ohnehin ausübte, auch in den weltlichen Angelegenheiten des Fürstentums
die höchste Bedeutung erlangen. Der Abt, in seinem geistlichen Charakter dem
Bischof von Verden unterstellt, bildete die Spitze des gesamten Lüneburgischen
Klerus, und da der Prälatenstand dem Stande der Ritter und der Städte
voraufging, so gebührten ihm Vorsitz und Leitung in den Versammlungen der
Landstände. Der Michaelisabt wurde Präsident des von Friedrich dem Frommen
in Uelzen errichteten, von Elmst dem Bekenner lungestalteten und nach Celle
verlegten Landgerichts; in Lüneburg nahm er teil an der Wahl des Sodmeisters,
des höchsten Beamten der Saline. Häufig war er der persönliche Berater, in
katholischer Zeit auch der Kaplan des Herzogs, und der Einfluß des Amtes steigerte
sich naturgemäß, wenn ein Mann von persönlicher Bedeutung, wie etwa
Boldewin von Wenden, die Abtswürde bekleidete. Des Genannten Wirksamkeit
erstreckte sich, schon ehe er den erzbischöflichen Stuhl zu Bremen bestieg,
weit über die Grenzen des Herzogtums hinaus. Dank seiner umfassenden
Kenntnisse — er war „einer der berühmtesten Rechtsgelehrten des Landes" —
und seines ungewöhnlichen diplomatischen Geschicks mußte er Fürsten, Städten
und anderen weltlichen Herren seine Vermittlung leihen, und sein Name ist mit
der Landesgeschichte jener Periode (ca. 1415—41) eng und bedeutsam verknüpft.
Sein Nachfolger, Ludolf von Hitzacker, verwaltete das Kloster in der schwierigen
Zeit des Prälatenkrieges. Dessen glückliche Beilegung ist nicht am wenigsten
seiner entschlossenen Initiative zugunsten des alten Ratsregimentes zu danken,
die nicht davor zurückschreckte, das Kloster für geraume Zeit in päpstlichen
Bann zu bringen. Der hervorragendste Abt des 16. Jahrhunderts war Eberhard
von Holle (1555 — 86), der „zu den größesten Geistern seines Zeitalters" gehörte
und neben seiner Abtswürde die Würde eines Bischofs von Lübeck und
Administrators des Bistums Verden inne hatte. In den verwickelten Streitig-
keiten der Stadt Lüneburg mit ihren Herzögen gelang ihm die Aufstellung
eines epochemachenden Vergleichs (1562), im ganzen Stift Verden brachte er
die Reformation zur Durchführung, und auf den Reichstagen nahm er rühmlichen
Anteil an den Staatsgeschäften. Abt Christof von Bardeleben (1642—55), iu
weltlichen Dingen wohl erfahren, hatte die Aufsicht über die Befestigung des
Kalkberges. Aus dem 18. Jahrhundert nennen wir Friedrich Ernst von Bülow
(1780—1802), jenen echtesten Vertreter der Aufklärung, der, so beklagenswert
nüchtern und unduldsam er die Kunstschätze der alten Klosterkirche behandelte,
auf anderen Gebieten, insbesondere für die Reform des Salinwesens und die
Hebung der Landwirtschaft, ungemein segensreich gewirkt hat
Der Titel des Abtes machte mit der Änderung der Klosterverfassung
imd unabhängig davon wiederholte Wandlungen durch. In der ältesten Zeit, hier
und da noch im späten 14. Jahrhundert lautet er schlechthin „abbas de (in) Lune-
biu-g", „abbas Luneburgensis", „abbet to Limeborg"; seit Mitte des 13. Säkulums
wird die voUere Form „abbas sancti Michahelis in Luneburch", bis zur Verlegung
des Klosters gern auch „in Castro Lüneburg^' gewählt und am Eingange der Abts-
urkunden „Dei gratia" oder „van der gnade Godes" (1366 vereinzelt „Dei et
apostolicae sedis gratia^') hinzugefügt. Eine viel gebrauchte, urkundUch seit 1354
-<-8 39 8^
belegte Bezeichnung lautete: der Abt „uppe dem Huse" to Luneborg, d h. auf
dem Herzogshause, dem Schloß, der Burg auf dem Kalkberge, später in unver-
standener Weise zum ständigen Titel „der Herr vom Hause^' umgemodelt. Eber-
hard von Holle nahm den Titel „Herr vom Hause" 1564 selber auf, gebrauchte
ihn zunächst statt des Titels „Abt", bis er beide Bezeichnungen, zuerst auf dem
Denkstein an der Ratsmühle von 1578, vereinigte. Ebenfalls um die Mitte des
14. Jahrhimderts kommt zu „abbas monasterii s. Mich." der Zusatz auf „ordinis
S. Benedicti", in deutschen Urkunden „sunte Benedicti levendes", oder ähnhch,
merkwürdigerweise noch 1642, so lange Zeit nach der Reformation, beibehalten.
Schon im 16. Jahrhundert gab man dem Abte, der sich mit einem fürstlichen
Hofstaat samt Hofnarren umgab, die sonst den Fürsten gebührende Benennung
„Ew. Gnaden". Gelegentiich der Aufhebung der Klosterverfassung wurde der
zum Abt bereits gewählte Staz Friedrich von Post als solcher vom Herzog nicht
bestätigt, er wurde jedoch zum Vorsteher der Ritterschule ernannt und erhielt
nun die Benennung „Landhofmeister", mit dem Range nach dem herzoglichen
Statthalter, dazu die Prälatentitulatur „würdig" ; in den Lehnsbriefen nannte er sich
„von Gottes Gnaden des Herzogtums Lüneburg erwehlter imd bestätigter Landhof-
meister und Herr vom Hause zu St. Michael in Lüneburg". Er bheb der Ein-
zige seines Zeichens, schon sein nächster Nachfolger, Ludolf Otto von Estorff,
hieß Oberaufseher der Ritterschule imd „Landschaftsdirektor", ein Titel, der sich
bis zur Auflösung der Akademie gehalten hat
Zahlreiche Veränderungen lassen sich auch an den Siegeln der Äbte
verfolgen. Das älteste, an einer Urkunde von 1214, ist rund und zeigt den Abt
mit Stab und Evangehenbuch, noch ohne Bischofsmütze, auf einem Thron; in
spitzovalen Siegehi, die von 1227 — 61 nachweisbar sind, trägt der Abt die Inful,
er ist stehend dargestellt, ebenfalls mit Stab und Evangehenbuch; die Um-
schrift lautet: „.D(E)I GRA(TIA) ABBA(S) (IN)LVNEBORH" ; in jüngeren spitz-
ovalen Siegeln, spätestens seit 1291, sehen wir den Abt wieder auf dem Thron-
sessel sitzen, die rechte Hand erteUt den Segen, die Linke hält den Stab. Im Jahre
1320 ließ Abt Werner unter Zugrundelegung des bisherigen SiegelbUdes ein
BÜbemes Petschaft anfertigen, welches so eingerichtet war, daß der Name des Abtes
in der Siegelumschrift beUebig oft erneuert werden konnte; dieses Siegel, mit der
Legende „S • • • DEI • GRACIA • ABBATIS • IN LVNEBORCH", wurde bis 1586
benutzt Das Sekret des Abtes, ein kreisrundes kleines Siegel mit dem Abt als
Halbfigur im Sechspaß, wurde nach jeder Abtswahl neu hergestellt und seit
1586 ausschheßUch gebraucht
Besondere Abtswappen sind von Herbord und Eberhard von Holle und
zahlreichen Nachfolgern bekannt.*)
Das älteste Konventssiegel enthält dasBrustbUd eines Engels ohne Arme;
in Siegeln von 1247 — 61 findet sich bereits die ganze geflügelte Figur des Erz-
engels, wie er auf dem Rücken eines Lindwurms steht, in der linken Hand den
Buckelschild, während die Rechte mit langer Lanze den Hals des Tieres durch-
*) Vergl. Gebhardi; Kurze Geschichte S. 79 f. und 99 f., Abbildungen im Urkunden-
buch des Klosters.
-^ 40 8^
bohrt; seit 1291, wenn nicht schon früher, bediente sich der Konvent desselben
Siegelbildes in einer größeren, weniger künstlerischen Ausführung; die Um-
schrift heißt: „fS' CONVENTVS SANCTI MICHAELIS IN- LVNEBVRH". —
In unserem Bericht über die Besitzungen des Michaelisklosters haben wir
den Kirchenschatz noch außer acht gelassen, nicht weil er bis auf wenige Reste
langst entschwunden ist, sondern weil ein kurzes Verweilen bei den untergegangenen
Kunstwerken uns am besten einführt in die nachfolgende Beschreibung des
gegenwärtigen Gotteshauses. Mit kostbaren Pnmkstücken soll schon Hermann
BiUimg sein Kloster ausgestattet haben. Zwei sUbeme Kronen im Reingewicht
von 290 Pfund, zwei silberne Löwen und zwei goldene Kandelaber wurden
später nebst anderen Geschenken Hermanns seinem Sohne, Herzog Bernhard,
überlassen, der nach einleuchtender Vermutung des älteren Gebhardi die
berühmte goldene Altartafel daraus anfertigen Heß. Auch die Beschaffung
reich mnhüllter Gebeine namhafter Heiliger und anderer Reliquien, deren einige
von einem viel bewunderten Onyx umschlossen waren oder von ihm herabhingen,
wird auf den Gründer des Klosters zurückgeführt, und von vielen FürstUchkeiten
seines Hauses meldet die Überlieferung, daß sie die Kirche immer schöner aus-
zuschmücken suchten, in welcher ihre Grabstätte bereitet war. Auch Heinrich
der Löwe setzte seiner Frömmigkeit zu St MichaeUs ein Denkmal — es heißt,
daß er aus dem Orient jenen großen siebenarmigen Messingleuchter mitgebracht
habe, der an der Fürstengruft aufgestellt war und während der fürstlichen
Seelenmessen im Kerzenglanze erstrahlte. Zwei mit Schmelz verzierte kupferne
Gießbecken soll seine zweite Gemahlin, Matilde von England, geschenkt haben;
seine Schwiegertochter, Helena von Dänemark, stiftete Altarzeug, Meßgewänder
und einen vergoldeten Kelch, Matilde, die Gemahlin Otto des Strengen, einen
Wandbehang („tapetum"), eine violette, mit Perlen besetzte Kasula und einen
goldenen Kelch. Eine außergewöhnliche Bereicherung des Kirchenschatzes geschah
im Jahre 1432 durch Herzog Bernd, als dieser St Michaelis zu seiner Begräbnis-
stätte erwählte. Er Ueß sich zum Heil seiner Seele in die Brüderschaft des
Klosters aufnehmen, bedang sich jährlich vier Gedächtnisfeiern aus und eine
ewige, d. h. täglich zu zelebrierende Messe; dafür opferte er dem Kloster die in
seinem freien Eigentum befindlichen Heihgtümer und Kleinodien; es waren
Reliquien in kunstvollen Fassungen, die mit des Herzogs Namen und Wappen
versehen waren oder alsbald damit versehen werden sollten. Wedekind
weiß aus seiner Zeit (um 1836) von den Überbleibseln der goldenen Tafel noch
fünf Stücke anzuführen, die das herzogUche Wappen trugen und die Bezeichnung
„Bemardus dux dedit'^: einen tragbaren Altar mit Reliquien, zwei verbUchene
Brustbilder aus schwarz bemaltem Holz mit goldenen Kronen, zwei Straußeneier
in Form einer Monstranz mit kleinen Türmen und Kruzifixen aus vergoldetem
Kupfer. Da derselbe Herzog sich vorbehielt, auch die Fürstengruft von St. Michaelis
„zu bessern und zu zieren^S und stilistische Anhaltspunkte auf eben diese Ent-
stehungszeit deuten, so dürfen wir annehmen, daß Bernd I. von KünsÜerhand
auch das Grabmal herrichten Ueß, das im Mittelschiff der Kirche Aufstellung
fand und den Platz bezeichnete, wo die fürstiichen Gebeine ruhten. Die holz-
geschnitzte, ursprünglich bemalte Umfassung befindet sich jetzt im Lünebmrger
Museum, während von zwei schweren bronzenen Deckplatten mit den lebens-
großen Figuren Herzog Otto des Strengen und seiner Gemahlin Matilde nur
ivenige kleine Bruchstücke vor dem Einschmelzen gerettet sind. *)
Von kunstsinnigen Äbten des Klosters sind zu nennen Boldewin von
Wenden, der in 24 Bildern das Martyrium des Hl. Benedikt für seine Kirche
darstellen, das Gotteshaus mit einem Estrich versehen ließ und wohl auch seinen
ICammerer Wilhelm von Ütze anregte, drei große holzgeschnitzte, mit) Wappen
geschmückte Figuren zu schenken ; ferner Abt und Bischof Eberhard von Holle, der
eine Tafel mit den Wappen seiner Vorganger anbrachte und für die Kapitelstube
sein Porträt stiftete, ein Beispiel, das seine Nachfolger nachahmten. Die noch
erhaltene schöne Kanzel führt L. A. Gebhardi auf den Abt Konrad von Bothmer
und das Jahr 1602 zurück, während Monogramm und Inschrift auf den Land-
hofmeister Staz Friedrich von Post deuten; der Widerspruch ist bisher unauf-
geklärt. Zahlreichen Insassen des Klosters wird aus den verschiedensten Zeiten
ein tätiges Interesse für die ausgezeichnete Klosterbibliothek bezeugt, die von
allen Zöglingen der Ritterschule durch einen einmaligen Beitrag von 10 Talern
unterstützt wurde.
Der Stolz der Michaeliskirche, eine Hauptzierde und Sehenswürdigkeit
Lüneburgs imd eines der ältesten Kunstdenkmäler weit und breit, war die schon
mehlfach erwähnte goldene Tafel, d.h. der große Schrein des Hauptaltars. Seine
Mittelwand bestand aus vielen bildlichen Darstellungen in getriebener Arbeit
aus gediegenem Golde, an den Seiten waren Fächer angebracht, und diese
enthielten eine Fülle von Kunstgegenständen mannigfacher Art, Gold- und
Silberarbeiten, Elfenbein- und Bemsteinbildnisse, Holzschnitzereien, geschliffene
Gläser und Kristalle, Bücher in kostbaren Einbänden, Schaumünzen, Stickereien
und dergleichen mehr, Reliquien, aber auch bloße Raritäten ; die hervortretenden
Leisten waren dicht besetzt mit Perlen, Edelsteinen und Glasflüssen, soweit die
Gliederung nicht durch gotische Fialen und Maßwerk feinster Arbeit gebildet
wurde, in reicher, mit Blau abgesetzter Vergoldung.**) Es war in der Nacht auf
den 7. März 1698, als eine berüchtigte Diebesbande, die in ganz Nord- und
Mitteldeutschland ihr Unwesen trieb und während des vorhergehenden Halbjahres
auch im Hamburger Dom und in der Katharinenkirche zu Braunschweig ein-
gebrochen war, sich in raffinierter Weise Eingang in die Michaeliskirche ver-
schaffte und die goldene Tafel schonungslos ausplünderte. Der Diebstahl wurde
verhältnismäßig früh bemerkt, als einige Tage darauf Fremde das Kunstdenkmal
zu besichtigen wünschten und der Küster ein Schloß sowie die äußeren und
iimeren Verschlußflügel nicht wie gewohnt öffnen konnte. Die Verfolgung des
Gesindels wurde mit Geschick aufgenommen, die Hauptverbrecher wurden ge-
laßt, in Celle abgeurteilt und schauerlich hingerichtet Leider war ihre Beute
in Hambtu'g und Lübeck bereits zu Gelde gemacht und bis auf wenige Stücke
nicht wieder einzubringen. Immerhin hatten die Diebe nicht aUes fortschleppen
können und mancherlei in der Tafel zurückgelassen: u.a. drei Reliquienkästchen,
*) Abbildung bei Rehtmeyer (Chronik, 1. Tafel V) und Origines Guelficae, Band IV
**) Eingehend beschreibt Mithoff die Tafel (Knnstdenkmale 161 ff.).
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H>»8 42 8^
sechs EltenbeinschnitzereieQ, drei Kruzifixe, eine EvaDgelienhandschrift mit
wertvollem Deckel, zwei Rauchfässer, eine goldene Schelle, Kristallbecher, ein
Bemsteinbildnis, ein in Silber gefaßtes Haupt des Johannes, ein Goldstück an
goldener Kette, 2 Perlen, 234 vermeintliche Edelsteine, die später als GlasfLüsse
erkannt wurden, und geringe Überbleibsel der Tafel selber. Alle diese Schatze,
mit ihnen fast alle Kunstdenkmäler, welche die Kirche sonst gerettet hatte, sind
ihr unter dem oben erwähnten Landschaftsdirektor von Bülow in den Jahren
1791 — 94 verloren gegangen. Man wollte ein modernes Gotteshaus, imd zu den
Anschauimgen modernster Aufklärung paßte der künstlerische Nachlaß des alten
Glaubens so wenig wie die bunten Kirchenfenster. Und so systematisch ging
die Auskehr vor sich, daß Volger berichten kann, außer den Mauern, den
Pfeilern und der im Jahre 1708 von Mathias Tropa erbauten Orgel sei vom
alten Zustande eigentUch nichts übrig geblieben. „Die Kirche wurde völlig aus-
geräumt: Altar, Kanzel (die zwar nur versetzt wurde), Tauf stein, sämtliche
Priechen und das ganze Gestühl mußten weichen, . . . selbst die Denkmäler
wurden nicht verschont . . . Nachdem so die Kirche mit nackten Wänden und
Pfeilern dastand, stieg man in die Grüfte der Toten hinab und reformierte auch
hier gründlich. Die vorhandenen Särge und aufgefundenen Gebeine wurden
nach dem neuen Kirchhofe gebracht und die Gewölbe verschüttet, die Leichen-
steine des Fußbodens sämtlich weggenommen und entweder den beteiligten
Familien ausgeliefert oder verkauft . . . selbst die Ruhestatt der alten BiUinger
wie des regierenden Fürstenhauses ward nicht verschont" Das Denkmal für
Herzog Otto den Strengen und seine Gemahlin kam zunächst auf einen Saal,
dann in die als Polterkammer verwandte Krypta. Dort wurden die beiden
Bronzeplatten im Jahre 1833 gestohlen, in Stücke zerschlagen und nach Hannover
in den Schmelztigel befördert. Nicht einmal das weit berühmte Glockenspiel
der Kirche, ein Meisterwerk Gerhards von Wou aus Kampen (1492), wurde ge-
schont, denn von elf vorhandenen Glocken wurden sechs verkauft, darunter die
drei größten, und mit üinen samt dem Taufgefäße die ehrwürdige Glocke des
Meisters Olricus, die fast ein halbes Jahrhundert hindurch schon vom KaJkberge
herab die Gläubigen zusammengerufen hatte.*) Die Reste der goldenen Tafel, soweit
sie nicht veräußert werden konnten, und einige andere Kunstgegenstände sind
in die Reliquienkammer der Schloßkirche bzw. in das Weifenmuseum zu
Hannover gelangt, ein Teil wird im Museimi zu Lüneburg aufbewahrt Ein
schmiedeeisernes Gitter in gotischen Formen, das den Chor der Kirche vom
Mittelschiff abschloß, erwarb die Familie von Meding, um es, hoffentlich nicht allzu-
lange, als Einfahrtstor zu ihrem nahe gelegenen Stammsitz Schnellenberg zu benutzen.
Eine anschauhche Vorstellung vom Innern der Michaeliskirche vor jener
großen Reinigung, nämlich aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts, vermittelt uns
der Lüneburger Maler Burmester in einem großen Gemälde, das eine Zierde des
Lüneburger Museums bildet.
Die Michaeliskirche ist eine dreischiffige Hallenanlage mit einem durch
esc ei nng. gj^^^^^ Seiten eines Zwölfecks geschlossenen Chor (Fig. 5). Der starke West-
*) Nähere Angaben über die Glocken der Kirche bei Wrede, Lünebnrger Mnseums-
blätter L, S. 42 ff.
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tunn ist unvollendet geblieben, sowohl im Mauerwerk als auch in der oberen
Endigung. Unter dem Chor befindet sich eine Unterkirche mit zwei kleinen
Kapellen. An die Seiteaschiffe schließen sich nach Osten, neben dem Chor, zwei
niedrige Kapellen an. Die Kirche ist durchweg gewölbt, aus Backsteinen
erbaut imd mit Ziegelpfannen gedeckt, die Bedachung des Turmhelms besteht aus
Kupfer. Die Profile der Backsteine, namentlich am Chor (vergl. Fig. 8), zeigen
eine auffallende Ähnlichkeit mit den Profilen des Domes St Nikolaus
in Stendal.
Chor. Das Kreuzgewölbe des Chores wird durch Bimstabrippen gestutzt. In
den Ecken stehen profilierte Dienste mit bandartig ausgebildetem Kämpfer. Die
drei nach Osten liegenden Fenster sind spitzbogig geschlossen und haben je zwei
Pfosten, die oben in Spitzbögen zusammenlaufen. Die übrigen Fenster sind ver-
mauert, zeigen aber noch die Pfostenteilung. Unter dem Kaffgesims liegt in
jeder Chorseite eine tiefe Nische. Zwei dieser Nischen, gegenüberliegend im
Süden und Norden, sind zu Türen mit reich profiliertem, fallendem Sturz aus-
gebildet (vergl. Fig. 8) imd führen zu den Kapellen, die in der Verlängerung
der Seitenschiffe, aber tiefer als diese, liegen.
Zu der nördlichen Kapelle führen zwölf Stufen vom Chor herab. Sie ist im
halben Zehneck mit ungleichen Seiten nach Osten geschlossen und reicht mit zwei
Gewölbejochen bis zur Abschluß wand des nördlichen Seitenschiffes. Kreuzgewölbe
mit vortretenden Rippen überdecken den jetzt als Sakristei dienenden Raum. Die
Rippen stehen auf profilierten Diensten, die bis zum Fußboden herabgehen und
mit einfachem Kapitellband aus Gips geschmückt sind. Beleuchtet wird die
Kapelle durch drei kleine zweiteiUge Pfostenfenster. Die Schlußsteine bestehen
aus Gipsmörtel imd zeigen an der Unterseite gotisches Blattomament, am mittleren
befindet sich ein Fabeltier.
Zur südlichen Kapelle steigt man auf nur sechs Stufen herab; sie ist aus-
gebildet wie die nördliche und dient jetzt auch als Sakristei. In der Südwand
ist ein gotischer Schrank mit Beschlägen eingemauert.
Onterkirche. Die Unterkirche liegt unter dem Chor und reicht westlich bis zur Mitte
desselben. 25 Stufen vermitteln den Zugang von beiden Seitenschiffen aus. Die
neben der Unterkirche befindlichen beiden Kapellen liegen unter den oberen
Kapellen neben dem Chor imd sind entsprechend niedriger. Beide haben eben-
falls polygonen Abschluß nach Osten und sind ebenso wie die oberen mit Kreuz-
gewölben überdeckt Die Rippen der Gewölbe stehen auf queiigelegten Profil-
steinen. Die südliche Nebenkapelle hat zwei Ausgangstüren, die zu der umt
drei Stufen höher liegenden Straße führen. Das Gelände fällt nach dem Chor
hin so stark, daß diese Ausgänge möglich waren. Erhellt wird dieser Raum
durch zwei Fenster. Die nördliche Kapelle liegt drei Stufen tiefer als die Unter-
kirche und hat zwei kleine Pfostenfenster. Hier steht auch ein gemauerter Altar
mit zwei tiefen seitlichen Nischen imd einer Abdeckplatte aus Gipsmörtel Vier
Türen vermitteln den Zugang von den Seitenkapellen zur Unterkirche, die unab-
hängig von der oberen Teilung dreischiffig mit vier Jochen und einem Ghorjoch
ausgebildet ist. Die Schiffe sind gleich breit und durch dünne profilierte Pfeiler
mit Kapitell und Sockel getrennt Die Kreuzgewölbe haben Bippen mit Bim-
-•-8 45 8*^
Stabprofilen. Die einfach profilierten runden Schlußsteine zeigen an der Unter-
seite plastische Verzierungen, u. a. Darstellimgen vom Adler, Hirsch, Löwen,
Pelikan. An den Wänden stehen die Rippen auf Konsolen. Die drei tiefen
Fensternischen sind mit kleinen Kreuzgewölben geschlossen, auf deren Schluß-
steinen menschliche Gestalten abgebildet sind. Ein eigentlicher Altar ist nicht
vorhanden. Auf der ausgemauerten Brüstimg der mittleren Fensternische steht
ein neues Holzkreuz. In der Vorderseite dieser Mauer ist eine Sandsteinplatte
eingelassen, die in großen römischen Buchstaben die Inschrift
HERMANNUS PRIMUS DUX SAXONIE
FUNDATOR HUIUS CENOBÜ VI. KAL. APRIL. DCCCCLXXm
trägt. An der nördlichen Wand ist eine Sandsteinplatte aufgestellt, deren Ober-
fläche sehr zerstört ist, aber noch einen gotischen Baldachin mit großer mittlerer
Figur imd Umschrift in Minuskeln am Plattenrande, alles flach erhaben, erkennen
läßt. Von der Umschrift ist oben noch zu lesen: anno . d . mccc
Es ist, nach Qebhardi, der Grabstein des Priors Borchard von dem Berge, der
1415 starb. Die kleine Orgel und das Gestühl sind neu.
In den letzten Jahren des 19. Jalirhunderts ist die Unterkirche erneuert,
namentlich sind die Pfeiler ganz neu aufgemauert worden.
Das Äußere des Chores mit Unterkirche und Kapellen baut sich mit
starken Strebepfeilern auf den Polygonecken hoch auf (vgl. Fig. 6). Wie
schon erwähnt, liegt die Straße hier tiefer als am Schiff, so daß auch die
Fenster der Unterkirche ganz in die Erscheinung treten. Zwischen den Strebe-
pfeilern liegen die einfachen Spitzbogenfenster mit Pfostenteilung. Die
Strebepfeiler selbst gehen bis unters Dach und sind mit Ziegelpfannen ab-
gedeckt Durch die angebauten Kapellen erhält der mächtige Ghorabschluß
einen malerischen Charakter.
Das Schiff umfaßt sechs Joche in der Richtung von Westen nach Osten. Schiff.
Die beiden östlichen Joche des Mittelschiffes sind zum Chor hinzugezogen.
Mauern in Emporenhöhe trennen diese Joche des Mittelschiffes von denen des
Seitenschiffes und letztere von dem übrigen Schiffe. Dadurch entstehen zwei
kapeUenartige Räume in den letzten östlichen Jochen der Seitenschiffe, über die
jetzt die Emporen des übrigen Schiffes hinweggehen und über denen früher wohl
Lektoren sich befanden, wie in der Johanniskirche. Die Mauern mit Spitzbogen-
nischen sind jedenfalls alt
Die mit Birnstabrippen besetzten Kreuzgewölbe des Schiffes werden
gestützt von runden, mit vier Diensten besetzten Pfeilern (Fig. 7 und 10). In
Kampferhöhe läuft ein einfaches Kapitellband herum. Das Dienstprofil wird
gebildet durch die drei zusammenschießenden Rippenprofile auf den Kämpfern.
Die Seitenschiffe haben fünfteilige Gewölbe mit zwei spitzbogigen Pfostenfenstem
in jedem Joche. Die Emporen sind im 19. Jahrhundert in neugotischen Formen
eingebaut und zerschneiden die Fenster in unschöner Weise. Unter dem Kaff-
gesims liegen auch hier Spitzbogennischen, die früher zum Teil zu Kapellen
führten (Gebhardi, Kollektaneen XII). An der Nordseite sind noch Reste von
diesen Kapellen erhalten und zwar vier tiefe, mit Kreuzgewölben überdeckte
Nischen. Sie bildeten anscheinend die Verbindung mit dem an der Nordseite
-^ 46 8^
liegenden Gebäude, das jetzt im Erdgeschoß die Heizung, im Obergeschoß das
Archiv enthält Im Erdgeschoß lagen nach Gebhardi die'rKapeUen der v. d. Berge,
V. Grote und v. Weihe. Dieses Gebäude ist wohl gleichzeitig mit der Kirche
oder nur wenig später erbaut; es schließt sich mit seinen fünf Gewölbejochen
der Ausbildung imd der Art der Gewölbe in der Kirche eng an. Sein Dach liegt
in der Schräge des Kirchendaches (vergl. Fig. 9).
Im letzten westlichen Joche des Mittelschiffes steht die Orgel auf einer
neuen zweigeschossigen Orgelempore in neugotischen Holzformen. Die westlichen
Joche der Seitenschiffe sind imter der Empore durch Mauern gegen das Sdiiff
abgeschlossen und enthalten einfache Treppenajilagen aus dem 18. Jahrhundert
•Bogen proji h'm-Clooi*-
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Fig. & Ifichaalislriretae; BAcksteingUeder.
Unter der Orgelempore ist gegen den Turm ein Vorraum abgetrennt, der die
Treppenhäuser verbindet Hier stehen noch zwei runde Holzsaulen mit aus-
geschnittenen Konsolen, darüber, im ersten Geschoß der Orgelempore steht eine
dritte Säule.
Die Kanzel steht am zweiten nördlichen Pfeiler. In der Mitte des Schiffes
hegt im Fußboden eine eiserne Tafel mit der Inschrift: „In diesem 1388 hierher
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verlegten Grabe ruhen die Reste der während des halben Jahrtausends von 973 bis
1471 in Lüneburg beigesetzten Landesherren und ihrer Gemahlinnen, der Herzoge
von Sachsen von Hermann Billimg f 973 bis auf Magnus f 1106 und der Herzöge
von Lüneburg von Wilhelm, dem Ahnherrn der Weifen, bis auf Otto f 1471."
An dieser Stelle stand das Fürstengrab, ein 2,10 m breites, 2,40 m langes und
0,75 m hohes Postament aus bemaltem Eichenholz, von zwei Bronzeplatten mit
den Gestalten des Herzogs Otto imd seiner Gemahlin Mechtildis bedeckt Das
Postament, das jetzt im Museum zu Lüneburg aufbewahrt wird, zeigt an den
Seiten tief geschnitzte Bogenstellungen mit reichem spätgotischem Schmuck, und
zwar an der einen Langseite sieben Bogenfelder mit männlichen Figuren, im
mittleren Feld Si Michael mit dem Draschen, an der anderen Langseite ebenfalls
sieben Felder, aber mit Frauenfiguren, im Mittelfeld Maria mit dem Kinde. Die
Breitseiten sind in vier Bogenfelder geteilt, die durch Wappen ausgefüllt werden.
Die Ecken des Postamentes werden durch Strebepfeiler belebt. Von den Bronze-
platten besitzt das Museum einige kleine Reste.
Bemerkenswert ist der spätgotische Beschlag der TCr ziun Archiv an
der Nordseite. Der Türklopfer ist befestigt auf einem sechsblättrigen eisernen
Schild, von dessen Ecken strahlenförmig kleine Blätter ausgehen. Der Klopfer
selbst ist dreiseitig mit runden Ecken, aus denen Eicheln herauswachsen, aus-
gebildet
An der Westwand des Schiffes sind Reste eines gotischen Backstein-
frieses über einem Nasengesims vermauert.
In dem südhchen kapellenartigen Räume neben dem Chor ist eine Sand-
steinplatte mit barocker Umrahmung eingelassen. Die auf die Geschichte der
Kirche bezügUche Inschrift in großen römischen Buchstaben lautet:
„Deo. auspice. perillustris. ac. venerabilis. dominus, dominus. Joachimus.
Fridericus. de. Lüneburg, director: statuum. ducatus. Limeburgici. domnus. de«
domo, sancti. Michaelis, dynasta. in. Wahtlingen, Utze. reL tempU. quod. post
sinistra. in monte. fata. hie. loci. Wemero. Grotiade. abbate. anno. MCCCLXXVI.
resuscitari. coeptum. et. braesule. Ulrico. Barveldio. anno. MCDVHI. in-
auguratum. fuerat fomices. ruinam. ex. vetustate. mina. tos. reficL tectum.
olim. trifidum. soUdiori. uno. commutari. pileo. que. aeneo. m. Nov. MDCCLL
imposito. claudi. columnas. et lateritia. exesas. firmiere, robore. donari. pavi-
mentum. novo, latere. recentari. aedem. interiorem. nitida, facie. indutam sere-
niore luce beari ardui. operis. et. ingentis. impensae. fabricam. mense. februario.
a. MDGGL. inchoatam. biennio . nondum . exacto. absolvi. penetraUa. sacris.
consuetis. die. XXV. decemb. a. MDCCLL rursus. aperiri. tot qve. moni-
mentis. conspicuis. sibi. monimentum. aere. perennius. P. C. pie. solerter.
feliciter."
Die Verbindung mit dem Dachboden vermitteln zwei Wendeltreppen,
eine im letzten südöstlichen Pfeiler des Schiffes, die andere in der nördlichen
Außenmauer. Letztere führte auch zum Archiv im nördlichen Anbau.
Der Haupteingang zur Kirche, die sogenannte Brauttür, liegt an der
Südseite, zwei weitere Eingänge hegen einander gegenüber in dem letzten
westUchen Schiffjoche.
-^ 48 s«-
Durch die fünfteiligen Gewölbe der Nebenschiffe erhält die Außenseite
in jedem Joche zwei echlaake Fenster, die von Strebepfeilern eingefaßt weiden.
Die Südseite der Kirche läßt die zwölf Fenster mit den dreizehn Strebepfeilern
Flg. 9. Mlebaeltaklrclia; NardMfte.
voll in die Erscheinung treten und gestaltet sich hier unter dem hohen Zi^el-
dach zu einer mächtigen Front (Fig. 6), die früher auch malerisch gewesen ist,
als noch die kleinen Kapellen am Fuße der Wand lagen und vor dem spitz-
-^ 49 8^
bogigen Haupteingang im dritten Joche sich das „Segenhaus'^, eine Eingangs*
halle mit prächtig verziertem Staffelgiebel, aufbaute. Alle diese Teile, die uns
Gebhardi in seinen Aufnahmen und Beschreibungen erhalten hat, sind im letzten
Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts von dem Landschaftsdirektor von Bülow
abgerissen worden. Die Nordseite ist ebenso ausgebildet wie die Südseite, hier
wird etwas malerische Bewegung in die starren Massen der Strebepfeiler ge-
tragen durch den Anbau mit dem ArchiV; dessen schwere Strebepfeiler die auf-
steigenden Linien unterbrechen (Fig. 9). Eine Eigentümlichkeit zeigen die im
Spitzbogen geschlossenen Pfostenabschlüsse in den Fenstern an dieser Seite.
Diese Spitzbögen haben maßwerkähnliche Nasen aus gebranntem Ton.
Das Dach des Schiffes ist 1760 aufgesetzt worden (Fig. 7), nachdem
das alte dreigeteilte Längsdach, das dem der Johanniskirche ähnlich sah,
beseitigt worden war.
Der 11,50 m im Quadrat starke Turm ist imvollendet geblieben. Sein Turm.
Mauerkörper zeigt am äußeren auf allen Seiten Ansätze, Verzahnungen und
Spuren, die auf einen bestimmten, nicht vollendeten Bauplan deuten. Auch
die jetzige Spitze des Turmes ist nicht die ursprünglich geplante, zu dem
schweren glatten Mauerkörper stimmende; sie wurde, nachdem Jahrhunderte
lang ein Notdach den Turmstumpf bedeckte, 1766 durch den Oberlandbamneister
Otto Heinrich von Bonn erbaut.
Wahrscheinlich sollte der Turm in seinem Innern einen prächtigen
hohen Saal bilden; die Architekturteile sind von einem Reichtum imd einer
Größe der Ausbildung, wie sie sicher nicht für eine unbenutzte Turmhalle auf-
gewendet worden wären. Ober einem hohen, bis zum Gewölbe des Schiffes
reichenden Geschosse, daß jetzt durch zwei Balkenlagen geteilt ist, befindet
sich ein zweites, das ebenfalls aus der Erbauungszeit der Kirche stammt. Das
darüberliegende Glockengeschoß gehört der Barockzeit an (1766).
Das untere hohe Geschoß öffnet sich nach dem Schiff zu in voller
Spitzbogenöffnung mit reichem Gewände (die Öffnung ist jetzt durch die
Rückwand der Orgel verbaut), nach den drei anderen Seiten öffnen sich in der
Mitte jeder Schildwand schmälere, durch die Mauerstärke gehende Nischen,
die jetzt teils vermauert sind, teils, nach Westen, ein später eingebautes Fenster
enthalten. Diese Nischen haben eigene Kreuzgewölbe mit Bimstabrippen und
ornamentierten Schlußsteinen, die Dienste gehen bis zum Fußboden und das
Verschwinden der Profile in der Vermauerung, sowie die Wiederkehr von
Diensten und Profilen an der Außenseite des Turmes nach Norden zeigen, daß
hier ein beabsichtigter Bau nicht zu Binde geführt wurde. Es ist denkbar, daß
die Seitenschiffe bis zur Vorderkante des Turmes verlängert und * mit dem
Mittelraume im Turm verbunden werden sollten, so einen großen, quer vor der
Kirche liegenden Saal für IQosterzwecke bildend. Schon während des Baues
muß der Plan verlassen worden sein, denn das Gewölbe des Mittelraumes ist
nicht ausgeführt worden. Alle Ecken, Pfeilervorlagen und Dienste des Mittel-
raumes sind für Gewölbebau, reich profiliert angelegt, die Schildbögen sind ebenfalls
ausgeführt. Die schlanken Verhältnisse des Raumes im Verein mit dem
gruppierten Grundrisse imd der reichen Ausstattung mit Profilen sind von großer
7
Schönheit Die Profile der Pfeiler in Erdhöhe siixd anders ausgebildet als die
des eben beschriebenen Raumes, so daß, wenn keine spätere Veränderung vor-
liegt, hier eine Decke, vielleicht in Höhe der Orgelempore, vorhanden war.
Das obere Turmgeschoß entspricht in seiner Teilung dem unteren; es
ist aber viel einfacher ausgebildet. Eine Wendeltreppe im südwestlichen Turm-
pfeiler bildet den Zugang zu diesem Geschoß. Hier beginnt die Unterkonstruktion
für den Glockenstuhl, auf dem [die achteckige Spitze des Turmes steht Das
Glockengeschoß,' zugänglich durch eine Wendeltreppe im südöstlichen Turm-
pfeiler, ist 1766 erbaut
Die Mauern des Turmes steigen glatt bis zum Hauptgesims auf. An
der südlichen Seite (Fig. 7) erscheinen im unteren Teile zwei flache Nischen,
zwischen beiden ein vermauerter dritter Bogen. Die nördliche Seite zeigt die-
selbeif Nischen, aber noch mit profilierten Schildbögen und Diensten auf
den Pfeüem zwischen den drei Schildbögen. Die Dienste stehen auf Eonsolen.
An den freistehenden Turmecken befinden sich unten kleine spätere Strebe-
pfeiler, oben Verzahnungen.
Die Turmfläche wird nur unter dem Hauptgesims von rundbogigen
größeren Offnungen durchbrochen. Über dem hölzernen Hauptgesims beginnt
die mit Kupfer gedeckte Haube, die in einem achteckigen, durchbrochenen Be-
krönungsgeschoß mit einer pyramidalen Spitze endigt. Der Körper des Turmes
erhebt sich nur wenig über den First des Schiffdaches.
Altäre. Der jetzige Altar ist neu, mit einer Grablegung als Mittelbild.
Von dem früheren Hochaltar, der die berühmte 1698 durch Nickel List
beraubte goldene Tafel enthielt, befinden sich im Provinzialmuseum zu Hannover
die vier Flügel, mit denen der Altarschrein verschlossen werden konnte. Die
inneren Flügel sind an der Innenseite mit vergoldeter gotischer Baldachin-
architektur geschmückt, in der auf Konsolen in zwei Reihen übereinander 20 be-
malte und reich vergoldete Figuren stehen. Im ehemals nördlichen Flügel stehen
in der oberen Reihe: Maria Magdalena, Stephan, Benedikt, Lorenz und der Erz-
engel Michael, in der unteren Reihe: Bartholomäus, Johannes d. Ev. und die
Apostel Thomas, Andreas und Philippus. Im vormals südlichen Flügel befinden
sich in der oberen Reihe: Johannes d. T., die Apostel Jacobus d. J., Matthaus,
Simon, sowie Georg, in der unteren Reihe: Maria mit dem Kinde und die Apostel
Petrus, Paulus, Matthias und Jacobus d. Ä. Die Baldachine werden zwischen
den Figuren durch Strebepfeiler gestützt, die in halber Höhe von zierlichen
weiblichen Figuren unterbrochen werden.
Die Außenseiten der Innenflügel und die Innenseiten der Schutzflügel
zeigen 36 quadratische Bilder in drei Reihen übereinander, jeder Flügel also
neun Bilder mit Darstellungen, die der Geschichte Jesu und seiner Mutter
entnommen sind imd die Mithoff im einzelnen anführt Die Außenseiten der
Schutzflügel sind mit zwei großen Temperagemälden auf gemustertem Goldgrund —
die Aufrichtung der ehernen Schlange und die Kreuzigung Christi darstellend —
bedeckt
Kleine vergoldete Reste gotischer Maßwerkarchitektur, die ehemals zum
Altarschrein gehörten, befinden sich im Lüneburger Museum.
MICHAELISKIRCHE; BLICK INS MITTELSCHIFF.
-*^ 51 8«<-
Die zwei Altarleuchter aus Messing haben reich 3)rofillerte Mittelkorper, Altarleuchter,
die auf je drei Lawen ruhen.
Im nördlichen Seitenschiff hängt an der Ostwand ein farbiger, an- Kruzifixe,
scheinend spätgotischer Chitstuskörper an neuem Kreuz.
Im Chor hängen vier neue Gemälde, die Evangelisten darstellend. Gemälde.
Im südlichen Seitenschiff hängt am Ostende eine schmale eichene Tafel,
1,75 m hoch, 4,53 m lang, mit den Wappen von 35 Äbten bis auf Eberhard von
Holle 1586. Die linke Seite dieser Tafel nimmt eine stehende männUche Gestalt,
Hermann Billung darstellend, ein; zwischen ihr und den Abtswappen ein Gedicht
auf Hermann Billung. Die Tafel soll früher in der Gruft der Äbte, die unter
dem Ostende des südlichen Seitenschiffs lag, gehangen haben.
Im Archiv befinden sich 4 Bildnisse von Äbten.
Von den drei Läuteglocken zeigt die älteste eine bimförmige Form ohne Glocken.
Inschrift oder Verzierung, zwei weitere sind aus dem Jahre 1492. Die größte
hat 1,385 m Durchmesser und 1,00 m Höhe ohne Krone, am oberen Rande
einen spätgotischen Fries und darunter eine lateinische Umschrift mit der
Jahreszahl. Die kleinere der Glocken hat 1,08 m Durchmesser bei 80 cm Höhe
mit oberer Umschrift. Beide Glocken sind von Gerhard von Wou gegossen.
(Inschriften und Abbildungen in den Lüneburger Museumsblättem. Heft I. 1904.)
Der Grabstein der Unterkirche wurde schon erwähnt Einige weitere Grabsteine.
Grabsteine sind im südlichen Seitenschiff, in dem abgetrennten Räume neben
dem Chor, an den Wänden aufgestellt. An der Außenwand steht das schöne
Denkmal Herbeii; von Helles, des ersten lutherischen Abtes, der 1555 staxb.
Das Denkmal wird wenig später entstanden sein. Auf dem 1,42 m breiten,
2,38 m hohen Stein erscheint über einer unteren Schrifttafel die knieende
Gestalt des Abtes mit Bischofsstab in Lebensgröße, ein großes Kruzifix an-
betend. Der Abt kniet auf einem Stein mit der Inschrift:
OB. AN 1555/12 DECEMB. AETAT. SVAE 63/ SEDITQ. AN 25/ MINUS, UNO/ DIE.
Links von dem Stein ist das Abtswappen angebracht, das sich zuerst an diesem
Stein vorfindet, ein viergeteilter Schild, im ersten und vierten Felde sitzt ein
Abt mit Bischofsstab, das zweite und dritte Feld nimmt das Stammwappen von
Helles ein. Über dem Schild hegt eine Bischofsmütze mit zwei Abtsstäben.
Die Darstellung wird an beiden Seiten eingefaßt durch ornamentierte Pilaster
mit Blätterkapitellen. Auf jedem Pilaster liegen fünf flache Ringe, die oben
und unten Wappen, dazwischen männUche Köpfe umschließen. Die Köpfe scheinen
Zeitgenossen des Abtes darzustellen. Die Wappen sind links oben von Holle, rechts
oben vonMandelsloh, links unten vonSaldem, rechts unten von Landsberg. Zwischen
dem Kruzifix und dem Kopf des Abtes ein Schriftband. Behncke*) hält das aus
farbig bemaltem Sandstein bestehende Grabmal für ein Werk Alberts von Soest.
An derselben Wand steht ein Grabdenkmal des Abtes Johannes
von Harling, gestorben 19. Oktober 1604. Eine fast lebensgroße Gestalt in der
Tracht lutherischer Pfarrer steht, die Hände faltend, aufrecht unter einem Bogen,
dessen Kämpfer von Engelköpfen getragen wird. In den Bogenzwickeln und
*) Behncke, Albert von Soest. Straßburg 1901.
7*
-^ 52 8^
in den unteren Ecken Wappen. An den Plattenrandem zieht sich die In-
schrift herum:
ANÖ 1604 DIE 19 OCTO. OBHT REVEREND' ET NOBILIS DK
JOANNES AB HARLING COENOBH HVIVS SENIOR ET CELLART
QVI FRATRES HENRIC ET CHRISTIAN' HOC MONUMETÜ PP.
An der Langseite befindet sich eine zweite Schriftreihe:
rechts: DOMIN^ ADIVTOR ET REDEMPTOR MEVS.
links: GOT MEIN HELPFER VNDT ERRETTER
Die Platte ist aus Sandstein und 1,20 X 2,00 m groß.
An der gegenüberliegenden Wand, nach dem Chor zu, ist ein 1,42 m
breiter, 2,28 m hoher Grabstein für Johannes Wilkinus von Weihe, geb. 1659,
gest. 23. Februar 1623, eingemauert. In der Mitte sitzt eine Kartusche, von
zwei Engeln gehalten, darin ein Wappen mit dem Schild der Familie. Unter
und über der Kartusche ist eine Inschrifttafel mit aufgerollten Rändern
angebra.cht. Am Rande eine Umschrift aus großen römischen schräg-
liegenden Buchstaben, die in den Ecken durch Kreise mit Wappen unter-
brochen wird.
An dieser Wand sind noch zwei ReUefs aus Sandstein eingelassen; eine
farbige Auferstehung mit guter Christusfigur, die früher (nach Gebhardi) das
Grabdenkmal von HoUes bekrönte und, nach Behncke, ebenfalls von Albert
von Soest stammen soll; ferner eine Kreuzabnahme, deren Figuren in lebhafter
Bewegung fein gearbeitet sind und über der Gott Vater in Wolken schwebt
In dem nördlichen kapellenartigen Räume neben dem Chor, sind in die
Chorwand vier kleine Sandsteinreliefs, wohl auch von Grabdenkmälern stammend,
eingelassen, oben zwei hoch erhabene Köpfe, Luther und Melanchton in halb-
runder Nische mit Um- und Unterschrift, die Behnke für Werke Soests
hält, unten links ein St Michael mit dem Drachen, im Rundbogen, von guter
Arbeit Im Rundbogen steht die Zahl 1595, unter dem Bildwerk sind die Buch-
staben G. M. H. V. E. angebracht Auf dem Kleide St Michaels ist ein Wappen-
schild der Harling angebracht Das Relief rechts zeigt in einem von vertieften
Gewänden getragenen Bogen ein Kreuz, im Hintergrunde eine Stadt. An dem
Kreuz hängt ein Christuskörper von Zink, aus späterer Zeit.
HostiendoBen. Dröi ovale silberne Hostiendosen besitzt die Kirche, eine ist von 1689,
mit eingraviertem St Michael; eine zweite von 1664 zeigt auf dem Deckel die
Namen vieler Soldaten in kreisförmiger Anordnung (Stempel THP); auf dem
Deckel der dritten von 1666 ist ein Kruzifix eingraviert, daneben die Namen
von Soldaten.
Für Krankenkommunionen sind noch zwei silberne Hostiendosen vor-
handen; der Deckel der einen ist mit eingraviertem St. Michael geschmückt
Kanzel. ^^^ S^'^ ^^^ Sandstein hergestellte schöne Kanzel ist ein Werk des
17. Jahrhunderts (Fig. 11). Sie wird getragen von einem achteckigen, unter dem
Fußgesims der Brüstung stark auskragenden Pfeiler mit Fußgesims. Vor dem
Pfeiler steht die fast lebensgroße Gestalt des Apostels Paulus mit Schwert und
Buch, in stark bewegtem Gewände. Das mit Eierstab ornamentierte Puß-
gesims der Kanzelbrüstung setzt sich auch an der halbgewundenen Treppe fort;
über ihm baut sich die reich mit Figuren und Gruppen geschmückte Brüstung
mit dem Ahschlußgesims auf. Die Brüstung ist in 15 Felder geteilt, von denen
Ftg. 11. UicfaielliUrcbei Kkniel.
ins erste, zweite, zehnte und fünfzehnte Kartuschen mit Bibelsprüchen oder
Monogrammen enthält Das dritte bis neunte Feld enthält die Geschichte Christi,
-^ 54 8^
das elfte bis vierzehnte Feld die sitzenden Figuren der Evangelisten mit ihren
Symbolen. Jede dieser Darstellungen steht in einer flachen, halbkreisförmig
überdeckten Nische. Zwischen den Nischen sind auf Konsolen die Gestalten
von Männern, darunter die Apostel, angeordnet Unter jeder Nische steht eine
auf die Bilder bezügliche lateinische Inschrift.
Unter dem zehnten Felde mit dem verschlimgenen Monogramme SFP. steht
die auf den Erbauer Statz Friedrich von Post bezügliche Inschrift:
PRiESVLIS. HOC. PIETAS. PVLCHRO. CONAMINE . POSTL
FECIT. GRATA. COLET. QUOD. PIA. POSTERITAS.
Im vierzehnten Felde mit dem Apostel Matthäus stehen unter dem
lateinischen Verse die unerklärten Buchstaben: MFDIR.
Die Figuren und namentlich die Gruppen sind außerordentlich fein und
lebensvoll gearbeitet. Die Kanzel soll früher farbig bemalt gewesen sein. Der
Kanzeldeckel ist neu. Wiederhergestellt wurde die Kanzel laut Inschrift im letzten
Brüstungsfeld 1865 unter der Regierung des Königs Georg V. Sein Monogramm
ist auf der Kartusche angebracht
Kelche/ Ein 18,7 cm hoher Kelch hat noch gotische Formen, gehört aber der
Mitte des 16. Jahrhunderts an. Der Fuß ist sechsblättrig, mit aufgeheftetem
Kruzifix auf der einen Seite und einem Schild mit dem Wappen der Bothmer
auf der anderen Seite. Am Hals über dem Knauf mit sechs Nägeln die Inschrift:
IHESVS, darunter: MARIA.
Ein 21,8 cm hoher Kelch zeigt ähnliche Formen. Der Fuß ist
sechsblättrig, der Knauf hat sechs Nägel. Auf dem Fuße ein silberner
Christuskörper. Die Flächen sind mit eingeritztem Ornament bedeckt Die
Marke ist gegenüber dem Ghristuskörper auf der Oberseite des Fußes ein-
gepreßt Ah der Unterseite des Fußes eingeritzt: ANNO 1562 57 LOT 3 quT'.
Die Patene hat eingraviertes Mittelornament mit dem Schweißtuche der
Veronika.
Eine zweite Patene hat ein Weihkreuz.
Ein Kelch mit rundem Fuß ist 17,7 cm hoch, von einfachen Formen,
mit einem Christuskörper auf dem Fuß, seine Patene hat ein Weihkreuz.
Ein 24,7 cm hoher Kelch zeigt auf dem sechsblättrigen Fuß das Mono-
gramm: CL. und den Stempel NM. Der Knauf hat sechs Nägel.
Ein 17,6 cm hoher Kelch mit rundem Fuß hat die Inschrift: „H. G. Lohausen.
Major imd Conmiandant 1664" und auf der anderen Seite: „1822".
Femer sind noch vorhanden drei kleine Kelche für Krankenkommunionen:
10,2 cm hoch, von 1666 mit den Namen von Soldaten; 8,30 cm und
9,20 cm hoch, letzterer auf dem Fuß mit eingraviertem St Michael. Alle Patenen
haben Kreuze.
Leuchter. ^ Mittelschiffe hängt ein 16 armiger Messingleuchter, zum Gedächtnis
an Pastor Görges 1885 gestiftet und hergestellt von J. Hartig, Lüneburg, nach
dem Modelle des mittleren Leuchters im Schiff der Johanniskiche.
Q j Die Orgel ist 1708 durch Matthias Tropa erbaut Sie steht auf der oberen
Empore des letzten Mittelschiff] oches am Turm und wird seitlich von zwei hohen reich
ornamentierten Aufbauten begleitet, die als oberen Abschluß je eine große Königs-
-<-S 55 8^
Mnseum
zu Hannover.
kröne tragen. Der mittlere Aufbau wird ebenso bekrönt Die Gesimse sind reich
gegliedert, mit scharfen Verkröpf ungen.
Die silberne Kanne ist 29,5 cm hoch und hat auf dem Deckel Weinkanne,
das eingravierte Wappen des Landschaftsdirektors Ernst Wilhelm von
Spörken (Schild viergeteilt, im ersten und vierten Felde St Michael, im
zweiten und dritten Felde das Stammwappenbild). Am Henkel die Jalures-
zahl 1721.
Eine kleine Kanne für Krankenkonununionen ist an der Vorderseite mit
einem eingeritzten St Michael geschmückt. (Stempel A. G. B.)
In der Unterabteilung „Weifen -Museum" des Provinzial- Museums zu Gegenstände im
Hannover befindet sich eine Anzahl Gegenstande, die früher der Reüquien- Provinzial-
kammer des Welfen-Museiuns angehört haben. Für die Reihenfolge ist der
Katalog des Provinzial-Museums maßgebend gewesen.
1) Zwei Reliquienarme von Holz, romanisch. Der frühere Beschlag
fehlt Am unteren Ende die Inschriften: SCS • VALERIV und
SANCTVS • PANCRATroS •, aus der goldenen Tafel.
2) Zwei Büsten mit Reliquien von den 11000 Jungfrauen, schwarz
bemalt und zum Teil vergoldet. Inschrift: B'nard' «dvx'dedit
3) WeibUche bemalte Büste, mit Steinen und Glasflüssen be-
setzt, gotisch.
4) Zwei Reliquienbehälter, jeder auf vergoldetem Fuße mit dem auf-
gehefteten [fürstlichen Wappenschild und der Inschrift wie bei 2,
ein Straußenei tragend. Auf der Spitze ein gotisches Türmchen
mit Kruzifix.
5) Kruzifix-Fuß aus vergoldeter Bronze. Ein flach nach oben ge-
wölbter durchbrochener Schild ruht auf vier Greifenfüßen, über
denen kleine Evangelistenfiguren vor einem aufgeschlagenen Buche
schreibend sitzen. Auf der Mitte des Schildes ein sargähnlicher
Kasten, in dem Adam, mit dem Leichentuche bedeckt, sichtbar
wird. Zu beiden Seiten des Kastens halten geflügelte Engel
einen runden Schaft (Inschriften bei Mithoff.) Nach dem
Katalog des Museums soll d£ks Stück von Bischof Bemward an-
gefertigt sein.
5) ReUquienkästchen auf vier kugeligen Füßen, kupfer-vergoldet imd
emailliert, mit an den Kanten abgeschrägtem Deckel; vorn imd an
den Seiten figurale Darstellungen, auf dem Deckel Tiere.
6) Reliquienkästchen aus Holz mit einem Überzug aus vergoldetem
Silberblech. Auf dem Deckel eingeritzt das Opfer Kain und Abels,
an den Seiten 16 sitzende getriebene Figürchen.
7) Reliquienkästchen, mit Leder überzogen und bemalt mit den
Evangelistenzeichen, Fabeltieren und Köpfen.
8) Drei Kästchen aus Elfenbein, mit Messingbeschlag.
9) ReUquienbüchse, achtseitig, mit gepreßtem Leder überzogen.
10) Ein kleines Diptychon von Elfenbein, mit den Darstellimgen der
Himmelfahrt und des Pfingstfestes.
-^ 56 8^
11) Rotes Holzkästchen in Form eines Triptychons, mit vielen Reliquien
hinter Homscheiben.
12) Reliquienbehälter in Form eines Triptychons, mit grüner Seide
überzogen. Reliquien hinter Gittern.
13) Zwei runde Büchsen von Elfenbein.
14) Zwei Jagdmesser, das eine mit Hirschhorn-, das andere mit
Elfenbeingriff.
15) Eine Bischofsmütze, Schuhe, verschiedene Decken von roter und
weißer Seide imd von rotem Samt
16) Verschiedene Glasgefäße.
17) Ein Kästchen mit gesticktem Überzug.
18) Reliquienschädel, Pergamentschriften, Steine.
19) Verschiedene Bücher.
20) Zwei runde Schüsseln von geschlagenem Kupfer, emailliert Jede
•hat auf dem inneren Boden ein Wappenbild (im roten Felde drei
übereinandergehende goldene Leoparden), das den Kern eines Sternes
bildet, dessen Spitzen von lilienartigen Blumen besetzt sind. Der
Raum zwischen den Bogenstücken wird durch sechs von Ornamenten
begleitete Medaillons ausgefüllt, von denen jedes einen mit Keule
imd rundem Schild bewaffneten Ringer enthält Eine der Schüsseln
hat am Rande einen vortretenden Schlangenkopf mit viereckiger
Öffnung.
21) Maria mit dem Kinde, Elfenbein, gotisch.
22) Rot bemalter imd ornamentierter gotischer Holzkasten*
23) Elfenbeintäfelchen von einem Diptychon, oben die Kreuzigung, unten
die heiligen drei Könige enthaltend.
24) Maria aus Bernstein, gotisch.
25) Buchdeckel mit Elfenbeinschnitzwerk, oben eine Kreuzigung, unten
eine Kreuzabnahme darstellend, zwischen beiden zwei Elngel-
Brustbilder, bezeichnet Michael imd Gabriel Hervorragende
romanische Arbeit
26) Tragaltar mit Abrahams Opfer, Holz mit vergoldeter Kupferplatte,
romanisch.
27) Hölzerner Kasten, mit Bleiguß belegt, gotisch.
28) Zehn Bleikistchen aus verschiedenen Altären, mit ReUquien.
29) Gewand der heiligen Anna.
30) Ein Kasten mit verschiedenen Reliquien.
Die angegebenen Bezeichnungen und Datierungen stützen sich auf den
Katalog des Provinzial-Museums.
Im Provinzial-Museum zu Hannover befinden sich femer noch folgende,
aus der Michaeliskirche stammende Gegenstände: zwei große Holzfiguren, Maria
mit dem Kinde und Maria Magdalena, vier Stücke eines geschmiedeten eisernen
Gitters und acht knieende Alabasterfiguren, angeblich Porträtfiguren von einem
Grabmal des Werner von Meding f 1655.
-^ 57 8^
Im Lüneburger Museum werden folgende Gegenstande, die sich einst in OegenBt&nde im
der Michaeliskirche befanden, aufbewahrt: Lüneburger
1) Ein Ältarschrein, 1,28 m breit, 1,60 m hoch, 0,37 m tief, mit zwei bemalten
Flügeln. Die Temperamalereien stellen auf der Innenseite der Flügel das
Abendmahl imd Qethsemane dar, auf der Außenseite Gott Vater mit
Christus im Schöße, und die Ejreuzigung. Rückwand und Seiten des Schreines
zeigen Reste von gepreßter Vergoldung, der obere Teil wird von einem maßwerk-
artig ausgebildeten Baldachin ausgefüllt. Im Innern steht eine geschnitzte
Figurengruppe mit der Darstellung Job., Kap. 8, V. 7.
2) Ein bemalter Altarflügel aus Eichenholz, gotisch. Die Malerei zeigt in einer
Darstellung die Fußwaschung und das Abendmahl.
3) Eine< kleine Tür aus Eichenholz, 0,43 m breit, 0,59 m hoch, mit eingelegter
Arbeit aus farbigen Hölzern.
4) Mehrere Einzelfiguren und Gruppen aus Eichenholz, darunter Johannes der
EvangeUst, Adam und Eva, Maria mit der Leiche Christi, St. Georg mit
dem Lindwurm.
5) Verschiedene Architekturteile aus Holz, Marmor imd Sandstein, darunter
mehrere gut gearbeitete Karyatiden, Kapitelle und Säulen.
6) Eine Wappentafel aus künstlichem Marmor mit dem Abtswappen von Bülow.
7) Eine Wappentafel aus Eichenholz mit dem Abtswappen von Spörcken.
8) Einige ReUquien aus der goldenen Tafel, darunter ein Blatt mit koptischen
Schriftzeichen.
9) Zwei runde farbige Totenschilde für Werner von Meding, gest.
1499, und Boldewin von Meding, gest. 1517. Die voll ausgebildeten Wappen
mit 'gotischen Helmdecken werden von einem Ring mit gemalter Inschrift
umgeben.
10) Drei 3,87 m hohe Karyatiden aus Eichenholz, die einst die Stützen einer
Prieche bildeten. Die Sockel sind reich mit Kartuschen, deren Ränder auf-
gerollt sind, und mit Fruchtgehängen geschmückt Die weiblichen kräftig
ausgebildeten Oberkörper tragen ein jonisches KapitelL Der Übergang vom
Körper zum Sockel wird durch ein Wappen verdeckt. Auf jeder Kartusche
am Sockel befindet sich eine Inschrift, und zwar unter dem Wappen von
Prese: FIDES ANNO 1591, unter dem Abtswappen von Bothmer: IVSTITIA
ANNO 1591, unter dem Wappen von Harling: SPES MEA CHRISTVS
ANNO DOMINI 1591.
Die Reste des früheren Altarschreins imd des Fürstengrabes wurden
bereits vorn erwähnt
Im rechten Winkel stoßen an die Nordseite der Kirche die früheren Kloster- Klostergebäude.
gebäude, jetzt Seminar, Amtsgericht und Landratsamt Von den alten Gebäuden
des Klosters ist nichts mehr erhalten ; die vorhandenen tragen den Charakter des
18. Jahrhunderts. Gebhardi hat noch das Pfort- oder Tafeldeckhaus, an der
Stelle der jetzigen Reithalle am Springintgut, einen zierlichen Bau mit oberem
Fachwerkgeschoß und achteckigem Treppenturm, von 1580, aufgezeichnet, ebenso
den Pferdestall der Ausreuterei von 1568. Beide Häuser sind 1787 abgebrochen
8
-^ 58 8«H
worden. An der Südseite der Kirche lag neben dem Chor die ehemalige Michaelis-
schule, unten massiv, oben Fachwerk, von der Oebhardi eine Zeichnung gibt,
und die 1568 erbaut worden war; sie wurde 1792 abgebrochen.
Die Cyriakskipche.
Quellen: Chronicon St Mich. (Wedekind, Noten 1, 413) ; Lttnebnrger Urkandenbuch,
herausgegeben von W. v. Hodenberg, 7. Abt., Archiv des Klosters St. Mich.; Urkundenbneh
der Stadt Lüneburg, hrsg. von Volger (1872 ff); Lüneburgs ältestes Stadtbuch, hrsg. von
Reinecke (Quellen und Darstellungen, Band 8); Inedita des Lüneburger Stadtarchivs; ü. F. C.
Manecke's Sammlungen (Ms. der Stadtbibliothek in Lüneburg), Band 26.
Literatur: Gebhardi, Kurze Geschichte des Klosters St Michaelis; Manecke, Top.-
bist Beschreibungen, S. 19 (daselbst die ältere Literatur); Wedekind, Noten ü, 293 f.; Volger,
Die Kirchen in Lüneburg (Lüneburger Johannisblatt 1857, Lüneburger Blätter S. 124 ff.);
Mithoff, Kunstdenkmale, S. 148 f.
Geschichte. ^^^ Cyriakskirche („Sunte Cyriakes kerke", „ecclesia Sancti Ciriaci",
auch mit dem Zusätze „Antique civitatis^') war die Pfarrkirche der alten Stadt
Lüneburg, jener Siedelung, die unter dem Schutze der Burg entstanden, das
Gelände zwischen Kalkberg und Sülze einnabm, imi sich von dort im langsamen,
gesunden Wachstum nach Osten hin vorzuschieben. Die Kirche lag vor dem
Ausgange der jetzigen Neuentorstraße, ein wenig nach Norden hin*), und es
wäre von großem Interesse, durch eine Ausgrabung in dem heutigen Seminar-
garten festzustellen, ob nicht die Gnmdmauem des Gotteshauses, das über der
Erde keine Spur hinterlassen hat, noch erhalten oder zu bestimmen sind. Große
Raumverhaltnisse hat St. Cyriak nicht gehabt, schon weil der Bauplatz im
Westen durch den Anstieg des Kalkberges beschränkt war. Der Haupteingang
befand sich allem Anscheine nach an der Südseite, wo die Salzbrückerstraße
in ihrer Verlängerung ausmündete; eine „stegele^', ein Stufengang, führte zu
ihm und zu einer Vorhalle (porticus) hinauf. Im Norden schloß sich eine Kapelle
mit einem Aldegundis- und Johanmsaltar an die Kirche an (erwähnt 1347),
eine zweite Kapelle mit einem Gertrudenaltar gehörte der Ritterfamilie Grote
(1336), eine dritte, „in porticu ecclesiae", mit einem Allerheiligenaltar, hieß die
Kaidunenkapelle, eine vierte mit einem Veitsaltar die Lange Kapelle („Longa
capella'^). Nach Niederlegung des Michaelisklosters auf dem Kalkberge im
Sonuner 1371 waren die in ihrer Ruhe gestörten fürstlichen Gebeine zunächst
in der Cyriakskirche untergebracht, bis sie von da in die neue MichaeUsldrche
überführt wurden; der Name Kaldunenkapelle scheint anzudeuten, daß die
fürstlichen Eingeweide bis zum Untergange des Gotteshauses daselbst ver-
blieben sind.
*) Vergl. Gebhardi, S. 15, Manecke, S. 19, Wedekind II. 293 N., Volger, LUnebnrger
Blätter 124 N. 2.
-tng 59 8^
Die erste Abbildung der Kirche, in einer gegen 1400 entstandenen
Handschrift des Sachsenspiegels auf der Lüneburger Stadtbibliothek, zeigt uns
ein Langhaus mit rotem Dach ohne Reiter, schlanke, rundbogige Fenster und
nach Osten hin einen kleinen Chor; zwei gedrungene Rundtürme mit rotgedecktem
Zeltdach, die unmittelbar hinter der Kirche emporragen, gehören zur Stadtmauer,
aber auch St. Cyriak wird ursprünglich einen Turm gehabt haben, da der
Glocken und eines Glöckners, der seine Amtswohnung in der Altstadt hatte
(1351), wiederholt Erwähnimg geschieht (z. 6. 1308 u. 38). Dürftig nimmt sich
die Kirche in den Stadtansichten des 15. bis 17. Jahrhimderts aus — ein
kurzes Langhaus mit Chor und, wo dieser sich anschließt, auf dem Dach-
first ein einfaches Kreuz. Die nahe gelegene Pfarrei wurde 1348 durch
einen angrenzenden Hof vergrößert, den Bischof Johann von Lübeck zum Ge-
schenk machte.
Wann St Cyriak entstanden ist, darüber fehlt jeder sichere Anhalt
Die Wahl des Schutzpatrons weist mögUcherweise auf Kölnischen Einfluß, deim
der Hauptheilige des Namens Cyriak begleitete nach der Legende die 11000
rheinischen Jungfrauen nach Rom und wurde auf der Heimfahrt mit ihnen
hingeschlachtet. Erinnern wir uns, daß der erste Benediktinerabt auf dem
Kalkberge aus dem Panthaleonskloster zu Köln berufen wurde, so liegt der
Schluß nahe, daß die Cyriakskirche nicht lange nach der Gründung des
Michaelisklosters, noch in der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts,
erbaut wurde, eine Mutmaßung, die manches für sich hat Mußen wir
doch in einer Kirche der Altstadt auch das Gotteshaus suchen, welches bei
dem großen, von Thietmar von Merseburg erwähnten Erdrutsch von 1013
gefährdet war.
Die Kirche stand unter dem Patronat der Herzöge. Die bauliche Erhaltung
des Gotteshauses war der Obhut zweier Ratmannen, den „provisores structure^',
anvertraut denen Bürger als Kirchgeschworene zur Seite standen. Die Jahres-
einkünfte der Kirche wurden auf 16 Mark Silbers geschätzt, die sich vornehmlich
aus Sülz-, Haus- und Grundrenten, auch den Erträgen einer Badestube am
Lindenberger Tor zusammensetzten.
Herzog Magnus, der letzte Billunger (f 1106), machte die Kirche dem
Michaeliskloster zum Geschenk, und eine urkundliche Nachricht von 1259, in
welcher der Abt von St Michaelis das Patronatsrecht für St Cyriak in Anspruch
nimmt, stimmt mit dieser chronikalisöhen Überlieferung überein. Die Rückgabe
des Rechtes war wohl voraufgegangen, als die Herzöge Albrecht und Johann
die Bardewiker Domherrn zum Umzug nach Lüneburg zu bewegen suchten und
dem Dekan und seinem Kapitel unter anderen imwirksamen Lockmitteln das
Patronatsrecht über St Cyriak zusicherten (1266 und 75).
In schwere Bedrängnis kam die Cyriakskirche durch die Zerstörung der
Burg und die Verlegung des Michaelisklosters, deshalb vor allem, weil der Kalk-
berg mit seiner Umgebung fortan außerhalb der Stadtmauern blieb und damit
die alte Lüneburger Pfarrkirche aus dem engeren Stadtgebiete ausschied. Durch
die große Umwälzung schrumpfte der ganze Pfarrsprengel so zusammen, daß der
Pleban in seiner Existenz bedroht war. Da nun auch die Michaeliskirche ihre
8*
H>^ 60 8^
Gemeinde eingebüßt hatte, übertrugen die Herzöge den Patronat über St Gyriak
mit allen Ertragen, Ehren und Rechten abermals dem Benediktinerkonvent; zu-
gleich verfügte der Bischof von Verden, daß nach dem Tode oder dem Verzicht
des derzeitigen Pfarrers, Dietrich von Lembeke, der sein Amt bereits 1377 nieder-
legte und sich mit einer Leibrente zufrieden gab, die Gyriaksgemeinde zur Michaelis-
kirche übergehen und dort durch einen vom Abte eingesetzten, jedoch dem
Archidiakon von St. Johannis unterstellten WeltgeistUchen ihre Seelsorge erhalten
solle. Für den Fall einer Niederlegung von St Gyriak, mit der man also
rechnete, erhielt eben der Archidiakon von Modestorpe die Befugnis, am Prüh-
messenaltar von St. Michaelis zweimal alljährUch die Gemeinde zur Synode um
sich zu versammeln. *)
Im Jahre 1379 gab der Verdener Bischof Auftrag, die St. Gyriak ver-
bliebenen Kirchenlehen wegen des mangelhaften Besuchs der Kirche an die
Lambertikapelle zu verlegen, vorausgesetzt, daß die zuständigen Patrone damit
einverstanden seien. Ob dieses Einverständnis nicht zu erlangen war, ob aus
anderem Beweggrunde: St Gyriak wurde weder abgebrochen, noch verlor es seine
Vikarien. Nach einer Aufzeichnimg des Lüneburger Stadtarchivs von 1525
zählte die Kirche jenerzeit noch acht Altäre, außer dem Hochaltar einen
Allerheiligen-, Gyriaks-, Gertruden-, Kreuz-, Phüipp- und Jakobsaltar
<supra lectorium), einen Veits- und einen Wilhads- Altar; ein „altare
Eucharistie", 1300 erwähnt, war eingegangen, ebenso der Ewaldsaltar
in der Sakristei Von 18 Vikarien oder Kommenden der Kirche waren 13
damals noch besetzt.
Dasselbe Verzeichnis gibt eine Aufzählung der zu jedem Lehn gehörigen
Meßgeräte, Gewänder, Bücher, Seidenstoffe, Stickereien, goldenen und silbernen
Ausstattungsstücke; auch drei auf Pergament geschriebene MissaUa und ein in
Magdeburg gedrucktes Meßbuch sind aufgeführt Von sonstigen Kunstschätzen
der Kirche verlautet wenig. Die Gilde Unser lieben Frau in der Altstadt
erwarb im Jahre 1359 eine Rente, imi damit an • hohen Festtagen einen
neuen Kandelaber vor dem Hochaltar mit Wachskerzen zu versorgen; der
Goldschmied Gord Hagen stiftete testamentarisch die Unterhaltung eines
Lichtes „uppe dem hecken" vor dem Frühmessenaltare, vor Unser heben Frauen
BUd (1518 März 15).
Als im 30 jährigen Kriege der Kalkbeig nach Verdrängung der
schwedischen Besatzung durch Herzog Georg neue Befestigungsanlagen erhielt,
erwies es sich als notwendig, gerade auf dem Platze, auf welchem die
Cyriakskirche stand, ein Außenwerk anzulegen. Die Kirche wurde daher
bis auf eine einzige Kapelle, die bis 1651 ihr Dasein fristete, im Jahre
1639 abgebrochen und ist weder an alter noch an neuer Stelle wieder
aufgebaut Auch der imi die Kirche herum liegende Friedhof ist dsunals ein-
gegangen, an seiner Statt wurde der neue Friedhof östlich vom Mönchsgarten
angelegt
*) Urkunden von 1375 August 10, 1376 Juli 14, 1384 Februar 23 (Bestätigunga-
bulle Urban VI.) und 1389 April 4.
•^ 61 8^
Das einzige Stück, das aus Si Cyiiak erhalten ist, besitzt Lüneburg
aller Wahrscheinlichkeit nach an dem Tauf getäße von Si Nikolai, einem schonen
Kunstwerke des Meisters Ulricus aus der ersten Hälfte des 14 Jahrhunderts.
Die Johanniskipche.
Quellen: Volgers Urkundenbuch; Inedita des Stadtarchivs; Eegistratur der
Johanniskirche ; Schomakerchronik, hrsg. von Th. Meyer (1904); Büttners Chronik (Hs. des
Stadtarchivs); Maneckes Sammlungen Band 26; Gebhardis Collectaneen, Band VIII.
Literatur: Bttttner, Genealogien der Patriziengeschlechter (1704); Manecke, Top.-
hist. Beschreibungen S. 8 ff. ; Yolger, Die Johanniskirche (Liineburger Pfingstblatt 1856, Lüne-
burger Blätter S. 88 ff.) ; v. Hammerstein-Loxten, Der Bardengau (1869), S. 449 ff. ; Mithoff, Kunst-
denkmale S. 141 ff.; Reinecke, Geschichte des Lüneburger Kalands (Jahresberichte des
Museums-Vereins 1891/5); Wrede, Die Glocken der Stadt Lüneburg (Lüneburger Museums-
blätter, 1. Heft 1904, S. 5 ff.); Reinecke, Entstehung des Johanneums zu Lüneburg (ebenda,
2. Heft 1905).
Die oftmals erwogene Frage, ob der Cyriaks- oder der Johanniskirche — Geschichte,
jener als der Pfarrkirche des ältesten Lüneburg, dieser als der Statte des
zustandigen Archidiakonates — der Altersvorrang gebühre, hat Volger mit gutem
Grunde dahin entschieden, daß, wenn die Gyriakskirche schon zu der Zeit
bestanden hätte, als die Diözese Verden in Synodalsprengel eingeteilt wurde,
der Archidiakon in Lünebvurg selber, nicht im Nachbarorte Modestorpe seinen
Wohnsitz erhalten haben würde. Dieser Schluß erscheint auch uns so zwingend,
daß wir die Johannes dem Täufer geweihte Kirche nahe der uralten Gaubrücke
über die Ilmenau zu den- ältesten Taufkirchen zwischen Weser und Elbe zählen
und ihren Ursprung bis in die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts zurückführen.
Sehr viel später freilich beginnt die urkundliche Überlieferung. In etwas imklarer
Weise wird 1174 ein Richmarus „von Muddestorp" genannt, ein Geistlicher,
vielleicht der Pfarrer, der aus der Feiertagskollekte seiner Kirche eine Jahres-
spende aussetzt für die Domherrn zu Verden und Bardewik. Ein Menschen-
alter später (1205) findet der Archidiakonat Modestorpe mit den anderen sechs
Archidiakonaten des Bistums in einer für den Verdener Bischof bestimmten
Wahlkapitulation seine erste Erwähnung — nur ein Verdener Domkapitular soll
die Archidiakonatswürde bekleiden.
Der Archidiakonat Modestorpe umfaßte mit Ausschluß der Bajdewiker
Propstei das nordöstiiche Viertel des Bardengaues, die Kirchspiele Beetzendorf,
Embsen, Lüne (mit Adendorf, Reinstorf, Thomasburg und Wendhausen), Neetze
(wahrscheinlich auch die Kirchen des dem Goh Oldenbrügge benachbarten Landes
Bleckede), und die Stadt Lüneburg selber. Hier waren, zumal nachdem Modestorf
und Altstadt sich verschmolzen hatten, Konflikte zwischen der kirchUchen und
weltlichen Obrigkeit unausbleiblich. Je mehr die Machtfülle des Lfineburger
-*^ 62 8^
Rates und die Selbständigkeit der Stadt sich festigte, um so empfindlicher mußte
jeder wirkliche oder vermeintliche Übergriff, jede gewollte oder ungewollte Miß-
achtung von Seiten des geistlichen Herrn sich fühlbar machen.
Der Archidiakon Amilius z. 6. erregte dadurch Anstoß, daß er Lünebui^er
Bürger häufig vor seinen Richterstuhl nach Verden lud. Der Rat beschwerte
sich darüber beim Domkapitel (um 1365) und stellte, noch etwas unsicher, den
Satz auf, daß der Archidiakon als solcher überhaupt nicht das Recht habe, in
Verden Gericht zu halten, daß er zumal in städtischen Angelegenheiten selber
nach Lüneburg kommen oder einen Vertreter abordnen müsse. Harmonischer
wird das Verhältnis im ersten Viertel desselben Jahrhunderts gewesen sein, als
Heinrich von Boyceneborg, ein Bruder des Pfarrers von St Johannis, die
Archidiakonatswürde inne hatte. In jedem Falle mußte das Bestreben des
Lüneburger Rates dahin gehen, Einfluß auf die PersönUchkeit zu gewinnen,
welche das wichtige Amt eines Archidiakons bekleidete, und die Ausübung
der geistlichen Amtstätigkeit ein für allemal an die Archidiakonatskirche zu
binden. So mag man es gern gutgeheißen haben, daß um 1390 Archidiakonat
und Pfarramt von St Johannis „aus besonderer Vergünstigung des apostolischen
Stuhles" in der einen Person des Eggerd Oldendorp vereinigt wurden. Gerade
damals aber drohte der Johanniskirche Gefahr, ganz unter den Einfluß Verdens
zu gelangen. Schon die Bischöfe Johann von Tzestervlet (1381 — 88) und Otto,
ein Sohn Herzogs Magnus mit der Kette (1388 — 95), sollen ihrem Domkapitel,
das angebUch einer Aufbesserung seiner Einnahmen dringend bedurfte, das Zu-
geständnis gemacht haben, sich die wohldotierte Hauptkirche Lüneburgs ein-
zuverleiben. Papst Bonifaz IX. bestätigte diese Anordnung, imd Eggerd Oldendorp
leistete formell auf sein Pfarramt Verzicht, wenn auch nur, um es einem aus-
drückUchen Wunsche des Rates gemäß vom Domkapitel zurückzuerhalten. Und
dasselbe Domkapitel plante Veränderungen, die für die Entwicklung Lüneburgs von
folgenschwerster Bedeutung hätten werden müssen: es versuchte imter Auf-
wendung großer Geldmittel, die päpstliche Sanktion zur Verlegimg des Bischofs-
sitzes von Verden nach Lüneburg zu erlangen. Schon war die Genehmigung
Bonifaz IX. erwirkt (1401 März 19), da erfolgte ein Widerruf des Papstes
(1402 April 13), ehe noch die erhoffte Übersiedelung ins Werk gesetzt werden
konnte, und St Johannis blieb die Ehre, zur Kathedralkirche erhoben zu
werden, versagt.
Derartige Bestrebungen des Verdener Domkapitels zeigen uns am besten,
welch' hohen Ansehens die Johanniskirche sich erfreute. Hauptpfarrkirche der
Stadt zweifellos schon seit der Vereinigung Modestorfs mit dem alten Lüneburg,
war sie nach Ausscheidung der am Fuße des Kalkberges gelegenen Cyriakskirche
aus dem engeren Stadtbezirk die einzige Pfarrkirche innerhalb der Mauern, und
der große Aufsch^oing auf allen Gebieten städtischen Lebens nach den stürmischen
Ereignissen des Jahres 1371 kam, dem frommen Sinn der Zeit entsprechend, dem
Gotteshause allermeist zu statten. Um so weniger vertrugen sich die eigen-
nützigen Pläne einer auswärtigen Geistlichkeit, welche unter der Einwohnerschaft
Lüneburgs lebhafte Mißstimmung hervorgerufen hatten, mit dem Selbstverfügungs-
drang der in ihrem Machtbewußtsein außerordentlich gestärkten Stadtobrigkeit
-^ 63 8^
Das Ergebnis langwieriger Verhandlungen, die in ihren einzelnen Phasen hier
nicht zu verfolgen sind, war ein Vertrag, der am 16. bzw. 21. Juli 1406 von
Bürgermeistern, Ratmannen und dem Domkapitel „umme de lenware der kerken
to sunte Johanse^' abgeschlossen wurde. Das Patronatsrecht über die Kirche
sollte hinfort und auf ewige Zeiten dem Lüneburger Rate zustehen; die Dom-
herren erhielten eine ausgiebige Entschädigung aus dem Salingut, verloren aber
jeden Anspruch auf die Besetzung des Pfarramtes, nur daß der Archidiakon
von Modestorf den vom Rat präsentierten Geistlichen in seine Würde einzuführen
hatte. Die Bestätigung des Paktes durch den Bischof von Verden erfolgte wenige
Monate später, indes der Papst dem Lübecker Bischof die Befugnis erteilte, die
Angelegenheit in seinem Namen zu sanktionieren. Der schon erwähnte Magister
Oldendorp legte nunmehr sein Pfarramt endgültig nieder, bUeb aber bis zu
seinem Tode Archidiakon; Pfarrer an seiner Statt (als solcher zuerst erwähnt
1407 März 17) wurde der Lüneburger Ratsschreiber, Herr Hinrik Kule.
In die nämliche Periode fällt die Gründung der städtischen höheren
Lehranstalt zu Lüneburg, der noch jetzt blühenden „Sunte Johannis schole^', die
den Glanz des gleichnamigen Gotteshauses, mit dem sie aufs engste verknüpft
wurde, noch erhöhte.
Der Sohn eines Lüneburger Ratmanns, Cord Abbenborg, Archidiakon
seit 1415, wurde auf Präsentation des Rates im März 1419 durch den vom
Verdener Bischof beauftragten Abt Boldewin von Wenden auch in die Stellung
eines Kirchherm von St. Johannis eingeführt, so daß beide kirchUchen Ämter
abermals etwa zwei Jahrzehnte hindurch in einer Hand vereinigt waren. Dann
leistete der Genannte zugimsten seines gleichnamigen Neffen, Cord Abbenborg
des Jüngern, auf die Archidiakonatswürde Verzicht und begnügte sich mit der
Wirksamkeit eines Pfarrers und obersten Vorstehers der zur Johanniskirche
gehörigen großen Kalandsbrüderschafi
Es ist nicht unwahrscheinhch, daß dieser Entschluß mit einem Anschlage
zusammenhing, der wiederum von Verden ausging und diesmal darauf abzielte,
die Selbständigkeit des Lüneburger Archidiakonates zu Falle zu bringen.
Bisehof Johann IIL, der Lüneburg später im Prälatenkriege so wertvolle Dienste
leistete, wußte in den Jaiuren 1436/37 mit Unterstützung der Herzöge Otto und
Friedlich von Braunschweig-Lüneburg Papst Eugen IV. dazu zu bringen, daß
er den Archidiakonat von Modestorpe mit der in ihrer Leistungsfähigkeit stark
erschöpften bischöflichen Tafel vereinigte. Das Domkapitel hatte bereits seine
Einwilligung dazu erteUt, als es den Vorstellungen einer Lüneburger Gesandt-
schaft gelang, den Papst umzustimmen. Am 30. Juni 1437 erklärte Eugen in
drei Bullen zwei frühere Erlasse, welche die Einverleibung des Erzdekanates be-
kundeten, für null und nichtig; er hob hervor, daß der Archidiakon nach
Satzungen und Herkommen bei Strafe verpflichtet sei, an seiner Archidiakonats-
kirche zu residieren, und beauftragte die Bischöfe von Schwerin und Ratzeburg
sowie den Abt von Reinfeld, Lüneburg gegen die Gelüste Bischof Johanns und
seiner Anhänger in Schutz zu nehmen. E^ eigenhändiger Verzicht vom
18. Oktober des Jahres, in welchem Bischof Johann die vom Papst erworbene
Vergünstigung seinerseits aufgab, scheint mit Mißtrauen aufgenommen zu sein,
-^ 64 8^
enthielt doch ein Freundschaftsvertrag Lüneburgs mit Bischof und Domkapitel,
ausgetauscht am 6. Dezember 1440 in Verden, als einen der Hauptartikel
wiederum die Forderung des Rates, daß der Archidiakonat von Modestorpe in
alter Selbständigkeit erhalten, nicht der bischöflichen Tafel angegUedert werden
imd in seiner Gerichtsbarkeit keine Beschränkung erfahren dürfe.
Schon damals wird der Gedanke erwogen sein, die ganze Archidiakonats-
frage in einer Weise zu regeln, welche der wachsenden Bedeutung der Haupt-
stadt des Fürstentums entsprach und der allzuoft genährten Beunruhigung der
Johannisgemeinde ein Ende machen mußte.
Konrad Abbenborg des Älteren Nachfolger im Pfarramte war der Stadt-
schreiber Johann von Minden. Ihm war es vorbehalten, den Archidiakon von
Modestorpe — diese veraltete Bezeichnung wurde bis zum Erlöschen des Amtes
mit Vorliebe gebraucht — ganz zu verdrängen und dessen Amtspflichten unter
dem Titel eines Propstes seiner Befugnis als Kirchherr anzugliedern. Papst und
Bischof wurden imter großen Geldopfem gewonnen. Der Chronist Schomaker
erzählt, daß der Rat, um sein Ziel zu erreichen, in Rom 1000, in Verden 2000
Gtdden habe ausgeben müssen. Zähen Widerstand setzte der Diu*chführung des
Planes vorcehmlich der letzte Inhaber der Archidiakonatswürde, zugleich Dekan
von Bardewik, Konrad Abbenborg der Jüngere, entgegen, unterstützt von der
Mehrheit des Verdener Domkapitels, von Lüneburger Vikaren und auch durch
einflußreiche Laien. Die wichtigsten Daten des für jene Zeit höchst charakte-
ristischen Streitverfahrens sind folgende. Am 27. Juni 1444 hebt Papst Eugen IV.
die freundliche Aufnahme hervor, die er Lüneburgs Abgesandten hat zuteil
werden lassen; am 7. Juli trägt er dem Abt von Reinfeld und anderen Geist-
lichen auf, die Vereinigung des Lüneburger Archidiakonats mit der Pfarrkirche
von St Johannis auszuführen; am 20. November verpflichten sich Bürgermeister
und Ratmannen auf ihre Gegenleistungen an den Verdener Bischof; a«m
23. Dezember bekundet Johann von Minden die Besitznahme des Archidiakonats;
am 7. April 1445 erhebt Eugen IV. den Pfarrer von St Johannis wegen des
Ansehens der Stadt Lünebvurg zmn Propst mit dem Vorrang vor allen anderen
Pröpsten und Pfarrern der Diözese Verden; am 7. Mai zitiert der EQldesheimer
Dompropst den als Archidiakon sich gerierenden Magister Abbenborg samt
seinen Anhängern zu einem Gerichtstag in seine Wohnung; am 26. September
gibt der Bischof von Verden durch eigenhändige Unterschrift seine Zustimmung
zvur Errichtung der Propstei; am 23. Februar 1446 nimmt Dr. Malatesta de
Captaneis, Kaplan des Papstes, im Auftrage seines Herrn alle Maßnahmen in
der Angelegenheit der Lüneburger Propstei zurück; am 16. März erklären
Schiedsleute die Beilegung des aus der Errichtung der Propstei herrührenden
Streites zwischen dem Verdener Domkapitel auf der einen, Propst Johann von
Minden und Rat zu Lüneburg auf der anderen Seite; am 15. April erhält
Eugen IV. die Erhebimg des Pfarrers von St. Johannis zum Propst trotz wieder-
holter Appellation aufrecht. — Konrad Abbenborg freilich gab seine Hoffnung
auf Wiedereinsetzung noch immer nicht auf: er ermüdete nicht, in Rom
persönlich seine Ansprüche zu verfechten, starb aber dort im Jahre 1448, und
mit dem Archidiakonat von Modestorpe war es endgültig aus.
-^ 65 8^
Johann von Minden trat in eben jenem Jahre von seinem kirchlichen
Amte in Lüneburg zurück, blieb jedoch auch als Lübecker Domherr in engen
Beziehungen zur Salzstadt. Sein Nachfolger wurde Leonhard Lange, der Sproß
einer angesehenen Lüneburger PatrizierfamiUe, der fast ein Menschenalter als
Propst von St Johannis wirkte, als solcher während des Prälatenkrieges treu
zum alten Rat stand imd ein neues Propsteihaus, die spätere Superintendentur,
erbaute. Letzter kathoUscher Propst war der langjährige Stadtschreiber Johann
KoUer (Köhler), gebürtig aus Stadthagen. Bis an seinen Tod (1536) eifriger An-
hänger des alten Glaubens, konnte er doch dem sieghaften Vordringen der
neuen Lehre nicht wehren imd mußte im Jahre 1531 einen wesentlichen Teil
seiner Amtsbefugnisse, gerade die Tätigkeit als Geistlicher, sm die nunmehrige
Superintendentur abgeben. Aufgehoben wurde die Propstei nicht; es blieb ihr
die Gerichtsbarkeit in kirchlichen Lehnssachen und damit die Verfügung über
Vikarien, Kommenden und andere Kirchenpfründen, soweit dieselben die
Reformation überdauerten. Von 1546—63 war der Bardewiker Dekan Jacob
Schomaker, bekannt als Lüneburger Chronist, Propst von St Johannis. Seit
Mitte des 17. Jahrhunderts pflegte einer der Bürgermeister nebenamtUch den
Dienst der Propstei wahrzunehmen; erst durch die Verfassungsurkunde von
1846 gingen sämtUche Geschäfte der bisherigen Präpositur auf den verwaltenden
Magistrat über. Die Superintendentur ist der Kirche geblieben, ihrem Inhaber
stehen zwei Prediger zur Seite.
An kirchUchen Benefizien war St. Johannis bis zur Reformation
außerordentUch reich. Eugen FV. pries in einer seiner Bullen von 1444 die Tatsache,
daß die Johanniskirche in Lüneburg mit mehr als achtzig ständigen Vikarien
ausgestattet sei und der Gottesdienst daselbst und die kanonischen Hören
ebenso feierUch begangen zu werden pflegten wie an Kollegiatkirchen. Volger
berichtet, daß an den Altären der Kirche nicht weniger als 160 Gedächtms-
stiftungen hafteten, eine Angabe, mit welcher ein Verzeichnis des Jahres 1525
ziemlich übereinstimmt, indem es 157 Benefizien ausdrücklich namhaft macht.
War oftmals auch eine Person zu gleicher Zeit mit mehreren Lehen bedacht,
so umgab den Pleban doch ein gewaltiger Stab von Vikaren und Konmiendisten,
die großenteils in eigenen Vikariatshäusem wohnten und dank der Freigebigkeit
der Stifter und Stifterinnen durchweg ihr gutes Auskommen hatten. Für den
eigentUchen Pfarrdienst standen dem Kirchherm drei Kapläne, fünf Scholaren
(scholre) imd der Opfermann (campanista) zur Seite, auch wird des öfteren ein
Vizerektor erwähnt (1389, 1416). Das Patronatsrecht über die einzelnen
Benefizien blieb in der Regel vorerst der FamiUe des Stifters, um nach deren
Aussterben an den Rat zu fallen, der allmäMich die Mehrzahl der Präsentationen
in seine Hand bekam. Daneben hatten geisthche und weltUche Brüderschaften,
die sich der Kirche angliederten, gewisse Vikarien zu vergeben, zumal die an-
gesehenste unter ihnen, die Kalandsbrüderschaft; über andere Lehen verfügte der
Pfarrer oder der Archidiakon, welch letzterem bzw. dem Propste in allen Fällen
die Einfuhrung des Präsentierten oblag. Eine der ältesten Vikarien vergab das
Kloster Reinfeld, und nach dessen Einziehung der König von Dänemark, je eine
andere das Kloster Lüne und das Bardewiker Domkapitel, vier imterstanden
9
-o^ 66 8^
der Verfügung der Herzöge von Lüneburg. Da sämtliche Inhaber eines kirch-
lichen Lehens am Orte desselben wohnen mußten und ihre regelmäßigen Messen
zu lesen hatten, so wurde schon im Jahre 1394 über den allzu sehr störenden
,,concursus missarum^' und darüber Klage geführt, daß der an vielen Altären gleich-
zeitig abgehaltene Gottesdienst, mit dem Lärmen der Menge im Gefolge, bei der
großen Zahl der zu St Johannis Eingepfarrten die Andacht mehr und mehr ablenke.
Die Kalandsgilde holte darum, obwohl sie sich von alters als zugehörig zur
Johanniskirche betrachtete, vom Archidiakon die Erlaubnis ein, außer an dem
gewohnten Kalandsaltar auch in städtischen Kappellen außerhalb von St. Johannis
ihre Vigilien und Gedächtnisfeiern zu begehen.
Von der ersten Erbauung der Johanniskirche erzählt ims weder eine
schriftliche Kunde noch ein bildnerisches Denkmal. Wir können nur vermuten, daß
die älteste Gestalt des Gotteshauses, etwa ein rohes Holz- oder Fa^chwerkgebäude,
durch einen Bau aus Findlingen, nach Art der in imserer Heide hier und da
noch erhaltenen Landkirchen, vielleicht auch durch ein aus Gipsblöcken vonn
nahen Schildstein geschichtetes Mauerwerk abgelöst wurde, bis das größere Ge-
bäude aus gebranntem Stein an die Stelle trat. Von romanischen Überresten ist
keine Spur mehr vorhanden.
Die früheste urkundliche Nachricht zur Baugeschichte der Kirche belehrt
uns, daß im Jahre 1297 der Kirchhof erweitert wurde, und zwar durch den
Abbruch einer Chorkapelle, in welcher der Lüneburger Rat an einem besonders
dotierten Altare tägUch eine Messe lesen Ueß. Mit dieser Maßnahme stand ein
Ausbau der Kirche, der „Antiqua ecclesia'^ im Zusammenhang, denn im selben
Jahre erteilten 15 Erzbischöfe und Bischöfe zugunsten der Johanniskirche einen
Ablaß, der durch Beteiligung am Bau (f abrica) und an seiner Erhaltung sowie durch
Spenden von Lichtern, Gewändern, Ausstattungsstücken und sonst zum Gottes-
dienste Notwendigem erlangt werden konnte. Ein Ablaßbrief des nächstfolgenden
Jahres gedenkt insbesondere der Jungfrau Maria und der Hl. Katharina, zu deren
Verehrung ein neuer Altar erbaut worden sei Das Kirchweihfest, welches am
29. August, dem Tage der Enthauptung des Täufers Johannes, begangen zu
werden pflegte, sollte nach einer Anordnung Bischof Friedrichs von Verden
U300 — 12) künftig am nächstgelegenen Sonntage gefeiert werden, eine Regelung,
die wohl durch eine neue Kirchweihe veranlaßt ist. Alsdann deuten zwei
Ablaßbriefe aus Avignon von 1333 und 37, zwei andere aus den Jahren 1357
und 83 regere Bauperioden an, und die sonstige urkundliche Oberlieferung gibt
uns einige festere Ümrißlinien dazu.
Bis ins 14. Jahrhundert zurück führt nämlich die Erbauung auch der
Mehrzahl der Kapellen, die sich allgemach im weiten Kranz an das innere Gottes-
haus anschlössen. Die mit der Sakristei identische Elisabethkapelle, schon 1261
genannt, wurde im Jahre 1333 erhebUch vergrößert*) Eine Kapelle links vom
Haupteingange unter dem Turme wird mit dem Turm selber 1319 zuerst erwähnt.
Die Allerheiligenkapelle wurde im folgenden Jahre erbaut und durch den Bürger
Nikolaus Kind mit vier Vikarien ausgestattet. Von der Nikolai- oder van der
Mölenkapelle an der Südseite des Turmes hören wir 1342; im selben Jahre von
*) Noch 1361 heißt sie „seu^ armarium^ 1848 rM'^ armario.
H>^ 67 8^
einer Kapelle des Evangelisten Johannes im Untergeschoß des Turmes, anscheinend
identisch mit der Kapelle von 1319. Eine vom Bürger Ludeke Stöterogge gestiftete
Drei Königekapelle „juxta parietes" begegnet 1365, die Marienkapelle („Annuncia-
tionis Mariae^') an der Südseite des Langhauses 1369. Die EÜtausend Mägde-
oder Ursulakapelle an der Nordseite des Gotteshauses wurde im Jahre 1372
erbaut aus Dankbarkeit für die Abwehr des feindlichen Oberfalls in der Ursula-
nacht Der Barbarachor („chorus seu capella'') über der Nikolaikapelle verdankte
seine Entstehung der frommen Absicht des Ratmanns Heinrich Viscule (1393).
Weitere Ergänzung erfahren diese Daten durch eine im 26. Bande der
handschriftlichen Sammlungen U. F. G. Maneckes überlieferte Aufzeichnung über
Lüneburger Kirchenlehen im 16. Jahrhundert.
Die Elisabethkap^Ue oder Sakristei, die wohl schon im Jahre 1333 bis
zu ihrer jetzigen Ausdehnung erweitert worden ist, lag südlich vom Chor. An
der Längsseite des südhchen Außenschiffes schlössen sich an die Allerheiligen-,
die Drei Könige-, die Annen- imd die Marienkapelle.*) Die dem Evangelisten
Johannes geweihte Kapelle im Erdgeschoß des Turmes wurde von den Beginen
benutzt und lag nach Norden hin, im Süden entsprach ihr die Nikolaikapelle.
Soweit läßt sich die Ausgestaltung des Gotteshauses durch urkundUche Nach-
richten bis zum Ausbruch des Erbfolgekrieges belegen. Schon vor der Zerstörung
der Lüneburg auf dem Kalkberge imd dem Ausschlüsse der Cyriakskirche aus
dem ummauerten Stadtgebiete war die Johanniskirche im Süden und Westen
mit einer geschlossenen Kapellenreibe versehen, sie war demnach offenbar schon
vor 1370 in den großartigen Verhältnissen einer fünfschiffigen Hallenkirche
vollendet, wenn auch nach Norden hin und korrespondierend zur Sakristei die
Kapellen noch fehlten.
Eine erneute Baulust macht sich in den nächstfolgenden Jahrzehnten
bemerkbar. Als unmittelbarer Ausklang der Ereignisse von 1371 entsteht, wie
schon erwähnt, die Elftausend Mägdekapelle. Sie lag am Ostflügel des nördlichen
Außenschiffs da, wo die Schüler ihren Eingang hatten, um auf den Chor zu
gelangen, und eröffnet die nördliche Kapellenreihe, während gleichzeitig die
Bartolomaeikapelle am Westflügel den Anfang macht**) lind in der Dreif altigkeits-
*) Die beiden letzteren scheinen nrnprUnglich vereinigt gewesen zu sein, denn es
lieifit in einer Urkunde von 1369 der (Andreas- und) Annenaltar zu St. Johannis in der nach
Süden hin gelegenen Marienkapelle.
**) Es ist nicht immer möglich, den gemeinten Altar nach seinem urkundlichen
Namen einwandsfrei zu bestimmen. Durchweg hatte ein Altar mehrere Schutzheilige, und
wenn in der Regel der zuletzt Genannte den Namen gibt, so ist das doch nicht ausnahmslos
der Fall. Maria stand als Patronin einer ganzen Reihe von Altären vor, und auch der
Hl. Bartholomäus ist an drei Altären nachzuweisen. In der 11 000 Mägde- oder Ursulakapelle
^b es einen Bartholomäus-, Jakobus- und Jakobus Zebedei-, femer einen Bartholomäus- und
10 000 Märtyreraltar, beide sind von dem Bartholomäus- (Simon- und Judas-)altar in der
gleichnamigen Kapelle zu unterscheiden, alle drei mögen jedoch später mit ihren Vikarien
zusammengelegt sein. Auch einen Dreifaltigkeitsaltar gab es in der Ursulakapelle, deren
Hauptaltar wie der Altar der Barbarakapelle zugleich den Aposteln Petrus und Paulus
geweiht war. Fraglos umfaßte die Johanniskirche im 15. Jahrhundert mehr Altäre noch
als im Jahre 1525, u. a. befand sich ein dritter Liebfrauenaltar an der Nordseite der
Antoninskapelle (1472).
9*
-^ 68 8^
und der Erasmikapelle — letztere mit einer Vikarie dotiert von den Erbinnen des in
der Ursulanacht gefallenen Bürgers Albert Remensnider — sogleich fortgesetzt wird.
Über der NikolaikapeUe erhebt sich der gleichfalls schon genannte Barbara- oder
Visculenchor, und in der Südwestecke der Kirche, zwischen Nikolai- imd Marien-
kapelle wird die im Jahre 1600 wieder abgebrochene Grablegungskapelle
eingefügt, „dar me in deme Guden vridaghe vor Passchen dat cruce ane to
grave bringt", erbaut 1410 durch Bürgermeister Viscule. In dieser Bauperiode
entsteht auch der Ratschor oder Ratslektor über der Sakristei, zuerst nach-
weisbar 1409.
Auch am Johanniskirchturm ist fin den letzten Dezennien des 14. Jahr-
hunderts rüstig weitergebaut Daß seiner Existenz bereits 1319 Erwähnung
geschieht, wurde bemerkt. Er trug mehrere Glocken. Im Jahre 1333 ist von
einer Betglocke die Rede, welche in der Dänunerung erklang, 1349 werden mit
einer Spende diejenigen bedacht, welche „die größeren Glocken" läuten („pulsantes
campanas maiores"). Ein zuverlässiges Datum für seinen Ausbau finden wir in
einem Sülzrentebriefe vom 13. Dezember 1384. Der Rat verkaufte an jenem
Tage zwei halbe Wispel Salz für 430 Mark Lün. Pf. an einen Uelzener Bürger-
meister imd verwandte die genannte Summe „pro structura et tectura turris
parochialis ecclesie beati Johannis baptiste" — für Bau» „und Deckung" des
Turmes, ein Hinweis auf die nahe Beendigung des Werkes. Volger und nach
ihm Mithoff führen eine Urkimde aus dem darauf folgenden Jahre an, mit der
Nachricht, daß der Rat ein Kapital von 325 Mark angeUehen habe, „um den
Turm zu decken"; beide Urkunden lassen sich gut miteinander vereinen, doch
muß es dahin gestellt bleiben, woher Volger seine Kenntnis genonmien hat
Ein schwerer Blitzschlag traf das Gotteshaus am 25. März 1406, dem
Festtage Maria Verkündigung, und der Turm brannte bis auf das Mauerwerk
herunter. Die Schomaker-Chronik weiß über das Ereignis nur die wenigen Worte
zu berichten: „Annuntiationis Marie brende de tom to Sunte Johanse aP' —
„dat sunte Johanse merliken groten scaden dede", wie eine andere Quelle hin-
zufügt Büttner in seiner Chronik erzählt, daß viele Menschen dabei ums
Leben gekommen seien. Er beruft sich auf folgende Inschrift einer inzwischen
verloren gegangenen, ehemals in der Sakristei befindUchen Gedenktafel:
„Jam Domino nato milleno sex sociato
Cum quadrigentis virtute rogi vehementis
Sub tantis annis turris fuit usta Johannis
Virginis in feste, dum sumpsit ave Gabrielis
Redduntur quaesto campaneUis Michaelis
Ethereum fulmen tantum discrimen agebat:
Factum mox fuit horrida nox non laetitiae vox,
Multi prostrati laesi sunt fulminis ictu,
Quidam servati vita remanent sine victu,
Evitare velis si poenas ulteriores,
Daemonis a teils studeas convertere mores."
Wohl imter dem Eindruck des elementaren Ereignisses trug Bischof
Konrad von Verden noch im Oktober des Jahres dem Pleban von St. Johannis
-^ 69 8^-
sowie dessen Kaplänen und Scholaren auf, an jedem Freitag zur Vesper und
an jedem Sonnabend zur Frühmesse die Mutter Gottes im Chor der Kirche durch
Gesang zu verehren, und allen an diesen Hören teilnehmenden Christen wurde
ein Ablaß zugesichert, der gewiß auch den Zweck verfolgte, die Baukasse der
Kirche neu zu füllen. Daß die Wiederherstellung des Kirchturmes alsbald
erfolgte, erhellt aus einer Urkunde vom Mai 1410, wonach die Juraten oder
Structurare eine Summe von 75 Mark mit Zustimmung des Rates „bekannter-
maßen" zum Turmbau verwandt haben. Es war in eben jenem Jahre, als
Meister Dietrich von Münster gen. „Clockengetere" im Auftrage der Kirchen-
geschworenen den Guß mehrerer Glocken übernahm, darunter der Sonntagsglocke,
die 1687 und 1718 wieder umgegossen worden ist*)
Zeitweise war für den Johanniskirchenbau eine besondere Ziegelei im
Setrieb. Am 14. August 1421 gestattete der Pfarrer gegen eine Rente von
24 Schilling, daß auf seinem Pfarracker südUch vom Adenbruch, zwischen diesem
und dem BQ. Geistkamp, Tonerde zu Nutz und Frommen seiner Kirche gegraben
werde. Ein zweiter Vertrag ist vom 23. März 1425 datiert. Dstmach erhielten
Bürgermeister und Rat, insbesondere die als Vorsteher jenes Ziegelhauses ab-
geordneten Ratmannen, Erlaubnis, sowohl acht besaete als auch zwei kurze,
unbesäete Ackerstücke, die zur Johannispfarre gehörten', abzugraben und die
Elrde zum Nutzen des Johannisziegelhauses zu gebrauchen und brennen zu
lassen; als Entschädigung wurden dem Pfarrer bis zur Rückgabe des Landes
jährlich zu Martini zwei Wichimten reinen Roggens und tausend Dachsteine
zugesichert; nach Einstellung der Ausbeute sollte der Kamp mit guter Erde
wieder aufgefüllt, geebnet und alsdann sechs Jahre lang im Dienste des Rates
mit dem Pflug bearbeitet und bestellt werden.)
Leider haben wir keinerlei urkimdlichen Anhaltspunkt, zu welchem
besonderen Zweck der Johannisziegelhof in dieser Zeit gedient hat Da das
eigenthche Gotteshaus im wesentlichen vollendet dastand, liegt es nahe, an den
gewaltigen Turm zu denken, der nach dem Brande von 1406 vielleicht in
größeren Verhältnissen als zuvor aufgebaut wurde — eine Annahme, welche
mit der stilistischen Ausführung der ältesten Giebelfassade zum mindesten nicht
im Widerspruch steht
Eine letzte Bauperiode erst brachte die Kapellenreihe ganz zur Vollendung,
das Dezennium nach Abschluß des Pralatenkrieges, etwa von 1461—70. Damals
wurde über dem Grabe des Bürgermeisters Springintgud nördlich vom Chor,
d. h. zwischen Chor und Ursulakapelle ein Gewölbe errichtet, und korrespon-
dierend zum Ratschor erhob sich darüber der Chor der Sülzjunker, damals erst
scheint auch die Lücke in der nördlichen Kapellenreihe ausgefüllt zu sein: es
*) Man vergleiche den Aufsatz Wredes über die Glocken der Stadt Lüneburg in den
Lfinebnrger Museumsblättem, Heft 1. Hier nur die Namen und Zahlen: Im Jahre 1436 goß
Gherd Klinghe die Apostelglocke und die Große [Schelle; 1461 goß Bertram Beteman aus
Magdeburg die Große Glocke um, eine Aufgabe, die Hinrick van Kampen 1516 ein zweites
Mal und besser löste. Im selben Jahre goß Hinrick van Kampen die Stundenglocke; 1519
(derselbe Meister) die Kleine Schelle; 1600 Andreas Heineken die Viertelglocke; 1607 Paul
Voß die Probeglocke, 1681 HHS. die Schusterglocke; 1687 Johann Voß die Wachtglocke.
-o^ 70 g-J-
entstand die Antoni- oder Kramerkapelle (1463), östlich davon die Cecüien- oder
Witickkapelle (1467 zuerst erwähnt), westiich die Leonhardikapelle (1470). *)
Die Namen der einzelnen KapeUen haben sich im Laufe der Zeit oftmals
verändert. Die Bezeichnung nach den Schutzheiligen trat seit der Reformation
zurück, und sie wurde, naturgemäß mit mannigfacher Verschiebxmg, ersetzt durch
die Namen der vornehmen Familien, welche die Kapellen als Begräbnisplatz
benutzt haben. Die Frohnleichnamskapelle mit dem Grabe des Bürgermeisters
Springintgud wurde später zur Laffertschen Kapelle. Bürgermeister Lutke von
Dassel (f 1537) hatte nach einem Zeugnis der Juraten von 1544 einen Raum
innerhalb der Kirche am Eingange der nördlichen Seitentür, genannt „dat Segen-
huesz", zum Dormitorium oder Erbbegräbnis seiner Familie erwählt, und seine
Nachkommen erwarben vier Dezennien später die Beginenkapelle, die damals
durchbrochen wurde, hinzu. 1585 hören wir von einer Lukas Möllers KapeUe^
einer Elvers-, Borchholt-, Musseltins-, Leonardikapelle. Die Nordkapellen waren
um 1700 im Besitz der Kagelbrüder (später derer v. Stern), der Familien Lange
mit dem Panther im Wappen, der Elvers, Ditmers, Mollner und Düsterhop. Vor
dem Haupteingange des Gotteshauses hatte die Familie von Witzendorf eine
Kapelle inne, die im Jahre 1802 abgebrochen ist. Die v. Dasselsche Kapelle ist
die einzige, in welcher auch nach 1811 noch Beisetzungen stattgefunden haben;
im genannten Jahre verfügte die französische Behörde, daß fortan inner-
halb der Stadt keine Beerdigungen mehr geduldet werden dürften.
Eine interessante Parallele zur Entstehung der Kapellen mit ihren Neben-
altären bietet die Ausschmückung der Pfeiler im Innern des Gotteshauses, die
wie jene nach und nach ausnahmelos mit einem besonderen Altar ausgestattet
wurden. Zwölf Altäre von St Johannis werden schon in einer Gedächtnisstiftung
vom 6. April 1320 aufgeführt, als jeder von ihnen 1 Pfund Wachskerzen zu
einem sog. Spendlicht erhält. Unter Zuhülfenahme des Verzeichnisses vou
Manecke läßt sich erkennen, daß die Urkunde ihre Altäre bereits in einer Reihen-
folge aufführt, wie sie der Überlieferung des 16. Jahrhunderts genau entspricht.
Schon im Jahre 1320 lagen hergddisch rechts und links vom Aufgang zum Chor
der Marien- und der Kreuzaltar an den Innenpfeilem, an den Außenpfeilem der
Kalands- (Aller Apostel- und Aldegundis-, Petri et Aldegundis-) Altar und der
Altar des ersten Märtyrers Stephanus, im Jahre 1469 vergrößert und von neuem
geweiht. Von den sechs Pfeilern des Mittelschiffs waren die vier dem
Chor zunächst stehenden gleichfalls bereits mit einem Altar geschmückt; an der
Nordseite erhob sich vor dem Marien- der Jacobisdtaj, gegenüber dem Predigt-
stuhle der Katharinenaltar (gegründet 1298), an der Südseite entsprechend der
Martinialtar, dessen erste Vikarie schon 1244 gestiftet worden ist, bzw. der
*) Im Jahre 1516 wurde die Kapelle der Garlop gebaut, einer Pa^füerfamilie, die
schon um die Mitte jenes Jahrhunderts im Mannesstamme erlosch. Büttner bemerkt dazu in
seinen Stammregistem : „I)ie so genannte Garlopen Capelle an St. Johannis-Kirchen ist Anno
1516 von Ihnen erbauet worden, als solches die Verse ausweisen, welche außen über derselben
unter dem Marien Bilde stehen und nunmehr fast unleserlich sind, wesshalben ich sie hieher
zu setzen kein Bedenken trage „Garlopum domus hoc Marie statuere sacellum, Dlins et
gnati ut concilietur amor. Anno XV C. XVP. Wahrscheinlich handelt es sich hier om eineo
Ausbau der Beginenkapelle.
-^ 71 8^
Magdalenenaltar; der Thomas- und Philipp- Jacobialtar, die sodann genannt
werden, lagen an den beiden östlichsten Pfeilern der Seitenschiffe. Der Vier
Doktoren- und der Gregorsaltar werden in jener Stiftung nicht bedacht, jedoch
ist der erstere, am Mittelpfeiler des südlichen Seitenschiffs, schon 1318, der
letztere, am Mittelpfeiler des nördlichen Seitenschiffs, im Jahre 1326 urkundlich
belegt Die w^estliche Pfeilerreihe ist der Altare vorerst ledig gebUeben.
In der Bauperiode nach dem Erbfolgekriege tritt am vorderen Südpfeiler
des Mittelschiffs der Matheusaltar auf (1379), der im Juli 1555 dem Stöterogge-
denkmal weichen mußte; später, am Pfeiler südlich davon, der Theodori- oder
Junkemaltar („altare dormicellorum", an Bedeutung zurücktretend hinter dem
gleichnamigen Altar auf dem Junkemlektor), und an den entsprechenden Pfeilern
links vom Haupteingange ein Vincenz- und ein Hieronymusaltar (vor 1504).
Im ganzen zahlte die Kirche zu Beginn der Reformation 40 Altäxe.
Deren 33 sind vorstehend genannt Es kommen hinzu 1) der Gosmas- und
Damianialtar, zuerst erwähnt 1318; er lag unter der Orgel („sub organis"), wurde
aber verlegt an einen Platz südlich vom Stephanusaltar, zwischen Chor und
Treppe, die nach dem Ratslektor hinaufführte („boven de gherwkameren^^, „super
armario'^, „up des rades chor", „vor des rades stolinge"); 2) der Agnesaltar in
der Nikolaikapelle; 3) der Veitsaltar (4. Vikarie 1416) auf dem Ratschor; 4) der
Marianialtar (Vikariengründung 1438), ebendaselbst; 5) der Altar zum Namen
Jesu oder Fronleichnamsaltar in der Springintgudkapelle (1463); 6) der Mathias-
altar, vor der BeginenkapeUe unter dem Turm (1476); 7) der Georgsaltar (1410),
seitens der Georgsbrüderschaft mit einer Kommende dotiert, der Lage nach
unbekannt
Wie der Gyriakskirche und den städtischen Kapellen, so standen auch
der Johanniskirche zwei Ratmannen vor. Sie werden als procuratores (provisores)
structure im Jahre 1332 zuerst erwähnt und zwar mit den Kirchgeschworenen
zusammen, deren zwei, Nicolaus von Toppenstede und Nicolaus von Odem, schon
hn Jahre 1320 auftreten. Mit den Juraten gemeinsam hatten die Provisoren
vornehmlich die Aufsicht über die Erhaltung und den Ausbau des Gotteshauses.
Vermächtnisse „in usus structure", „to dem buwe'', fielen nominell bald an die
Provisoren, bald an die Juraten, welch' letztere insofern leicht maßgebend
werden konnten, als sie nicht wie die Ratsverordneten alljährlich wechselten;
ihre Bedeutung sprach sich seit dem 16. Jahrhundert auch in der Dreizahl aus.
Bei wichtigen Entscheidungen war die Zustimmimg des Gesamtrates erforderlich.
Die Baukasse (fabrica) der Kirche hatte bestimmte Einnahmen („bona ad struc-
turam pertinentia" 1320), die im Bedarfsfalle mit Rentenverschreibungen „ex
redditibus, fructibus et precaria structm-e", „ute der bede und ute den redesten
sunte Johannis korken gudem** belastet wurden. Welcher Art die Einnahmen
waren, ersehen wir aus den Kirchenrechnungen, die von einem der Juraten
geführt wurden und von 1574 an in geschlossenen Bänden vorliegen. Schon
der älteste Band unterscheidet folgende Einnahmetitel: „van wispelgude" (Sülz-
einkünfte), „van segel und breven" (Verschreibungen), „van hußrenten", „van
den 13 Tvaningen by S. Michael", „van den 7 waningen up S. Johans kerck-
have", „van begreffenissen und lijckstenen", „van stolen und ludegelde",
-^ 72 8^
„tovellige inname^^ Ein Kirchenstuhl zu St. Johannis wird im Jahre 1408
testamentarisch vermacht, später waren die Stühle „auf den Leib geschrieben^',
sie mußten daher in jedem Sterbefalle neu bezahlt werden. Ein Begräbnis im
Innern der Kirche, die Anbringung eines Grab- oder Gedenksteines und auch
die Beerdigung von Fremden auf dem zimächst der bürgerUchen Gemeinde vor-
behaltenen Kirchhofe brachte manchen Gewinn. In der Hauptsache wuchs das
Vermögen der Kirche aus freiwilligen Gaben heran. Im Stadtarchiv findet sich
kaum ein einziges größeres Testament, in welchem nicht für die Johannis-
pfarrkirche eine Summe ausgesetzt ist Ablaß Verleihungen suchten die Gebe-
freudigkeit auch im 15. Jahrhundert noch mehr anzuspornen. Im Jahre 1420
wurde eine Freitagsandacht zu Ehren des Hl. Kreuzes eingeführt und den Teil-
nehmern ein Ablaß verheißen, 1443 richtete die Witwe des Lübecker Bürgermeisters
Rapesulver für jeden Donnerstag und Sonnabend fromme Gesänge zu St Johannis
ein und erwirkte dafür einen Ablaß; zu gunsten der Kapelle des Evangelisten
Johannes wurde im April 1446 ein Ablaß verkündigt, für die Johanmskirche
als solche im Juh 1451, zu gunsten des Junkemchors 1463 und 67. Zwei Jahre
später genehmigte der Bischof von Verden die Aufstellung eines Sammelstocks
zur Erweiterung der Kirche. Eine Serie von Ablaßbriefen wußte sich der Kaland
von St. Johannis zu verschaffen, wie in der eingangs zitierten Geschichte der
Lüneburger Kalandsbrüderschaft des näheren dargelegt ist Wesentliche Stärkung
erfuhr die Baukaase gegen 1418 durch das von Bürgermeistern und Ratmannen
erkämpfte Zugeständnis des päpstUchen Stuhles, daß die Einkünfte vakanter
Ejrchenlehen ein Jahr hindurch dem Baufonds zufließen sollten. Im Jahre 1477
überwiesen die Vorsteher der sog. Alten Kauf leute - und auch die der Neuen Kauf-
leute - Almosen ein Drittel ihrer Einkünfte den Juraten zum Kirchenbau.
Die bauhche Erhaltung des großartigen Gotteshauses ist in den mehr
als vier Jahrhunderten, die seit seiner Vollendung verstrichen sind, von der
Lüneburger Bürgerschaft im ganzen als eine Ehrenpflicht verstanden. Wohl
sind in Zeiten wirtschaftlichen Niedergangs notwendige Instandsetzungen länger
als zulässig hinausgeschoben, dafür haben jüngere Generationen Versäumtes
wieder gutgemacht
Auffallend, daß schon im Jahre 1466 seitens der Kirchgeschworenen
über offenkundige Schäden geklagt wird: die Südseite der Kirche müsse not-
wendig gedeckt und auch der Turm für mindestens 300 Mark ausgebessert
werden, denn jedermann könne sehen, „dat dar grod gebrek anne is". Die
Herstellung geschah im nachfolgenden Jahrzehnt; der Chor erhielt eine Bedeckung
von Schieferstein*), „für die Erbauung einer neuen Turmspitze" (nach einer
Notiz des 16. Jahrhunderts) wurden über 6000 Ziegelsteine verbraucht Das
Material zu einem kupfernen Turmdach wurde aus Lübeck bezogen und in
Hamburg verarbeitet; 24 Schilling kostete es „den hauen uttohouwende"; für
etwa 16 Mark Gold kam zum „tynappel", Cord Snitteker lieferte die kupferne
„bussen" dazu und „mester Hermen" erhielt an die 73 Mark, „dat he den
tynappel upsat".
*) Später ersetzt durch ein Kupferdach; vom Dach über der Sakristei wurde im
Jahre 1685 Kupfer gestohlen.
-Hl 73 8^
Clenau ein Jahrhundert später, 1575 ff., wurde das Kupferdach des Turmes
vom Kupferdecker Dirick erneuert.*) Unter den Materialien werden 51 Sack
Spöne angeführt, um das Kupfer damit zu glühen. Zu den Baukosten schoß
der Rat die Summe von 1000 Mark vor, und zwar auf vier Jahre unverzinslich,
„dewilen der kercken dit jhar (1578) veel schweres buwendes vorgefallen". Um
den Kirchhof her wurden acht Steine mit Schrift gesetzt, die der Maler Daniel
(Frese) auf blauem Grunde vergoldete, und die vemmtlich das Andenken an
die HersteUungsarbeiten erhalten sollten. Derselbe Maler, bekannt durch seine
Allegorien in der Großen Ratsstube des Rathauses, vergoldete im Oktober 1582
die Scheibe der Turmuhr, und aus dem folgenden Jahre wird berichtet, daß
zum Kranze über der Stundenglocke am Turm 100 glasierte „stertwunden" und
12 glasierte „hele man" kamen.**) Ein neues Uhrwerk für Stunden- und
Viertelglocke wurde um die Wende des Jahrhunderts an Meister Jacop „den
seyermaker" verdungen***), indes Daniel Frese die „Visierung des Turmes mit drei
Scheiben" ausführte und den Knopf vergoldete; Hans Olrichs stach „umb den
newen seyer" die Wappen der Stadt, der Ratsbeisitzer und der Juraten.
Wahrscheinlich ist die letzterwähnte Bedeckung des Turmes keine
vollständige gewesen, da aus dem Jahre 1611 berichtet wird, „daß an der
Turmspitze die nordwestliche Seite zu decken angefangen und bis an die 4 Knöpfe
aufgeführt"; Cornelius de Werth in Hamburg Ueferte das Dachkupfer, das alte
Material wurde ihm zum Umschlagen zugeschickt.
Die Bedeckung der Kirche, soweit sie mit Pfannensteinen erfolgt war,
verursachte nach jedem Sturmwind große Ausgaben; im Jahre 1582 suchte
man Besserung zu schaffen, indem man 4^2 Tausend Dachsteine aufhängte,
ein Verfahren, das sich, wie wir sehen werden, auf die Dauer nicht bewährte.
Eine umfassende Herstellung der Kirche, an der sich wieder „allerhand
beschwerliche baufellige örter" zeigten, wurde im Juli 1614 durch eine von
allen Kanzeln angekündigte öffentUche Sammlung unter allen Hausgesessenen
gefördert; die Herstellung begann mit dem Aufbau zweier Pfeiler und der
Mauer am Herrenlektor, also an der südöstUchen Chorseite; die Kupferdeckung
der beiden Pfeiler kostete 41 Mark, Meister Hans, der Steinhauer, brachte die
Jahreszahl an.
Im April 1703 wurde der Turm abermals durch einen Blitzschlag schwer
beschädigt, wie denn Heimsuchungen der Kirche „durch das Donnerwetter" noch
*) Bis zum Jahre 1686 befand sich am Turm ein Lamm Gottes mit der Zahl 1503
oder 1505, ebenfalls ein Hinweis auf eine Wiederherstellung ; die Tafel wurde damals, obgleich
es sich nur um eine belanglose Reparatur handelte, durch eine andere mit dem Namen eines
Juraten ersetzt.
**) An sonstigen Bezeichnungen fUr Formsteine entnehmen wir den Johanniskirchen-
rechnungen folgende: kapsteen, campersteen, schneden steen, schlichten man (Mond), halven
man, emsen halven man, dubbelden man, wunden man, poste, vinsterposte, glip, sprengel,
semese, stnve und schneden semese, flacke egge^ grote astrick.
*•*) Von einem sehr kostspieligen Uhrwerk hören wir schon aus der Amtszeit der
rührigen Juraten Modwedel und Buldermans (1487): ^do wart de seyger henget to sunte
Johannes . . . unde de seyger heft ghekostet (teinde half) hundert mark^. Die Uhrglocken
hingen nach Westen hin, außerhalb des Turmes.
10
-o^ 74 g^
aus vielen andern Jahren, 1477, 1581, 1599, 1666, überliefert sind. Ein Sturm
des Jahres 1747 fegte die Turmspitze nieder, ein Unwetter des Jahres 1800 den
neu aufgesetzten Knopf und Hahn. Die Anlage eines Blitzableiters geschah auf
Anregung des Architekten Sonnin, der bei einer Besichtigung der Kirche im
Juni 1775 auf die NützUchkeit eines „Gewitterabieiters" hinwies. Der erste Blitz-
ableiter auf dem Kontinent war im Jahre 1769 am Jacobikirchturm in Hamburg
angebracht.
Die große Restaurierung des 19. Jahrhunderts wurde im Jahre 1833 in
Angriff genommen. Der vormalige Stadtbaumeister Spetzler legte in einem Gut-
achten, dem sein Nachfolger Holste im wesentlichen zustimmte, die Haupt-
gesichtspunkte dar, nach denen die Erneuerung des Gotteshauses zu geschehen
habe; er stützte die Höhe seiner Forderungen durch den Hinweis, daß die
Lambert!- und Nikolaikirche wegen allzu teuerer Erhaltung doch denmächst ein-
gezogen werden müßten, darum solle man wenigstens die Johanniskirche retten.
Das Mauerwerk des Turmes war im Laufe der Zeit rissig geworden, und die
Ziegelbedachung des Hauptschiffs (bis auf die Chorseite) sowie der kirchen-
seitigen Flächen der Abseitendächer wurde, wie ehemals die Bedeckung mit
Pfannensteinen, von jedem Windstoße so mitgenommen, daß der Regen frei
hineinströmen und großen Schaden anrichten konnte.
Die Baukosten betrugen rund 50000 Reichstaler. Die Westseite des
Turmes wxmie erneuert, das Mauerwerk durch Verankerungen befestigt, mehrere
Schall-Luken wurden geschlossen, die außen hängende Stunden- und Viertelglocke
hineingenommen, die vorerwähnte Ziegelbedachung durch Schiefer ersetzt, die
verunzierten Kapellen wiederhergestellt
Um die Wende des 19. Jahrhunderts hat der Turm abermals ein neues
Kupferdach erhalten. —
Der großen Anzahl ihrer Kapellen und Altäre entsprechend, war die
Hauptkirche Lüneburgs ehemals an Kunstschätzen mannigfacher Art, wenn
auch nicht der Klosterkirche von St Michael ebenbürtig, so doch reicher als
jedes andere Gotteshaus der Stadt und reicher als manche Eathedralkirche.
Die Angehörigen der einzelnen Altäre, d. h. die FamiUen der Stifter und die
zahlreichen Gilden, wetteiferten untereinander in der Beschaffung von Kult-
geräten, Meßgewändern und Meisterwerken der Kirnst, lun zugleich die Fürbitte
ihres Schutzpatrons zu erwerben und ihrem eigenen Ansehen Ausdruck zu ver-
leihen. Zur Ausrüstung der Allerheiligenkapelle gehörten schon im Jahre 1325,
also kurze Zeit nach ihrer Gründung, 2 Kelche, 2 Missalbücher, 1 Psalterium,
1 zweibändiges Breviarium gen. „Verdebük", 2 Kappen (Pluviales), 5 Caseln
mit ihren Besatzstücken (preparamentis), 2 Fastengewänder (jejuniales), 6 Altar-
decken (palle) und 1 „Plenarium", welches die 4 Evangelien enthielt Vom
Ausgang des Jahres 1430 ist uns ein Inventar überliefert, welches der Presbiter
Werner Korff, vermutlich der Bewahrer des zum Hochaltar und Frühmessenaltar
gehörigen Kirchenschatzes, beim Empfang seiner „Kleinodien" ausfertigte. Das
bisher unbekannte, in einem seltsamen Gemisch von Latein und Niederdeutsch
abgefaßte Schriftstück verdient an dieser Stelle eine Wiedergabe im vollen
Wortlaut
-<-8 75 8^
„Anno domini M® CCCC® XXXI®, feria sexta infra octavam Nativitatis
Christi [1430 Dez. 29], ego dominus Wernerus Korff presbiter recognosco, me
recepisse infrascripta clenodia ecclesie sancti Johannis baptiste in Luneborg:
videlicet 10 calices cum 10 patene et 3 vorgulden pypen, dar me mede plecht
de lüde to communicerende ; item 9 corporalen voder, dat eyn besmydet —
dominus Antonius van Thune dedit; item unser vrouwen beide to der hemmel-
vart; item unser vrouwen beide der zunnen; item eyn cruce dat me des
sondaghes umme hoff draghet — her Kule dedit; item de olde monstranchie;
item de lylya — her Kule dedit; item de beste plenarius; item de ander ple-
narius demme alle sondaghe umme hoff draghet — her Kule dedit istas ambas;
item sunte Peters kede; item eyn grot bryl dar is hilghedom ynne; item eyn holten
cruce dat me ok umme hoff drecht; item 2 hovede undecim milia virginum;
item 2 sulveren wyrikvate; item 2 sulveren appollen [Kannen]; item 8 span,
der is 5 vorguldet, in dem eynen steyt sunte Johannes bilde, in dem anderen
miser vrouwen bilde, in dem drudden sunte Georgen bilde, in dem verden
sunte Cecilien bilde, in dem veften sunte Katherinen bilde, de andern 3 sunt
van parlen; item eyn cleyne sulveren tafelen de st^yt uppe twen enghelen;
item 1 swart gherve [Meßgewand] mit twen roden rokken — her Kule dedit;
item 1 rode cappen — her Curt Boltzen dedit; item 2 rode cappen — her
Ludolft van der Suiten dedit; item 2 grone cappen — her Johan Semmelbecker
de sotmester dedit; item eyn witte cappen — her Johan Langhe dedit; item
eyn rode kappen dar unser leven vrouwen bilde ynne steyt; item eyn blawe
cappen-Stoteroghe dedit; item ene blawe cappen — herteghe Wilhelm dedit;
item eyn grone ghulden cappe — magister Eggherd archidiaconus dedit; item
2 grone kyndercappen; item 1 grone syden cappen; item eyn rot gherve, eyn
pari liste; item eyn brun gherve myt dem omate — Ditmer Säbel dedit myt
dem or[nate]; item eyn blaw stucke [Tuch] — her Vyscule dedit; item eyn
wit stucke; item eyn blaw stucke dar de hauen ynne stan; item eyn gron
stucke — her Nycolaus van der Molen dedit; item eyn blaw stucke dar de
s\^an ynne stan; item eyn brun stucke myt euer parlden listen; item eyn rot
stucke dar de sparen ynne stan; item eyn rot stucke dar sunte Johannes ynne
steyt — her Sander Schellepeper dedit; item eyn gülden nackenstucke; item
eyn rot stucke dar unser vrouwen bodeschop ynne steyt — her Springhentgud
dedit; item eyn rot sammyt; item eyn nackenstucke myt speghelen; item eyn
rot stucke myt lysten; item ein gel stucke und twe rocke; item eyn rot flüvel
— her Albert Hoyke dedit; item eyn rot stucke myt lindwormen; item eyn
wit syden stucke — Hintze Upieggher dedit; item eyn blaw gülden stucke myt
eynen parlden crucifixe upme rugghe — her Albert van der Molen dedit; item
eyn blaw syden stucke myt gülden stripen — de Sanckenstedessche dedit;
item eyn rot gülden stucke — her Handorp dedit; item 31 stucke des me alle
daghe bruket; item 13 par dyakon rocke; item 14 alterdwelen gud unde qu&t;
item 4 lysten to dem Hoghen altare; item 3 lyste to dem Vromissen altare;
item 1 rot, 1 wyt, eyn ghel, eyn blaw antependia; item 4 patenendwelen ;
item 4 dwelen to communicerende; item 1 dwelen wan me dat sacrament
plecht to dreghende; item 5 vürschapen [Wärmepfannen]; item 2 misseboke,
10*
-o*S 76 8^
eyn sommerstucke unde 1 wj'^nterstucke — her Anthonius de Thüae dedit illos:
item 2 ander mysseboke; item 3 votivarie; item 2 de besten mysseboke, de de
ryke Gherardus gaff; item eyn bück dat is to sunte Nycolaes; item eyn olt
missal. Ffidiiussores Hinrick Rybe, Hans Reghegher".
Das in mehrerer Hinsicht bemerkenswerte Blatt zeigt uns die große
Freigiebigkeit der mittelalterlichen Gemeinde. Die alten Lüne burger Ratsfamilien,
die Boltze, Lange, Hoyke, van der Molen, Sankenstede, Schellepeper, Semmel-
becker, Springintgud, Stöterogge, van der Suiten, Viscule, Zabel, haben samt-
lich zur Vermehrung des Kirchenschatzes beigetragen, und ein Gleiches dürfen
wir von anderen wohlhabenden Familien der Stadt annehmen, wenn ihrer auch
nicht ausdrücklich Erwähnung geschieht; aus anderer Quelle wissen wir beispiels-
weise, daß der Ratmann Hinrick Miles im Testament von 1366 der Johanniskirche
seinen silbernen Gürtel vermachte zur Anfertigung eines Kelches. Von Interesse
ist es, daß auch Herzog Wilhelm (f 1369) unter den Geschenkgebem aufgeführt
wird. Von den drei Pfarrern, die als Wohltater ihres Gotteshauses genannt
sind, hat Hinrik Kule der Johanniskirche und dem zugehörigen Pfarrhause so
große Geldopfer gebracht, daß Bürgermeister und Rat ihm in Anerkennung dieser
Verdienste eine Leibrente bewilligten (1410 April 4).
Die verhältnismäßig frühen Angaben über die Kleinodien des Hochaltars
lassen ermessen, wie reich sich die Hauptkirche der Stadt im Gegensatz zu ihrer
zwar imposanten, aber verhältnismäßig einfachen äußeren Gestalt im Innern
schmückte, und wie die Pracht des Gotteshauses von Jahrzehnt zu Jahrzehnt
sich üppiger entfalten mußte. Aus der geringen Aiisbeute der urkundlichen
Überlieferung, die freilich nur bis 1490 berücksichtigt werden konnte, werden einige
weitere Belege willkommen sein. Vor dem Hochaltäre brannten zwei ewige
Lichter, das eine an der Nordseite „vor deme hilgen Uchame" (1393 und 1474
erwähnt), das andere nach der Sakristei hin, „in der vorguldeden luchten" (1434);
für eins von beiden, femer für ein Licht auf dem Ursulaaltare, für ein Licht
„vor dem Kreuze" und für das sog. StadtUcht hinter dem Ratsstuhle hatte die
Kämmerei Sorge zu tragen. Auch vor dem Marienaltare brannten mehrere ewige
Lichter, eins „in unser Vrowen ere" (1393), eins „vor dem Marienbilde", von der
Marienbrüderschaft unterhalten (1407), ein drittes „up dem bome", der Obhut
der St Jürgens-Gilde empfohlen. Marienlichter auf einem Baume („super arborem")
werden auch vor dem Hochaltar erwähnt; es waren 13 Stück, die ebenfalls von
der Mariengilde besorgt wurden (1402). Der mehrfach begegnenden Bücherei
(„liberie") zu St Johannis vermachte der kinderlose Apotiiieker Mathias van
der Most 1474 „dat rode bock dar vita Alexandri ynne steyt". Die Bücherei
ist in der Reformationszeit mit der Ratsbibliothek vereinigt. Die Beschaffung
kostbarer Meßgewänder für die Vorsteher der Kalandsbrüderschaft sieht ein
Testament von 1477 vor; das Vermächtnis eines Bürgers vom Mai 1481 über-
weist 5 Mark „to deme nyen sülveren schryne to simte Johanse", vermutlich
die noch heute erhaltene sog. „goldene Kirche". Ein älteres Kleinod war dem
Gotteshause im Jahre 1472 gestohlen.
Noch in den siebenziger Jahren wurde vom Meister Jacob, einem Snitker
oder Kistenmaker, „des rades stolinge" angefertigt, ein neues Ratsgestühl, das
->^ 77 8^
nach dem Chore zu diirch eine hohe Schranke abgeschlossen war; gleichzeitig
fertigte der Kistenmaker Hans Fabel einen besonderen Bürgermeisterstuhl. Eben
damals erhielt der Chor Rückenlaken aus Leinwand^ mit Gemälden aus dem
Leben der fil. Johannes und Jürgen. Ein Maler mit Namen Tyle bemalte ein
Brett, auf dem- die zehn Gebote standen, ein anderer Namens Hans Hom ein
Schap, das zur Aufnahme des Hl. Kreuzes diente.
Der Hochaltar wurde in derselben Periode, nämlich 1484/85, mit seinem
jetzigen Auf satze geschmückt: „do wart de nygen tafele uppe dat homyssen altar
ghesettet, by Dirick Modwedel unde Dirick Buldermans tyden, do de kerck-
swaren weren". Die Ausgabeposten der Kirchenrechnung lassen erkennen, daß
ein Hamburger Maler und ein Lübecker Goldschläger, von denen der eine
anscheinend Meister Hans genannt wurde, sich in die Hauptarbeit teilten. Die
betreffenden Auszüge lauten: „Item utgeven 20 Mark de ik sende to Hamborch
dem maier; 8 s. vor eyn holt to der tafelen; 4 s. vor eyne droge delen to der
tafelen; 13 d. vor negele; 3 Mark myn 3 s. to dachlon do wy de tafelen setten
unde eyne s. to ber; 60 Mark deme goltsleger to Lubeke van unser tafelen
wegene; 5 s. mester Hans, do he de tafelen to rechte sette; 23 Mark unde 4 s.
deme smede do de tafel settet was; 3 Mark deme biscope de de tafele wigede;
45 Mark der msderschen [der Frau des Malers?] to Hamborch unde eyne r. gülden
den ik er baven yn gaJEf; 1 Mark vor 12 eilen lennewandes to deme laken uppe
dat hoge £dter to der tafelen ; 20 s. deme maier vor dat laken to malende uppe
dat homissenaltar; (4 Mark vor dat rode arresck to deme laken up dat hoge
altar in deme roden sondage)." Es fällt auf, daß von einem „Bildensnider" an
dieser Stelle gar keine Rede ist.
Um so erfreulicher, daß wir den Kunsthandwerker nennen können,
der im Jahre 1588 f. das schöne, kürzlich von seinem häßlichen Anstrich
befreite Chorgestühl gearbeitet hat. Gelegentlich der Reinigung kam auf der
Rückseite eines Pilasters folgende mit Kohle geschriebene Notiz zutage : „Wamike
Burmester so he(t) de meister ; de gesellen : Andreues Petersen, Johan Buckenda(l),
Christoffer Rapup, Jürgen Harbord, Christoffer Smedt, Albert Gar(uen?), Evert
Burmester, des meister sone, Wamike Brugenatz, de lerjunge; Anno domini 1589,
den . november; dat arbeidt hefft gekostet . . .". Die Inschrift läßt sich an
der Hand der Kirchenrechnung ergänzen. Zu Ostern 1588 wurde der rechnungs-
führende Jurat mit dem Schnitker Wameke Burmester, aus dem Rathause
bekannt durch die Täfelung der Konunissionsstube, handelseinig. Der Meister
übernahm es, den Chor auf beiden Seiten neu zu pannelieren, „de pannelinge
in brune ramen, de piler krusz und up ider siden baven dem panneelwerke twe
gesemse mit angesichten und utgeschneden bilderen^^ Der Preis sollte ins-
gesamt 114 Reichstaler (235 Mark 2 s.) betragen, es erfolgte jedoch eine Nach-
zahlung von 40 Mark.
Wie das Chorgestühl wurde auch die Dope im Jahre 1588 ff. erneuert,
und zwar vom Grapengießer Hans Meiger, dem das alte Taufgefäß und altes
Gut aus dem „Gießhause" „angetan" wurde. Die neue Dope wog 989 Lb. und
kostete 151 Mark 5 s. Das Fundament aus gehauenen Steinen lieferte der
Steinhauer Märten Köler, ein Verdeck, „bilde und ummeganck" wurde einem
-^ 78 8^
ungenannten Schnitter für 103 Mark verdimgeD^ und der Maler Gerd Haue
übernahm für 134 Mark die Vergoldung und Bemalung. Der eigentliche „kerken-
schnitker" jener Zeit, von den Jiuraten alljährlich (1587 — 95) mit Aufträgen
bedacht, war Meister Caspar Hartwig; er wurde, weil das Verdingen der Dope
ihm zu nahe war, durch 12 Reichstaler entschädigt.
Die Dope stand nicht im Chor, sondern im Mittelschiff nahe der Orgel,
so daß sie mit ihrem hohen Deckel und Umgang den Stühlen imter dem Turm
die Aussicht nahm. Eine Beschwerde darüber im Jahre 1685 gab den Anlaß,
daß ein aus einem Gipsblocke des Schildsteins gehauenes neues Taufgefäß an-
geschafft wurde; dieses fand auf dem Chor seinen Platz, bis es in jüngerer
Zeit durch den Taufstein der zerstörten Lambertikirche von dort verdrängt
worden ist Die Dope des 16. Jahrhunderts wurde zum Guß der Wachtglocke
mit verwandt, der größten Glocke im Lüneburgischen (1687).
Von der Kanzel berichtet Volger, daß sie im Jahre 1569 für 100 Reichs-
taler von dem Lübecker Heinrich Malz verfertigt wurde, und zwar ganz nach
dem Muster der Kanzel in der Lübecker Katharinenkirche. Nach dem Urteil
eines Sachverständigen von 1833 war sie der Kirche eine Zierde, „die vielleicht
in Norddeutschland vergel)ens ihres Gleichen suchen würde". An ihre Stelle
trat 1865 die heutige Kanzel, ein Geschenk König G^org des Fünften
von Hannover.
Einer besondem Fürsorge hat sich von jeher da43 Orgelwerk der Johannis-
kirche zu erfreuen gehabt, wie denn die Kirchenmusik in Lüneburg schon seit
dem 15. Jahrhundert und wohl noch früher aufs eifrigste gepflegt worden ist
Oi^anisten von großem Ruf sind gerade zu St Johannis tätig gewesen, ein
Johannes Steffens (1589 — 1616), der als Orgelspieler „zu einer europäischen
Berümtheit^' gelangte, Georg Böhm (1715—32), der bedeutendste Orgelkomponist
der Vor-Bachschen Zeit, und Johann Sebastian Bach selber hat bekanntlich in
Lünebui^ sein Studium der Musik begonnen und ist von Böhm in hohem Grade
beeinflußt
Schon im Jahre 1444 wird eine Aufwendung von 218 Mark 13 s. erwähnt,
die seitens der Kämmerer auf Geheiß der Büi^rmeister für die Orgel von
St Johannis zugeschossen wurde. Eine zweite kleinere Orgel für den Chor
gaben die Juraten 1479 in Auftrag, und der Snitker und Kistenmaker, Mester
Jacob, machte die Holzarbeiten dazu. Das große Orgelwerk, welches den Kern
der noch heute gebrauchten mächtigen Orgel bildet, stammt aus Herzogenbusch
und ist von Meister Jasper Johansen geliefert Laut Vertrages vom 25. August
1551 verpflichtete sich der Genannte, zugleich im Namen des abwesenden
Meisters Hinrik Niegehoff und dessen Sohnes Claves Niegehoff, der Kirche die
große Oi^el in seinem Hause „tor Hertigen Büschen" an Holz und Piepwerk
ganz und gar neu zu machen. Bis Pfingsten sollte die Ablieferung stattfinden.
Den Transport bis Amsterdam hatte der Meister zu tragen, und bis Lüneburg
auch die Gefahr, die „eventure", während die Fracht von Amsterdam über
Hamburg bis zum Bestimmungsort von den Ejrchgeschworenen übernommen
wurde. Der vereinbarte Preis betrug 1000 Jochimsdaler, von denen 200 in
Antwerpen vor der Hand zur Auszahlung gelangten, 400 bei der AbUeferung,
-4-8 80 g^
400 nach Aufstellung und Abnahme folgten. Johansen leistete für sechs Jahre
Gewähr; als Entgelt für eine Extragabe von 20 Talern beim Vertragsschlusse
versprach er, seinem Werke ein besonderes Geläute zu verehren.
Eine erhebUche Verbesserung der Orgel wurde schon 1577 vorgenommen,
als der Orgelmacher Dirick Hoigers aus Hamburg einen neuen Baß einsetzte
und bei dieser Gelegenheit das ganze Werk umschrob imd renovierte; einige
Jahre später trafen die Juraten ein Abkommen mit dem ebenfalls auswärtigen
Orgelmacher, Meister Matz Man, der gegen eine bestimmte Vergütung die Orgel
instand halten mußte. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts führte der bestallte
Orgelmacher der Stadt Lübeck, Friedrich Stelwagen, eine große Reparatur aus,
aber schon 1669 wurde eine abermalige Herstellung für notwendig erachtet,
deren Kosten der Orgelmacher Michael Berigel auf mindestens 700 Mark Lüb.
veranschlagte. VermutUch schreckte diese Summe die Juraten ab, und so geriet
die Orgel sehr in Verfall. Im Mai 1712 finden wir daher den schon genannten
Organisten Georg Böhme mit den drei Juraten zwecks mündlicher Vorstellungen
auf der Schreiberei des Rathauses. Mit dem Hinweis, daß das Werk sich
täglich verschlimmere und es fast dahin geraten sei, daß nichts Tüchtiges mehr
darauf gespielt werden könne, wurde ein Projekt der Herstellung überreicht, das
von dem in Lüneburg wohnenden Orgelbauer Dropa, der auch die Orgel zu
St Michaelis repariert hatte, entworfen war und ihm bald darauf zur Aus-
führung übertragen wurde. So hat die Orgel in den Jahren 1712 — 15 die Gestalt
erhalten, die ihr im Ganzen bis heute geblieben ist Es sollte kein üppiger und
imnötiger Bau gemacht werden, aber Matthias Dropa, der auch die Bildhauer-
und Tischlerarbeiten zu den neuen Baßtürmen übernahm, meinte, die Orgel
werde eine gute Parade machen und übrigens auch so eingerichtet sein wie
keine andere Orgel in Lüneburg. Sein Entgelt bestand in 1800 Talern zu
24 Mariengroschen oder 32 s. und scheint recht knapp bemessen zu sein. — Eine
Beckenkollekte in den drei städtischen Kirchen im Jahre 1808 sollte wiederum
dem traurigen Zustand der Johannisorgel abhelfen; die Vollendung dieser
Reparatur, durch den Orgelbauer Nicolaus Rechten, erfolgte im Juni des folgenden
Jahres. Gegen Mitte des Jahrhunderts ist die letzte gründliche Herstellung
erfolgt Der Organist Anger fand die Orgel, „ein nach dem Urteil Sachverständiger
großartiges Werk", schon bei seinem Dienstantritt, Ostern 1842, in sehr ver-
fallenem Zustand und ruhte nicht, bis die Herstellung beschlossen war. Zum Orgel-
baufonds steuerten die Testamentare und die Landesklöster mehr als ein Drittel bei,
die Landdrostei gab 200 Taler, und Anger vergrößerte die Summe durch den
Ertrag seiner Konzerte. Der Hoforgelbauer E. Meyer in Hannover lieferte zum
Weihnachtsfest 1852 das Werk ab, die Gesamtkosten betrugen 2175 Taler, alles
wurde dauerhaft und gut befunden.
Wenige Nachrichten liegen vor über die Glasmalereien der Kirche, die,
nach den herrlichen Fenstern des Rathauses zu schließen, gewiß von hohem
künstlerischen Wert gewesen sind. Die ältesten sollen sich in den Fenstern an
der Südseite befunden haben. Die Verständnislosigkeit des Jahres 1743 zeitigte
die Maßnahme, alle farbigen Fenster, deren Bleifassung zwar bedenklich ver-
wahrlost war, zu beseitigen. Eines über dem Altar hatte der Superintendent mit
^>^ 81 8^
„ob zwar neuen doch altförmigen, Rhombischen Scheiben" besetzt, aber die
Juraten hielten es für nötig, daß alle neu gemacht und „mit modernen quadrat
und weit verhellemden Scheiben" vertauscht würden. Nur ein kleiner Bruchteil
der Fenster bUeb verschont, darunter das Wappen des Rates im Mittelfenster
des Chors, das diesen vornehmsten Platz schmückte, um dadurch den Patronat
des Rates über das Gotteshaus zum Ausdruck zu bringen; es war im Jahre 1605
erneuert und ist erst vor 50 Jahren entfernt.
Im April 1585 wurde eine Bemalung der Gewölbe in Angriff genommen,
die zuvor mit achtzehn Tonnen englischer Kreide geweißt waren. Die Malerei
war für 300 Mark an Gert Haue und Jochim Jagow verdungen, 40 Mark
wurden für zwei Historien auf dem Chor, 16 Mark für eine Historie über der
Dope gezahlt, auch wird die Bemalung von 30 (33) gedrehten Sternen erw^ähnt,
die miter das Gewölbe kamen, und die Vergoldung zweier großer Rosen unter
dem Gewölbe auf dem Chor. Die Maler wurden während ihrer Arbeit „zaghaftig'*,
da sie erkannten, daß sie zu billig abgeschlossen hatten; die Juraten bewilligten
daher 100 Mark extra, indem sie sich damit trösteten, daß Daniel Frese die
Arbeit nicht unter 500 Taler hatte übernehmen wollen und schheßlich gewiß
700 gefordert haben würde.
Die große Raumwirkung des inneren Gotteshauses, durch die zahlreichen
Altäre der katholischen Zeit schon wesentlich beschränkt, ging durch Einbauten
von Kirehenstühlen und Priechen allmählich ganz verloren. Für einen neu-
erbauten Lektor, vermutlich die Empore unter der Orgel, zahlten die Juraten
im Jahre 1655 dem Kirchentischler Ludewig Wulbrandt 430 Mark, und der
Rat selber ließ drei Jahrzehnte später durch den Baumeister Johan Planerd,
gegenüber der Kanzel einen Rats- und Bürgermeisterstuhl (dieser mit 6 auf-
schlagenden Fenstern und einem * purpurfarbenen Teppich) errichten, der 1739
durch eine Juratenprieche fortgesetzt wurde. Daß die Stühle im jeweiligen
Geschmack ihrer Entstehungszeit mit Wappen, „hilligen scheppen'* und sonstigem
bildnerischen Schmuck verziert, daß ferner Mauern, Pfeiler und Säulen im Laufe
der Jahrhunderte mit vielen kostbaren Denktafeln und Epitaphien ausgestattet
waren, versteht sich, und es ist ja nicht schwer, von all der entschwundenen
Pracht eine ungefähre Vorstellung zu gewinnen, wenn man sich etwa - das
Innere der Marienkirche im benachbarten Lübeck vergegenwärtigt, wo der
Charakter des Gotteshauses als einer ehrwürdigen Gedächtnishalle für lange
Generationen sich glücklicher bewahrt hat, als es der alten Pfarrkirche Lüneburgs
beschieden gewesen ist.
Die Veräußerungen der Kunstwerke von St. Johannis, die in einem
eingehenden Inventar kurz vor Einführung der Reformation noch einmal
zusammengestellt wurden, haben schon im 16. Jahrhundert begonnen,
denn zwanzig Werke der Goldschmiedekunst erw^arb der Rat im Jahre 1573
für 5750 Mark zur Vermehrung seines Silberschatzes.*) Im übrigen möchten
*) Der Keinbecksehen Chronik des Museums entnehmen wir das nachfolgende Ver-
zeichnis. ^Folgende Stücke sein aus der Bede genommen — ist der Standt, darinne itzo die
Diacen stehen: 1) 1 groß silbern Crucifix Uberguldet und mit Johannis und Marienbilde
2) 1 Cruciiix Uberguldet und mit einem kupferen Fus 3) 1 Crucifix mit fünf Cristallen 4) 1 klein
11
-^ 82 8^-
wir glauben, daß das Jahrhundert der Reformation mit den Denkmälern und
Altertümern der Kirche nicht so gründlich aufgeräumt hat, wie Volger es an-
nimmt. Ergibt sich doch aus den obigen Darlegungen, daß gerade im zweiten
und letzten Drittel des 16. Jahrhunderts große Summen zur Erhaltung und
Verschönerung des Gotteshauses aufgewandt sind, und ein Antrag der Ge-
schworenen, die Meßgewänder, Ornate usw. zum Besten der Kirche zu verkaufen^
scheiterte noch im Jahre 1607 an dem Verbot des Rates. Sogar der Verkauf
der berühmten Großen Glocke im Jahre 1792 vollzog sich, wie die Akten er-
geben, keineswegs unter gleichgültiger Haltung oder gar auf Betreiben der
Gemeinde, die Veräußerung wurde von den geldbedürftigen Juraten unter dem
ansteckenden Einfluß des Landschaftsdirektors von Bülow gegen den Einspruch
pietätvoller Männer durchgesetzt.
Dem 19. Jahrhundert war es vorbehalten, mit der inneren Ausgestaltung
der Kirche, wie sie fast organisch erwachsen war, kurzerhand aufzuräumen.
Viel Unerläßliches gab es zu tun. Um immer noch mehr Stühle und Lektoren
anzubringen, hatte man sich nicht gescheut, die Tragrippen und vorspringenden
Ecken der Pfeiler wegzuhauen; die Stühle erwiesen sich z. T. als lebensgefährlich
schadhaft, der Fußboden war durch die vielen Beisetzungen und die unregel-
mäßige Lage alter und neuerer Grabsteine so uneben geworden, daß man
darüber stolperte, die bunte Malerei der Gewölbe des Hauptschiffs war verwischt.
Monstrancie mit einer großen C^rystallen 6) 1 silberne mittelmessige Monstrancie mit Heilig-
tume 7) 1 kleine silberne Monstrancie mit einer Crystallen darinne Heiligtnme 8) Noch zwo
kleine Monstrancien Ubergüldet und mit Crystallen 9) 1 silbern St. Jürgen mit den Dracken
und Schwerde, weinig geguldet und mit einer kleinen Büxen und Schilde 10) 1 silbern St. Peter
mit dem Schlüssel und Bocke, ein wenig geguldet 11) 1 silbern Johannis mit dem Bocke,
darauf das Lamb Gottes, weinig geguldet mit einen Corallenschnor und kleinen Creutz 12) die
Auferstehung Christi von Silber mit der Fahnen, weinig geguldet 13) 1 silberne Maria mit
dem Kinde und Cepter mit zween Ringen und einen Corallenschnür 14) 1 silbern
St. Ursula mit Stralen, einem Bocke, Coralenföftig und vier Ringen 15) 1 silberne St Anna,
mit zween silb. Agnus Dei, einem kleinem Bmstschmide, mit achte Knöpfen klein und
groß mit zween Ringen und einer silb. Ketten 16) 1 silberne St Cathrine mit dem Schwerte,
Bocke, Corallenschnor und einem kleinen Agnus Dei 17) St Ursula, ein silbern Brustbilde
mit einer gülden Ketten daran ein klein Creutz mit 5 Steinen etwas tiberguldet 18) 1 kleine
silberne Monstrancie 19) 1 silbern (Ciborium), darinne silbern Büxe und Löffel 20) l silbern
Olie Buxe.
Volgende Stücke sein aus der (Jlarbekammer St. Johannis genohmen und auf das
Rathaus bracht worden zu gleicher Zeit mit den vorigen: 1) 1 silb. überguldet Crucifix
daranne etwas verehrt Silber gehangen 2) 1 kl. silb. Monstrancie mit Reliquien und
überguldet 3) 1 silbern überguldeter Fuß darinne 1 eisen Leth aus Petrus Ketten 4) 1 gr.
silb. Monstrancie überguldet und mit einem gülden Ringe und etzlichen Edelgesteinen
5) 1 silb. überguld. Crone mit zween silb. überguld. Ringen daranne 1 silb. Kette
mit einem Creutz u. einer kl. überguld. Cronen 6) 1 silb. Johannis mit Edel-
gesteinen u. Perlen auch etzlichen kleinen geopferten silbern Platen u. einem gülden
Ringe 7) 1 silb. überguldet Marienbild mit etzlichen anhangenden silbern Kleynodien und
5 gülden Ringe u. einen Corallen Rosencrantz 8) 1 silb. Düve mit einem Fuß 9) 1 silb.
Wirockfas mit der Ketten 10) 1 silb. Schrein etwas geguldet' 11) 1 gr. silb. Pontificat
überguld. u. mit Perlen 12) sechs silb. Span überguldet 13) drey silbern überguld. Knöpfe
14) zwe lange Corallenvöfftig mit 6 Rosencrentzen von Barenstein. — Durch Conradum Baleman
secretarium verzeichnet."
->^ 83 S^
Da mußte erneuert, beseitigt, gebessert werden. Es geschah nach dem Geschmack
der damals maßgebenden Persönlichkeiten und ihrer Zeit. Schon in dem Gut-
achten des Baumeisters Spetzler von 1833 hieß es, das Ansehen der Kirche
werde gewinnen, wenn man die Gewölbemalerei ganz weglasse; alles müsse
zierlich aber einfach ausgeweißt werden, ,,die einfach weiße Kalktinte hebt
stets den imposanten Eindruck eines Doms''; verschließbare Stuhle sollten nur
in den kleinen Kapellen angebracht werden, alles übrige Stuhlwerk müsse die
gleiche dreifüßige Brüstungshöhe erhalten und sei in „altdeutscher" Form in
geöltem Eichenholz anzufertigen.
Mehr als zwei Jahrzehnte gingen darüber hin, ohne daß die Neuerungen
zur Ausführung kamen. Die angedeuteten Mißstände wurden immer offen-
kundiger, während die verfügbare Restaurierungssumme durch die Erhaltung
des äußeren Baues verschluckt war. Um die erforderlichen Geldmittel zu
beschaffen, kamen die Juraten im Jahre 1852 auf den unseligen Gedanken,
,,die entbehrlichen Schönheiten des Gotteshauses, deren manche noch aus katho-
lischer Zeit vorhanden seien", feilzubieten; und der verantwortliche Stadtbaumeister
tat leider nichts, die Ausführung des Planes zu verhindern. Auch er sprach
den Wunsch aus, die veralteten und defekten historischen Bilder an den Seiten-
wänden des Chors zu beseitigen, die unschönen Epitaphien an Säulen und
Pfeilern bis auf die besseren und wertvollen abzubrechen, alle stilwidrigen
Auswüchse und Anhängsel aus neuerer Zeit von den freistehenden Säulen und
Mittelpfeilern zu entfernen, die alten Ölbilder, zumal die Porträts der früheren
Prediger, in die sogen. Mönchshalle neben dem Turm zu überführen, und was
dergleichen Vorschläge mehr waren, die auf nur allzu fruchtbaren Boden fielen.
In drei w^eit und breit bekannt gemachten öffentlichen Auktionen des Jahres
1856, am 26. März, 26. Juni und 20. Oktober, wurden jene „Schönheiten" und
„stilwidrigen" Auswüchse der Kirche zu Geld gemacht, und es nützte nichts,
daß W. F. Volger als Worthalter der Bürgervorsteher mündlich, schriftlich und
in gedruckter Äußerung seine mahnende und warnende Stimme erhob. Die
drei Auktionsverzeichnisse sind erhalten und liefern, wenn auch in dürftigster
Form, den aktenmäßigen Beweis, was alles an Kimstwerken damals erst dem
Gatteshause verloren gegangen ist. Den höchsten Preis (55 Taler) erzielte der
„Makrinische StuW nebst Treppe, sodann ein „Monument von Holz" (50 Taler),
beides erworben von Herrn Selig aus Hannover, der mit Herrn Auerbach aus
Hamburg als Käufer der ersten Auktion wetteiferte; vieles auch gelangte in
Lüneburger Privatbesitz. Für 6 Taler erstand man ein Monument von Stein,
für 5 Taler ein Vorlesepult, für 2—3 Gutegrosehen ein Gemälde, für 1 Taler
4 Ggr. fünf alte Türen, für 20 Taler den alten Magistratsstuhl, für 6 Taler
12 Ggr. „eine Partie altes Schnitzwerk" (Herr Selig aus Hannover). Fünf
Bilder und fünfzehn Ölgemälde fanden erst in der dritten Auktion ihren Käufer.
Die gesamte Ausbeute belief sich auf etwa 736 Taler.
Die Absicht, da^ ganze Innere der Kirche nach gründlicher Herstellung
mit einem farbigen, nämlich ,, kalksteingrauen" Anstrich zu versehen, scheiterte
an der Feuchtigkeit der Gewölbe, Pfeiler und Mauern, man nahm daher zu
einer gewöhnlichen Kalkweiße seine Zuflucht. Als die Arbeit fertig war, fand
11*
J
->^ 85 8^
der Baumeister selber, daß die Kirche ein „sehr monotones" Ansehen erhalten
habe, und er versuchte nun, wenigstens die vorspringenden Rippen kalksteingrau
zu tönen, aber auch das mißlang. Die neuen Earchenstühle aus preußischem
Pöhrenholz wurden „eichenlarbig" angestrichen. Zum Glück sah man wenigstens
von dem Plane ab, die Außenschiffe durch Scherwände abzuteilen xmd somit
innerhalb der großen eine kleine Kirche zu schaffen.
Im Jahre 1904 ist das wie durch ein Wunder erhaltene Chorgestühl in
wohl gelungener Weise von seinem Anstrich befreit und nach der notwendigen
Untermauerung der östlichen Pfeiler ist der Anfang damit gemacht, das Mauerwerk
bis auf die verputzten und weiß getönten Gewölbekappen im Rohbau herzustellen.
Das Gotteshaus ist eine gotische fünfschiffige Hallenkirche von fast Beschreibung,
quadratischer Grundform (Fig. 12). Im Westen steht ein starker Turm mit
seitlichen Anbauten, nach Osten sind aUe fünf Schiffe polygonal geschlossen.
Zwischen den Strebepfeilern des Schiffes sind Seitenkapellen eingebaut. Drei
Dächer liegen über den fünf Schiffen; die mittleren drei Schiffe sind zu einem
Dache zusammengefaßt, das jetzt mit Schiefer gedeckt ist, die beiden äußeren
Seitenschiffe haben je ein mit Kupfer gedecktes steiles Dach, dessen leuchtende
schöne Patina mit dem gewaltigen Turm der Kirche die eigenartigsten Merkmale
des Lüneburger Stadtbildes sind.
Ursprünglich war die Kirche dreischiffig angelegt, das Mittelschiff im
Chor weitergeführt, die beiden Seitenschiffe am Anfang des Chores rechteckig
abgeschlossen. Im Dachboden ist das alte Gesims voUständig umlaufend an
den Schiff- und Chormauem erhalten, die Dachkonstruktion des mittleren
Daches liegt auf den alten Umfassungsmauern (vgl. Fig. 14), und in der Sakristei
ist an der Außenseite des Chores ein kurzes Stück vom Sockel der alten Kirchen-
außenwand erhalten. Das alte Hauptgesims besteht aus kräftigem Wulst in
RoDschichtform, Kehle und kleinem unteren Wulst und ist im ganzen etwa
32 cm hoch. Der Sockel besteht aus oberer braun glasierter Kehle und unterem
kräftigen Wulst In der Ecke zwischen Chor und südlichem Seitenschiff, jetzt
innerem Seitenschiff, fand man Spuren vom Anschnitte eines Kreuzgewölbes,
dessen Größe etwa der eines Joches der jetzt bestehenden Verlängerung des
südlichen inneren Seitenschiffes entspricht. Hier hat also eine kleine
KapeUe bestanden, solange die Kirche ein dreischiffiger Bau war. Die Er-
weiterung der ICirche auf fünf Schiffe muß bald nach Fertigstellung des drei-
schiffigen Baues erfolgt sein; die Formen beider Bauzeiten liegen nur
wenig auseinander, und die im Dach sichtbaren früheren Außenmauem sind
nicht gefugt.
Die Kirche ist ganz aus Backsteinen erbaut und einfach durchgebildet, ^ n
eigentliche Schmuckformen fehlen fast ganz. Die architektonische Gliederung Architektur.
wird erreicht durch die sich aus dem Grundriß und den verschiedenen Erbauungs-
zeiten ergebende Gruppe (Fig. 13 und 15). Beherrscht wird das Bauwerk
durch den mächtigen quadratischen Turm (Fig. 15), der ebenfalls schmucklos
bis zu den vier Giebeln ansteigt; diese allein sind reicher durchgebildet,
über und zwischen ihnen setzt der achteckige, mit Kupfer gedeckte Helm
an. Am Fuße der Giebel sind einfache Wasserspeier angeordnet. Die Tunn-
giebe] sind nicht aus einer Zeit. Der vordere, nach West«n schauende, stammt
von einer wenig geschickten Wiederherstellung des Jahres 1833. Die beiden
seitlichen, nach Süden und Norden gelegenen Giebel sind durch fünl lange,
spltzbogig geschlossene Blenden belebt, die durch Pfosten geteilt werden (Fig. 16). Im
nördlichen Giebel befinden sich über
den Blenden noch Kreise, deren ver-
tiefte Flächen geputzt und mit ge-
mauerten Kreuzen geziert sind. Alle
Kanten sind profiliert. Der östliche
Giebel ist durch einen großen, die
Dreieckseiten fast berührenden Kreis,
in dem Putzflächen mit glasierten
Steinen abwechseln, geteilt, die übrig
bleibenden Dreieckzwickel werden
durch Spitzbogenblenden und Dreipässe
ausgefüllt (Fig. 16). In dem großen
Kreise liegt ein Hexagramm, das durch
Pässe wieder geteilt ist Unter den
Giebeln zieht sich ein Dreipaßfries hin.
Die beiden Glockengeschosse werden
von je vier großen Öffnungen auf
allen vier Seiten durchbrochen. Die
Öffnungen haben profiherte, teilweise
glasierte Kanten und sind spitzbogig
geschlossen. Einige sind bei einer
Restaurierung zugemauert, weil der
Turm bedenkliche Risse zeigte. Zwischen
den Fensterreihen zieht sich eben-
Fig. IG. jobaniiiBkirch«} Tnnngi«b>i. falls ein Dreipaßfries um den Turm.
Unter der unteren Fensterreihe springt
das Mauerwerk vor. Die Abdeckung des Vorsprunges ist durch große Feld-
steine hergestellt Der Turmkörper zeigt von dieser Abdeckung bis zur Erde
ruhige glatte Mauerflächen, unterbrochen von wenigen Öffnungen, dem Haupt-
portal und einigen Strebepfeilern. An der Südseite sitzt zwischen der oberen
Fensterreihe eine Steintafel mit der Inschrift: RENOV. 1733. Das spitzbogige
Portal ist im oberen Bogenteüe alt und zeigt eine tiefe, pi-ofiherte Leibung,
teilweise mit glasierten Steinen. Der untere Teil des Turmes wird durch die
anschließenden Pultdächer der zweigeschossigen Kapellenbauten gestützt. In
der Vorderfront sichtbar werden noch die durchschießenden Dächer der äulSeren
Seitenschiffe, deren Giebel nur durch Rundfenster belebt werden (Fig. 15). Die Seiten-
ansichten des Bauwerks werden durch die großen Fenster und starken Strebepfeiler
geteilt, die zwischen die Strebepfeiler eingeschobenen Kapellen beleben den unteren
Teil der Ansichten. Das Kupferdach ist über die Strebepfeiler herunter gezogen. An
der Chorseite wirkt vor allem die reiche GUederung durch den mittleren, stark
^ 87 ä-
vortretenden Cliorschluß und die vier Abschlüsse der Seitenschiffe. Durch
das Zusammenziehen des Daches über den Schluß der inneren Seitenschiffe und
den Chorschluß sind malerische architektonische Zufälligkeiten entstanden. An
der nördlichen Seite der Choransicht sind verschiedene Rfiste von Friesen
und Flächenverzierungen erhalten. Am Schluß des äußeren Seitenschiffes liegt unter
dein Dachgesims ein Blattfries mit sich überschlagenden gotischen Blättern (Fig. 18)-
Am Chorsehluß ist zwischen den Strebepfeilern das alte Gesims des dreischiffigen
Baues erhalten, darunter zieht sich ein Fries mit Weinhlätteni und Trauben
FIk. n, IS, Jobiumlaklrehe; Friese un Chor.
hin (Fig. 17). Unter dem Fenster des inneren Seitenschiffschlusses befindet sich
eine größere Fläche, die mit Vierpässen bedeckt ist. Der Grund ist geputzt.
An der Seite dieses Fensters ist eine kleine Fläche bedeckt mit braunglasierteii
Platten, die in der Mitte ein kreisrundes Loch haben. An der Vorderfläche der
äußeren Chorstrebepfeiler sitzen zwei kreisrunde Vertiefungen, die mit einem
Sechspaß gefüllt sind. Einen Sockel hat die Kirche nicht, nur an der Südseite
zeigt sich am westlichen Teile eine Schicht aus Schilteteingips direkt über der
Erde, die als Sockel bezeichnet werden könnte. An einem der nördlichen
Strebepfeiler befindet sich eine Steintafel mit der Inschrift:
.... (unleserlich) ....
A. I. FANNING.
CONIVRATO
C. H. TiMMERMAN.
RENOVATAE. SVNT. FENESTRAE
ANNO 1746.
Der Chor ist um 4 Stufen über das Schiff erhöht, hat zwei große .Joche (
und ist im halben Zehneck geschlossen. Die Seitenmauern, gegen die Ka|>eilen,
zeigen hinter dem Choi^estühl in jedem .Joch zwei NistJien mit profilierten Ein-
fassungen. Die Nischen in den Zehnecksseiten sind jetzt verputzt. Ober diesen
Nischen zieht sich ein neuer gotischer Laubwerkfries, aus Gips gegossen, hin, der am
Chorschiuß aufhört. An der ersten nördlichen Zehnecksseite befindet sich eine
eigenartige Backsteingalerie (Fig. 19). Unter den Gewölberippen geben reich
profilierte Dienste bis zum Fußboden, dort, wo das Choi^estühl steht, teilweise
abgehauen. Das mittlere Profil dieser Dienste läuft als starker Gurtbogen
herum, die seitlichen Teile dienen als Aufstand für die Rippen und die profilierten
Schildbögen. Die Kapitelle der Dienste zeigen Laubwerk auf einer Kelehgrond-
form. Die Gewölbe setzen in derselben Höhe an wie die des Mittelschiffes.
Die Fenster sind dreiteilig, im Spitzbogen geschlossen und mit neuen Glas-
JobuiDlsklrche ; Friei Im Chor.
maiereien versehen. Die Schlußsteine bestehen aus Gips mit darunter gehängter
ornamentierter Holzplatte. Unt«r dem Schlußstein des Chorschlusses hängt eine
große Holzplatte mit dem Lamm, umgeben von sechs geschnitzten spät-
gotischen Blättern.
Die gewaltige fünfschifflge Halle ist vom Turm bis zum Chor vier Joche
lang und durchweg mit Kreuzgewölben, die geputzte Kappen haben, überspannt.
Zwischen Mittel- und inneren Seitenschiffen werden die Gewölbe von starken
runden Pfeilern unterstützt, die mit je vier, aus drei Rundstäben gebildeten
Diensten besetzt sind. Die Dienste hören jetzt in etwa 2 m Höhe über dem Fuß-
boden auf und nihen auf Konsolen, gingen aber früher bis zum Fußboden. Der
Sockel der runden Pfeiler ist geputzt, bestand jedoch früher, wie an einer
Stelle erkennbar, aus Werkstein und war profiliert. Um die Kämpfer der Pfeiler
-^ 89 8-^
und der Dienste ziehen sich bandartig Kapitelle in Kelchform, aus Gipsmörtel
geschnitten. Auf den Dienstkapitellen des Mittelschiffes setzen die Gurt- und
die beiden Kreuzrippen, aus Birnstabprofilen gebildet, an. Die spitzbogigen
Gurtbogen nach den inneren Seitenschiffen werden durch nach der Mitte zu sich
abtreppende Fasensteine, die Mitte durch das herumlaufende Dienstprofil gebildet.
Das Gewölbe über der Orgel sitzt höher als die übrigen Gewölbe des Mittel-
schiffes. Die Schlußsteine aller Gewölbe sind aus Gipsmörtel in kreisförmigem
Grundriß zwischen die Kreuzrippen eingesetzt und tragen an der Unter-
seite eine runde Holzplatte mit neuem geschnitztem und bemaltem gotischen
Ornament
Die Gewölbe der Seitenschiffe setzen tiefer an und sind im übrigen ebenso
ausgebildet wie die des Mittelschiffes, nur die äußeren Seitenschiffe zeigen
fünfteilige Gewölbe mit der Mittelrippe nach der Fensterseite. Dementsprechend
sind auch in jedem Joche zwei dreiteilige Pfostenfenster angeordnet. Die Pfeiler
zwischen den Seitenschiffen haben rechteckigen, etwa kreuzförmigen Grundriß,
der dadiurch entstanden ist, daß die Strebepfeiler des dreischiffigen Baues für
den Weiterbau benutzt worden sind. Diese alten Strebepfeiler ragen im nördlichen
äußeren Seitenschiff planlos in die Gewölbe hinein, im südlichen Seitenschiff
sind sie zu breiten Gurtbögen benutzt worden, die hier die Joche trennen. Die
PfeUer zeigen an ihren den inneren Seitenschiffen zugekehrten Seiten dasselbe
Dienstprofil wie im Mittelschiff, nach den äußeren Seitenschiffen ist nur im
nördlichen Seitenschiff ein Dienst, aus drei Rundfasensteinen bestehend, vorgesetzt,
das südliche Seitenschiff hat hier keine Dienste. Die Pfeiler haben keine Sockel,
Kapitelle nur die Dienste und die rechteckigen Pfeilerteile nach den äußeren Seiten-
schiffen. Die Gewölbe des inneren Seitenschiffes haben dieselben Rippenprofile
wie das Mittelschiff, die äußeren Seitenschiffe ein kleineres, dem noch auf beiden
Seiten ein Wulst unter dem Anschnitt der Kappen angefügt ist. Die spitz-
bogigen Gurtbögen des nördlichen Außenseitenschiffes werden durch Wulste, die
sich nach der Mitte des Bogens verjüngen, gebildet und wachsen ohne Kapitell,
etwa in der Breite der Dienste, aus diesen heraus. Die Mittelrippen der fünf-
teiligen Gewölbe haben ebenfalls kleine, aus einem Rundstab bestehende Dienste,
die in Kämpferhöhe aufhören und jetzt nm* die Stelzung der Rippe andeuten,
früher aber bis zum Kaffgesims heruntergingen. Zwischen dem dritten und
vierten Joch des südlichen Außenseitenschiffes, vom Turm gerechnet, wird der
Gurtbogen durch profilierte Steine mit Fasen und Viertelstäben gebildet.
In diesem Schiffe werden die Gurtbögen durch starke Pfeilervorlagen an der
Außenwand gestützt. Unter den Fenstern ziehen sich an beiden Seiten der
äußeren Seitenschiffe Maßwerkfriese, aus Gipsmörtel gegossen, hin. (Vergl. Fig. 23.)
Der im nördlichen Seitenschiff ist höher als der gegenüberhegende und besteht
aus Rosetten mit wechselndem Paß- und Fischblasenmuster, zwischen denen
kleine reich ausgebildete Fialen mit spätgotischen Kreuzblumen und Krabben
stehen; der Fries an der südhchen Seitenschiffwand zeigt ähnliche Rosetten,
dazwischen kleine Strebepfeiler.
Die spitzbogigen Fenster der Seitenschiffe sind dreiteüig, mit zwei Pfosten
die in Spitzbögen auslaufen. Die Verglasung, erneuert 1746 wie vom erwähnt,
12
besteht aus senkrecht und wagerecht laufenden Bleistreifen, zwischen denen die
kleinen Scheiben sitzen. Die südlichen Fenster haben neue Glasmalereien erhalten.
Die Kapellen zw^ischen den Strebepfeilern öffnen sich gegen die Seiten-
schiffe in jedem Joche mit zwei Rundbögen. Sie sind überdeckt mit je zwei
kleinen Kreuzgewölben mit Bimstabrippen auf Gipskonsolen und haben dem-
entsprechend zwei dreigeteilte Fenster. Die Schlußsteine sind aus Gips gefonnt
und mit Rosetten verziert. Das Dach schließt als Pultdach unter den Fenstern
der Seitenschiffe an. Fast alle Teile dieser Kapellen sind 1833 neu hergestellt
worden. In den Fenstern sitzen Teile von imbedeutenden Glasmalereien.
An den Pfeilern zwischen den äußeren und den inneren Seitenschiffen
befinden sich in der Längsrichtung der Pfeiler an beiden Seiten neue Figuren-
konsolen, mit Baldachinen und Apostelfiguren aus Gips.
Die Seitenschiffe sind neben dem Chor noch zwei Joche weitergeführt
und mit drei Seiten des Achtecks geschlossen. Vom Schiffe sind sie durch Gurt-
bögen getreimt, im Norden durch einfache breite, im Süden durch reich profilierte
Spitzbögen. Die Rippen, Schlußsteine und Kapitelle sind die gleichen wie im
Schiff. Die Trennung gegen den Chor ist durch breite Gurtbögen hergestellt,
der Pfeiler zwischen den Fortsetzungen der Seitenschiffe ist im Norden achteckig,
im Süden rund, beide sind mit vier Diensten besetzt. Der achteckige Pfeiler im
Norden hat ein Ziegelsteinkapitell, aus gerader Platte mit darunterliegendem
Viertelstab und Kehle bestehend.
Zu beiden Seiten des Chores sind KapeUen angelegt, die sich in seiner
ganzen Länge erstrecken, im Norden die Breite des inneren Seitenschiffes, im
Süden die Breite beider Seitenschiffe einnehmen und, entsprechend dem Abschluß
der Seitenschiffe, einen beziehungsweise zwei polygonale Abschlüsse nach Osten
haben, über den Kapellen befinden sich Emporen, nach Volger Lektoren
genannt, im Süden der sogenannte Ratslektor, im Norden der Junkerulektor.
Die nördliche Kapelle ist in zw^ei Räume geteilt, der nach Westen liegende ist
gegen das äußere nördliche Seitenschiff mit einem großen Rundbogen geöffnet
und vermittelt durch eine gewendelte Treppe den Zugang zur Empore. Diese
Treppe hatte früher eine Spitzbogentür nach dem Chor. Der nach Osten liegende
Raum hat Türen nach dem Chor und dem Seitenschiff (Frohnleichnams-
kapelle. Vergleiche vorn Seite 69 und 70). Unter beiden Räumen liegen Begräbnis-
gewölbe, ebenso unter dem Seitenschiffe. An der Wand nach dem Seitenschiff
befindet sich ein eingemauertes farbloses Sandsteiiu-elief, das die Auferweckung
des Lazarus darstellt Die Kapelle an der Südseite des Chores dient als Sakristei.
Der obere runde Pfeiler und die Außenpfeiler gehen bis zum Fußboden der
Sakristei durch, dazwischen stehen Backsteinpfeiler aus Profilsteinen; die ent-
stehenden Felder sind mit Kreuzgewölben überspannt. Die beiden Seiten-
kapellen zwischen den Strebepfeilern sind zur Sakristei gezogen. Die Emporen
haben Holzbrüstungen, die bis auf ein Feld neu sind. Dieses eine Feld zeigt
sechs geschnitzte Füllungen aus verschiedenfarbigen Hölzern, durch Säulehen
getrennt, in den Füllungsmitten Kreise mit den Wappen der Schomacker, Witzen-
dorf, Stadt Lüneburg, Garlopen und Töbing, im letzten Kreise einen Frauenkopf.
Die Kreise sind umgeben von reichem Ornament im Charakter des ausgehenden
i~
-^ 91 S-^-
16. Jahrhunderts. In der Sakristei wird eine kleine Darstellung der Verkündigung,
aus Sandstein, von ganz hervorragender Arbeit, aufbewahrt. Ferner befindet
sich hier eine kleine Bronzeplatte mit der Inschrift: „anno dni m® cccc^ xlv^
sexto idus aprilis erecta et pptura ecclesie säcti johls in luneburg. cui' tunc
rector et pptus primus fuit dnus johanes de minda."
Die nach dem Chor Hegende Achteckseite des nordlichen inneren Seiten-
schiffschlusses und die erste Zehneckseite des Chores sind über der Empore
durch einen offenen dreiseitigen Raum verbunden, der ein dreiteihges Fenster
hat und mit einem dreiteihgen Kreuzgewölbe überdeckt ist. Die Abschlüsse der
Seitenschiffe haben zweiteilige Fenster mit mittlerem Pfosten, der mit den Fenster-
leibungeii durch Spitzbögen verbunden ist, darüber ein Rundfenster, das Ganze *
diu"ch den Fensterspitzbogen eingefaßt. Auch in den Verlängerungen neben dem
Chor haben die äußeren Seitenschiffe fünfteiüge Gewölbe, nur das über der
Sakristei nach Westen liegende Joch hat ein gewöhnliches Kreuzgewölbe erhalten
und dementsprechend auch ein großes fünfteiliges Spitzbogenfenster. Den Grund
für die Änderung gegen die übrigen Joche bildet eine Wendeltreppe in der Außen-
mauer, die früher den Zugang zur Empore über der Sakristei vermittelte und
auch eine Tür nach außen hat. Jetzt bildet eine direkt ansteigende steile
Treppe zwischen Schiff und Sakristei den Zugang zur Empore.
An der Ostseite der nördhchen Kapellenreihe zwischen den Strebepfeilern
befindet sich ebenfalls eine gemauerte Wendeltreppe neben einem Eingang von
außen. Diese Treppe führt nur zum Dachboden.
Im letzten Joch der Verlängerung des äußeren südUchen Seitenschiffs
neben dem Chor sind Reste einer älteren Malerei in einer Gewölbekappe gefunden
worden. Eine große weibHche Figur füllt die ganze Höhe der Kappe aus und
steht auf einem Spruchband, das in gotischen Minuskeln die Inschrift „sancta''
erkennen läßt. Die Figur, in leichten grünen und gelben Farben, hat langes,
gelbes Haar, Nimbus, einen Blumenkranz um das Haupt und ein langes Schwert
in der Hand. (St Barbara?)
Unter dem Kaffgesims des verlängerten südlichen Seitenschiffes,
das hier höher liegt wie im anschüe!? enden Schiffteil, sitzt ein Maßwerk-
fries, aus Gipsmörtel gegossen: reiches Fischblasenmuster, dazwischen Fialen
mit Krabben und Kreuzblumen, unter den Fialen kleine Kapitelle, die
die Bekrönung profilierter, auf dem Fußboden stehender Backsteinpfosten
bilden. Unter dem großen Fenster sitzen sechs solcher Maßwerkfelder, unter
dem nach Osten liegenden Fenster des zweiten Joches vier Felder. Der Fries,
der sich unter dem nach Westen liegenden Fenster dieses Joches befindet,
besteht auch aus vier Teilen, zeigt aber ein anderes Muster, in dem Spitz- und
Kleeblattbögen mit Fischblasen vermischt sind.
Der Turm erhebt sich bis zu einer Höhe von etwa 105 Metern. Im Unter- Turm,
geschoß enthält er eine hohe, mit einem Kreuzgewölbe überdeckte Halle, die
diu'ch Windfangtüren mit der Kirche verbunden ist. In den Ecken unterstützen
Dienste aus drei Wülsten die Gewölbe. Über den Türen läuft auf einem
Mauerabsatz ein Umgang herum. Das Gewölbe hat eine große Öffnung für
das Aufziehen der Glocken. Ober den Windfangtüren hängt eine lange Holz-
12*
_J
-*^ 92 8^
tafel, aus acht Feldern bestehend. Die Felder sind durch geschnitzte korinthische
Säulen getrennt, oben und unten befinden sich geschnitzte Friese, unten eine
ausgeschnittene und durchbrochene Kantenverzierung. Die Felder zwischen den
Säulen waren bemalt
Über der Halle erhebt sich der Turm in drei Geschossen, durch die der
große Glockenstuhl geht. Die beiden oberen Geschosse sind von den Schall-
öffnungen durchbrochen. Die Glocken hängen im obersten Geschoß. Das
Mauerwerk besteht aus Pfeilern, die mit Bögen verbunden sind, zwischen ihnen
Hegen dünne Füllwände. Der Helm baut sich in sechs Konstruktionsgeschossen,
aber mit vielen Unterteilungen, auf.
Neben dem Turm befinden sich auf jeder Seite in der Fortsetzung des
inneren Seitenschiffes zweigeschossige Bauten, die patrizische Begräbniskapellen
enthalten. Die unteren Geschosse sind durch große Bögen mit der Turmhalle
und dem Kircheninnern verbunden. Nördhch vom Turm liegt im Erdgeschoß
die Kapelle der Familie v. Dassel, früher der Famihe Garlop gehörig. Unter der
Kapelle Hegt eine zweigeschossige Gruft, warscheinHch gehört die untere der
Familie Garlop. Die Kapelle wird von drei einfachen Kreuzgewölben überspannt,
deren bimstabförmige Rippen auf geschnittenen Gipskonsolen ruhen. Die
farbigen Schlußsteine, ebenfalls aus Gips, zeigen den Pelikan mit seinen Jungen,
das Lamm mit der Fahne und das Dasselsche Wappen. Die Dasselsche Kapelle
öffnet sich gegen das Kirchenschiff mit einem großen Bogen, der in der Barock-
zeit einen reichen Einbau mit vier Fenstern und üppiger Bekrönung, das
Dasselsche Wappen einschließend, erhalten hat. Vor dieser Öffnung befinden sich
in der KapeUe erhöhte Sitze, der sogenannte Dasselsche Kirchenstuhl, der von
der Kapelle durch eine Holzwand, die bis zu den Gewölben reicht, abgeschlossen
wird. Diese Holzwand hat in ihren oberen Füllungen nach der Kapelle zu
reiche und feine Schnitzereien aus der Barockzeit.
Der über der Dasselschen Kapelle Hegende Raum ist zugängig durch
eine, in der Nordmauer des Turmes Hegende steinerne Treppe. Dieser Raum ist
nicht fertig geworden. Er soUte drei Joche Kreuzgewölbe erhalten, davon sind
aber nur die Schildbögen ausgeführt, die Gewölbe sind nie eingespannt worden.
Jetzt ist der Raum durch eine Balkenlage in zwei Geschosse geteilt, die durch
eine Wendeltreppe mit verzierter Wange und ausgeschnittenem Brettergeländer
(18. Jahrhundert) verbunden werden. In der Nordmauer dieses Raumes ist die
Vermauerung des Strebepfeilers der dreischiffigen Kirche erkennbar. Der Raum
öffnet sich in seiner ganzen Breite mit einem niedrigen Stichbogen gegen das
Schiff. Vor diesem Bogen liegt ein Balkon mit geschnitzter Brüstung, Maßwerk,
Fischblasenornament in viereckigen Feldern, in deren Mitte Patrizierwappen
angebracht sind. Diese Anlage kann nicht alt sein, wahrscheinHch hat die
Brüstung ursprüngHch am Junkernlektor gesessen. In der Kirchenwand ist
neben dem Turme ein zugemauertes Fenster des dreischiffigen Baues mit Kehlen-
profil sichtbar.
Von diesem Räume gelangt man auf den Umgang der Turmhalle und
weiter durch eine gemauerte enge Wendeltreppe in die oberen Geschosse
des Turmes. Außerdem führt eine Tür in den über der nordöstHchen Eingangs-
-8-8 93 8^
haUe gelegenen sogenannten Dasselschen Saal, einen ganz schmucklosen Raum
mit gerader Balkendecke und vier zweiteiligen Spitzbogenfenstern. Die darunter
liegende nordöstliche Eingangshalle ist ebenso schmucklos. Der in der Ecke an
der Außenwand liegende dicke Pfeiler enthält wohl eine vermauerte Wendel-
treppe, die zum Dasselschen Saal geführt hat. In letzterem werden eine Menge
Reste von zerst-örten Epitaphien aufbewahrt, die die Verständnislosigkeit früherer
Wiederherstellungen in einem grellen Lichte erscheinen lassen. Der Dasselsche
Saal öffnet sich gegen das nördliche Seitenschiff mit einem großen Spitzbogen,
dessen Brüstimg eine Holzgalerie bildet, die aus sehmalen und hohen Maßwerk-
feldern, unterbrochen von Strebepfeilern, besteht und wohl ursprünglich sein wird.
Der südhch sich an den Turm anlehnende zweigeschossige Bau enthält
im unteren Teile drei Gewölbejoche, von denen zwei jetzt abgeteilt sind und als
Sakristei benutzt werden. Diese Kapelle öffnete sich ebenfalls im großen Bogen
(jetzt Windfangtür) gegen das südUche Seitenschiff und war die Begräbniskapelle
der Familie v. d. Molen, ihr Wappen ist schwach erkennbar an einem Schluß-
steine, in Gips geformt. Im Joch nach dem Schiffe zu ruhen die Birnstabrippen
auf mit Blattwerk ornamentierten, aus Gipsmörtel geformten kleinen Konsolen;
die anderen Konsolen sind glatt.
Der Zugang zu dem darüberliegenden, ebenfalls dreijochigen Räume erfolgt
durch eine Treppe, die in der südlichen Turmmauer liegt, aber nicht weiter führt.
Auf dieser Turmseite ist der Raum mit Kreuzgewölben versehen, die auf
Baldachinen ruhen, darunter Figurenkonsolen. Baldachine und Konsolen sind neu.
Eine große Spitzbogenöffnung verbindet den Raum mit dem Seiteuschiff. Vor
dieser Öffnung hegt eine ähnliche Galerie, wie vor dem entsprechenden Raum
an der Nordseite. Auch hier gilt das dort Gesagte. Die drei Schlußsteine der
Kreuzgewölbe sind aus Gipsmörtel hergestellt und zweimal mit dem Wappen der
Viskule geschmückt, der mittlere enthält Ornament.
Von den vielen Altären die einst in der Kirche standen, haben sich nur Altäre,
wenige aus gotischer Zeit erhalten, diese aber sind von hervorragender Schönheit.
Der Hauptaltar steht unter dem Schlußstein des Chores und ist ein
reich geschnitzter und bemalter Flügelaltar mit vier Flügeln. (Fig. 21.) Seine Formen
gehören dem 15. Jahrhundert an (vgl. S. 77). Die äußeren Flügel sind ganz bemalt,
die inneren Flügel nur an der Außenseite. Die Innenseite der inneren Flügel
und der Mittelschrein werden ganz ausgefüllt von geschnitztem Bildwerk,
das reich vergoldet und bemalt ist. Der Tisch ist von Stein und neu. Die
verhältnismäßig hohe Predella hat in der Mitte ein vergittertes Reliquien-
schränkchen, zu beiden Seiten davon in je drei Nischen mit Maßwerk-
bekrönung die sitzenden Figuren von Propheten. Die geschnitzten Darstellungen
des Mittelschreines bauen sich in drei Abteilungen übereinander auf. In der
unteren Reihe stehen 16 Figuren von weiblichen Heihgen in Bogennischen
mit seitlichen Maßwerkstretfen , darüber erscheinen in hohen Abteilungen,
die mit reichsten Maßwerkbaldachinen bekrönt und durch fialenartige Scheide-
wände getrennt sind, figurenreiche Darstellungen aus der Lebens- und
Leidensgeschichte des Erlösers. Die mittlere Darstellung geht bis zum oberen
Rande des Schreines und stellt in der Breite von zwei Feldern eine vollständige
->^ 95 8^
Kreuziguiigsgruppe dar. Die ruhig wirkenden Szenen, von links nach rechts,
bedeuten: Gethsemane, Verrat des Judas, Christus an der Martersäule, Geißelung,
Dornenkronung, Verurteilung und Kreuztragung, dann die Kreuzgruppe (Mitte), dann
Kreuzabnahme, Christus im Schöße der Maria, Grablegung, Auferstehung, Höllen-
fahrt, Himmelfahrt und Ausgießung des Heiligen Geistes. Die obere Abteilung
ist ausgefüllt durch maßwerkverzierte Vorbauten im halben Sechseck. Zwischen
je zwei dieser Vorbauten, über den Fialentrennungen der mittleren Abteilung,
sind Dreiviertelfiguren von Aposteln angebracht. Der Raum reichte nur zur
Darstellung von 10 Aposteln aus. Alle Figuren sind reich vergoldet und farbig
bemalt. Eine Bekrönung fehlt, sie soll früher aus aneinander gereihten LUien
bestanden haben (Mithoff). Die mit Temperafarben auf Kreidegtnnd gemalten
Büder der sechs übrigbleibenden Flügelseiten stellen auf den äußersten Flügeln
die Legende des Heiligen Jakobus und die Kreuzigung dar, die Innenseiten dieser
Flügel und die Außenseiten der geschnitzten Flügel zeigen farbige Darstellungen
aus dem Leben der Heüigen: Johannes der Täufer, Georg, Katharina und Ursula.
Zum Schulze der Predella dienten zwei Gemälde, die jetzt im Viskulen-
saal liegen, sie sind je 0,82 m hoch, 1,04 m lang und stellen Auferstehung
und Abendmahl dar. Die Auferstehung ist bezeichnet mit 1572, auf dem
Abendmahl steht Renovatum 1607. Es sind gute Ölgemälde auf Holz in der
Art des Daniel Frese.
Die Rückseite des großen Mittelschreines ist bemalt mit einer farbigen
Darstellung: Christus als Lebensbrunnen, am Fuße des Brunnens Menschen-
gruppen. Links oben im Bilde kleines Abendmahl, rechts eine Kreuzigung, über
beiden Schrifttafeln mit den bezüglichen Bibelstellen. Am Fuße des Bildes
befand sich eine jetzt zugemalte Inschrift. Unter dem BUde Schränke mit
verzierten Eisenbeschlägen.
Im nördlichen äußeren Seitenschiffe steht die Rückwand eines Altars
mit großem baldachinartigem Überbau, ebenfalls in spätgotischen Formen (Fig. 22).
Der davorstehende Altartisch ist neu. Die Rückwand ist dreigeteilt, in der
Mitte ein vertiefter Schrein, in dem die heilige Barbara mit Kelch als freistehende
Figur erscheint. Zu beiden Seiten rechteckige Füllungen mit Malereien auf
Goldgrund, der mit eingepreßten Figuren ornamentiert ist: links die heilige
Anna selbdritt, rechts Maria mit dem Kinde und Joseph. Zu beiden Seiten der
Bilder laufen senkrecht vergoldete Streifen mit eingepreßtem Ornament, das die
Buchstaben: „IHES" und „MARIA" in gotischen Majuskeln wiederkehrend zeigt.
Den oberen Abschluß des Mittelschreines bildet frei gearbeitetes durchbrochenes
gotisches Ranken- und Blattwerk. Über diesen Darstellungen kragt der obere
Teil des Altars in Form einer kleinen bemalten Hohlkehle aus, darüber zieht
sich in ganzer Breite eine Füllung mit feinem, frei gearbeitetem Blattwerk hin.
Über diesem Priese strebt die hohe baldachin artige Kehle, durch Rippen geteilt,
heraus. In den durch die Rippenteilung hergestellten drei spitzbogigen Flächen
sitzen die Wappen der Töbing, Döring und Schneverding, von reichem
heraldischem Schmuck umgeben. Die Dreiteilung kehrt auch in der Bekrönung
des Baldachins wieder und wird betont durch Fialen, zwischen denen durch-
brochenes gotisches Rankenwerk mit Blattwerkspitzen den Abschluß bildet.
Die Fialen werden von drei kleinen Spitzen begleitet. Vor den Fialen sitzen
vier Wappenschilder, zweimal mit dem Wappen der Töbing an den äußeren
■ JobannlsUrche; Altar Im DardllchcD Seltenschtir.
Ecken und den Wappen der Döring und der Schneverding in der Mitte. Die
Bekrönung durch Rankenwerk wiederholt sich an der Seite der großen Kehle.
. JohanaliUrcha ; AlUr Im iQdllchcn 8'
-^ 98 JH-
An der südlichen Außenwand steht auf einem neueren Steinunterbau
ein schöner gotischer Altarschrein mit zwei Flügeln (Fig. 23). Der Mittelschrein
und die Innenseite sind mit bemalten und vergoldeten omamentalen und figuralen
Schnitzereien ausgefüllt, die plastisch vor dem Goldgrunde der Rückwand stehen.
Im Mittelschrein erscheint eine große Kreuzigungsgruppe mit vielen Gestalten
am Fuße der Kreuze. Links und rechts von ihr stehen auf verzierten Säulen
unter reichen Baldachinen Johannes der Täufer und St Georg. Der obere Teil
über den Darstellungen wird ganz mit reich ornamentierten Baldachinen aus-
gefüllt. In den Flügeln stehen in zwei Abteilungen übereinander je sechs Apostel,
getrennt durch Säulen und bedeckt von Baldachinen. Hinter jedem Kopf ist in
den Grund ein Nimbus mit dem Namen des Apostels eingepreßt Am Rande
des Mittelschreines und der Flügel liegen in einer Mauerkehle geschmiedete und
vergoldete eiserne Blätter. Zu Füßen der Darstellungen zieht sich ein feiner
Omamentfries mit Figuren hin. Die Ornamentik des Altars ist von wunderbar
feiner Erfindung und hervorragender Arbeit Die Außenseiten der Flügel sind
bemalt mit je zwei Darstellungen übereinander; die Szenen aus dem Leben der
Heiligen Georg und Katharina, darstellen.
Über diesem Altarwerk befindet sich ein kleiner gotischer Altarschrein, der
früher wohl eingemauert gewesen ist, 0,44 m breit, 1,14 m hoch, 0,18 m tief. In der
von gedrehten Säulen eingefaßten und oben mit durchbrochenem Rankenwerk
baldachinartig abgeschlossenen Nische steht frei Maria mit dem Kinde, von
Engeln mit Weihrauchgefäßen umgeben. Unten hängt ein Schild mit dem Wappen
der Erpensen. Alle Teile sind stark vergoldet und farbig, meist blau bemalt.
An der Lektorenwand des südlichen Außenseitenschiffs steht ein gemalter
Altar mit zwei Flügeln und zwei seitlichen Rückwänden in der Größe der
Flügel. Das Mittelbild stellt eine große Kreuzigung mit landschaftlichem Hinter-
grunde und goldener Luft dar. Der Rahmen ist vergoldet und zeigt an drei
Seiten die sich wiederholenden Namen: IHES und MARIA, an der Unterseite:
E : T : DOLOR • S : T • PIETAS • NON ME TVERENE • Die Innenseite der
Flügel zeigt hnks übereinander St Gregorius und St. Nikolaus. Auf dem oberen
und unteren vergoldeten Rande stehen die Namen der Heiligen in gotischen
Majuskeln, am inneren Rande wieder: IHES und MARIA. Auf der rechten
Flügelseite sind St. Thomas und St Katharina dargestellt, mit den Namen auf
den unteren Rändern. Die Außenseiten und die Rückwand auf beiden Seiten
sind ebenfalls bemalt, aber ohne Gold. Die Malereien stellen Heilige dar, auf
den Flügeln Georg, Gregor, Antonius und Christophorus. Die linke Rückwand
zeigt die Namen der dargestellten Heiligen: oben s.' f a b i a n' und s: i e r o n i m ',
unten scts Sebastian' und s' jost Die rechte Rückwand hat keine
Schrift. Das Ganze einschließlich der Flügel wird bekrönt von einem durch-
brochenen, feingezeichneten Laubwerkornament, das vergoldet ist Die Malereien,
die der gotischen Zeit angehören, sind hervorragend.
Im Lüneburger Museum befinden sich folgende Altäre die aus der
Johanniskirche stammen.
1. Ein Altarschrein 1,78 m hoch, 0,86 m breit, 0,37 m tief. Die vorderen
Kanten werden eingefaßt von spätgotischem Ornament, der obere Abschluß
-H 99 »«-
wird gebildet voq zwei Maßwerkbaldachinen mit Kielbogenlinien. Im Schrein
steht eine große Figurengruppe, Maria selbdritt darstelleod. Überall sind
Spuren von Bemalung erhalten.
2. ESn kleiner Altarschrein 0,44 m breit, 0.85 m hoch, 0,12 m tief, auf einem
Sockel , mit kielbogenför-
migem Baldachin, unter dem
eine Maria mit Kiod steht,
mit starken Farbenspuren.
Der reich gegUederte
Körper eines 65,5 cm hohen
Bronzeleuchters besitzt einen
weiiausladenden runden Fuß, der
auf drei Kugeln steht. Die (JUe-
derungen des Körpers werden
durch zwei Bänder unterbrochen,
die zwischen spätgotischem Or-
nament in gotischen Buchstaben
dielnschriften : „Hynryck , EHbeke"
und „metke • syn ' husfrow ' "
1521 ■ tragen {Fig. 24).
In der Sakristei befindet
sich ein 31 cm hoher Measing-
bronceteuchter, dessen Mittel-
körpet als Frauenleib ausge-
bildet ist Die Arme tragen die
Lichtteller, der fischschwanz-
artig auslaufende Unterkörper
steht auf einem runden Fuß.
(16. Jahrb.).
Im nördhchen Neben-
schiff hängt am westlichen Pfeiler
ein großes Marienbild in Lebens-
größe. Die Ölfarbe ist plastisch
aufgetragen, so daß sie als Relief
wirkt. Zu den Füßen Marias,
die eine große Krone trägt und
von Engeln umgeben ist, stobt
das Kind in rotem Mantel, neben
ihm liegt ein Hund. Am unteren
Rande steht „Pinx; 1410", wahrscheinhch später hingeschrieben. Das
1,65 m breite, 2,50 m hohe Bild ist offenbar eine gute gotische Arbeit, die aber
mehrfach übermalt ist Ober dem Bilde ist ein bemaltes ausgeschnittenes Brett
angebracht In der Mitte ein Kreis mit zwei Wappen und der Umschrift: „Hanss
Daimeman, gebohr. 1572, D. 13. December, gestorben 1635, Margarete Wessels,
Simon Danneman, Pater, gebohren 1-4'9Ö. Starb 1596, uxor Ilsabe Calms.
Flg. H. Johuiatsklrcb«', AlUrlsachtor.
-^ 100 8^
Kasten Wessel, gebohren 15.75, gestorb. 16.35, uxor Elisabeth v. D. Mohlen."
Neben dem Kreis ein Band mit der Inschrift: „Renovari Fecit Simonis
Abnepos Dieterich Wilhelm Danneman, uxor Beata Elisabetha Gätken." Da-
zwischen, unter dem Kreise, die roh eingesetzte Jahreszahl 1733. Ob dieser
Aufsatz in Beziehung zu dem Bilde steht, ist unbekannt
In den nördlichen Kapellen hängen drei große Ölgemälde: 1) Luther
mit dem Schwan, geschenkt vom Stadtbaumeister Johann Philipp Häseler,
2) Melanchton, geschenkt von Ludolf Heinrich Metzendorf, und 3) Johann Huß.
Femer steht hier ein langes Gemälde mit oberen halbkreisförmigem
Abschluß, in der Mitte die Himmelfahrt, links Gethsemane, rechts Auferstehung
darstellend und wahrscheinlich dem 16. Jahrhundert entstammend. Auf dem
Rande steht: Ren. 1726.
Im Schiff hängt ein Ölgemälde des Superintendenten Caspar Gödemann,
gest. 1603.
Geatühl. An beiden Langseiten des Chores ist ein reiches Chorgestühl erhalten.
(Fig. 25, vergl. auch Fig. 20.) Der untere Teil und die Wangen sind gotisch, jeder
Platz ist mit hohen Seitenlehnen versehen imd hat einen aufklappbaren Sit«
mit einer Misericordia, die geschnitzt ist. Die Lehnenwangen sind bis zum
Fußboden an der Vorderkante mit Säulchen versehen. Die beiden am östlichen
Ende erhaltenen gotischen Wangen sind einfache viereckige Holzplatten, auf
beiden Seiten mit figürlichen Schnitzereien geschmückt. Die nördliche Wange
(Fig. 26 imd 27) zeigt auf der Außenseite eine obere und eine untere Darstellung,
jede unter einem mit Hängekante, Ejrabben und Kreuzblume verzierten Kiel-
bogen und eingefaßt von Säulchen, auf denen Fialen stehen. Im oberen
Felde sind Bartolomäus und Jacobus d. J. dargestellt, unten zwei gekrönte
Jungfrauen, eine mit Kelch und Fahne, die andere nur mit Kelch. (Fig. 26.)
Die innere Seite ist ausgefüllt von einer großen gekrönten Frauengestalt, wohl
der Heiligen Ursula. (Fig. 27.) Die südliche Wange hat an der Außenseite
ebenfalls zwei Darstellungen, oben unter zwei Wimpergen zwei Männergestalten
mit Schwertern, wohl zwei Apostel, unten unter schönem gotischem Blattwerk
zwei FraueÄestalten, die eine mit zerbrochener Fahne und verbundenen Augen,
nach Mithbp die unterUegende Synagoga, die andere mit umgekehrtem Kelch.
Die Innenseite zeigt eine hohe Frauengestalt mit Rosenstab und einem Grefäß
in der rechten Hand. Über den gotischen Sitzen befindet sich eine reiche
Renaissancevertäfelung. (Fig. 25.) Über den vorgezogenen Wangen stehen
geschnitzte Hermen, Tugenden und Laster darstellend, mit oberem verkröpften
Gesims und auslaufend in konsolaxtige Glieder, die über das bekrönende
Gesims hinweggreifen. Zwischen den Hermen aufgesetzte BogenfüUung mit ein-
gelegten Streifen, zwischen Architrav und bekrönendem Gesims geschnitzter Fries.
Die baldachinartige Überdeckung ist neu. Die Vertäfelung stammt von Wamecke
Burmester (vgl. oben S. 77) und ist auf der Rückseite eines Frieses mit der Jahres-
zahl 1593 bezeichnet. Vor diesem Chorgestühl soll eine zweite Bankreihe ge-
standen haben und 1856 beseitigt worden sein.
Im Museum wird eine gotische Wangenbekrönung, die aus der Johannis-
kirche stammt, aufbewahrt. Sie ist wimpergartig ausgebildet, die Schrägen sind
-W I I I I I I
Flg. !5. JohmnUkUclie; ChorgMtühL T«tl.
-t-S 102 8^
mit Krabben besetzt. Auf der etDen Seite erscheint das Stadtwappen, auf der
anderen das der Viskule.
GUamslereien. In den Kapellenfenstem befinden sich mehrere unbedeutende und stark
verletzte Glasfenster, welche Evangelisten Apostel und Reformatoren darstellen
und aus jüngerer Zeit stammen.
kielte -nach-den Alfaf
liiH I I M I I I I I T 1=
Flg. M, 17. Joluanliklrcliai Wuige TOin CborBeatUil.
-^ 103 8^
Im Turm der Johanniskirche hängen 9 Qlocken. Glocken.
Die Apostelglocke mit 1,955 m Durchmesser, 1436 vom Meister Gerd
Klinghe gegossen, hat oben doppelte Inschriftreihe mit gotischem Ornament und
am Klangbort einen Blattwerkfries. Am Mantel ist nach Westen ein Marienbild
mit dem Gruß des Erzengels Gabriel im Nimbus, darunter als Gießerzeichen
eine kleine Glocke, nach Osten ein Bild Johannes des Täufers mit dem Lamm
angebracht.
Die große Schelle hat 0,89 m Durchmesser; obere Umschrift und Ornament
in der Art Gerd Klinghes; 1436 gegossen.
Die Stundenglocke, 1516 von Hinrick, von Kampen als Schlagglocke für
eine Uhr gegossen, hat 1,50 m Durchmesser, obere Umschrift und Blattfries darunter.
Die kleine Schelle hat 0,77 m Durchmesser, obere Inschrift mit demselben
Blattfries wie an der Stundenglocke und ist 1519, wahrscheinlich auch von
Hinrick von Kampen gegossen.
Die Viertelglocke mit 0,825 m Durchmesser und einer in zwei Zeilen
herumlaufenden Inschrift ist 1600 von Andreas Heinecke gegossen.
Die Probeglocke von 1607, mit 1,35 m Durchmesser, hat oben zweizeiUge
Inschrift mit Palmettenfries und ist von Paul Voß gegossen.
Die Schusterglocke mit 42,5 cm Durchmesser, von 1681, mit Inschrift
auf dem Mantel.
Die Wachtglocke von 1687 hat 1,97 m Durchmesser imd am oberen
Rande vierzeilige Inschrift, darüber einen Fries mit den wiederkehrenden Gestalten
von Josua und Caleb, die die Traube tragen. Sie ist aus einer früheren, 1516
gegossenen Glocke 1687 von Arnold Kleimann aus Lübeck und der Witwe
des Johannes Voß aus Lüneburg umgegossen worden.
Die Sonntagsglocke hat 1,60 m Durchmesser und ist aus einer älteren
Glocke 1718 durch Johann Christian Ziegner umgegossen. Sie hat obere Um-
schrift, Inschriften am Mantel und am Klangbord.
Die 1516 gegossene große Glocke ist 1792 vernichtet worden. Ihr
Meister war Hinrick von Kampen.
Die Inschriften der Glocken sind mit vielen Abbildungen veröffentUcht
in den Lüneburger Museimisblättem, Heft 1.
In der Kirche sind eine Anzahl Grabmäler erhalten, die zum Teil Meister- Grabmäler.
werke ihrer Zeit sind. Sie sind hier in der Reihenfolge, wie sie in der Kirche
hängen, verzeichnet, beginnend mit der Westwand.
An der Turmwand hängt südlich eine marmorne Gedenktafel des Bürger-
meisters Christian Kruse, gestorben 1709. Ein gemaltes Brustbild wird umgeben
von Figuren, darunter ist die Inschrifttafel angebracht, die besagt, daß das
Denkmal von der Frau des Verstorbenen gestiftet worden ist. Der untere
Abschluß wird durch das Ehewappen und einen Engel gebildet.
An derselben Wand nördlich hängt ein bemaltes kleines Sandstein-
grabmaJ des Bürgermeisters Hieronymus Töbing, gestorben 1575, das ihm von
seiner Witwe, geborenen von Dassel, und seinen Kindern 1621 gesetzt worden ist.
Über einem schweren Gesims, das durch Konsolen mit dazwischen angeordneten
Schrifttafeln unterstützt wird, ist in einem Rundbogen eine kleine plastische
-^ 104 8^
Auf erstehung dargesteUt, flankiert von zwei Säulen und begleitet von Omament-
ajüaufem. Darüber Architrav, Pries und Gesims. Dem Pries vorgehängt ist
ein Dasselsches Wappen. Die Bekrönung besteht aus einer Sonne mit hebräischen
Schriftzeichen. Die Breite ist 0,95 m, die Höhe 2,20 m. Das Ganze ist farbig,
meist schwarz und weiß, behandelt.
Über diesem Grabmal ist hoch oben an der Westwand eine Brömsensche
Gedenktafel aus Holz, farbig bemalt, angebracht Aus einer Schriftplatte wächst
ein Baum in zwei Zweigen, die sich nach rechts und links abbiegen, mit
Patrizierwappen besetzt sind und ein großes Wappen mit Doppeladler um-
schüeßen. Die Inschrift besagt, daß die Tafel zum Gedächtnis des Nikolaus
Brömsen von seiner Tochter Magdalene, der Witwe Hartwig Töbings, am
5. Januar 1600 gestiftet worden ist
An der Fensterwand des nördlichen Seitenschiffes hängt eine Reihe von
Denkmälern, als erstes eine Holztafel mit dem geschnitzten und bemalten
Wappen des Bürgermeisters LudoU von Dassel, gestorben 1537, dann folgt eine
ähnliche Tafel des Bürgermeisters Hartwig Dithmers, gestorben 1674, mit
Omamentumrahmung. Eine weitere Tafel ist dem Bürgermeister Statins Töbing,
gestorben 1637, gewidmet
An dem nächsten Pensterpfeiler ist ein großes Marmorgrabmal des bei
der Belagerung von Philipsburg gefallenen 23 jährigen Hauptmanns Franz
von Witzendorf, gestorben 1676, angebracht In einem Lorbeerkranz erscheint
das plastische Brustbüd des Hauptmanns im Haxnisch, von zwei sitzenden
Prauengestalten umgeben. Auf dem geschweiften Bekrönungsgesims über diesen
Bildwerken liegen zu beiden Seiten Harnische, in der Mitte auf einem Konsol
zwischen den Gesimsendigungen sitzt eine weibliche Pigur mit dem Wappen
der Witzendorf.
Am nächsten Pfeiler hängt eine Holztafel mit dem Wappen des
Bürgermeisters LudoU Ditmers, gestorben 1644. Eine Erinnerung an den
schwedischen Obersten Duval befindet sich an einem Pensterpfeiler des
verlängerten Seitenschiffes.
An dem zweiten östlichen Pfeiler in der Verlängerung des äußeren nörd-
heben Seitenschiffes hängt ein großes schönes Marmordenkmal des Johann
Georg Domkrell von Eberhertz, gestorben 1701, und seiner Prau Magdalene
Domkrell, geborenen Dohmsen, gestorben 1706. Die aufrecht stehende Schrift-
tafel wird gehalten von zwei weibUchen Piguren und eingerahmt und bekrönt
von reichem Blattwerk* Darüber steht ein nackter Knabe, zu beiden Seiten
desselben in Ornamentovalen die Bildnisse der Verstorbenen. Die Spitze bildet
ein ebensolches Oval mit einer symboUschen Darstellimg. Das Ganze steht
auf einem starken, reich ornamentierten Gesims, dessen imterer Abschluß
durch ein Elhewappen, von Blattwerk umgeben gebildet wird. Der Schild
rechts ist einfach senkrecht geteilt, auf dem linken Schild ist ein Turm dar-
gestellt. Die Arbeit ist meisterhaft
Am östUchen Pfeiler des nördhchen Seitenschiffes ist ein schönes Grab-
mal aus schwarz bemaltem Sandstein und weißem Marmor angebracht, dem
Andenken des Bürgermeisters Albert Elver, gestorben 1628, seiner ersten Prau
->^ 105 8^
Anna, geborenen Brömsen, gestorben 1601, und seiner zweiten Frau Gertrud,
geborenen Witzendorf (Sterbezahl ist hier nicht ausgefüllt) gewidmet Auf einem
schweren Gesims, das durch Konsolen gestutzt wird, stehen vier korinthische
Säulen, vor ihnen Figuren, dahinter in den drei entstehenden Feldern in der
Mitte ein Relief des jüngsten Gerichts, zu beiden Seiten Adam und Eva. Über den
Säulen liegt ein das Ganze zusammenfassendes Gesims, auf dem in der Achse
der Säulen vier Figuren stehen. Über dem mittleren Felde erhebt sich ein
Aufbau mit zwei Säulen und Anläufern, ein Mittelbild, Himmelfahrt Christi,
umschließend. Auch auf diesen Säulen stehen Figinren, zwischen denen ein
Oval mit Christi Versuchung angebracht ist und auf dem Johannes der Täufer
steht Das ganze Denkmal wird jseitiich von Anläufern eingefaßt und unten
durch schneckenartiges Ornament abgeschlossen. Vor das untere Gesims legen
sich drei Wappen, in der Mitte Elver, rechts und links Witzendorf.
In der nördlich vom Chor liegenden KapeDe hängt ein gut gearbeitetes
Marmordenkmal des Bürgermeisters Hieronymus Laffert, gestorben 1687; ein
gemaltes Brustbild, umrahmt von Barockomament, in dem oben die drei
Wappen, Zerstede, Laffert, Stöterogge, sitzen. Den unteren Abschluß bildet die
Schrifttafel, umrahmt von weit ausladendem schönem Barockblattwerk.
An der Wand dieser Kapelle, im inneren Seitenschiff, befindet sich das
1575 errichtete Grabmal des Stadthauptmanns Fabian Ludich, der 1571 starb.
Das gut erhaltene, aus grauem Sandstein gearbeitete Denkmal, Fig. 28, ist ein
schönes Werk Alberts von Soest, des Meisters der Ratsstube. Auf einer großen
Inschriftplatte, deren Ränder aufgerollt sind, stehen zwei reich mit Blattwerk
und Köpfen ornamentierte Pfeiler mit kleinem Kapitellgesims, oben mit einem
ornamentierten Rundbogen verbunden. Die Pilaster werden von Anläufern,
der Rundbogen im Innern von einem auf Konsolen in Kämpferhöhe aus-
kragenden Bogen begleitet über dem Rundbogen Architrav, Fries mit
SchriftsteUen und Hauptgesims mit Frontgiebel, in dem Gott Vater in starker
Bewegung erscheint Die Zwickel über dem Bogen werden durch zwei geflügelte
Frauengestalten, Fides und Spes, ausgefüllt Von der Pilasterarchitektur ein-
geschlossen wird eine reiche Darstellung, in der Mitte Christus am Kreuz, rechts
imd links vom Kreuzstamm Fabian Ludich und seine Frau Gertrud Wilde,
zwischen ihnen die Wappenschilder Ludich und Wüde unter einem Helm, im
Mittelgrunde um den Kreuzstamm Küegergestalten in heftiger Bewegung, auf
dem Schild der einen Figur das Künstlerzeichen Alberts von Soest: ^J%^ - Im
Hintergründe ein Bild der Stadt Lüneburg, rechts und links unter dem Querarm
des Kreuzes Sonne und Mond, über dem Kreuz ein großer Strahlenkranz mit der
Taube. Das Denkmal erinnert an italienische Vorbilder, ist in seinen Verhält-
nissen fein abgestimmt und in seinen Einzelheiten von großer Schönheit
(Inschrift bei Behncke, Albert von Soest, Straßburg 1901,)
An der entsprechenden Stelle des südlichen Seitenschiffes sind Reste eines
farbig behandelten Denkmales ohne Bezeichnung eingemauert, in der Mitte
erscheint ein großes Bild, Christus als Lebensbrunnen, mit vielen Gestalten um
den Rand des Brunnenbeckens. Das Bildwerk wird eingerahmt von reichem
Schnecken- und Rankenwerk mit Blumen und Früchten, die jetzt stumpf gegen
die Bildtafel stoßeo. Auf der Spitze erscheint der Vogel Phönix, der
untere Abschluß wird gebildet durch eine Kartusche, mit der Bibelstelle
Flg. M. Johumliklrch«; Qubmal des Fabian Lndich.
Johannes 4. Das Denkmal ist eine gute Arbeit, die wahrscheinlich um 1600
entstanden ist
-^ 107 8^-
Im südlichen Seitenschiffe hängt nach Osten zu ein großes Grabmal des
Ratsherrn und Bibliothekars Tobias Reimers, gestorben 22. Februar 1716. Auf
einem Mannorgesims baut sich eine Pilasterstellung mit Sockel und Gebälk
auf, neben den Pilastem stehen zwei Putten, über dem Gebälk reiche Omament-
bekrönung, zwischen den Pilastern hängt ein rundes Wappen. Unter dem
Marmorgesims ist eine tuchartig gefaltete Inschrifttafel, gehalten von zwei
Putten, angebracht Aufbau und unterer Abschluß sind von weiß und schwarz
gestrichenem Holze.
Im westlichen Teile des südlichen Seitenschiffs ist an einem Fenster-
pfeiler ein reich ausgebildetes Marmordenkmal des Daniel Johann von
Braunschweig, gestorben 1718, angebracht. Die Mitte nehmen die beiden
Wappen Braunschweig und Dassel ein, über ihnen, fast auf den Wappen
ruhend, eine große geflügelte, weibliche Figur in lebhafter Bewegung, unter
den Wappen ein Sockel mit Inschrift. Links neben dem Sockel steht
eine geflügelte nackte männliche Figur mit Schild, in dessen Mitte „Effugio''
zu lesen ist, rechts kauert der Tod mit Sense und Stundenglas. Den
unteren Abschluß bilden Konsolen und reiches Barocklaubwerk, in dessen
Mitte eine Schrifttafel eingelassen ist. Die hervorragend schöne Arbeit
scheint sich an der ursprünglichen Stelle zu befinden.
An allen Pfeilern des Mittelschiffs sollen im Mittelalter große Grab-
denkmäler von Patriziern vorhanden gewesen sein, erhalten sind nur zwei davon
an den westhchen Pfeilern und zwar nach Süden das Denkmal des Bün^ermeisters
Hartwäg Stöterogge, gestorben 1539, nach Norden das des Bürgermeisters
Nikolaus Stöterogge, gestorben 1561. Das Denkmal Hartwigs von Stöterogge
(Fig. 29) ist 1552 erbaut, es folgt in seiner Grundform der runden Umrißlinie
des Schiffpfeilers und besteht aus einem großen Mittelfelde, in dem die Auf-
erstehung plastisch dargestellt ist, umrahmt von zwei reich ornamentierten
Pilastem und bekrönt von Architrav,. Fries und Hauptgesims mit Frontgiebel.
Das Gebälk ist über den Pilastem verkröpft. Das Mittelbild wird von einer
großen, dem Grabe entsteigenden Christusfigur beherrscht, zu Füßen derselben
links und rechts die knienden Figuren Hartwig Stöterogges und seiner Frß.u
Margareta; zwischen den Figuren das Ehewappen. Unter diesen Figuren
eine große Kartusche, von zwei Figuren gehalten, mit lateinischer In-
schrift Die Pilaster sind mit feinem Omament und Reliefköpfen ge-
schmückt, außerdem zeigen sie Inschriften, die im oberen Teile Bibel-
sprüche, im unteren Teile links den Tod Hartwig Stöterogges, 13. Febmar
1539, rechts den seiner Hausfrau Margaret, 14. August 1540, betreffen.
Ferner steht ganz unten am Unken Pilaster in schönen Schriftzeichen:
GESZKE UX : 0 T 1493, am rechten Pilaster: MARGARETE UX:0T 1483,
über den Inschriften links das Wappen der Hoyermann, rechts das Wappen
der Elver.
Im Fries befindet sich eine Darstellung der Geschichte von Jonas und
dem Walfisch, links davon das Wappen der Stöterogge, rechts das Wappen der
Stoketo. Im Frontspieß tritt aus einem Kreise in voller Plastik ein männlicher
Kopf stark hervor, der Kreis wird von knienden Engeln gehalten. Mithoff hält
14*
den Kopf für das Porträt des Bildhauers. Das ganze Denkmal ist etwa 5 m
hoch, aus Sandstein beigestellt uod farbig bemalt
. Johann Isklrcbe; Orabmnl Il>rtwlcb StStnonw.
Das gegenüberliegende Denkmal Nikolaus Stöterogges {Fig. 30) ist in
zwei Teilen übereinander aufgebaut. Es hat ebenfalls kreiss^mentförmigen
Grundriß, dem Pfeilerumriß folgend. Der untere Teil ist von zwei freistehende»
wilden Männern umrahmt, die ionische Kapitelle tragen, das Mittelfeld
Ptg. W. Jolianiittklrcfae; arkbrnklNlkoUatStOterosses.
enthält die große Inachrifttafel, die an den RMidem kartuschenartig aufgerollt
ist, darüber drei große Wappen, Elver, Stöterogge, Glöden. Der obere Teil ist
durch reiches Gebälk, dessen Pries eine lange lateinische hischrift (Bibelstelle)
-Hl 110 8*^
enthält und das über den Figuren verkröpft ist, vom unteren Teile getrennt
Das obere Mittelfeld wird von zwei ionischen Säulen flankiert und zeigt eine
figurenreiche plastische Darstellung des jüngsten Gerichts in naturalistischer
Auffassung. Den Mittelpunkt bildet wieder Christus auf der WeltkugeL Ein
reich ornamentiertes Gebälk schließt diese Darstellung nach oben ab. Auf dem
Hauptgesims steht eine geschwungene Bekrönung mit starkem Gesims und kreis-
förmigen Anläufern, in denen sich Engelköpfe befinden. In der Bekrönung ist in
Relief die Dreieinigkeit dargestellt Das Denkmal ist etwa 6 V2 ™ l^ocl^ ^^^
aus Sandstein, der bemalt ist, hergestellt Dr. W. Behncke a. a. o. halt
das Denkmal für ein Werk Alberts yoii Soest Inschriften beider Epitaphien
bei Behncke.
In der nordwestlichen Vorhalle befinden sich zwei Wanddenkmäler der
Familie von Dassel, ein großes schönes Marmorwerk des Hartwig von Dassel
gestorben 1716, und ein Sandsteindenkmal des Bürgermeisters Ludolf von Dassel,
gestorben 1537.
Das Marmordenkmal ist, wie es scheint, nicht mehr vollständig erhalten.
Auf einem schräg aus der Wand vortretenden Sargunterteil in monumentalen
Formen stehen die beiden Wappen Hartwigs von Dassel und seiner Frau
Elisabeta Dorothea Braunschweig, gestorben 1704, von zwei Putten gehalten
Darüber baut sich eine reiche, ornamental behandelte Pilasterarchitektur auf, die
eine dunkle Schriftplatte mit Goldbuchstaben umgibt.
Das Sandsteingrabmal Ludolfs ist eine rechteckige Platte mit Postament,
1,60 m breit, 3,10 m hoch. In der Mitte befindet sich eine die ganze Fläche
ausfüllende heraldische Darstellung mit drei Wappen, etwas höher stehend das
Dasselsche Wappen, rechts das der Familie Stöterogge, links das der Familie
Sankenstede, über den Wappen zwei Putten, die eine Schrifttafel halten.
(Fig. 31.) Das Ganze wird eingerahmt von zwei flachen ornamentierten Säulen,
auf denen ein Gesims mit halbkreisförmiger Bekrönung liegt. In dem Halbkreis
liegt ein schlafender nackter Knabe mit Totenkopf und Sanduhr, darüber ein
Schriftband „nascendo morimur". Die Zwickel neben dem Bogen werden durch
wappenhaltende Putten ausgefüllt, links der Schild der Stöterogge, der rechte
Schild ist leer. Unter der heraldischen Darstellung eine den Raum zwischen
den Säulen einnehmende Schrifttafel, deren Ränder aufgerollt sind. Dieser
obere Teil steht auf einem ornamentierten Gesims mit Zahnschnitt, das den
oberen Abschluß des Postamentes bildet, darunter sind die Flächen bis zum
Sockel ganz mit einem feinen, künstlerisch sehr wertvollen, leider aber schon
arg zerstörten Ornament bedeckt, das den Charakter der Friese in der großen
Ratsstube hat und seine Übereinstimmung mit den Terrakottenornamenten an
der Neuen Sülze, namentlich im Gesims, nicht verleugnen kann. Vielleicht
haben wir es hier mit Werken des Bildhauers Gert Suttmeyer zu tun. Die
Figuren und Ornamente des oberen Teiles sind weniger gut und scheinen von
anderer Hand zu stammen. Auf allen Teilen sind echte Farbenspuren zu entdecken.
In einer der nördlichen Kapellen befindet sich ein Wanddenkmal der
Jungfrau Catharina Sophia Baumgarten, gestorben 1676, Tochter des Syndikus
Johann Burchard Baumgarten und seiner Frau Sophie Catarina, geborenen
-^ 111 8-^
Usler. Die mittlere Schriftplatte ist zu beiden Seiten von einer Wappenreihe
eingefaßt.
In der Tunnhalle stehen drei steinerne Grabdenkmäler an der Wand.
An der Südwand sieht man als erstes eine rechteckige Saadsteinplatte von
Flg. II. JohtumllklTcha; Onbrnal Lndolft v
guter reifer Arbeit, 1,72 m breit, 2,56 m hoch, ganz fiirbig bemalt. In der Mitte
erscheint eine große männliche Figur, die zwei Wappen, Glöde und Schomaker,
hält, unter der Figur Schrifttafel mit lateinischem Gedicht. Das Ganze wird
->*8 112 8^
umrahmt von einer Umschrift in römischen Majuskeln, die in den Ecken von
vier Kreisen mit Wappenschildern unterbrochen werden. Die Umschrift lautet:
MARTINVS . GLOEDE • J : V. DOCTOR. AC • INCLUTI • SENATVS • SYNDICUS •
OBHT . ANNO • MDXXffll • ALTERA • MAURITII • ELISABET • ÜXOR • OBIIT •
ANNO . MDXXXVI • IN • PROFESTO • VALENTINI •
oben rechts Wappen mit Adlerfuß und Umschrift:
.ESTE . GLADOW •
oben links das Glödesche Wappen mit der Umschrift:
WICHMANN • GLOD •
unten hnks Wappen der Glöde mit Umschrift:
GORGES . GLODE •
unten rechts Wappen mit Weinranken und Umschrift:
BARBARA • LANGENS •
Das Renaissancelaubwerk der heraldischen Darstellungen ist gut gearbeitet
Auch diese Arbeit hängt ihrem Ursprünge nach wohl mit dem Dasselschen Epitaph
in der nordwestlichen Vorhalle und den dort genannten Arbeiten zusanunen.
Das zweite Steiijdenkmal an der Südseite, dem Doktor Stephanus
Gerkius gewidmet, ist eine rechteckige Steinplatte, mit Gesims und einem
bekrönenden Bildwerk, der Erschaffung der Eva. Den unteren Teil des Steines
bildet eine Schriftplatte mit aufgerollten Rändern. An der Seite dieser Schrift-
platte ist auf den Rand des Steines: OBHT • ANNO • 1546, links an der ent-
sprechenden Stelle: IN • DIE • CATHARINiE • gesetzt. Das Mittelfeld enthält in
Bogenumrahmung ein FlachreKef, die Himmelfahrt, mit seitUchem Ornament,
unter dieser Darstellung rechts und Knks die knienden Gestadten der
Verstorbenen, dazwischen Wappen: rechts Gerkius, links ein Wappen, geteilt
mit Adlerflügel und Traube. Das Gesims ist noch gotisch, das Ganze Hand-
werkerarbeit.
An der Westwand steht hnks vom EÜngang eine 1,46 m breite, 2,40 m
hohe rechteckige Steinplatte, dem Andenken des Stadthauptmanns Joachim
von Gule, der, 35 Jahre alt, 1559 erschossen wurde, gewidmet In einem
Rundbogen steht ein geharnischter Ritter, wohl der Stadthauptmann, unten
links ist das Wappen, ein rotes Einhorn im weißen Felde angebracht Das
Ganze eine ungeschickte Handwerkerarbeit, die wohl eher dem Verfasser des
vorhergehenden Steines als Albert von Soest, wie es Behnke (a. a. 0.) will,
zuzuschreiben ist. Das Zeichen Soests ist nicht vorhanden.
In der Dasselschen Kapelle neben dem Turm befinden sich folgende
Grabdenkmäler: Eine viereckige Platte des Ludolf von Dassel, gestorben 1609,
mit dem von einem Oval umschlossenen Wappen der Dassel, darunter Schrift;
eine zweite Platte mit derselben Anordnung von Wappen und Schrift, dem
fürstlich Gottorpschen Kammerschreiber Georg von Dassel, gestorben 1632,
gewidmet, und eine dritte Platte, die das Wappenbild der Dithmers mit der
Jahreszahl 1601 zeigt und dem Andenken der Gemahlin Ludolfs von Dassel,
Elisabeth, geborenen Dithmers, geweiht ist. Ein Mannordenkmal des Bürger-
meisters Leonhard von Dassel, gestorben 17. November 1706, zeigt in der Mitte
eine oval umschlossene, in Bogenform heraustretende Schriftplatte, umgeben
i
-^ 113 S^
von seitlichen Wappenreihen, die einem Stammbaum aufgeheftet sind, der aus
einem den unteren Abschluß bildenden Totenkopf herauswächst An der süd-
lichen Wand der Kapelle steht das schöne Marmordenkmal [des Bürgermeisters
Georg von Dassel, gestorben 1751, die ganze Höhe der Schildbogennische ein-
nehmend. Auf einem Sockel mit schweren Schneckenanläufem steht ein hoher
Aufbau; der seiÜich von barocken Konsolen mit freistehenden Figuren begleitet
wird und im unteren Teile die Schriftplatto enthält, über der eine freie Fläche
gebildet wird. Auf dieser Fläche hing früher der jetzt verschwundene Holzschild
mit dem Dasselschen Wappen. Das Denkmal ist von einem eisernen Gitter aus
derselben Zeit umgeben.
Im Fußboden der nördlichen Kapellenreihe liegen folgende Grabsteine: Grabsteine.
Schriftplatte für Joachim Jacob Reincke, 'gestorben 1745 und seine
Frau Anna Catharina, geborene Munter.
Ein großer Stein mit drei Wappen für den Senator Christian Papei
geboren 1623, gestorben 1692, und Elisabetha Gr . . en und Anna MargareÄa
Rhebinders.
Grabstein mit großem stark erhabenen Wappen und der Unterschrift:
„Erbbegräbnis der Familie von Stern, renov. 1855."
Grabstein für Ludolph von Döring, gestorben 1723, imd seine Frau Anna
Catharina, geborene Lüde. . . ., oben Ehewappen.
Steinplatte mit zwei Wappen, für Hartwich Jochen Soltow — Sterbezahl
nicht ausgefüllt — imd seine Frau Elisabeth Anna, geborene Bansauen, ge-
storben 1755.
Steinplatte mit zwei Wappen in der Mitte und vier Muscheln an den
Ecken, für die Brüder Christian Daniel Biehle, gestorben 1742, imd Johann
Heinrich Biehle, gestorben 1728.
Steinplatte des Hauptmanns Wilhelm Boye, — ohneJSterbezahl — und
seiner Frau Catharine Dorothee, geborenen von Dassel, gestorben 1716, mit Ehe-
wappen in der Mitte und vier Rosetten in den Ecken.
In der vierten Kapelle von Westen wird eine Schriftplatte- mit vergoldeten
Buchstaben auf blauem Grunde, der Grabstein für den Ratmann Hans Audorf,
gestorben 1618, und seine Frau Ursula Puffe, aufbewahrt.
In der Sakristei liegen zwei Deckplatten von Erbbegräbnissen, und zwar
der FamiUe Biehle-Nieper, ohne Jahreszahl, und der Familie Panning mit der
Aufschrift: Johann Peter Panning, geboren 1695, gestorben 1743, Margarete
Ilsabe, geborene Biehlen, gestorben 1760.
Außerdem liegt hier noch eine halbe zerstörte Platte, auf der der Name
Christoph Greve, geboren 1738, gestorben 1819, erkennbar ist.
In die Wände der Turmhalle sind drei Grabsteine eingelassen, an der
Westwand der des Nikolaus Holste, gestorben 1742, und seiner Frau Margarete
Elisabet, geborenen Störbecken, gestorben 1742, mit dem Ehewappen, an der
Nordseite links der des Hieronymus Friedrich Zarstedt, gestorben 1709, und seiner
Frau Dorothea Elisabeth, geborenen Töbing, gestorben 17 . ., rechts der des Georg
Töbing, gestorben 1703, und seiner Frau Elisabeth, Catharine, geborenen Braun-
schweig, gestorben 1743.
15
-^ 114 8^
In der Dasselschen Kapelle neben dem Turm liegt eine Grabplatte für
Georg von Dassel, gestorben 1635 und seine Frau Catharine, geborene Düsterhop,
und eine zweite für Georg von Dassel, gestorben 1629.
An der Chorseite der Kirche befindet sich ein Grabstein des Tobias
Meyer ohne Jahreszahl, aber mit einer Hausmarke.
Hostiendosen. Eine kreisrunde Hostienschachtel zeigt flaches eingeritztes Ornament der
Renaissance. Der anscheinend zugehörige Löffel tragt die Inschrift: AD. D.
• LAMBERT- ANNO' 1645.
In der Sakristei wird eine silberne ovale Hostienschachtel mit dem
Stempel HGK. und eine silberne viereckige mit Omamentbekrönung auf dem
dachförmigen Deckel, mit dem Stempel: zwei gekreuzte Schwerter, aufbewahrt.
Ein Hostienlöffel mit Traube am Stiel zeigt auf dem Rücken der Schale ein
Wappen und am Stiel die Inschrift: LVCOB- DANCKWERS* IVRATVS' 1656.
, Zwei gleiche silberne Hostiendosen des 18. Jahrhimderts für Kranken-
kommunion sind rechteckig, mit eingra^dertem Ornament auf allen Seiten, eine
kleine runde aus derselben Zeit zeigt an der Oberseite ein eingeritztes Kreuz.
Kelche. Es sind 14 Kelche vorhanden,! die teilweise aus der Lambertikirche
stammen, (vgl. S. 129).
1) Ein 18,5 cm hoher Kelch hat auf dem sechsblättrigen Fuß ein aufgeheftetes
Kruzifix und am Knauf sechs Nägel mit den Buchstaben: IHESVS. Am
Fuß die Inschrift: AD QVARTAM VIKARIVM STEPHANI FVNDATVM
PER DONMINV FREDERCV HORNINGH 1523. Die einfache Patene hat ein
eingeritztes Ejreuz.
2) Ein 20 cm hoher Kelch hat auf dem sechsblättrigen Fuße ein Kruzifix,
darüber das Wappen der Sanckenstede, links ein solches der Töbing, rechts
der Sanckenstede. Die Wappen sind in Grubenschmelz ausgeführt. Dem
Kruzifix gegenüber sind drei gefaßte Perlen, angebUch Flußperlen aus der
Lüneburger Heide, auf den Fuß geheftet. Der Knauf hat sechs Nägel mit
i h e f V s in Grubenschmelz. Am Halse über und unter dem Knauf i h e f v s
und maria. Die Patene hat ein eingeritztes Kreuz.
3) Ein prächtiger 31,4 cm hoher gotischer Kelch mit gerader Kuppa hat
geradlinig begrenzten sechsseitigen Fuß mit einem aufgehefteten silbernen
Kruzifix über eingraviertem Ornamentgnmd auf einer Seite, die anderen
fünf Seiten sind graviert mit Heiligenfiguren zwischen Ornament, und zwar
rechts vom Kruzifixus Johannes, Petrus, ein Bischof am Kreuz, Paulus und
Maria. Am Rande des Fußes läuft die Inschrift herum: „Missam qui dicis
in honore(m) dei genitricis Hoc vas pro dante tu post orabis et ante amen."
Der Knauf ist mit durchbrochenem Maßwerk verziert, die sechs Nägel
tragen die Buchstaben i h e f u s in grünem Schmelz. Über dem Knauf am
Hals: „ave ma", darunter „ria gracia pl". Die Patene ist rund mit ein-
gepreßtem vertieftem Vierpaß und Weihkreuz.
4) Gotischer 15 cm hoher Kelch mit sechsblättrigem P^iße, dem ein Christus-
körper auf eingeritztem Kreuz aufgeheftet ist. Der runde Knauf hat vier
Nägel mit silbernen Rosetten, zwischen ihnen die Inschrift: ihefus/crift'
filius/vginis. Über dem Knauf ist der Hals halb abgeschnitten, mit
! -^ 115 8^
den unteren Teilen der Buchstaben i h e / f u s, unter dem Knauf am Hals
crif/tvs. Auf der Innenseite des Fußes steht „metteke stokers".
5) Ein gotischer Kelch, 15,4 cm hoch, mit rundem glattem Fuß, dem auf der
einen Seite ein Christuskörper, auf der anderen ein Wappen mit
Eber und Weinranke in grünem Schmelz aufgeheftet ist, hat einen Knauf
mit sechs Nägeln, in denen die Buchstaben IHESVS erscheinen. Der
Hak ist ornamentiert An der Unterseite des Fußes ist eingeritzt: „Domin'
gherbert' Euerwyn dedit anno dm 1498". Die Patene hat ein Kreuz und an der
Unterseite dieselbe Inschrift mit den ausgeschriebenen beiden Anfangsworten.
6) Ein 30,4 cm hoher Kelch mit achtblättrigem Fuß und aufgeheftetem
Christuskörper auf eingeritztem Kreuz hat einen Eiiauf mit den Buchstaben
IHESVS und zwei Rosetten in den acht Nägeln. Die Formen sind grob
und gehören wohl dem Ende des 16. Jahrhunderts an. Die Patene ist glatt.
7) Ein dem vorigen in den Formen ähnlicher, 28,5 cm hoher Kelch, ebenfalls
mit achtblättrigem Fuß von tief eingeschnittener Form und aufgeheftetem
Kruzifix. Beide Kelche tragen das gleiche Meisterzeichen, zwei gekreuzte
Schwerter, neben dem Lüneburger Löwen. Die Patene hat ein Ejreuz.
8) Ein kleiner Kelch mit einfach profiUertem Hals und rundem Fuß 9,8 cm
hoch, zeigt an der Unterseite die Inschrift: „E. calice ab 1606 aegro. dicato
confic. cur. J. C. Beyer. Jur. adm. ad aed. St. Lamb: 1807".
9) Ein Kelch von gleicher Form 10,4 cm hoch, hat die Inschrift: „E calice ab
1596. aegro. dicato confic: cur: J.C.Beyer: Jur: adm: ad aed: St. Lamb: 1808".
10) Renaissancekelch, 12,9 cm hoch, mit rundem Fuß und Knauf mit plumpem
Ornament. Auf dem Fuße die Inschrift: „HOC* CALICE* VTITVR- TEM-
PLVM D: LAMBERTI PRO iE GROTANTIBVS- ANO 1606". Darunter:
RENOVATÜM- 1-6-37. Patene glatt, mit Umschrift an der Unterseite:
„F. PH- Adm: Jur: ad St: Lamb: Anno 1753".
11) Spätrenaissancekelch, 23 cm hoch, mit rundem Fuß, der Hals in Vasenform
mit Blattornament. Am imteren Rande der Stempel G. F. K. Patene mit Kreuz.
12) Drei kleine schmucklose Kelche mit rundem Fuß, für E^rankenkommunion,
sind 9 cm hoch. Zwei davon haben am Fuße die Stempel: Halbmond
neben 12 und „WiUe".
13) Fünf runde einfache Zinnkelche.
Zu den Kelchen gehören zwei Saugröhrchen, ein großes in einfachen
Formen und ein kleines, reicher [mit Blattwerk ornamentiert, beide Silber,
vergoldet
Im Mittelschiff hängen drei Messingkronen. Die westlichste hat an Kronleuchter
profiliertem Mittelkörper 16 Arme in zwei Abteilungen übereinander. An der
Kugel erscheint ein Ehewappen mit den Namen : HINRIK KROGER imd ANNA
KROGEIRS. Der mittlere Leuchter hat ebenfalls 16 Lichtträger in zwei Abteilungen
übereinander. Auf der einen Seite steht unter einem Wappen:
H. CHRISTIAN BVSKE DER ELTER SELIGER. WELCHER NACHDEM ER IM
EHSTANDE 38 • lAR FRIDLICH GELEBET. EIE • VND HOCHW • RAHTS
MITGLIED 28 . lAR . DIE KAMMEREY 19 lAR TREVLIG VERWALTET • IM
75 . LVR SEINES ALTERS GESTORBEN 1666.
15*
JohumisUroha ; PG
Kronlgnelitcr'im Clio" "t'
Auf der anderen Seite, eben-
falls unter einemWappen: „Salome
Wisseis" und darunter ein Bibel-
spruch. Im letsrten Gewölbejoch
am Chor hängt eine reich aus-
gebildete Krone mit 32 Armen
in drei Abteilungen übereinander.
Der reich profilierte Mittelkörper
endigt unten in einer großen
Kugel, die ganz mit Schrift und
zweiWappen bedecktisi Zwischen
den Wappen steht auf der einen
Seite: IN ■ DEI ■ 0: M: HONORE-
ORNAME - ALBERTI ■ MUTZE-
LTINI • ET . ANN^ • LECTISS :
PARENTVS : CHARISS ■ HAEC -
VERO . ID : IVN : A : C ; RE .
MEMOR : FILR - FILLEQ ■ AO :
SA PAR :
_ Aul der anderen Seite:
TV • H VS -.EDISS AC : ATQ ■ V: CL ■
TOBINGjE ■ VXOR: EIVS -FOEM ■
Q VORV ■ ILLE - VI ■ NON : MAD ■
l-5-8.6:PIE-IN-DN0-0BlE-
SVPERSTIrME- F:F: 1.5.8.7;
Alle drei Kronen haben als
oberen Abschluß einen doppel-
köpfigen Adler.
Im Chor hängt eine Krone,
die 10 Lichtträger und außerdem
viele Arme hat, die nur als
Schmuck angebracht sind, ohne
Lichtträger zu sein. (Fig. 32.)
Sie ist zum Andenken an die
im Wochenbett 1662 gestorbene
Elisabeth Höllner von ihrem
Gatten Georg Laffert gewidmet
1667. Der obere Abschluß wird
gebildet durch eine geflügelte
weibliche Gestalt.
Im nördlichen Seitenschiff
hängt ein prächtiger gotischer
Leuchter aus bemaltem und
vei^oldetem Holze. (Fig. 33 und
34.) Auf einem von hängendem
I I I It I I I I T
Flg. 3S. JahumUklnsbc; Ibrienleachter.
-^ 118 8^
Maßwerk umgebenen, thronaxtigen Postament stehen an beiden Seiten geschnitzte
hohe Pfosten, die einen reichen, sechsseitigen Baldachin tragen. Die Pfosten
endigen in Fialen und sind an den Außenseiten mit Engels- und Heihgenfiguren
besetzt Ein mit geschmiedeten Blättern besetzter Eisenbügel hält an den Pfosten-
enden den ganzen 2,50 m hohen Aufbau. Unter dem Baldachin stehen auf dem
Postament in tiefblauer Mandorla zwei Figuren, mit dem Rücken aneinander-
gelehnt, auf der einen Seite Maria mit dem Kinde, auf der anderen Seite eine
Bischofsgestalt, Erasmus (?). Maria ist von einer Strahlenglorie umgeben. Auf
der ornamentierten Mandorla sitzen an beiden Seiten je sechs musizierende Engel,
-fwniit-
^
Flg. 84. Johannisldrche; Marienleuchter, Grandrifi.
Leuchter.
auf der Spitze erscheint Gott Vater mit der Weltkugel. An dem Postament
sind sechs gebogene Arme mit Lichttellem angebracht In dem oberen
eisernen Bügel hängt ^ein beiderseitig bemalter Schild, auf der einen Seite ein
Wappen (das der Wollweber?), auf der anderen Geräte zeigend. Das Kirnst-
werk entstammt dem 15. Jahrhimdert
Im südhchen Seitenschiff hängt ein eigenartiger gotischer Leuchter. (Fig. 35.)
Eine kreisrunde flache Blechplatte mit aufgebogenem Rande wird von drei mit
je zwei goldenen Kugeln besetzten Bügeln getragen. An der Platte sind die
Lichtteller angebracht, zwischen ihnen hängen sechs Schilder, in der Mitte der
Platte hängt ein siebenter Schild. Der Plattenrand war mit Schriftzeichen bemalt,
die Schilder mit Wappen. In der Mitte der Platte steht eine vierte Kerze.
Inschrift und Wappen sind nicht mehr zu erkennen.
Neben der Kanzel befindet sich ein spätgotischer Lichthalter, etwa 3 m
hoch, aus Holz geschnitzt Auf einer gedrehten Säule mit Perlen und gotischer
-^ 119 H-
Bekrönung steht Johannes mit einem Kelch,
in blauem Gewände, neben ihm eine kleine
ornamentierte Säule, mit geschmiedetem
Kerzenteller. Im Schiff hängen sechs Wand-
arme für je eine Kerze, mit großer Wand-
rosette imd ein gotischer Wandarm für
drei Kerzen, mit einfachem Ornament, zwei
Tierköpfen und drei leeren Schildern.
In der Sakristei stehen drei gotische
Schränke. (Fig. 36 und 37.) Der eine ist
in sechs Abteilungen nebeneinander ge-
teilt, 4,60 m lang und hat im oberen Teil
Maßwerkfriese, darüber eine reiche durch-
brochene Omamentkante zwischen den hoch-
gehenden Rahmhölzem. (Fig. 37.) Die
Türen siad reich beschlagen. Auf einer
Tür ein gemaltes Töbingsches Wappen.
Ein anderer 2,70 m langer Schrank (Fig. 36)
hat nur drei Abteilungen nebeneinander,
als oberen Abschluß wieder eine durch-
brochene Kante und einfache Beschläge.
Ein kleiner 0,80 m langer Schrank hat reiche
Beschläge und als oberen Abschluß einen
Zinnenkranz. Außerdem befinden sich in der
Sakristei: eine gotische Bank mitMaßwerk-
wangen, ein bemalter Renaissancetisch mit
den noch schwach erkennbaren Evangelisten-
symbolen in den Ecken, ein kleiner gotischer
Wandschrank mit dem Wappen der Lafferde
und eine Standuhr aus der Barockzeit
Zwischen den beiden Halbrundpf eilem,
die sich im Westen des Schiffes an die
Turmwand anlehnen, ist die Orgel einge-
baut. (Vergl. Fig. 20.) Sie füllt die ganze
Höhe bis zum Scheitel des hier höher ge-
zogenen Kreuzgewölbes aus und baut sich
über einem niedrigen freien Durchgang in
zwei galerieartigen Geschossen segment-
förmig aus der geraden Front heraus.
Über der oberen Galerie hegen erst die
groi^n, stark gegUederten und von reichstem
Ornament mngebenen und bekrönten Orgel-
pfeifen. Die Brüstungen der beiden Galerien
sind in Felder geteilt, die von feinem
Ornament umrahmt werden. Die obere
Möbel.
Orgel.
Fig. 35.
Johannlskirche ; Kronleuchter im sfidllehen
SeiteDBchiff.
-»4 120 8«-
Galerie tritt- über die untere vor. In der Mitte der oberen Galerie ist eine Gruppe
kleinerer Pfeifen heiausgebaut, von geschnitzten Blattwerkomamenten umgeben
und von musizierenden Engeln bekrönt. Die Bekrönung der großen Pfeifen
endigt imter dem Gewölbe kuppelartig, die mittlere Spitze bildet ein musi-
zierender Engel
jimiiii' I I I M I I I I 1 f
Flg. BS, BT. JobaODUUrehB; Schrinka In 4er Hikrl.t.L 1«U&
Die Orgel trägt die aufgemalte Inschrilt:
RBNOVATO I ANNO 1 1634 1 HP.
HOC ORGANUM | REPARAM ET AUOERI 1 DURA VIT | DOMINDS | PETER
JOCHIM I FANNING SENATOR] ANNO 1715.
J
->^ 121 8^
Dieser Orgelprospekt ist ein Meisterwerk feinster Barockkimst Unter
der Orgelempore erscheinen die Postamente zweier kannelierter Säulen; vielleicht
gehören sie noch zu der älteren Orgel.
Zwölf gleiche Kissen, GobeUnarbeit, zeigen in der Mitte das Stadtwappen Paramente.
mit der Zahl 1606, umgeben von naturalistisch ausgeführtem farbigem Ornament
Drei quadratische Kelchunterlagen sind mit Goldfäden und Seide auf
rotem Seidengrund gestickt. In der Mitte • I • H • S • Zwei Unterlagen haben
die gleiche Inschrift:
HAEC . FIERI • CVRAVIT • ANNO • 1647 • PETER . SCHRÖDER .,
die dritte:
SEL . ANDREAS • CRVWELMAN • HELMHOLTS • WlT • CATARINA •
Einige quadratische Taufdecken mit farbiger Stickerei auf Leinen tragen
die Jahreszahlen 1641, 1768, 1771 und 1783 ohne weitere Bezeichnung.
Eine leinene Altardecke ist bestickt mit: SAF 1791.
In der Sakristei werden drei Taschen für Abendmahlsgeräte aufbewahrt.
Die eine zeigt in Kreuzstich einfache Ornamente auf golddurchwirktem Grunde
und hat auf der Rückseite vier durchbrochene Knöpfe aus Goldblech. Die zweite
Tasche ist auf beiden Seiten mit farbiger Seide bestickt und mit vergoldetem
Leder gefüttert. Auf der einen Seite erscheint Maria mit dem Kinde, auf der
anderen Seite ein Kruzifix. Eine dritte Tasche besteht aus rotem Samt, mit
Goldborte besetzt und hat auf der Innenseite die Zahl 1787.
Die sogenannte goldene Kirche, ein prächtiger gotischer Reliquienschrein Reliquien-
auf Holzuntersatz, besteht aus einem rechteckigen 25,3 cm langen, 15,2 cm behälter.
breiten Kasten und einem gebogenen dachähnüchen Deckel, alles aus stark ver-
goldetem Silberblech hergestellt Der Kasten hat einen profilierten Sockel mit
großer Kehle, in der gefaßte Edelsteine und silberne Rosetten liegen, das Gesims
unter dem Dach ist ebenso ausgebildet und bekrönt von einer durchbrochenen
Blätterkante. An der Langseite erscheinen fünf, an der Breitseite drei blinde Maß-
werkfenster, auf den Pfeilern dazwischen sind Fialen angebracht An den
Ecken knien vier geflügelte Gestalten mit den Marterwerkzeugen. In die
Dachfläche sind Ziegellinien eingegraben, die Grate sind mit Kreuzblumen besetzt,
auf dem First ist eine durchbrochene Omamentkante angebracht, die seitlich in
Kreuzblumen endigt, und in der Mitte von einer dachreiterartigen Bildung mit
einer Kreuzigungsgruppe unterbrochen wird. Auf den Dachflächen stehen sechs
reich mit Fialen und durchbrochenem' Maßwerk geschmückte Dachfenster, In
diesem Reliquienschrein liegen: eine schmucklose, silberne Hostiendose, eine
silberne Weinflasche von flacher runder Form mit eingeritzter Kreuzigung und
Auferstehung und mehrere Reliquien.
Ein ReUquienbehälter in Form eines aus Holz geschnitzten Frauenkopfes,
der farbig bemalt ist und an der Vorderseite die Buchstaben sancta cecilia
tragt, enthält in einer seidenen Tasche die Reste eines Schädels. In die dick
aufgetragene Farbe des Halsschmucks sind Glasflüsse eingelassen.
Zwei ReUquienbehälter haben die Form von griechischen Kreuzen, 19,5
beziehimgsweise 20,5 cm groß, beide 6,5 cm dick. Das eine Kreuz besteht aus
Holz, der Deckel aus vergoldetem Kupferblech, mit einem Kruzifix besetzt.
16
Am Rande eingraviertes Ornament Das andere Kreuz besteht ganz aus Kupfer-
blech, der Deckel ist oben vergoldet und hat in der Mitte ein aufgeheftetes
Kruzifix, das von eingraviertem Ornament umgeben ist Beide Kreuze sind gotisdi.
Im Museum befindet sich ein aus der Kirche stammendes gotisches
19 cm hohes Tragkreuz, das ajs ReUquienbehälter gedient hat Es besteht aus
vergoldeter Bronze, hat an der
Vorderseite einen aufgehefteten
ChristuskÖrper, an den Kreuz-
armen die Evangelistenzeichen.
Die Rückseite zeigt eingravierte
Ornamente. Unter dem Kreuz-
fuß ist ein Knauf angebracht,
der Stiel ist hohl.
Ferner wird im Museum
ein 31 cm langer, 26 cm breiter,
12 cm hoher Holzkasten auf-
bewahrt, der auf dem Deckel
und an den Längsseiten Male-
reien auf Goldgrund zeigt, und
zwar auf dem Deckel eine Kreu-
zigung, an den Seiten Johannes
den Täufer und Maria. Der
Kasten ist gotisch und hat
wobt auch zur Aufbewahrung
von Reliquien gedient
Im Chor befindet sich ein
bronzenes Taufbecken aus der
Lambertikirche (Fig. 38). Vier
Figuren mit Spruchbändern stehen
auf einem Sockel und tragen
den großen Kessel Die Kessel-
wände sind am oberen und
unteren Rande mit einer Oma-
mentkante besetzt In derMtte
die Inschrift:
DVSSE DOPE HEBBEN
DE - SVLFMESTER GHETEN
LATEN ■ NA CHRISTVS VNSES
HEREN GEBORT MDXL -
Auf dem Sockebande steht
die Inschrift:
HUNDERT ■ FERCIH • SIVERT ■
Flg. SS. Jobumlsklrche; T»gfke*Bel.
ANNO ■ DOMINI ■ DOVSENT ■ FEINF
BARCHMANN ■ (Vgl. Seite 129.)
Der aus späterer Zeit stammende
Deckel ist aus Holz, farbig
bemalt Zwischen Ornament erscheinen die Wappen der TÖbing, Witzen-
-*4 123 S-H
dorf und das einer imbekannten Familie. Auf der Spitze steht ein Kind
mit Lfunm.
In einer der südlichen Kapellen befindet sich ein Taufbecken aus Sand-
stein (Fig. 39). Am Unterbau fünf geflügelte tanzende Putten. Der Deckel ist
von Holz mit barockem Ornament und zwei sich küssenden Putten.
Ein Taufbecken aus vergoldetem
Messing hat an der rechten Seite die ein-
gravierte Figur Johannes des Täiifers mit
der Überschrift: S • lOHAN ■ 1597 ■
Ein zweites Taufbecken aus ver-
goldeter Bronze zeigt auf dem Rande ein-
geschlagene Omamentstempel , in der Mitte
die getriebene Darstellung der Verkündigung
mit einer Umschrift aus sich wiederholenden
Buchstaben, die aber unleserhch sind. Die
Form der Schrift läßt auf das lö. Jahr-
hundert schheßen.
In der Sakristei wird eine 28,5 cm Weinkaimen,
hohe silberne Weinkanne mit dem Stempel
H G K am Rande des Fußes und der Inschrift
an der Deckelunterseite:
DEO • ET ■ ECCLESLE ■ GEORG -
JOACfflM • TIMMERMANN • P • T • ADMINI-
STRATOR-1719 ■
aufbewahrt Auf dem Deckel befindet sich
eine stehende Traube.
Eüne kleine 8 cm hohe silberne Wein-
kanne trägt die Inschrift:
8VMPTIBVS ■ TEMPLI • S : LAM-
PERTI - FIERI ■ CVRAVIT PETER SCHRÖDER - ANNO 1647.
Die Kirche besitzt mehrere Bibeln von 1664 und 1642; der Einband der VerecUedenee.
einen hat an den Ecken silbernen Beschlag von 1666; femer ein Evangelienbuch
von 1414 mit Holzdeckeln, die mit rotem Leder bezogen sind, und eine
Hamburger Chronik von 1648.
Im Museum werden zwei aus der Kirche stEimmende große HoMiguren,
Maria und Johannes, angeblich von dem Triumphkreuz, aufbewahrt, femer eine
Hotzskulptur, die Krönung Maria darstellend, und ein Holzkasten, der ganz
eigenartig ornamentiert ist. Deckel und Seitenflächen sind duich plastisch,
anscheinend aus Gipa aufgetragene Ornamente mit Lilien in viereckige Felder geteilt,
die an den Seitenflächen ausgefüllt werden durch Malereien auf einer braunen
porösen Masse und an den Querseiten phantastische Tiere, an den Längsseiten
Wappenschilder mit Adler und Löwe darstellen. Auf den Feldern des Deckels waren
runde Gegenstände aufgeklebt, die aber verschwunden sind, anscheinend Münzen.
In der Dasselachen Kapelle hegt der Rest einer großen Kreuzigung aus
Sandet«in.